Bitte(r) genießen: Bitterstoffe in Bitterkräutern und -gemüsen 

Am Ostersonntag (31.3.24) ging es hier passend zum Frühling um:  Eine bittere Angelegenheit: Bitterstoffe  

Kirsten, die qualifizierte Verstärkung des Life-SMS-Teams, hat darin anschaulich dargestellt und durch viele Referenzen belegt, welchen positiven Nutzen von Multipler Sklerose Betroffene von Präparaten haben, die Pflanzen mit genießbaren Bitterstoffen beinhalten. Der Vorteil solcher fertigen Pflanzenpräparate in Form von Tropfen, Säften oder Tabletten ist, dass man ohne die Bitterrezeptoren im Mundbereich allzu stark anzusprechen, die gesundheitlichen Vorteile der enthaltenen Bitterstoffe auch in höherer Konzentration genießen kann, denn durch Geschmacks-Rezeptoren für Bitterstoffe im Darm können sie trotzdem wirken. 

Bei Teeaufgüssen mit solchen Pflanzen wird die Konzentration von Bitterstoffen schon geringer, aber sie ist immer noch so hoch, dass die geschmackliche Bitternote im Mund schon wesentlich anspruchsvoller ist. Da muss manch eine/r sich vielleicht erst langsam rantasten. 

Ebenso ist Rantasten zu empfehlen beim direkten Verzehr von genießbaren (!) Bitterpflanzen, z.B. Löwenzahnblättern im Salat oder Guter Heinrich zubereitet wie Spinatgemüse. Aber es lohnt. Denn auch hier profitieren wir von den positiven Wirkungen auf unseren Körper und da das Frühjahr noch lang ist, heute als kleine Fortsetzung ein Weckruf zum Genießen! 

Blatt und Blütenstand des Guten Heinrichs – prima als Spinat genießbar

Von wegen bitter

Bitterstoffe, die wir über Pflanzen reichlich in unserer Ernährung haben sollten, sind eigentlich nur noch als “Kräuterbitter” bekannt.  

Durch Züchtung wurde der Gehalt an Bitterstoffen in vielen Obst- und Gemüsesorten bewusst verbannt bzw. stark reduziert, um sie für unsere heutige an süß gewöhnte Bevölkerung schmackhafter zu machen. So haben Chicorée, Endivie, Grünkohl und Radicchio ihren leicht bitteren Geschmack heutzutage leider immer seltener. Natürliche Bitterstoffe stecken fast nur noch in Artischocken, Mangold, Rosenkohl, Rucola und in Wildkräutern wie Andorn, Brennnessel, Beifuß, Giersch, Löwenzahn, römischer Kamille, Schafgarbe, Wermut und Wegwarte; doch diese werden im Gegensatz zur z. B. Nachkriegsgeneration kaum noch verzehrt. Viele kennen noch nicht einmal die Namen, geschweige denn die Pflanzen und wissen, dass diese genießbar sind. Dadurch hat der natürlicherweise vorkommende bittere Anteil in unserer Ernährung stark abgenommen und der bittere Geschmack ist vielen von uns nicht nur fremd, sondern schon äußerst unangenehm.  

Das ist gesundheitlich sehr bedenklich, denn pflanzliche Bitterstoffe in unserer Ernährung hatten schon immer ihren gesundheitlichen Sinn – und in der heutigen fettlastigen Ernährungsweise sogar noch viel mehr als in früheren „magereren“ Zeiten. Es empfiehlt sich daher sehr, die Geschmacksknospen wieder mehr an Bitterstoffe zu gewöhnen – zumindest an die eigentlich genießbaren in unserem Gemüse (wir sprechen hier nicht von den Bitterstoffen, die uns vor ungenießbaren oder giftigen Pflanzen warnen sollen; diese sind wirklich extrem bitter, sodass man das Gegessene reflexhaft wieder ausspuckt). 

Es gibt auch Bitterpflanzen, die in kleinen Mengen gesund, in größeren Mengen aber gerade wegen ihres hohen Bitterstoffgehaltes ungenießbar sind. Dazu gehören zum Beispiel Enzian, Tausendgüldenkraut und Wermut, welchen man nur als Gewürz oder Tee nutzt, also in kleinsten Mengen, aber so am besten täglich. 

