Welche Rolle spielen ultrahochverarbeitete Lebensmittel bei der Entstehung von Läsionen des Nervensystems und der MS?

Der Zusammenhang zwischen der Qualität der Ernährung und der Entwicklung oder dem Fortschreiten der Multiplen Sklerose ist noch immer ein wenig erforschtes Thema. Obwohl die Zahl der veröffentlichten Studien in den letzten Jahren zugenommen hat, besteht unter den Forschern kein Konsens darüber, was die optimale Ernährung zur Vorbeugung oder Behandlung von Demyelinisierung und Entzündungen des Nervensystems – den Hauptmerkmalen dieser Krankheit – wäre. Epidemiologische Daten deuten jedoch darauf hin, dass Personen, die mehr Kalorien, gesättigte Fette und Zucker zu sich nehmen, ein höheres Risiko haben, demyelinisierende Läsionen(Entmarkungsherde) und/oder Multiple Sklerose zu entwickeln. Vieles dazu finden Sie auch bei Life-SMS.

Der Zusammenhang zwischen der Qualität der Ernährung und der Entwicklung oder dem Fortschreiten der Multiplen Sklerose ist noch immer ein wenig erforschtes Thema. Obwohl die Zahl der veröffentlichten Studien in den letzten Jahren zugenommen hat, besteht unter den Forschern kein Konsens darüber, was die optimale Ernährung zur Vorbeugung oder Behandlung von Demyelinisierung und Entzündungen des Nervensystems – den Hauptmerkmalen dieser Krankheit – wäre. Epidemiologische Daten deuten jedoch darauf hin, dass Personen, die mehr Kalorien, gesättigte Fette und Zucker zu sich nehmen, ein höheres Risiko haben, demyelinisierende Läsionen und/oder Multiple Sklerose zu entwickeln.

Foto von Leon Ephraïm auf Unsplash

Andererseits gibt es immer mehr Belege dafür, dass die Qualität der Ernährung in engem Zusammenhang mit der Entstehung bzw. Vorbeugung von nicht übertragbaren Krankheiten, auch „moderne Krankheiten“ genannt, steht. So ist der Zusammenhang zwischen dem übermäßigen Verzehr von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln und der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit, Dyslipidämie und Depressionen bereits eindeutig (1). In einer früheren Studie wurde auch gezeigt, dass eine Erhöhung des Anteils an ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln in der Ernährung zu einem Anstieg von Entzündungsmarkern im Blut wie dem C-reaktiven Protein führt (2).  Aus diesem Grund wird argumentiert, dass eine Ernährung, die reich an ultra-verarbeiteten Lebensmitteln ist, eine entzündungsfördernde Ernährung ist, d. h. eine Ernährung, die Entzündungen verursacht.

Wie wir wissen, ist Multiple Sklerose eine Autoimmunerkrankung, deren wichtigste pathologische Merkmale Entzündung und Entmarkung des zentralen Nervensystems sind. Unter Berücksichtigung dieser Daten wurde in einer kürzlich durchgeführten Studie, die 2022 in der renommierten Fachzeitschrift „European Journal of Clinical Nutrition“ veröffentlicht wurde, nachgewiesen, dass ein hoher Verzehr von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln mit einem höheren Risiko für die Entwicklung von Demyelinisierungsläsionen des zentralen Nervensystems verbunden ist (3).

Die Autoren untersuchten eine Gruppe von Teilnehmern der Ausimmune Study (Australian Multi-centre Study of Environment and Immune Function) (4) und bewerteten anhand von Fragebögen zur Ernährung die Qualität der Ernährung von 282 Personen in den 12 Monaten vor der Diagnose der ersten demyelinisierenden Läsion, wobei sie vor allem die Menge der konsumierten ultrahochverarbeiteten Lebensmittel aufzeichneten. Die Ernährung von Patienten, bei denen eine demyelinisierende Läsion diagnostiziert wurde, wurde mit der Ernährung von Personen ohne diese Diagnose (Kontrollgruppe) verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass ein höherer Verzehr von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln signifikant mit einer höheren Wahrscheinlichkeit des Auftretens der ersten Diagnose einer demyelinisierenden Läsion des zentralen Nervensystems verbunden war.

Im Gegensatz zu anderen Studien, die den Schweregrad der Krankheit, d. h. das Fortschreiten der demyelinisierenden Läsionen nach der Diagnose der Krankheit, bewertet haben, ist diese Studie wichtig, weil sie das Risiko der Entwicklung von Läsionen bei Patienten ohne Diagnose bewertet. In Anbetracht der Tatsache, dass viele Patienten nach Erhalt einer solchen Diagnose ihre Ernährungsgewohnheiten ändern (was die Ergebnisse beeinträchtigen könnte), bietet die Studie als differenzierendes Element die Möglichkeit, die Bedeutung der Ernährung bei der Prävention der ersten demyelinisierenden Läsion zu bestimmen. Das heißt, für das Risiko, eine demyelinisierende Krankheit zu entwickeln.

Außerdem wird in dieser Studie nicht empfohlen, extreme Maßnahmen oder schwierige radikale Ernährungsumstellungen vorzunehmen, sondern vorgeschlagen, dass eine relativ einfache Maßnahme das Risiko von Demyelinisierungsschäden verringern kann: der Verzicht auf hoch- oder ultrahochverarbeitete Lebensmittel.

Aber was sind ultrahochverarbeitete Lebensmittel überhaupt?

Verarbeitungsstufen durchlaufen, einschließlich der Zugabe von chemischen Zutaten, die üblicherweise nicht in der Küche verwendet werden (wie Maissirup mit hohem Fructosegehalt, gehärtete Öle, künstliche Aromen und hydrolysierte Proteine); sie haben in der Regel eine hohe Energiedichte und sind nährstoffarm. Die Verfahren und Zutaten, die bei der Herstellung von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln verwendet werden, sind so konzipiert, dass sie äußerst kosteneffizient (kostengünstige Zutaten, lange Haltbarkeit, hervorgehobenes Branding), bequem (verzehrfertig) und äußerst schmackhaft (stimuliert die Geschmacksnerven) sind.

Beispiele für ultra-verarbeitete Lebensmittel sind: verpackte Snacks, Süßwaren, Backwaren, Massenbrot, viele Frühstückscerealien, Fertiggerichte, Margarine, verarbeitetes Fleisch usw..

Die in wissenschaftlichen Studien am häufigsten verwendete Klassifizierung zur Bestimmung des Verarbeitungsgrads von Lebensmitteln ist die NOVA-Klassifizierung (5), die Lebensmittel in die Kategorien unverarbeitet/minimal verarbeitet, verarbeitet und ultrahochverarbeitet einteilt. Die australische Studie hat gezeigt, dass die Gefahr im übermäßigen Verzehr dieser letzten Kategorie von Lebensmitteln liegt.

Warum sind ultrahochverarbeitete Lebensmittel schlecht für die Gesundheit Ihres Gehirns?

Es gibt einige Gründe, die die Wirkung von ultraverarbeiteten Lebensmitteln in unserem Körper erklären und warum diese Lebensmittelklasse so gefährlich ist:

  • Schlechte Ernährungsqualität – ultrahochverarbeitete Lebensmittel enthalten große Mengen an freiem oder zugesetztem Zucker, Fette, wenig Ballaststoffe und eine hohe Energiedichte. Diese Eigenschaften können die negativen Auswirkungen dieser Produkte auf kardiovaskuläre und kardiometabolische Risikofaktoren sowie auf das Risiko von Übergewicht/Adipositas erklären.
  • Sie enthalten eine große Anzahl von schädlichen Verbindungen, die bei der Lebensmittelverarbeitung entstehen, wie z. B. Acrylamid und Acrolein. Obwohl diese Verbindungen auch bei der Zubereitung von Lebensmitteln zu Hause gebildet werden (z. B. durch hohe Temperaturen beim Kochen), sind sie in ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln in größeren Mengen vorhanden. Sowohl Acrylamid als auch Acrolein werden mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht und sind stark entzündungsfördernd.
  • Vorhandensein von endokrin aktiven Stoffen wie Bisphenolen in den Verpackungen von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln. Obwohl Bisphenol A in vielen Ländern für die Verwendung in Lebensmittelverpackungen verboten ist, wurde es inzwischen durch andere Komponenten wie Bisphenol S ersetzt, das ebenfalls endokrin aktive Eigenschaften hat und im Verdacht steht, noch stärker oral aufgenommen zu werden als Bisphenol A. Diese Produkte können hormonelle Veränderungen verursachen, die zu Fettleibigkeit und Entzündungen führen.
  • Da diese Zubereitungen sie sehr schmackhaft sind, führen sie zu einem verzögerten Sättigungssignal, was zu einer höheren Gesamtnahrungsaufnahme führt, die Fettansammlungen, Fettleibigkeit und Entzündungen verursacht.
  • Sie können das Darmmikrobiom so verändern, dass es gestört wird, was zu einer Dysbiose führt und die Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen auslösen kann, die wiederum zu Neuroinflammation und Neurodegeneration beitragen können.
  • Sie sind reich an gesättigten Fettsäuren und Transfettsäuren, die ein Entzündungspotenzial haben und oxidativen Stress verursachen, und gleichzeitig arm an entzündungshemmenden Fetten wie Omega-3-Fettsäuren.
  • Durch die Zunahme des Verzehrs ultrahochverarbeiteter Lebensmittel sinkt gleichzeitig der Verzehr natürlicher oder minimal verarbeiteter Lebensmittel, die ausreichende Mengen an Makronährstoffen liefern und Quellen von Vitaminen und Mineralien sind, die sowohl für das Funktionieren des Immunsystems als auch des Nervensystems wichtig sind.

