Wer kennt das nicht: Man geht zum Arzt oder zur Ärztin des Vertrauens und man erhält auf die Frage nach komplementärmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten oft nur ein Achselzucken oder wird – schlimmstenfalls – als Esoteriker und Schwurbler in eine bestimmte Schublade gesteckt. Gerade die Neurologenzunft hat diesbezüglich Prachtexemplare hervorgebracht. Vielleicht sollte man ja einmal die Patientinnen und Patienten nach ihren Erfahrungen fragen?
Fragt die Patienten – eine sehr hilfreiche Analyse
Genau das hat eine polnische Forschergruppe gemacht und aktuell veröffentlicht. Sie untersuchten die Häufigkeit und Merkmale der Nutzung von Komplementär- und Alternativmedizin (KAM) bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) in Polen [1].
Die Daten wurden mittels eines selbst entworfenen Fragebogens mit 33 Fragen erhoben. Dieser wurde an MS-Patienten verteilt, die im Jahr 2016 in der MS-Abteilung der Abteilung für Neurologie der Medizinischen Universität Warschau, Polen, stationär behandelt wurden. Die Studiengruppe bestand aus 75 Patienten (47 Frauen, 28 Männer, Durchschnittsalter 44,6 ± 12,5 Jahre) mit klinisch definierter MS.
Ergebnisse
Dem Fragebogen zufolge hatten 48 Patienten (64 %) mindestens einmal eine alternative Behandlungsmethode genutzt. Die meisten Patienten gaben an, dass die Alternativmedizin eine mögliche (58 %) oder eine deutliche (43,7 %) positive Wirkung hatte. 61,4 % der KAM-Anwender berichteten über eine geringere Fatigue und 33,3 % über eine verbesserte Stimmung.

Einfluss der komplementären und alternativen Medizin (KAM) auf die Lebensqualität (nach [1])
Es gab unter anderem signifikante Zusammenhänge zwischen der erhöhten Verwendung von alternativmedizinischen Ansätzen und dem Fortschreiten der Krankheit und einer mangelnden Wirksamkeit von krankheitsmodifizierenden Therapien.
Es gab keine signifikanten Korrelationen zwischen der Verwendung von Alternativmedizin und dem Geschlecht, dem Wohnort, der Bildung, dem Familienstand oder dem beruflichen Status.
Die am häufigsten verwendeten Alternativmedizinprodukte insgesamt waren Vitamine (48 %), und mehrfach ungesättigte Fettsäuren (36 %); psychophysische Methoden (44 %), manuelle Therapien (24 %) und Entspannungstechniken (17,3 %) sowie Kräutermedizin (29,3 %). Ärzte wurden sowohl bei der konventionellen Behandlung (97,3 %) als auch bei der alternativen Medizin (67 %) als die zuverlässigste Autorität angesehen.

Die am häufigsten verwendeten komplementären und alternativen Arzneimittel (KAM), die nur zur Kategorie Ernährung (laut Definition in der Studie) gehören (nach [1])

Die am häufigsten verwendeten komplementären und alternativen Methoden (KAM), die zur Kategorie der psychophysischen Interventionen gehören (nach [1])
Patienten, die komplementäre und alternative Medizin nutzen, sprachen signifikant häufiger mit ihren Ärzten über dieses Thema (56 %) als Patienten, die keine alternative Medizin nutzten. Allerdings informierten 54 % der Patienten ihren Arzt nicht über die Verwendung von Alternativmedizin. Die Befragten gaben an, dass die Ärzte keine Diskussion darüber angeregt haben (55,9 %), aber 44 % der Patienten würden gerne die Möglichkeit haben, mit einem Arzt über Alternativmedizin zu sprechen.
Die Forscher schließen daraus:
“Obwohl die Wirksamkeit und Sicherheit der Alternativmedizin nicht bestätigt ist, sollte man bedenken, dass die meisten MS-Patienten alternative Methoden anwenden, insbesondere diejenigen mit einem schwereren Phänotyp. Ärzte und Ärztinnen werden meist als verlässliche Autoritäten wahrgenommen und sollten daher dieses Thema mit den Patienten besprechen…” und “…dementsprechend ist es möglich, Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten zu vermeiden und dadurch die Wirksamkeit der Therapie und die Lebensqualität zu verbessern.”
Unsere Schlussfolgerungen
Die Studienautoren sind gewohnt zurückhaltend in ihren Aussagen und ja, die Zahl der Patienten ist mit 75 nicht besonders hoch, dennoch ist das Ergebnis richtungsweisend, insbesondere im Vergleich mit reinen Standardtherapien und mannigfaltiger damit verbundener Nebenwirkungen. Mehr als 56 % der Betroffenen vermelden eine Verbesserung der Lebensqualität und 20 % der Befragten eine Verbesserung klinisch messbarer Krankheitsmerkmale. Knapp 15 % der Befragten berichteten sogar über eine Reduktion der Krankheitsprogression.
Offensichtlich hat die Beschäftigung mit und das Ausprobieren von alternativen Methoden heilsame Effekte und führt zu einer stärkeren Selbstwirksamkeit. Selbstwirksamkeit bedeutet dabei, die innere Überzeugung zu haben, schwierige oder herausfordernde Situationen gut meistern zu können – und das aus eigener Kraft heraus.
Genau dazu möchten wir Sie ermuntern. Selbstverständlich gibt es auch in der Komplementärmedizin Geldmacherei und Scharlatanerie, aber mit Hilfe unseres Projektes, der Life-SMS Mindmap und ganzheitlich orientierter Therapeuten schaffen Sie es sicher und eigenverantwortlich, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Referenz:
[1] Podlecka-Piętowska, A., Sugalska, M., Janiszewska, K., Wall-Szczech, A., Cyganek, A., Szejko, N., & Zakrzewska-Pniewska, B. (2022). Complementary and alternative medicine in multiple sclerosis: a questionnaire-based study. Neurologia i neurochirurgia polska, 10.5603/PJNNS.a2022.0059. Advance online publication. https://doi.org/10.5603/PJNNS.a2022.0059 – Full version
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