Denn er – wie die anderen Bitterpflanzen – ist sehr hilfreich für Verdauung, Darmmikrobiom, Immunsystem, Leber (s. den oben erwähnten vorangegangenen Newsfeed). 

Verdauungsprobleme durch zu wenig Bitterstoffe 

Durch ein schlecht funktionierendes Verdauungssystem können wichtige Nährstoffe nicht genügend aufgenommen und Giftstoffe nicht vollständig ausgeschieden werden. Die Darmflora gerät aus der Balance und krank machende Keime können sich eher vermehren als die gesund erhaltenden Keime. 

Doch die Bitterstoffe in genießbaren Wildkräutern unterstützen unsere Leber-, Magen- und Darmgesundheit.  Sie regen über Rezeptoren auf den Geschmacksknospen die Speichel-und Magensaftproduktion an. Dies führt zu einer vermehrten Ausschüttung des Hormons Gastrin im Magen. Dieses Hormon regt die Produktion von Gallen- und Bauchspeichelflüssigkeit an und erleichtert den gesamten (Fett-)Verdauungsvorgang. Die Entgiftungstätigkeit der Leber wird somit ebenfalls unterstützt.  

Die Natur hat sich etwas dabei gedacht, dass wir Menschen nicht nur im Mund, sondern im gesamten Verdauungstrakt Bitterstoffrezeptoren haben. Schade, wenn wir dieses naturgegebene Potential verkümmern lassen. 

Außerdem mögen sich bei einer Ernährung mit vielen Bitterstoffen unliebsame Parasiten nicht so gerne im Darm ansiedeln. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Darm- und damit Immungesundheit. 

Zudem hat man bei allen grünen Bitterkräutern zusätzlich die Vorteile von Chlorophyll und wie bei vielen Wildkräutern auch bei Bittergemüsen die im Newsfeed vom 3.3. Gewagter wilder Vorsatz: Wildkräuter futtern beschriebenen Vorteile, wie z.B. die Aktivierung von Nrf2, einem wichtigen Transkriptionsfaktor, der in vielen sekundären Pflanzenstoffen (Phytaminen) steckt und neben Schutz vor oxidativem Stress auch in der Diskussion steht, Schutz vor Silent Inflammation und Mitochondriopathie zu bieten. Positive Effekte wurden gerade bei Autoimmun-/neurodegenerativen Erkrankungen gesehen [1], [2].  

Tipps

In Zitrusfrüchten sitzen die wertvollen Bitterstoffe am meisten in den weißen Häutchen und der weißen Schicht der Schale; wird also von vielen einfach weggeworfen. Schimmelfrei (!) getrocknet und fein vermahlen kann man diese aber als „Zitrusstaub“ genießen (z.B. über und in Salaten, Desserts usw.) oder so wie manche zumindest noch Pomeranzenschalen kennen und nutzen. 

Aber Bitterstoffe sind hitzeempfindlich! Daher jegliche Nahrungsmittel mit solchen Bitterstoffen also möglichst roh oder nur kurz gedämpft verzehren. 

Werden Bitterstoffe vor einer Mahlzeit eingenommen, können sie aufgrund der Anregung von Verdauungssäften den Appetit steigern; aber auch die Entgiftung steigern.  
Werden sie jedoch unmittelbar nach einer Mahlzeit eingenommen, unterstützen Bitterstoffe die Verdauungsorgane und können Abhilfe bei Magenkrämpfen, Völlegefühl und Blähungen verschaffen.  

Viele verwenden Bitterkräuter auch, um den Appetit auf Süßes zu stoppen, Heißhungerattacken und einem unnormal verstärkten Hungergefühl etwas entgegenzusetzen. 

Sind Bitterstoffe für jeden geeignet? 

Bei bestehenden Gallensteinen, Magengeschwüren, Zwölffingerdarmgeschwüren oder akutem Sodbrennen empfiehlt sich – neben einer einschleichenden, vorsichtigen Dosierung – das Gespräch mit einem Heilpraktiker oder Arzt. 

Vorsicht bei Bitterstoffen aus diesen Gemüsen 

Wenn Hobbygärtner ihr eigenes – statt jährlich neu gekauftes – Saatgut von Kürbisgewächsen (Zucchini, Kürbis, Gurke, Melone) nutzen, entstehen giftige Cucurbitacine. Diese schmecken bitter – und sind giftig!! 