Schlussfolgerung:

Der Zusammenhang zwischen Ernährung und Multipler Sklerose wurde in einigen epidemiologischen Studien nachgewiesen. Obwohl keine bestimmte Art der Ernährung nachweislich das Fortschreiten der Krankheit in jedem Fall verhindert oder verlangsamt, gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass eine Ernährung, die reich an ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln ist, mit der Entwicklung von Entzündungskrankheiten in Verbindung gebracht werden kann. Eine neue Studie aus Australien hat gezeigt, dass eine höhere Aufnahme von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln mit einer höheren Wahrscheinlichkeit der ersten klinischen Diagnose einer Demyelinisierung verbunden war.

Crash-Diäten* sind nicht notwendig, wenn man lernt, diese Klasse von Nahrungsmitteln zu erkennen und zu vermeiden (oder so weit wie möglich zu meiden), kann man die Entwicklung von demyelinisierenden Läsionen und MS vermeiden.

(*) Crash Diäten basieren in der Regel auf einer sehr reduzierten und einseitigen Ernährung bis hin zum kompletten Ersatz der Nahrung durch irgendwelche Shakes oder Supplemente.

Referenzen:

  1. Pagliai G, Dinu M, Madarena MP, Bonaccio M, Iacoviello L, Sofi F. Consumption of ultra-processed foods and health status: a systematic review and meta-analysis. Br J Nutr. 2021 Feb 14;125(3):308-318. doi: 10.1017/S0007114520002688. Epub 2020 Aug 14. PMID: 32792031; PMCID: PMC7844609.
  2. Lane MM, Lotfaliany M, Forbes M, Loughman A, Rocks T, O’Neil A, Machado P, Jacka FN, Hodge A, Marx W. Higher Ultra-Processed Food Consumption Is Associated with Greater High-Sensitivity C-Reactive Protein Concentration in Adults: Cross-Sectional Results from the Melbourne Collaborative Cohort Study. Nutrients. 2022 Aug 12;14(16):3309. doi: 10.3390/nu14163309. PMID: 36014818; PMCID: PMC9415636.
  3. Mannino A, Daly A, Dunlop E, Probst Y, Ponsonby AL, van der Mei IAF; Ausimmune Investigator Group; Black LJ. Higher consumption of ultra-processed foods and increased likelihood of central nervous system demyelination in a case-control study of Australian adults. Eur J Clin Nutr. 2023 Feb 8. doi: 10.1038/s41430-023-01271-1. Epub ahead of print. PMID: 36754977.
  4. https://www.msaustralia.org.au/ausimmune/
  5. Monteiro CA, Cannon G, Levy RB, Moubarac JC, Louzada ML, Rauber F, Khandpur N, Cediel G, Neri D, Martinez-Steele E, Baraldi LG, Jaime PC. Ultra-processed foods: what they are and how to identify them. Public Health Nutr. 2019 Apr;22(5):936-941. doi: 10.1017/S1368980018003762. Epub 2019 Feb 12. PMID: 30744710.

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Eine schwelende Krankheit – MS in einer neuen Perspektive

Irgendetwas schwelt…

Eine schwelende Krankheit – MS in einer neuen Perspektive

Die heutige Medizin definiert Multiple Sklerose (MS) als eine fokale entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das Vorhandensein entzündlicher Läsionen (die auf MRT-Scans des Gehirns zu sehen sind) definiert, ob die Krankheit aktiv ist oder nicht, und die klinische Klassifizierung, den therapeutischen Ansatz und die Prognose nach medizinischen Leitlinien bestimmt. Die Entzündung wird als Ursache für Rückfälle oder akute neurologische Verschlechterungen angesehen.

Das radiologische Kriterium zur Definition einer aktiven Erkrankung (und einer Entzündung) ist das Vorhandensein von kontrastverstärkenden Läsionen auf T1-gewichteten MRT-Bildern (Magnetresonanztomographie) oder von neuen Läsionen auf T2-gewichteten MRT-Bildern (oder die Verstärkung alter Läsionen).

Die klassische pharmakologische Behandlung zielt darauf ab, einen Zustand zu erreichen, der als NEIDA (no evident inflammatory disease activity) bezeichnet wird, d. h. das Fehlen aktiver Läsionen auf MRT-Aufnahmen des Schädels.

Studien zum Krankheitsverlauf

Studien, die den natürlichen Krankheitsverlauf (d. h. die Entwicklung der Patienten im Laufe der Zeit) untersuchen, zeigen jedoch, dass die fortschreitende Akkumulation von Behinderungen oft unabhängig von der Anzahl der Schübe seit Beginn der Erkrankung auftritt. Andererseits hat sich gezeigt, dass die Unterbrechung der entzündlichen Reaktivierung die Zunahme der Behinderungen nicht generell verhindert, was darauf hindeutet, dass andere pathologische Prozesse im Gehirn und Rückenmark zum langsamen Verlust der neurologischen Funktionen beitragen.

Klinisch lässt sich eine Verschlechterung des Behinderungsgrades (wie z. B. des EDSS) auch dann beobachten, wenn kein neues akutes oder schubförmiges Ereignis auftritt, d. h. selbst in Fällen, in denen die Krankheit nach den derzeitigen Kriterien „unter Kontrolle“ ist. Viele Patienten in diesem Zustand fragen sich: „Wie kann ich eine inaktive Krankheit haben, wenn ich eine fortschreitende Schwäche erlebe?“

Prof. Gavin Giovannoni (von der London Medical School) und seine Mitarbeiter haben eine sehr interessante Arbeit [1] veröffentlicht, die darauf abzielt, die derzeitige Auffassung zu ändern, die sich auf das Vorhandensein einer akuten fokalen Entzündung im ZNS konzentriert.

Neue Sicht: Entzündung als Folge statt Ursache

Die Forscher schlagen vor, dass die „echte MS“ durch einen latenten (chronischen, langsam fortschreitenden) Prozess verursacht wird, der von einer überlappenden akuten Entzündungsaktivität begleitet wird. Diese Entzündung stellt die Immunreaktion des Erkrankten auf die eigentlichen Ursachen der Krankheit dar.

Bei der Multiplen Sklerose handelt es sich demnach um einen fortschreitenden neuroaxonalen Verlust, der von Beginn der Krankheit an vorhanden ist. Was wir klinisch sehen, wäre eine sich überlagernde Wirkung von einem Entzündungsherd ausgehender Störungen auf ein Nervensystem, das bereits funktionell beeinträchtigt ist. Das neuroaxonale Verlust ist dann abhängig vom Ausmaß früherer pathologischer Beeinträchtigungen, von der kognitiven Reserve des Gehirns und von seiner Fähigkeit, die Funktion wiederherzustellen oder die entstandenen Schäden zu kompensieren.

Entgegen der bisherigen Auffassung stellen solche Entzündungsbefunde nicht die Krankheit dar, sondern sind lediglich eine Immunreaktion auf die bereits bestehende Krankheit selbst.

Um diese neue Theorie zu erklären, werden verschiedene Faktoren in Betracht gezogen:

Aus pathophysiologischer Sicht wird MS derzeit als eine Krankheit beschrieben, die durch äußere Veränderungen verursacht wird, die zu einer inneren Immunreaktion führen (Outside-in-Krankheit). Nach der neu vorgeschlagenen Theorie ist MS eine latente Veränderung, die innerhalb des zentralen Nervensystems beginnt, wobei jeder Entzündungsherd ein Phänomen ist, das die Zerstörung von Neuronen fördert, antigene Myelinfragmente freisetzt und die bestehende adaptive Immunreaktion aktiviert (Inside-Out-Krankheit).

Auch die pathologischen Befunde stützen diese Theorie, wenn entzündliche Infiltrate, axonaler Verlust und Demyelinisierung vom Früh- bis zum Endstadium der Krankheit vorhanden sind. Die pathologischen Veränderungen sind während des gesamten Krankheitsverlaufs die gleichen, nur das Ausmaß dieser Läsionen kann unterschiedlich sein (z. B. mehr Entzündung in frühen Stadien, mehr Verlust von Hirnvolumen in späten Stadien) – was für eine Kontinuität zwischen den schubförmigen und den fortschreitenden Phasen der Krankheit spricht.

Dies steht im Einklang mit epidemiologischen Beobachtungen, die zeigen, dass sowohl PPMS- (primär progrediente Multiple Sklerose) als auch SPMS-Patienten (sekundär progrediente Multiple Sklerose) in einem ähnlichen Durchschnittsalter eine klinische Progression aufweisen und eine ähnliche Häufung von Behinderungen erleben. Das heißt, die endgültige Behinderung der Patienten tritt bei den verschiedenen „Typen“ der Krankheit in ähnlicher Weise auf, was darauf hindeutet, dass es sich nicht um verschiedene Formen der Krankheit handelt, sondern um eine einzige latente Krankheit mit Phasen der Verschlimmerung.

Das radiologische Paradoxon, dass das Vorhandensein entzündlicher Läsionen auf der MRT des Gehirns den Grad der langfristigen Behinderung nicht vorhersagt, spricht ebenfalls dafür, dass die Krankheit in einer gemeinsamen Art auftritt und dass das Vorhandensein einer aktiven Entzündung nicht allein für den Verlust von Nervenzellen und das Fortschreiten der Krankheit verantwortlich ist.

Daraus folgt: Behandlungsschwerpunkt anpassen!

Mit diesem neuen Ansatz zum Verständnis von MS schlagen die Autoren eine einfache Richtungsänderung des Behandlungsschwerpunkts vor: Anstatt sich auf die Kontrolle der Ausbrüche und der fokalen Aktivität (Entzündungsherde) im MRT zu konzentrieren, sollten wir die Aufmerksamkeit auf die Prozesse lenken, die vermutlich für die latente MS verantwortlich sind. Und was könnten diese Faktoren sein?

