Pilates ist zu einer beliebten Trainingsart geworden, um den Körper einerseits zu stärken und andererseits zu entspannen. Im Gegensatz zum traditionellen Krafttraining, das sich auf einzelne Bewegungen konzentriert, zielt Pilates-Training darauf ab, mehrere Muskelgruppen auf einmal zu trainieren. Dies ist besonders für von Multiple Sklerose Betroffene interessant. Mit Pilates kann nicht nur dem Schwund an Muskelkraft entgegengewirkt werden. Pilates-Training kann darüber hinaus bei der Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeit helfen, Haltungsfehler verbessern, die Rate der Spastizität verringern und schließlich das Sturzrisiko senken.
Gerade das stets vorhandene oder gedachte Risiko eines Sturzes führt bei vielen MS-Betroffenen zu einem geringen Maß an körperlicher Aktivität, was einen Teufelskreis aus weiterem Verlust an Muskelkraft und funktioneller Kapazität bedingt. Denn gerade körperliche Aktivität und Bewegung verbessern die Bewegungsstörungen und reduzieren das Sturz-Risiko bei MS-Patienten und helfen ihnen, den wichtigen regelmäßigen sozialen Aktivitäten weiterhin nachzugehen.
Körperhaltung ist ein Spiel mit vielen Systemspielern
Um die Körperhaltung zu kontrollieren, müssen die drei „Systeme“ zusammenspielen, die gemeinsam das Haltungskontrollsystem ausmachen: Nerven, Muskeln und Skelett. Daher können Methoden wie Pilates, die diese Systeme koordinieren und zusammenführen, effektiv zu einer Verbesserung von Gleichgewicht und Bewegungskontrolle führen.
Das bestätigt auch eine neue randomisierte Studie zum Effekt von 12 Wochen Pilates-Training auf das funktionelle Gleichgewicht bei MS-Patienten [1].
Die Interventionsgruppe erhielt Pilates-Übungen zur Verlängerung der Brustwirbelsäule, Kräftigung der Bauchmuskulatur, Kernstabilisierungsübungen, Übungen für die oberen und unteren Gliedmaßen und Übungen, um die Haltungsstabilität zu verbessern. Das Trainingsprogramm wurde 12 Wochen lang dreimal pro Woche jeweils 60 Minuten (inkl. Aufwärmen und abschließendem Dehnen) durchgeführt.
Die Schwierigkeit der Übungen (teils z.B. mit Therabändern oder Therapiebällen) wurde schrittweise auf Grundlage der individuellen Fähigkeiten erhöht. Die Trainingsstufe wurde entsprechend der Verbesserung des Probanden gewählt. Durch die schrittweise Erhöhung der Belastung wurde die Rumpfkontrolle während der Übungen zunehmend anspruchsvoller.
Die Kontrollgruppe erhielt kein Pilates-Training sondern nur die übliche Betreuung durch ihren Arzt.
Unerwünschte oder schädliche Ereignisse traten in keiner Gruppe auf.
Die Autoren der Studie kommen zu folgendem Schluss:
Nach 12 Wochen wurden für beide Gruppen Nachmessungen durchgeführt. Dabei wurde ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen zugunsten der Pilates-Trainingsgruppe bei den funktionellen Gleichgewichts-Scores beobachtet. Diese Gleichgewichtsverbesserung kann aus der Verbesserung der körperlichen Fitness resultieren, wie z.B. der Steigerung der Ausdauer der muskulären Kraft, insbesondere der der Rumpfmuskulatur.
Diese Studie bestand zwar nur aus wenigen (und ausschließlich männlichen) Teilnehmern und es fehlt eine Langzeitkontrolle, aber ihre Ergebnisse stimmen mit denen früherer Studien überein. ([2] Sisi et al., 2013; [3] Bulguroglu et al., 2017; [4] Küçük et al., 2016; [5] Kalron et al., 2017).
Was bedeutet das nun für Betroffene?
Pilates-Training erhöht das funktionelle Gleichgewicht und vermindert weitere bekannte Risikofaktoren für Stürze bei MS-Patienten.
Positiv ist, dass die Umsetzung relativ einfach ist und vielen MS-Betroffenen umfangreichen Nutzen bringen kann. Pilates-Übungen basieren auf einigen gerade bei MS wichtigen Prinzipien wie guter Körperkontrolle und Stabilität zur Haltungskontrolle, tiefer Atmung und Erhöhen des Bewegungsumfangs. Mit mattenbasiertem Pilates-Training können auch die teilnehmen, die nicht mehr stehend trainieren können und im Gegensatz zu vielen anderen Trainingsarten erhöht sich die Körpertemperatur weniger, sodass auch vom Uthoff-Phänomen Betroffene sich vorsichtig ans Training wagen dürfen.
Sprechen Sie Ihren Physiotherapeuten darauf an oder probieren Sie einen Schnupper-Pilates-Kurs in einem guten Sportstudio.
In diesem Sinne bleiben Sie – trotz eventueller momentaner Studioschließungen – im wahrsten Sinne des Wortes am Ball und trainieren auch gerade jetzt ihren Körper.
Ihr Life-SMS Team
Referenzen:
[1] Gheitasi, M., Bayattork, M., Andersen, L. L., Imani, S., & Daneshfar, A. (2021). Effect of twelve weeks pilates training on functional balance of male patients with multiple sclerosis: Randomized controlled trial. Journal of bodywork and movement therapies, 25, 41–45. https://doi.org/10.1016/j.jbmt.2020.11.003
[2] Sisi, S. Z. H., Sadeghi, H., & Nabavi, S. M. (2013). The effects of 8 weeks of rebound therapy and Pilates practices on static and dynamic balances in males with multiple sclerosis. Advances in Environmental Biology, 4290+
[3] Bulguroglu, I., Guclu-Gunduz, A., Yazici, G., Ozkul, C., Irkec, C., Nazliel, B., & Batur-Caglayan, H. Z. (2017). The effects of Mat Pilates and Reformer Pilates in patients with Multiple Sclerosis: A randomized controlled study. NeuroRehabilitation, 41(2), 413–422. https://doi.org/10.3233/NRE-162121
[4] Küçük, F., Kara, B., Poyraz, E. Ç., & İdiman, E. (2016). Improvements in cognition, quality of life, and physical performance with clinical Pilates in multiple sclerosis: a randomized controlled trial. Journal of physical therapy science, 28(3), 761–768. https://doi.org/10.1589/jpts.28.761
[5] Kalron, A., Rosenblum, U., Frid, L., & Achiron, A. (2017). Pilates exercise training vs. physical therapy for improving walking and balance in people with multiple sclerosis: a randomized controlled trial. Clinical rehabilitation, 31(3), 319–328. https://doi.org/10.1177/0269215516637202
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