Und aufgrund ihrer Enzym- und Transporter-blockenden Wirkungsmöglichkeit sollte man Grapefruits genügend zeitversetzt zu Medikamenten einnehmen! [3] Dies am besten vorher mit Ihrem Arzt besprechen.  

Fazit

Wie bereits im vorigen Newsfeed beschrieben, gibt es gerade bei Multipler Sklerose – und eigentlich für jeden Menschen – zahlreiche gesundheitliche Aspekte, die für den Verzehr von Bitterstoffen (z.B. in speziellen Bitterstoffpräparaten wie Kräuterbitter) sprechen. Der Weg über natürliche Lebensmittel mit hohem Bitterstoffgehalt kann ein genussvolles Erlebnis sein, und es lohnt sich, dies (unter Beachtung der oben beschriebenen Gefahrenaspekte!) sofort selbst zu erproben, statt lange auf aussagekräftigere Studien warten zu müssen. Das Frühjahr und der Frühsommer bieten dazu die beste Gelegenheit.

Ihr Team von Life-SMS

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Referenzen

[1] Xue Ba, Zhigang Bian, Meng Zhang, ‘Targeting the Nrf2 signaling pathway using phytochemical ingredients: A novel therapeutic road map to combat neurodegenerative diseases’, Review Phytomedicine  2023,  Jan:109:154582.  doi: 10.1016/j.phymed.2022.154582. Epub 2022 Nov 30. 

[2] Robert Barring, Uwe Gröber, ‘Der Genius von NRF2’, Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 2022; 20(02): 38-42,  DOI: 10.1055/a-1839-0580. 

[3] ‘Grapefruit–drug interactions’, Wikipedia. Feb. 26, 2024. Accessed: Mar. 04, 2024. [Online]. Available: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Grapefruit%E2%80%93drug_interactions&oldid=1210366402. 

Foto: Enrico Blasutto auf wikipedia


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Eine bittere Angelegenheit: Bitterstoffe

von Kirsten 

Vorab in eigener Sache eine positive Neuigkeit:

Das Autorenteam von Life-SMS freut sich über einen qualifizierten Neuzugang: 

Herzlich Willkommen an Kirsten!
Und als Chemikerin ist Kirsten geradezu prädestiniert für den heutigen Artikel zu Bitterstoffen…
Sie dürfen gespannt sein!

Bitte was? Bitterstoffe? Klingt nicht unbedingt nach einem Leckerbissen! Und doch werden sie als gesundheitsförderlich angepriesen! Und das ist eigentlich keine Neuigkeit – auch wenn Bitterstoffe erst in den letzten Jahren wieder salonfähig wurden. Denn bereits Maria Treben schwor schon vor vielen Jahrzehnten auf den Schwedenbitter – einen alkoholischen Auszug aus verschiedenen Bitterpflanzen, wie z.B. Gelber Enzian, Wermut, Myrrhe. Und selbst in einigen Kulturkreisen ist das Trinken eines bitteren Aperitifs vor bzw. eines bitteren Digestifs nach dem Essen weit verbreitet.

Dass Bitterstoffe die Verdauung positiv beeinflussen, erscheint daher naheliegend. Sie sorgen u. a. für ein schneller einsetzendes Sättigungsgefühl und reduzieren die Lust auf Süßes. Bitterstoffe (oder auch Amara genannt) werden darüber hinaus seit vielen Jahrhunderten in verschiedenen Kulturkreisen als unterstützende Heilmittel eingesetzt, z.B. in der ayurvedischen, traditionell chinesischen und traditionell europäischen Medizin. 

Knospen und Blüten der Bitterkraut-Pflanze
Knospen und Blüten der Bitterkraut-Pflanze

Früher standen Bitterstoffe automatisch auf dem Speiseplan – bis die Bitterstoffe aus verschiedenen Gemüsesorten herausgezüchtet wurden. Inzwischen kann man Bitterstoffe in Form von Tropfen, Säften (z.B. Gelber Enzian), Tabletten (z.B. Mariendistel) oder Tee (z.B. Leber-Galle-Tee) konsumieren. Pflanzen, die genießbare Bitterstoffe beinhalten und damit für solche Präparate verwendet werden, sind z.B. Gelber Enzian, Wermut, Mariendistel, Löwenzahn, Artischocke, Schafgarbe, Pomeranzenschalen.  