Es wurde eine Reihe von Mechanismen als mögliche Ursachen für MS vorgeschlagen:

• Demyelinisierung

• Angeborene Immunität (Makrophagen/Mikroglia-Aktivierung)

• Adaptive Immunität (B-Zellen)

• Chronische oxidative Schäden

• Anhäufung von Mitochondrienschäden

• Altersbedingte Eisenanreicherung

• Energiedefizite

• Virusinfektion (Epstein-Barr-Virus und Humanes Endogenes Retrovirus)

Der Lebensstil taugt als Therapiekonzept

Unabhängig davon, welche Faktoren oder welche Erreger die MS verursachen, muss ein neues Therapiekonzept gesucht werden, das neben einer entzündungshemmenden Wirkung auch auf Neuroprotektion, Remyelinisierung und Neuroregeneration abzielt. Es ist daher klar, dass die Erhaltung der Gesundheit des Gehirns für die Kontrolle der Entwicklung einer latenten MS von wesentlicher Bedeutung ist.

Und wie können wir unsere Gehirngesundheit verbessern?

Durch eine Änderung des Lebensstils! Zur neuroprotektiven Behandlung gehören der Verzicht auf toxische Substanzen wie Alkohol und Tabak, regelmäßige körperliche Betätigung, ein qualitativ hochwertiger Schlaf, die Pflege der emotionalen Gesundheit, die Vermeidung von Infektionen (insbesondere Parodontitis) und eine gesunde Ernährung mit Schwerpunkt auf ketogener Ernährung, Fasten und Kalorienrestriktion. Und “last but not least” ein guter Vitamin-D-Spiegel und die Nutzung der gesundheitsfördernden Eigenschaften des Sonnenlichts.

Diese Behandlung sollte mit einer pharmakologischen Behandlung einhergehen, die sich nicht nur auf die Kontrolle der Entzündung, sondern auch auf die Remyelinisierung und die neuronale Erholung konzentrieren sollte.

Schlussfolgerung:

Es wird in dieser Studie eine neue Sichtweise vorgeschlagen, die von dem Grundsatz ausgeht, dass MS nicht als klinisch-radiologische Angelegenheit behandelt werden sollte, bei der der Schwerpunkt auf der Kontrolle der Entzündung liegt, sondern vielmehr als biologische Krankheit. Nach dieser Theorie ist Multiple Sklerose eine latente, chronische Krankheit mit fortschreitendem axonalen Verlust, die gelegentlich akute Entzündungsschübe aufweist. Diese Schübe stellen die Immunreaktion des Patienten auf die eigentlichen Verursacher der Krankheit dar.

Man könnte sie mit der Lepra vergleichen, bei der der Erreger M. leprae ist, aber das klinische Erscheinungsbild und die Entwicklung der Krankheit werden von der Immunreaktion des Patienten auf den Erreger bestimmt.

Damit wird wieder einmal deutlich, dass die Behandlung nicht nur auf die Kontrolle der Entzündung ausgerichtet sein sollte, sondern auch Maßnahmen umfassen sollte, die den Neuroschutz und die Remyelinisierung fördern und die Gesundheit des Gehirns erhalten.

Maßnahmen des Lebensstils bei der Kontrolle von MS sind von grundlegender Bedeutung, und das Ziel des Life-SMS-Projekts wird einmal mehr bekräftigt: die Verbesserung des Lebensstils für eine zielgerichtetere Behandlung von MS!


Referenzen:

[1] Giovannoni G, Popescu V, Wuerfel J, et al. Smouldering multiple sclerosis: the ‘real MS.’ Therapeutic Advances in Neurological Disorders. January 2022. doi:10.1177/17562864211066751 https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/17562864211066751

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Das MRT zeigt: Vitamin D ist Pflichtprogramm gerade auch bei immunmodulierten Patienten

MRT: Photo von MART PRODUCTIONvon Pexels

Eine aktueller Review beschäftigte sich mit der Frage der im MRT-Bild (Magnetresonanztomograph) nachweisbaren Auswirkungen einer Vitamin D-Supplementierung bei MS-Patienten [1].

Die wesentlichen Aussagen

Eine erhöhte Vitamin-D-Konzentration im Blut steht in Zusammenhang mit einer reduzierten Demyelinisierung, die durch T2-gewichtete und gadoliniumverstärkte MRT-Untersuchungen bestimmt wird. Eine Vitamin-D-Supplementierung bei MS-Patienten wurde mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit neuer Läsionen und einer Abnahme des Volumens bestehender Läsionen in Verbindung gebracht, wie in T1-gewichteten MRT-Scans beobachtet wurde. Bei Patienten, die eine Vitamin-D-Supplementierung erhielten, wurde ein Anstieg der TGF-Beta-Spiegel festgestellt, was auf einen Mechanismus hindeutet, durch den Cholecalciferol (Vitamin D3) die MS-Prognose verbessern kann.

Der TGF-Beta (Transformierender Wachstumsfaktor Beta) ist ein Zytokin im neuro-endokrino-immunologischen Netzwerk TGF-Beta trägt als Effektorzytokin von regulatorischen T-Lymphozyten zur Verhinderung von chronischen Immunaktivierungen bei.

Bei Patienten mit klinisch isoliertem Syndrom (CIS) wurde eine inverse Korrelation zwischen der Vitamin-D-Konzentration und dem Risiko neuer Läsionen in T2-gewichteten MRT-Scans festgestellt. Darüber hinaus senkte die Vitamin-D-Zufuhr bei diesen Patienten das Risiko einer Progression zur klinisch definitiven Multiplen Sklerose (CDMS). Die tägliche Einnahme von Vitamin D während einer Fingolimod-Behandlung korrelierte stark mit einer geringeren Anzahl neuer Läsionen. Eine hochdosierte Vitamin-D-Supplementierung während der Interferon-Beta-1a-Behandlung war mit einem geringeren durchschnittlichen Prozentsatz an Läsionen im Vergleich zum Volumen vor der Behandlung verbunden, was durch die T2-gewichtete MRT-Analyse ermittelt wurde.

Bedeutung für Patienten unter immunmodulatorischer Behandlung

Diese Veröffentlichung unterstützt schon länger bekannte Ergebnisse (mindestens seit 2012) für Patienten unter immunmodulatorischer oder -suppressiver Behandlung. Neben Fingolimod (Gilenya) [2] gilt dies insbesondere auch für Interferon-Beta [3, 4] und Natalizumab (Tysabri) [5]. Bei diesen Studien wurden zum Teil auch ganz konkrete positive Auswirkungen auf die Schubrate und Krankheitsprogression untersucht und gezeigt.

Fazit

Auch wenn es gebetsmühlenartig klingt: Ein guter Vitamin D-Spiegel ist eine notwendige Voraussetzung für eine Stabilisierung der MS-Erkrankung. Für MS-Patienten sind Vitamin D Werte zwischen 60 bis 90 ng/ml im Blutserum empfehlenswert. Gerade für Patienten unter immunmodulatorischer Behandlung ist die Supplementierung mit Vitamin D ein wichtiger Zusatzfaktor, der die gewünschten Ergebnis in puncto Reduktion der Läsionslast und Schubrate bzw. Krankheitsprogression greifbarer erscheinen lässt. Sollte Ihr Neurologe anderer Meinung sein, weisen Sie ihn doch auf die erdrückende Studienlage hin und ergreifen im Ernstfall selbst die entsprechenden Maßnahmen.

Mehr zum Thema Vitamin D und MS finden Sie auch in unserem diesbezüglichen Faktenblatt:

Vitamin D/Sonne und Multiple Sklerose

Referenzen:

[1] Piędel, F. et al. (2021) ‘Correlation between vitamin D and alterations in MRI among patients with multiple sclerosis’, Annals of Agricultural and Environmental Medicine, 28(3), pp. 372–377. doi: 10.26444/aaem/127062.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34558256/

[2] Ferre’ L, Clarelli F, Sferruzza G, et al. Basal vitamin D levels and disease activity in multiple sclerosis patients treated with fingolimod. NeurolSci. 2018; 39(8): 1467–1470.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29756179/

[3] Fitzgerald KC, Munger KL, Köchert K, et al. Association of Vitamin D Levels With Multiple Sclerosis Activity and Progression in Patients Receiving Interferon Beta-1b. JAMA Neurol. 2015; 72(12): 1458–1465.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26458124/

[4] Stewart N. 2012: Stewart, N.; Simpson, S.; van der Mei, I.; Ponsonby, A.-L; Blizzard, L.; Dwyer, T. et al. (2012): Interferon- and serum 25-hydroxyvitamin D interact to modulate relapse risk in MS. In: Neurology 79 (3), p. 254–260.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22700816/

[5] Scott, T. F., Hackett, C. T., Dworek, D. C., Schramke, C. J., Jul. 2013. Low vitamin d level is associated with higher relapse rate in natalizumab treated MS patients. Journal of the neurological sciences 330 (1-2), p. 27-31.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23602794/


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Auf welche Themen soll ich mich denn konzentrieren? Therapiestress vermeiden!

MS-Betroffene stehen vor einem Dilemma: die Schulmedizin bietet nur sehr beschränkte Lösungen (bisher ohne Heilungsperspektive) an und von komplementärmedizinischen Ratschlägen – durchmischt mit Scharlatanerie – wimmelt es im Netz.

Photo by Daniel Lerman on Unsplash

Grundsätzlich gilt:

  • MS ist eine multifaktorielle Erkrankung und nur durch eine patientenspezifische Betrachtung beherrschbar oder im Einzelfall sogar heilbar.
  • Die ausschlaggebenden Faktoren sind bei fast jeder Patientin und bei jedem Patienten andere und im Allgemeinen nicht eindeutig identifizierbar.
  • Es gibt aber Gemeinsamkeiten und Gruppen von Faktoren, die heute schon bekannt sind und insofern über Lebensstilmaßnahmen modifiziert werden können. Auch diese Faktoren sind im Detail sehr vielfältig, sodass es für den Einzelnen schwierig ist, den für ihn idealen Stabilisierungs- und Genesungsweg zu finden.