Bitterstoffe und MS?

Und was hat das nun mit MS zu tun? Das wollte ich eigentlich herausfinden. Ich machte mich auf die Suche nach “handfesten Beweisen”. Doch leider konnte ich keine wissenschaftlichen Studien zum Konsum von Bitterstoffen auf die MS-Erkrankung finden – was aber nicht bedeutet, dass sie keinen Effekt haben. Allerdings wurde dieser noch nicht wissenschaftlich untersucht. Doch ich konnte Studien zum Thema Bitterstoffe in einem weiter gefassten Kontext finden: 

Wie gerade beschrieben, haben Bitterstoffe Einfluss auf die Verdauung. Sie beeinflussen die Sekretion der Gallensäuren (aus der Gallenblase) und damit auch den Verdauungsprozess der Nahrung durch das Mikrobiom im Darm.[1] Auch die Zusammensetzung des Mikrobioms selbst wird u.a. durch Nahrung und Gallensäuren beeinflusst.[2] Da bei MS ein ungünstiges Verhältnis verschiedener Bakterienstämme (Dysbiose) in der Literatur beschrieben wurde [3], erscheint es durchaus sinnvoll, das Mikrobiom mit verdauungsfördernden Substanzen (wie den Bitterstoffen) positiv zu beeinflussen.[4] 

Bitterstoffe gelten im Allgemeinen als blutreinigend und “gut für die Leber”. Und genau die Leber ist es, die wiederum verschiedene Gallensäuren in verschiedenen Konzentrationen herstellt und somit wiederum positiven Einfluss auf unsere Verdauung und damit auf unser Mikrobiom im Darm nimmt. Und dieses Mikrobiom hat wiederum einen Einfluss auf unser Immunsystem.[5],[6]  

Im Zusammenhang mit der “blutreinigenden” Wirkung der Bitterstoffe ist u.a. deren Wirkung auf die Blutgerinnung zu nennen. Bei MS-Patienten wurden manche Blutgerinnungsfaktoren als erhöht festgestellt [7],[8]. Die Leber ist u.a. für die Bildung der Blutgerinnungsfaktoren verantwortlich und hat damit möglicherweise Einfluss auf die Stabilität der Blut-Hirn-Schranke – die bei MS-Erkrankten im Allgemeinen als gestört gilt. Ein anti-thrombotischer bzw. hämolytischer Effekt von Saponinen (die aufgrund ihres Geschmacks meist den Bitterstoffen zugerechnet werden) wurde bereits in der Literatur beschrieben [9],[10]. 

Darüber hinaus wurden inzwischen auch Geschmacks-Rezeptoren für Bitterstoffe im Darm entdeckt – solche waren bis vor kurzem lediglich in Mund und Lunge bekannt. Diese Rezeptoren im Darm sollen einen gewissen Einfluss sowohl auf die Kontraktion des Darms (verdauungsfördernde Wirkung) als auch auf das Immunsystem nehmen [11],[12]. Sie scheinen u. a. einen immunmodulatorischen Effekt auf Mesenchymale Stammzellen im Knochenmark (und damit eben auch auf das Immunsystem) zu haben [13]. Da dieses Forschungsfeld (gerade in Bezug auf die Rezeptoren im Darm) allerdings relativ neu ist, muss zukünftig noch einiges an Forschung investiert werden, um ein vollständigeres und damit klareres Bild zu erhalten. 

Was ist nun der spürbare Benefit der Bitterstoffe bei MS?

MS-Erkrankte zeigen häufig typische Begleiterscheinungen einer übermäßigen Leber-Belastung. Sie sind also überdurchschnittlich müde, erschöpft, unkonzentriert. Müdigkeit wird generell als “der Schmerz der Leber” beschrieben. Durch den Konsum an Bitterstoffen bin ich fitter geworden, bin nicht mehr so schlapp und im Allgemeinen leistungsfähiger. Ich trinke immer wieder 1 Tasse Leber-Galle- oder Wermut-Tee. Früher habe ich das täglich gemacht. Inzwischen je nach Bedarf. Wenn ich mich nicht so fit fühle, einen “längeren” Ausflug mache oder etwas Stressiges ansteht, nehme ich mehr zu mir. Wenn es mir eine Zeit lang nicht so gut geht, gebe ich außerdem noch ein paar bittere Tropfen in meine Getränke. Im Allgemeinen greife ich auf alkoholfreie Präparate zurück, um Nerven und Leber nicht unnötig zu belasten. Hin und wieder ergänze ich allerdings mit ein paar Tropfen alkoholischer Tinktur, da verschiedene Bitterstoffe unterschiedlich gut in Wasser löslich sein können.  

Mir hilft es tatsächlich und ich möchte auf diese Möglichkeit wirklich nicht verzichten! Denn es steigert durchaus das Wohlbefinden und damit im Allgemeinen die Lebensqualität! 

Sie können gerne die Einnahme von Bitterstoffen vorher mit Ihrem Arzt oder Apotheker besprechen! Sollten Sie die Stoffe einer Pflanze nicht gut vertragen, könnte stattdessen eine andere Pflanze in Betracht gezogen werden. Generelle Vorsicht ist beim Konsum von Grapefruits geboten, vor allem wenn Sie Medikamente einnehmen [14]! 

Fazit

Bitterstoffe, wie sie in Pflanzen wie Gelbem Enzian, Wermut und Mariendistel vorkommen, werden traditionell für ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften geschätzt und auf verschiedene Weise konsumiert, darunter in Form von Tee, Tropfen und Tabletten. Besonders hervorgehoben wird ihre positive Wirkung auf die Verdauung, wie das schneller einsetzende Sättigungsgefühl und eine reduzierte Lust auf Süßes. Interessanterweise beeinflussen Bitterstoffe auch die Sekretion von Gallensäuren und das Darmmikrobiom, was bei Multipler Sklerose (MS) von Bedeutung sein könnte, da hier oft ein Ungleichgewicht der Darmbakterien (Dysbiose) festgestellt wird. 

Obwohl direkte wissenschaftliche Belege für einen spezifischen Einfluss von Bitterstoffen auf MS fehlen, könnten die positiven Effekte auf die Verdauung und das Mikrobiom indirekt von Nutzen sein. Zusätzlich wird angenommen, dass Bitterstoffe blutreinigende Eigenschaften haben und die Leberfunktion unterstützen, was wiederum die Blut-Hirn-Schranke und das Immunsystem beeinflussen könnte. Persönliche Erfahrungen deuten auf eine Verbesserung der Müdigkeit und allgemeinen Leistungsfähigkeit durch den Konsum von Bitterstoff-haltigen Produkten hin. 

Kirsten (Daten- und Naturwissenschaftlerin)
Neu im Team von Life-SMS

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Referenzen

[1] B. P. Kok et al., ‘Intestinal bitter taste receptor activation alters hormone secretion and imparts metabolic benefits’, Mol. Metab., vol. 16, pp. 76–87, Oct. 2018, doi: 10.1016/j.molmet.2018.07.013. 

[2] J. Singh, R. Metrani, S. R. Shivanagoudra, G. K. Jayaprakasha, and B. S. Patil, ‘Review on Bile Acids: Effects of the Gut Microbiome, Interactions with Dietary Fiber, and Alterations in the Bioaccessibility of Bioactive Compounds’, J. Agric. Food Chem., vol. 67, no. 33, pp. 9124–9138, Aug. 2019, doi: 10.1021/acs.jafc.8b07306. 

[3] J. Chen et al., ‘Multiple sclerosis patients have a distinct gut microbiota compared to healthy controls’, Sci. Rep., vol. 6, p. 28484, Jun. 2016, doi: 10.1038/srep28484. 

[4] N. Zmora, J. Suez, and E. Elinav, ‘You are what you eat: diet, health and the gut microbiota’, Nat. Rev. Gastroenterol. Hepatol., vol. 16, no. 1, Art. no. 1, Jan. 2019, doi: 10.1038/s41575-018-0061-2. 

[5] D. Zheng, T. Liwinski, and E. Elinav, ‘Interaction between microbiota and immunity in health and disease’, Cell Res., vol. 30, no. 6, Art. no. 6, Jun. 2020, doi: 10.1038/s41422-020-0332-7. 