Dennoch gibt es Leitplanken, die Betroffenen helfen können, den selbstbestimmten Kurs zu finden. Zunächst gilt es sich auf wesentliche Faktoren zu konzentrieren und somit der 80/20-Regel bzw. dem sogenannten Pareto-Prinzip zu folgen. Diese wesentlichen Faktoren sind heute aufgrund vieler Studien relativ gut bekannt. In der folgenden Liste sind diese, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, zusammengefasst.

8 wesentliche Faktoren

  • Vitamin D und Sonne
  • Gesunde Darmflora
  • Ausreichende und regelmäßige Bewegung (je nach den eigenen Möglichkeiten)
  • Antientzündliche und antioxidative Ernährung
  • Mentale Ausgewogenheit und Stressreduktion
  • Gesunder Schlaf
  • Soziale Aktivität und sinnhafte Arbeit (nicht zwingend bezahlt)
  • Reduktion und Minimierung der Schadstoffbelastung

Die bewusste Beachtung dieser Faktoren über die Umsetzung im eigenen Lebensstil ist zumindest auf der obersten Ebene mit überschaubaren Anstrengungen machbar.

Vitamin D und Sonne: Hier reicht es zunächst einen Zielwert für den Vitamin D-Spiegel im Serum zwischen 60 und 90 ng/ml zu erreichen und zusätzlich so oft wie möglich und regelmäßig das Sonnenlicht zu genießen (Sonnenbrände sind zu vermeiden).

Siehe auch Faktenblatt Vitamin D und Sonne

Bewegung und Sport: An dieser Stelle bestimmen die eigenen Möglichkeiten und das eigene Interesse die Auswahl des geeigneten Trainingsformats. Geeignetes Training fördert immens die Neuroplastizität, verhindert oder vermindert eine Insulinresistenz und verbessert Kraft und Koordination.

Siehe auch: Faktenblatt Sport und MS

Gesunde Darmflora: Zugegeben, kein einfaches Kapitel und eng mit der Ernährung verbunden. Hier helfen ein Verzicht auf Industriezucker und andere einfache Kohlenhydrate sowie bei vielen Erkrankten ein Verzicht Nahrungsmittel die Gluten und Weizenproteine enthalten. Eine Supplementierung mit Propionsäure ist anzuraten.

Siehe auch: Faktenblatt Darmflora und MS, Die kurzkettige Propionsäure beweist erneut ihr Potential in der MS-Behandlung und Geben Sie der “Gluten-Freiheit” eine Chance.

Antientzündliche und antioxidative Ernährung: Hier geht es unter anderem um eine kohlenhydratarme, ballaststoffreiche Ernährung sowie um den Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln mit einem hohen Gehalt an Polyphenolen und Flavonoiden. Auf Industriezucker oder “Life-Style-Getränke” muss soweit wie irgend möglich verzichtet werden. Gesunde Fette und Öle (Omega 3-Öl vorzugsweise aus Algen) sowie Olivenöl und Kokosöl sind ein Muss bei gleichzeitigem Verzicht auf industrielle Transfette und eine Reduktion der Aufnahme von Omega-6-Fettsäuren. Hinzu kommt dann noch eine patientenspezifische Supplementierung mit Mikronährstoffen, die mit einem ganzheitlich arbeitenden Therapeuten, der nach den Prinzipien der funktionellen Medizin arbeitet, besprochen werden sollte.

Siehe auch: Faktenblatt: Zucker und MS sowie Faktenblatt Fettsäuren und MS

Mentale Ausgewogenheit und Stressreduktion: Hier helfen Meditationstechniken wie Mindfulness-Meditation oder auch Yoga und andere Entspannungsmethoden. Aber auch das Spielen eines Instruments, das Singen oder auch nur der Musikgenuss sind hervorragende Methoden den überschießenden Cortisolspiegel im Zaum zu halten und die Genauslese in Richtung antientzündlicher Vorgänge zu modulieren.

Siehe auch: Warum sich Mindfulness- oder Achtsamkeitstraining lohnt!

Gesunder Schlaf: Ganz einfach ausgedrückt – ausreichender Schlaf hat eine heilende Wirkung. Es ist bekannt, dass Schlafstörungen bei MS-Patienten deutlich häufiger vorkommen, als in der Allgemeinbevölkerung. Insofern sind Maßnahmen zur Verbesserung des Schlafes ein Pflichtprogramm für Betroffene. Hier kann es sich lohnen, professionelle Hilfe (von Medizinern oder Schlafcoaches etc.) in Anspruch zu nehmen.

Siehe auch: Die Bedeutung des Schlafhormons Melatonin bei neurodegenerativen Erkrankungen – der zirkadiane Rhythmus, unentbehrlich für die Gehirnfunktion

und generell zum Verständnis: Gesunder Schlaf (bei unserem Schwesterprojekt Kompetenz statt Demenz)

Soziale Aktivität und sinnhafte Arbeit: Dieser Faktor wird leider oft unterschätzt. Suchen Sie sich eine Aufgabe, die Sie begeistert und teilen Sie die Aufgabe und deren Ergebnisse mit anderen Menschen. Falls das Ganze generationenübergreifend erfolgt, umso besser. Zusätzliche erfüllte Lebensjahre sind dann sehr wahrscheinlich.

Siehe auch: Prof. Dr. Gerald Hüther – Gelassenheit hilft: Anregungen für Gehirnbenutzer (ddn 2009)

Reduktion und Minimierung der Schadstoffbelastung: An dieser Stelle sollten Sie einen Umweltmediziner zur Rate ziehen. Rauchen, Schwermetallbelastung und verschiedene aromatische Kohlenwasserstoffe sind Gift für Ihr Immunsystem und Ihren Körper.

Siehe auch: Dr. Stefan Dietsche zum Thema „Schadstoffe und Psyche“ und Tabakrauchen und MS-Progression: ein sofort vermeidbarer Faktor!


Selbstverständlich erfordern diese Felder im Einzelfall eine Beschäftigung mit den Details, dennoch geben sie Ihnen hoffentlich ein Rüstzeug und nötige Leitplanken auf dem Weg in die eigenverantwortliche und lebensstilorientierte Behandlung der MS.

Mindmap der Life-SMS Methodik

Zur Beschäftigung mit den Details empfehlen wir unsere Mindmap der Life-SMS Methodik, die Sie hier finden:

Ein Klick auf das “Thumbnail” öffnet die interaktive Kompetenzkarte in einem neuen Fenster.

Abschließend noch ein Tipp:

Vermeiden Sie Therapiestress, das heißt, wenn Sie mit einer Maßnahme angefangen haben, geben Sie sich Zeit um eine Wirkung zu spüren, springen Sie nicht von einem Supplement, einer Ernährungsweise, einer Trainingsart und einer Methodik zur Stressreduktion zur nächsten (sofern Sie keine negativen Wirkungen erfahren) und hören Sie in sich hinein. Ihr Körper und Ihr Geist werden Ihnen in aller Regel helfen, den für Sie gangbaren Weg zu finden. Aber scheuen Sie sich auch nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

In diesem Sinne bleiben und werden Sie gesund und folgen uns weiter!

Ihr

Life-SMS Team


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Die kurzkettige Propionsäure beweist erneut ihr Potential in der MS-Behandlung

Über die entscheidende Rolle der Darmmikrobiota (Darmflora) oder übergreifend des Mikrobioms haben wir schon des Öfteren berichtet. Eine Veröffentlichung aus dem letzten Jahr [1] unterstreicht noch einmal das Potential der Supplementierung mit kurzkettigen Fettsäuren bei der MS-Therapie. Die Autoren Alexander Duscha et. al. von der Ruhr-Universität Bochum weisen nach, dass Propionsäure den Krankheitsverlauf der Multiplen Sklerose durch einen immunmodulatorischen Mechanismus positiv beeinflusst.

Die Zusammenhänge sind in der nachfolgenden Infografik übersichtlich dargestellt:

 

Effekte der Propionsäure-Supplementierung bei MS Patienten nach [1]

Kurzkettige Fettsäuren und Studiendesign

Kurzkettige Fettsäuren werden von Darmbakterien aus unverdaulichen Nahrungsfasern verarbeitet und haben immunmodulatorische Eigenschaften. Die Autoren untersuchen die Effekte der Propionsäure (PA) bei Multipler Sklerose (MS). Serum und Stuhl von Probanden mit MS wiesen im Vergleich zu Kontrollen signifikant reduzierte PA-Mengen auf, insbesondere nach dem ersten Schub. In einer “Proof-of-Concept-Studie” verabreichten die Forscher PA (500 mg, 2 x täglich) an therapienaive MS-Patienten (Patienten, die bisher noch nicht behandelt wurden) und als Zusatz zu einer MS-Immuntherapie. Nach 2 Wochen PA-Einnahme wurde ein signifikanter und anhaltender Anstieg von funktionell kompetenten regulatorischen T-Zellen (Treg) beobachtet , während gleichzeitig die entzündungsfördernden Th1- und Th17-Zellen signifikant abnahmen. Mathematische Signifikanzanalysen zeigten eine reduzierte jährliche Schubrate, eine Stabilisierung des Behinderungsgrades und eine reduzierte Hirnatrophie (Abnahme des Gehirnvolumens) nach 3 Jahren PA-Einnahme. Eine funktionelle Mikrobiomanalyse zeigte zudem eine erhöhte Expression von Treg-Zell-induzierenden Genen im Darm nach PA-Einnahme. Außerdem normalisierte PA die mitochondriale Funktion und das Erscheinungsbild (Morphologie) der Treg-Zellen bei MS.

Schlussfolgerungen

Zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass diese Studie, an der etwa 300 Personen mit MS teilnehmen, eindeutig eine dysbiotisches (fehlbesiedeltes) Darmmikrobiom und gleichzeitig einen Propionsäuremangel bei MS-Betroffenen nachwies. Die Propionsäure-Supplementierung hatte einen positiven Effekt auf immunologische, neurodegenerative und klinische Parameter bei MS-Patienten, einschließlich der Schubrate und des Fortschreitens der Behinderung.

Fazit: Insgesamt gehören das Darmmikrobiom und die Darmmikrobiota [2] zu den entscheidenden Faktoren in der Ätiologie (Ursachenforschung) bei der Multiplen Sklerose. Durch die Gabe von kurzkettigen Fettsäuren, in diesem Fall der Propionsäure, lassen sich Fehlbesiedelungen des Darms zu einem messbaren Teil beheben und positive immunmodulatorische Effekte auslösen. Patentienten sollten aber unbedingt beachten, dass klinische Effekte wie die Reduktion der Schubrate oder die Stabilisierung des Behinderungsgrades erst mittelfristig und langfristig auftreten und die Einnahme der Propionsäure insofern kontinuierlich oder zumindest über einen langen Zeitraum erforderlich ist.

 

Referenzen:

[1] Duscha et al., Propionic Acid Shapes the Multiple Sclerosis Disease Course by an Immunomodulatory Mechanism, Cell (2020), https://doi.org/10.1016/j.cell.2020.02.035

[2] Faktenblatt Darmflora und MS (DSGiP 2015)

 


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Stoffwechselverbesserungen und Reduktion des Oxidationszustandes mit ketogener Ernährung bei MS-Patienten

Über die Chancen einer ketogenen Ernährungsweise bei MS-Betroffenen haben wir schon des Öfteren berichtet (siehe auch: Was ist eigentlich ketogene Ernährung – Chancen bei der Behandlung der MS?).

Eine neuere Studie hat sich mit dem Sättigungseffekt einer ketogenen Diät und ihrer Auswirkung auf die Stärkung der Muskulatur und den Oxidationszustand bei Multiple-Sklerose-Patienten beschäftigt [1].

Hintergrund

Es ist nachgewiesen, dass Multiple Sklerose (MS) Energiegewinnungsstörungen auf mitochondrialer Ebene – also im Energiezentrum der Zellen – hervorruft, die mit dem Verlust von Muskelmasse verbunden sind. Ketonkörper, hauptsächlich Beta-Hydroxybutyrat (BHB), beseitigen diese Energieversorgungsstörungen wieder und bewirken Sättigung, Veränderungen in der Körperzusammensetzung (u.a. Fett- und Muskelmasse) und eine Abnahme des hormonabhängigen Hungergefühls. Verantwortlich für letzteres ist die verminderte Bildung von Ghrelin im Zustand der Ketose (Fastenstoffwechsel). Ghrelin ist ein appetitanregendes Peptid, welches in der Bauchspeicheldrüse und der Magenschleimhaut produziert wird. Ziel dieser Studie war es, mögliche Verbesserungen der Körperkomposition und des Oxidationsniveaus bei Patienten mit MS durch die sättigende Wirkung einer ketogenen Diät nachzuweisen.

 

Fettstoffwechsel und MCTs –aus Faktenblatt Zucker und Multiple Sklerose
Fettstoffwechsel und MCTs –aus Faktenblatt Zucker und Multiple Sklerose [2]

Ketonkörper haben neuroprotektive Wirkungen bei energetischen Störungen auf mitochondrialer Ebene, die bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen, wie Epilepsie, Parkinson oder Alzheimer sowie Multipler Sklerose nachgewiesen wurden. Diese Neuroprotektion beruht auf verschiedenen Mechanismen. Zum einen ist der Ketonkörper Beta-Hydroxybutyrat (BHB) in der Lage, bestimmte Rezeptoren zu aktivieren, die zur Aufrechterhaltung der Homöostase beitragen und bei Stoffwechsel- und Entzündungsstörungen positiv wirken.

Zum anderen können ketogene Diäten Veränderungen in der Art und Weise bewirken, wie das Gehirn mit Energie versorgt wird, indem sie die Transporter für mittelkettige Triglyceride oder auch MCT (mittelkettige Fettsäuren) erhöhen und den Glukosetransporter verringern, die für den Transfer von Ketonkörpern bzw. Glukose durch die Blut-Hirn-Schranke (BHS) verantwortlich sind. Eine möglicherweise bestehende Insulinresistenz der Gehirnzellen wird damit umgangen [2]. Dies gilt insbesondere im Hippocampus und im präfrontalen Kortex, Regionen, die bei MS-Patienten beeinträchtigt sind. Darüber hinaus sind Ketonkörper an weiteren Mechanismen beteiligt, die mit der Muskelfunktion zusammenhängen. So hat BHB mehrfache Effekte, die es zu einem Stoffwechselprodukt machen, das Oxidationsstress und Entzündungen reguliert, welche charakteristische Hauptfaktoren sind, die mit Muskelschwund verbunden sind. Daher zeigen Ketonkörper muskelaufbauende (anabole) und den Muskelabbau hemmende (antikatabole) Aktivität im Skelettmuskel, dies gilt insbesondere für BHB. Schließlich stellen Ketonkörper die Aktivität die Zellatmungskette wieder her, die bei MS verschlechtert ist.

Die Studie

Die Pilotstudie wurde mit 27 MS-Patienten durchgeführt, die 4 Monate lang eine mediterrane isokalorische (gleicher Kaloriengehalt) und ketogene Diät erhielten. Es wurden anthropometrische Messungen (Körperumfang, Bauchfett & Co.) durchgeführt sowie das Sättigungs- und Hungerempfinden bewertet. Zusätzlich wurden BHB und andere Oxidationsmarker gemessen und das Ghrelin bestimmt. Alle Messungen wurden vor und nach der Intervention durchgeführt.

Die Autoren kommen zu folgender Schlussfolgerung:

Eine ketogene Diät erhöht die fettfreie Muskelmasse bei gleichzeitiger Abnahme der Fettmasse und verringert Entzündungen und Oxidation bei MS-Patienten, möglicherweise auch als Folge einer Erhöhung des Sättigungsgefühls und einer Abnahme des Hungergefühls.

Diese Veränderungen könnten mit der Verbesserung des metabolischen Profils der Patienten zusammenhängen, was sich in einem Anstieg der Werte zeigte, die mit weniger Oxidation und Entzündung einhergehen. Die gezeigten Stoffwechselveränderungen und Veränderungen der Körperzusammensetzung können einen positiven Einfluss auf die klinische Entwicklung der MS haben. Folglich könnte diese Art der Ernährung eine therapeutische Alternative darstellen, indem sie andere Behandlungsformen ergänzt.

Fazit:

Eine ketogene Ernährungsweise bietet bei MS durchaus Chancen, gerade mit Blick auf die Minimierung und den Stopp des entzündlichen, degenerativen Zweiges der Erkrankung. Wie alle spezifischen Ernährungsformen, ist sie weder eine Wunderdiät noch ist sie eine „One fits for all – Methode“. Jeder Stoffwechsel ist patientenspezifisch. Während die einen gut mit der Diät zurechtkommen, führt sie bei anderen zu erheblichen Einschränkungen des Wohlgefühls und kann nicht längerfristig umgesetzt werden. Im Zweifel sollte ärztliche Beratung oder die eines erfahrenen Ernährungscoaches eingeholt werden. Zumindest sollte man sich über Fachliteratur über die Hintergründe und Umsetzung von streng kohlenhydratarmen Ernährungsweisen informieren [3].

 

Referenzen und weitere Infos:

[1] Benlloch, M. et al. (2019) ‘Satiating effect of a ketogenic diet and its impact on muscle improvement and oxidation state in multiple sclerosis patients’, Nutrients. MDPI AG, 11(5). doi: 10.3390/nu11051156.

[2] Faktenblatt Zucker und Multiple Sklerose: DSGIP Life-SMS Projekt 2015

[3] Wahl, Terry, Dr.: Wahls, Terry: Multiple Sklerose erfolgreich behandeln – mit dem Paläo-Programm. Kirchzarten: VAK Verlags GmbH, 2014.

 

 

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Gastbeitrag: Hypnotherapie bei MS – Behandlung von Körper, Geist und Seele

Von Sabine Rochlitz

Wer die Multiple Sklerose nur eindimensional betrachtet, auf der rein körperlichen Ebene, wird ihr nicht gerecht. Die Seele, der Geist, oder wie immer man diese andere(n) Ebene(n) bezeichnen will, sollte einbezogen werden. Deshalb macht es durchaus Sinn, der Krankheit mit einer besonderen Form der Psychotherapie zu begegnen. Die Hypnotherapie, mit der ich selbst sehr gute Erfahrungen mache, ist übrigens für Behandlungen im Anwendungsbereich „psychische und soziale Faktoren bei somatischen Krankheiten“ seit 2006 wissenschaftlich anerkannt.

Als Begründer der modernen Hypnotherapie gilt Milton H. Erickson, der – selbst an Kinderlähmung erkrankt und zeitweise gelähmt – sich mittels Wahrnehmungen und Vorstellungen wieder zum Laufen brachte. Von den Erfolgen dieser Imaginationen inspiriert, beschäftigte er sich in seinem Studium der Psychologie und Medizin intensiv mit Hypnose und entwickelte eigene Techniken.

Kern seines Ansatzes: Jeder Mensch hat in sich, in seinem Unbewussten, die nötigen Ressourcen, um seine Herausforderungen zu lösen. Aufgabe der Hypnotherapie sei es, diese ausfindig und zugänglich zu machen. Ericksons Anliegen war es, Betroffene in den Mittelpunkt zu stellen und die Hypnose für sie maßzuschneidern. Die Hypnotherapie arbeitet vor allem ressourcen- und lösungsorientiert.

An mehreren deutschen Universitäten wird Hypnoseforschung betrieben, u. a. in Tübingen. Dirk Revenstorf, dort Professor für klinische Psychologie, definiert Hypnose als „eine Methode zur Behandlung bestimmter psychischer, psychosomatischer und medizinischer Probleme“. Der Begriff Hypnose wird meist für die Induktion, also Einleitung eines Trancezustandes verwendet, die Hypnotherapie bezeichnet die Anwendung der Hypnose.

 

Wassertropfen und Wellen
In Trance ist die Aufmerksamkeit des Hypnotisierten besonders fokussiert

Trance

Der Trance genannte besondere Bewusstseinszustand gehört zum natürlichen Repertoire des Menschen und wird auch in Alltagssituationen, dort allerdings unwillkürlich, erlebt: Wer ist nicht schon einmal in einem Buch förmlich versunken oder hat sich Tagträumen hingegeben? In der Hypnotherapie geht es darum, diesen besonders wachen Zustand, in dem die Aufmerksamkeit konzentriert ist, zuverlässig herbeizuführen.

Um Hypnose ranken sich viele Mythen, die meisten Menschen kennen sie vorrangig als Show-Element, glauben, dass dabei Dinge gegen den eigenen Willen passieren. Bei der medizinischen Anwendung ist das Gegenteil der Fall: Klient*innen haben jederzeit die volle Kontrolle über das, was mit ihnen geschieht und was sie tun, begegnen den Therapeut*innen partnerschaftlich auf Augenhöhe.

Das Besondere der Hypnose, die häufig als körperlich-emotionales Verfahren beschrieben wird: Anders als in eher kognitiv-betonten therapeutischen Methoden lässt sich in einer Trance das Bearbeitete quasi direkt erfahren. MRT-Aufnahmen zeigen, dass dabei die gleichen Hirnareale aktiv sind wie beim tatsächlichen Erleben. Der wesentliche Unterschied laut Revenstorf: Der Patient kann in hypnotischer Trance Suggestionen (Vorschläge) annehmen, ohne sie auf Übereinstimmung mit seinem gewohnten Selbstbild zu überprüfen.

Hypnotherapie wirkt auf mehreren Ebenen: Zum einen lassen sich mit ihrer Hilfe körperliche Symptome wie Missempfindungen oder Schmerzen direkt behandeln und verringern. Dies lässt sich vor allem durch das Ausblenden von Informationen wie Schmerzreize erreichen, die man abspaltet (dissoziiert), indem man die Gedanken auf etwas anderes fokussiert.

Visualisierungen, wie sie wohl auch Erickson für sich selbst genutzt hat, können wiederum dabei helfen, Bewegungsabläufe zu verbessern. Vergleichbar und bekannt ist vielleicht als ähnliche Methode das Mentaltraining, das Sportler*innen nutzen, um durch das detaillierte Vorstellen komplexer Bewegungsabläufe deren Ausführung in der Realität zu optimieren.

Der entspannende Effekt einer Trance hat zudem nachweisbar Einfluss auf das Entzündungsgeschehen im Körper. Messungen direkt nach einer Hypnosesitzung ergaben u.a. ein deutliches Absinken von Botenstoffen, die in Stresssituationen ausgeschüttet werden, um die Immunabwehr zu aktivieren und den Körper mit „vorsorglichen“ Entzündungsreaktionen auf Verletzungen „vorzubereiten“. Diese Abläufe sind eigentlich dafür gedacht und auch sinnvoll, um auf akuten Stress zu reagieren – und beinhalten normalerweise das anschließende „Runterregulieren“. Gerade bei chronischem Stress ist dieser Mechanismus jedoch häufig gestört, die aktivierten Abwehrzellen können sich dann auf körpereigenes Gewebe konzentrieren und dieses – wie bei der MS die Myelinschicht um die Nervenfasern – angreifen. So erklärt die heute gängige Hypothese einer Autoimmunkrankheit das Krankheitsgeschehen.

Psycho-Neuro-Immunologie

Ein besonders interessanter Ansatz bei Multipler Sklerose ist die Möglichkeit der direkten Beeinflussung des Immunsystems. Geschichtlich gesehen ist dies wohl eines der ältesten Einsatzgebiete der Hypnose: Wenn Warzen nach dem sogenannten Besprechen verschwinden, resultiert das vor allem aus den hypnotischen Anteilen der Methode. Deren Wirkung basiert auf den Erkenntnissen der Psycho-Neuro-Immunologie (PNI). Der relativ junge Forschungszweig untersucht die Zusammenhänge zwischen Seele und Körper sowie dem Immunsystem. Wissenschaftlich wurde in mehreren Studien belegt, dass sich das Immunsystem konditionieren lässt.

1975 gab ein Team um den Psychiater Robert Ader Ratten in einer Süßstofflösung ein Chemotherapeutikum, das Übelkeit auslöste, aber auch das Immunsystem unterdrückte. Viele Tiere starben, selbst wenn sie danach nur noch die süße Lösung ohne Medikament erhielten – ihr Immunsystem hatte gelernt. Heute befassen sich Forscher mit solchen Phänomenen auch beim Menschen. Eines ihrer Ziele ist es, die Medikamentendosis von Patient*innen zu reduzieren, die wegen einer Autoimmunerkrankung Immunsuppressiva einnehmen.

Entscheidend für den nachhaltigen Erfolg ist das regelmäßige Training in Form von Selbsthypnose. Dies kann zum Beispiel erfolgen, indem die in den Therapiesitzungen durchgeführten Trancen aufgezeichnet werden, so kann man sie jederzeit nutzen. Positiver Nebeneffekt: Man bekommt eine Methode an die Hand, mit der man aktiv etwas tun kann, um (wieder) Kontrolle über die Erkrankung zu erlangen.

Therapeutensuche

Da Hypnotherapie kein geschützter Begriff ist, sollte man bei der Suche nach qualifizierten Therapeut*innen auf Dachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie e. V. (DGH) und die Milton H. Erickson Gesellschaft für klinische Hypnose e. V. (M.E.G.) zurückgreifen, die vornehmlich Ärzt*innen, Psycholog*innen und Zahnärzt*innen ausbilden. Die M.E.G. hat stellvertretend für alle wissenschaftlich fundierten deutschsprachigen Hypnosegesellschaften eine Informationsplattform für Interessierte initiiert: www.hypnose.de.


Der Originalartikel ist erschienen in der Zeitschrift „Blickpunkt“ der MSK e.V., Ausgabe 2/2020, S. 32-35. Er ist auch im Internet zu lesen unter: https://www.multiple-sklerose-e-v.de/selbsthilfe/forschung-medizin/heilsame-trance

Dort finden sich auch weiterführende Links.

Der MSK e.V. gehört zu den empfohlenen Life-SMS-Partnern.

Ein weiterer ausführlicher Bericht der Autorin über ihre persönlichen Erfahrungen mit der Hypnotherapie erscheint in der nächsten Ausgabe des „Blickpunkt“ Ende September 2020 und wird voraussichtlich ebenfalls im Internet veröffentlicht.


Die Autorin

Sabine Rochlitz ist Journalistin und selbst an Multipler Sklerose erkrankt. Seit einiger Zeit lässt sie sich mittels Hypnotherapie behandeln. Überrascht und erfreut von deren positiver Wirkung hat sie sich zum Ziel gesetzt, andere Betroffene über diese Methode zu informieren.

 

 


Photo by Levi XU on Unsplash

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Was ist das Endocannabinoid-System? Eine Einführung mit Blick auf die MS (I)

Das endogene Cannabinoidsystem (ECS), benannt nach der Cannabis-Pflanze, die zu seiner Entdeckung führte, ist eines der wichtigsten physiologische System, die an der Sicherstellung und Erhaltung der menschlichen Gesundheit beteiligt sind. Endocannabinoide und ihre Rezeptoren kommen im ganzen Körper vor: im Gehirn, in Organen, Bindegeweben, Drüsen und Immunzellen. In jedem Gewebe erfüllt das Cannabinoidsystem unterschiedliche Aufgaben, aber das Ziel ist immer dasselbe: Homöostase, die Aufrechterhaltung eines stabilen inneren Milieus trotz Schwankungen in der äußeren Umgebung.

Cannaboide

Cannabinoide fördern die Homöostase auf jeder Ebene des biologischen Lebens, von der subzellulären Ebene bis zum Organismus und vielleicht bis zur Gemeinschaft und darüber hinaus. Ein wichtiges Beispiel: Autophagie, ein Prozess, bei dem eine Zelle einen Teil ihres Inhalts absondert, um selbst verdaut und recycelt zu werden, wird durch das Cannabinoidsystem vermittelt. Während dieser Prozess normale Zellen am Leben erhält und es ihnen ermöglicht, das Gleichgewicht zwischen der Synthese, dem Abbau und der anschließenden Wiederverwertung von Zellprodukten aufrechtzuerhalten, hat er eine tödliche Wirkung auf bösartige Tumorzellen, indem er sie veranlasst, sich in einem programmierten zellulären Selbstmord zu verzehren. Das Absterben der Krebszellen fördert natürlich die Homöostase und das Überleben auf der Ebene des gesamten Organismus.

Endocannabinoide und Cannabinoide finden sich auch an den Schnittpunkten der verschiedenen Systeme des Körpers und ermöglichen die Kommunikation und Koordination zwischen verschiedenen Zelltypen. An der Stelle einer Verletzung können Cannabinoide beispielsweise die Freisetzung von Aktivatoren und Sensibilisatoren aus dem verletzten Gewebe vermindern, die Nervenzelle stabilisieren, um ein übermäßiges Feuern zu verhindern, und nahegelegene Immunzellen beruhigen, um die Freisetzung von pro-inflammatorischen Substanzen zu verhindern. In der Summe also die Auslösung von drei verschiedenen Wirkungsmechanismen auf drei verschiedene Zelltypen (Gewebe, Nervenzelle, Immunzelle) zu einem einzigen Zweck: Minimierung der durch die Verletzung verursachten Schmerzen und Schäden.

Was sind Cannabinoid-Rezeptoren?

Seescheiden, winzige Nematoden und alle Wirbeltierarten haben das Endocannabinoidsystem als wesentlichen Teil des Lebens und der Anpassung an Umweltveränderungen gemeinsam. Durch den Vergleich der Genetik von Cannabinoidrezeptoren bei verschiedenen Arten schätzen Wissenschaftler, dass sich das Endocannabinoidsystem bei primitiven Tieren vor über 600 Millionen Jahren entwickelt hat.

Cannabinoidrezeptoren sind im ganzen menschlichen Körper vorhanden, eingebettet in Zellmembranen, und es wird angenommen, dass sie zahlreicher sind als jedes andere Rezeptorsystem. Wenn Cannabinoidrezeptoren stimuliert werden, kommt es zu einer Vielzahl von physiologischen Prozessen. Forscher haben zwei Cannabinoidrezeptoren identifiziert: CBR1, der vorwiegend im Nervensystem, im Bindegewebe, in den Keimdrüsen, Drüsen und Organen vorkommt; und CBR2, der vorwiegend im Immunsystem und den damit verbundenen Strukturen zu finden ist. Viele Gewebe enthalten sowohl CB1- als auch CB2-Rezeptoren, die jeweils mit einer anderen Wirkung verbunden sind.

Endocannabinoide sind die Substanzen, die unser Körper auf natürliche Weise herstellt, um diese Rezeptoren zu stimulieren. Die beiden am besten verstandenen dieser Moleküle heißen Anandamid und 2-Arachidonoylglycerin (2-AG). Sie werden bei Bedarf aus Arachidonsäurederivaten der Zellmembran synthetisiert, haben eine lokale Wirkung und eine kurze Halbwertszeit.

Metabolische Enzyme

Das dritte Mosaiksteinchen der Endocannabinoid-Trias umfasst die metabolischen Enzyme, die die Endocannabinoide innerhalb des ECS schnell zerstören, sobald sie verwendet werden. Die beiden großen Enzyme sind FAAH, das Anandamid abbaut, und MAGL, das 2-AG abbaut. Diese Enzyme sorgen dafür, dass Endocannabinoide nur dann eingesetzt werden, wenn sie gebraucht werden, aber nicht länger als nötig. Dieser Prozess unterscheidet die Endocannabinoide von vielen anderen molekularen Signalen im Körper, wie z.B. Hormonen oder klassischen Neurotransmittern, die für viele Sekunden oder Minuten wirken können oder für eine spätere Verwendung verpackt und gelagert werden.

Diese drei Schlüsselkomponenten des Endocannabinoidsystems (Endocanabinoide, CBRs und Enzyme) finden sich in fast jedem Hauptsystem des Körpers. Wenn etwas eine Zelle aus ihrer Komfort-Zone herausbringt, werden diese drei Säulen des ECS oft aufgefordert, die Homöostase wieder herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten.

Aufgrund seinerzeit Rolle, die darin besteht, Dinge in ihre physiologische Komfort-Zone zurückzubringen, wird das ECS oft nur dann und dort eingesetzt, wo es benötigt wird. Dr. Vincenzo Di Marzo, Forschungsdirektor am Institut für Biomolekulare Chemie in Italien, drückte es so aus: „Die ECS wird oft nur dann und dort eingesetzt, wo sie gebraucht wird:

„Mit der ‚pro-homöostatischen Wirkung des ECS‘ meinen wir, dass dieses System chemischer Signale nach Abweichungen von der zellulären Homöostase vorübergehend aktiviert wird. Wenn solche Abweichungen unphysiologisch sind, versucht das vorübergehend aktivierte ECS raum- und zeitselektiv, die vorherige physiologische Situation (Homöostase) wiederherzustellen.”

Phytocannaboide

Phytocannabinoide sind pflanzliche Substanzen, die Cannabinoidrezeptoren stimulieren. Delta-9-Tetrahydrocannabinol, oder THC, ist die psychoaktivste und sicherlich die berühmteste dieser Substanzen, aber auch andere Cannabinoide wie Cannabidiol (CBD) und Cannabinol (CBN) gewinnen aufgrund ihrer vielfältigen heilenden Eigenschaften das Interesse der Forscher und sind heute auf dem Markt z.B. als CBD-Öl auch frei verfügbar. Die meisten Phytocannabinoide wurden aus Cannabis sativa isoliert, aber auch bei anderen Heilkräutern wie Echinacea purpura wurde festgestellt, dass sie nicht-psychoaktive Cannabinoide enthalten.

Interessanterweise verwendet die Cannabispflanze auch THC und andere Cannabinoide, um ihre eigene Gesundheit zu fördern und Krankheiten vorzubeugen. Cannabinoide haben antioxidative Eigenschaften, die die Blätter und Blütenstrukturen vor ultravioletter Strahlung schützen – Cannabinoide neutralisieren die schädlichen freien Radikale, die durch UV-Strahlen entstehen, und schützen so die Zellen. Beim Menschen verursachen freie Radikale Alterung, Krebs und beeinträchtigte Heilung. Antioxidantien, die in Pflanzen gefunden werden, werden seit langem als natürliche Ergänzungsmittel eingenommen, um Schäden durch freie Radikale zu verhindern.

THC aus Cannabisextrakt (Handelsname: SavitexⓇ) wird seit einigen Jahren ja schon zur Behandlung der Spastizität und von Schmerzen bei der Multiplen Sklerose eingesetzt. Auch synthetisches THC kommt in der medizinischen Forschung zum Einsatz und viele andere synthetische Cannabinoide werden in der Tierforschung eingesetzt. Einige haben eine bis zu 600-fache Wirksamkeit gegenüber THC.

Endocannabinoid-Regulierung der Entzündung

Entzündung ist eine natürliche Schutzreaktion des Immunsystems als Reaktion auf eine Infektion oder körperliche Schädigung. Der Zweck der Entzündung ist es, Krankheitserreger (Keime) oder beschädigtes Gewebe zu entfernen. Der entzündete Bereich wird dadurch erzeugt, dass Flüssigkeit und Immunzellen in den Bereich eindringen, um die schmutzige Arbeit zu erledigen und das Gewebe wieder in einen gesunden Zustand zurückzubringen.

Es ist wichtig, dass die Entzündung auf den Ort der Schädigung begrenzt ist und nicht länger als nötig anhält, was zu Schäden führen kann. Chronische Entzündungen und Autoimmunkrankheiten sind Beispiele dafür, dass das Immunsystem unangemessen aktiviert wird. Wenn dies geschieht, dauert die Entzündungsreaktion zu lange an, was zu einer chronischen Entzündung führt, oder sie richtet sich gegen gesunde Zellen, was als Autoimmunität bezeichnet wird. Und genau an dieser Stelle treffen wir auf den Zusammenhang zwischen MS und dem endocannabinoiden System.

Fazit: Während CB1R bei der Regulation der Neurostimulation der Neurotransmission in verschiedenen Hirnregionen eine Rolle spielt und hauptsächlich die psychoaktiven Effekte von Cannabinoiden vermittelt, kommt CB2R vorwiegend in den Zellen und Geweben des Immunsystems vor und vermittelt entzündungshemmende und immunmodulatorische Prozesse. Studien haben gezeigt, dass CB1R und CB2R die Aktivierung von T-Zellen, B-Zellen, Monozyten und Mikrogliazellen beeinflussen können, indem sie die Expression proinflammatorischer Zytokine hemmen und die Mediatoren hochregulieren, die die Entzündung auflösen.

Im kommenden zweiten Teil dieser Artikelserie befassen wir uns daher mit der Frage inwieweit die Modulation von CB1R und CB2R über Cannabinoide vorteilhaft ist bei der Behandlung von Autoimmunkrankheiten und insbesondere der Multiplen Sklerose (MS).

Bleiben Sie dran….


Photo by Rick Proctor on Unsplash

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Magnesiumverbindung für das Gehirn

Magnesium und seine Aufgaben

Magnesium ist der zweithäufigste intrazelluläre Mineralstoff und wird bei Hunderten von biochemischen Vorgängen und enzymatischen Reaktionen im Körper benötigt.

• Es verbessert die Aufnahme von Calcium und Kalium und hilft so nicht nur bei der Entstehung von Knochen und Zähnen. Während Calcium die Muskeln stimuliert, sorgt Magnesium dafür, dass sie sich wieder entspannen.
• Es wird für den Stoffwechsel der Zellen und für die Energieproduktion und -speicherung benötigt (stellt indirekt ATP zur Verfügung).
• Magnesium beruhigt das Nervensystem, wirkt antidepressiv und ist wichtig für die Neurotransmitteraktivität, die Erregungsleitung zwischen Nerven und Muskeln, gesunden Schlaf und vor allem die Vitamin-D-Verstoffwechslung.
• Es ist bei der Proteinsynthese, dem Abbau von Fettsäuren, dem DNA-Metabolismus und der Hormonregulierung beteiligt.
• Des Weiteren unterstützt Magnesium neben dem Glukose-Insulin-Stoffwechsel auch den Säure-Basenhaushalt und wirkt als Schutz gegen Entzündungen und eine Nervenüberstimulation durch Glutamat (welche sich in Spasmen äußern kann).
• Außerdem scheint eine besondere Form des Magnesiums (s.u) eine wichtige Rolle beim Erhalt einer gesunden kognitiven Funktion zu spielen.

Zu viel aufgenommenes Magnesium wird bei einem gesunden Menschen über den Darm ausgeschieden und kann Durchfall verursachen. Eine herabgesetzte Nierenfunktion kann bei hochdosierter Magnesiumeinnahme aber zu einer Überdosierung führen.
Bei Magnesiumpräparaten werden organische Verbindungen, wie z.B. Tri-Magnesiumdicitrat, Magnesiumaspartat und -glycinat besser aufgenommen als anorganische Verbindungen (Magnesiumkarbonat, -oxid) und führen auch seltener zu Durchfällen.

Bevor Sie weiterlesen, vergessen Sie bitte nicht, dieses Projekt lebt ausschließlich von Spenden und uns fehlen in der aktuellen Spendenperiode bis Ende April 2018 noch ca. 740 €. Eine relevante Summe für unsere Projekt. Ein Klacks für eine Gruppe von 400 Followern! Hier geht’s zu betterplace….

Detailliert erklärt Dr. Arman Edalatpour in zwei Videos das Wichtigste zu Magnesium:

Problem Magnesiumspiegel

Unglücklicherweise ist es schwierig, einen optimalen Magnesiumspiegel im Gehirn zu erhalten. Dieser nimmt während des Alterungsprozesses ab und die meisten Magnesiumpräparate durchdringen nicht die Bluthirnschranke.
Zudem können viele Faktoren zu einem Magnesiummangel führen, z.B.
• chronische Erkrankungen
• Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt (welche die Aufnahme von Magnesium vermindern)
• psychischer und physischer Stress
• Mangel an B-Vitaminen.

Alles gerade bei MS-Betroffenen relevant!

Neue Erkenntnisse: Magnesium L-Threonat

Magnesium L-Threonat ist eine Form von Magnesium mit außergewöhnlich regenerierenden Fähigkeiten, da es die Bluthirnschranke überwinden kann und so im Gehirn die Menge der synaptischen Verbindungen zwischen den Gehirnzellen aufrecht erhalten kann.
Die Dichte der Synapsen (Kontaktstellen zwischen den Neuronen), die für die Lern- und Speicherfähigkeit essentiell sind, ist vom Alter abhängig. Die Verabreichung von Magnesium-L-Threonat könnte zur Verbesserung der Lernfähigkeit, des Arbeitsspeichers im Gehirn, des Kurz- und Langzeit- sowie des räumlichen Gedächtnisses führen.

Die ersten stichhaltigen Studien mit Ratten wurden ausgewertet und es wurde eine deutliche Erhöhung der Dichte und der Plastizität der Synapsen im Hippocampus (Gehirnregion, in der das Gedächtnis angesiedelt ist) festgestellt. Eine Humanstudie wird gerade durchgeführt.

Magnesium L-Threonat kann somit wahrscheinlich:

• für einen optimalen Magnesiumhaushalt im Gehirn sorgen,

• damit das Erinnerungsvermögen, die Wahrnehmungsfähigkeit und die kognitive Funktion unterstützen,

• die Qualität und Quantität synaptischer Verbindungen zwischen Hirnzellen aufrechterhalten und wichtige Signalwege unterstützen und

• evtl. zur Prävention von Erkrankungen wie Alzheimer/Demenz beitragen.

Noch gibt es nicht viele Anbieter; entsprechend hoch ist der Preis.
Doch ein Versuch kann sich gerade für die MS-Betroffenen lohnen, die ihre kognitiven Fähigkeiten verbessern wollen.

Quelle: http://www.drperlmutter.com/wp-content/uploads/2015/01/MagT-Nureon-article-2010.pdf

Mehr zu Dr. Edalatpour auch im Netzwerk Spitzen-Gesundheit der AMM….


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Die Bedeutung des Schlafhormons Melatonin bei neurodegenerativen Erkrankungen – der zirkadiane Rhythmus, unentbehrlich für die Gehirnfunktion

Andalucía Andaluía

„Zirkadian“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „über einen Tag“. Bei Menschen ist der durchschnittliche Zyklus etwa 24,2 Stunden lang. Zwei Gene, CLOCK und BMAL1, produzieren Proteine, die eine Struktur bilden, die an DNA bindet, um die Aktivität anderer Gene zu kontrollieren. Diese innere Uhr regelt etwa 10 Prozent der gut 20.000 menschlichen Gene. Diese orchestrieren die Rhythmen von Schlaf, Essen, Körpertemperatur, Hormonspiegel und anderer Prozesse. Unter den Zielgenen finden sich drei in der Periodenfamilie (PER1, PER2 und PER3) und zwei in der Cryptochrom-Familie (CRY1 und CRY2), die wiederum Proteine ​​produzieren, die die Aktivität von CLOCK und BMAL1 blockieren. Diese Rückkopplungsschleife bewirkt die Oszillationen, was dann zu den zirkadianen Rhythmen führt.

Fast jede Zelle im Körper trägt diese Maschinerie in sich und außerhalb des Gehirns kontrollieren zelluläre Uhren lokale zirkadiane Prozesse, vor allem im Herzen und in der Lunge. Aber der Kern des zirkadianen Systems ist der sogenannte suprachiasmatische Kern (SCN), eine stecknadelkopfgroße Region innerhalb einer größeren Struktur tief im Gehirn, dem Hypothalamus. Der SCN fungiert als zentraler Schrittmacher und sendet Signale, die alle anderen Uhren synchronisieren. Es kontrolliert auch die Konzentrationen von Melatonin und Cortisol, zweier Hormone, die für den Schlafzyklus wichtig sind. Der SCN empfängt Signale von seiner Umgebung – das wichtigste davon ist das Tageslicht, das von den Netzhäuten empfangen wird und über diesen Weg den SCN mit dem 24-Stunden-Zyklus synchronisiert.

Eine Störung dieses zirkadianen Prozesses hat – wie sich leicht nachvollziehen lässt – massive negative gesundheitliche Folgen. Das Schlafhormon Melatonin und seine Stoffwechselprodukte besitzen dabei mehrere Funktionen, einschließlich antioxidativer , immunmodulatorischer und entzündungshemmender Auswirkungen. Melatonin hat immunmodulatorische Eigenschaften, die an der Regulierung der zellulären und humoralen Immunität beteiligt sind. Es stimuliert die Produktion von natürlichen Killerzellen, Monozyten und Leukozyten, verändert die Balance der T-Helferzellen (Th)-1 und Th-2 und erhöht die Produktion von für die Entzündungsbekämpfung relevanten Zytokinen. Infolgedessen verbessert Melatonin generell den klinischen Verlauf von Krankheiten mit entzündlicher Ätiologie (Ursache) und gerade diese Eigenschaften sind in Bezug auf die MS von hoher Bedeutung.

Ganz einfach ausgedrückt – ausreichender Schlaf hat eine heilende Wirkung.

Es ist bekannt, dass Schlafstörungen bei MS-Patienten häufiger vorkommen, als in der Allgemeinbevölkerung. Die Studienergebnisse schwanken zwischen 24% und 50% Häufigkeit bei MS-Patienten. Diese Schlafstörungen gehen einher mit einer Dysregulation der Melatoninproduktion und lösen somit einen gefährlichen Teufelskreis aus (siehe oben). Ein weiterer wichtiger Punkt mit Blick auf die MS ist, dass Depressionen, eine häufige Komorbidität bei MS, ebenfalls eng mit niedrigen Melatonin-Niveaus zusammenhängen.

Die Beziehung zwischen Melatonin und MS-Progression ist weit weniger untersucht. Eine finnische Genomstudie berichtete allerdings, dass Polymorphismen in TPH 2- und MTNR1B-Genen das Risiko und die Anhäufung von Behinderungen in der progressiven Verlaufsform der MS modulieren können. Dieser Befund impliziert, dass eine Dysregulation des Melatonins – in einer noch nicht erforschten Weise – die Zunahme der Behinderungsprogression erleichtert.

In der Konsequenz muss also alles getan werden, um einen natürlichen Schlafrhythmus und ein gesundes Melatonin-Niveau wiederherzustellen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, zu denen wir in einem gesonderten Artikel noch etwas sagen werden, aber auch eine Supplementierung mit Melatonin kann durchaus angebracht sein. Insbesondere in den Fällen, in denen andere Möglichkeiten bisher nicht zum Erfolg geführt haben.

Fazit:

Einerseits wirkt Melatonin als Antioxidans bei einer Krankheit mit dokumentierter oxidativer Stresspathophysiologie (wie MS). Auf der anderen Seite hat es die Fähigkeit den zirkadianen Rhythmus in einer mit dem Schlafstörungen verbundenen Krankheit, ebenfalls wieder die MS, zu normalisieren. Insofern kann es ein weiterer Baustein der Stabilisierung und Heilung bei der MS-Erkrankung sein.

Wichtig dabei ist, dass Melatonin ein hohes Maß an Sicherheit zeigt, gut toleriert wird und bei sachgemäßer Verwendung auch in vergleichsweise hohen Dosen (die üblicherweise nicht nötig sind) keine Nebenwirkungen hat. Zur Frage der möglichen Supplementierung und geeigneten Dosierung sprechen Sie aber bitte Ihren behandelnden Arzt an.


Literatur für Experten

Farez, M. F., Calandri, I. L., Correale, J., Quintana, F. J., Oct. 2016. Anti-inflammatory effects of melatonin in multiple sclerosis. BioEssays : news and reviews in molecular, cellular and developmental biology 38 (10), 1016-1026.

URL http://view.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27561251

Adamczyk-Sowa, M., Pierzchala, K., Sowa, P., Polaniak, R., Kukla, M., Hartel, M., Aug. 2014. Influence of melatonin supplementation on serum antioxidative properties and impact of the quality of life in multiple sclerosis patients. Journal of physiology and pharmacology : an official journal of the Polish Physiological Society 65 (4), 543-550.

URL http://view.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25179086

Adamczyk-Sowa, M., Pierzchala, K., Sowa, P., Polaniak, R., Kukla, M., Hartel, M., Aug. 2014. Influence of melatonin supplementation on serum antioxidative properties and impact of the quality of life in multiple sclerosis patients. Journal of physiology and pharmacology : an official journal of the Polish Physiological Society 65 (4), 543-550.

URL http://view.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25179086


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