[6] S. P. Wiertsema, J. van Bergenhenegouwen, J. Garssen, and L. M. J. Knippels, ‘The Interplay between the Gut Microbiome and the Immune System in the Context of Infectious Diseases throughout Life and the Role of Nutrition in Optimizing Treatment Strategies’, Nutrients, vol. 13, no. 3, p. 886, Mar. 2021, doi: 10.3390/nu13030886. 

[7] K. Göbel et al., ‘Blood coagulation factor XII drives adaptive immunity during neuroinflammation via CD87-mediated modulation of dendritic cells’, Nat. Commun., vol. 7, no. 1, p. 11626, May 2016, doi: 10.1038/ncomms11626. 

[8] H. Malkki, ‘Coagulation factors could mediate neuroinflammation in multiple sclerosis’, Nat. Rev. Neurol., vol. 12, no. 12, pp. 679–679, Dec. 2016, doi: 10.1038/nrneurol.2016.175. 

[9] ‘https://austinpublishinggroup.com/nutrition-metabolism/fulltext/ajnm-v1-id1004.pdf’. Accessed: Mar. 04, 2024. [Online]. Available: https://austinpublishinggroup.com/nutrition-metabolism/fulltext/ajnm-v1-id1004.pdf 

[10] ‘Saponine’, Wikipedia. Jan. 16, 2024. Accessed: Mar. 04, 2024. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Saponine&oldid=241237000 

[11] B. Avau et al., ‘Targeting extra-oral bitter taste receptors modulates gastrointestinal motility with effects on satiation’, Sci. Rep., vol. 5, no. 1, Art. no. 1, Nov. 2015, doi: 10.1038/srep15985. 

[12] P. Lu, C.-H. Zhang, L. M. Lifshitz, and R. ZhuGe, ‘Extraoral bitter taste receptors in health and disease’, J. Gen. Physiol., vol. 149, no. 2, pp. 181–197, Jan. 2017, doi: 10.1085/jgp.201611637. 

[13] K. Tuzim and A. Korolczuk, ‘An update on extra-oral bitter taste receptors’, J. Transl. Med., vol. 19, no. 1, p. 440, Oct. 2021, doi: 10.1186/s12967-021-03067-y. 

[14] ‘Grapefruit–drug interactions’, Wikipedia. Feb. 26, 2024. Accessed: Mar. 04, 2024. [Online]. Available: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Grapefruit%E2%80%93drug_interactions&oldid=1210366402 

Photo: Helge Rieder auf wikipedia

Aus aktuellem Anlass:

Wollen Sie bei der Folge-Studie zur Auswirkung von Hippotherapie auf MS mitmachen?

Die Studie „MS HIPPO“ hat 2017 auf Evidenzstufe 1b nachgewiesen, dass die Hippotherapie einen positiven Einfluss auf die die Symptome der Multiplen Sklerose (MS) hat.

Wenn Sie an der aktuellen deutschlandweiten Folgestudie teilnehmen möchten, finden Sie alle Infos in folgendem PDF :


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Life-SMS und sonst so: Fluorid, der unsichtbare Gegenspieler unserer Intelligenz?

Foto von Priyanka Singh auf Unsplash

An dieser Stelle weisen wir auf aktuelle Beiträge aus dem Netz hin, die einen engen Bezug zu unserem Kernthema lebensstil-orientierte und eigenverantwortliche Behandlung der MS haben. Die dort wiedergegebenen Meinungen dienen als Anregung zur kritischen Auseinandersetzung. Sie entsprechen – außer bei Beiträgen von anderen Projekten der DSGiP – nicht zwingend den von uns vertretenen Positionen, sind aber in allen Fällen eine Bereicherung der Diskussionsgrundlage. Am Ende erwähnen wir zudem aktuelle möglichst frei verfügbare Studien, die unseren Ansatz untermauern. 

Machen Sie sich selbst ein Bild!

Fluorid: Der unsichtbare Gegenspieler unserer Intelligenz? [nährstoffallianz.dsgip.de; 7.3.2024]

Fluorid, ein Element, das in der Natur, in unserer Nahrung und im Trinkwasser vorkommt, ist seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Zahnpflege. Seine Fähigkeit, Karies vorzubeugen und den Zahnschmelz zu stärken, ist unbestritten. Doch hinter dieser scheinbar wohltätigen Fassade verbirgt sich eine potenziell dunklere Wahrheit, die dringend weitere Aufmerksamkeit erfordert. 

Von wirksam bis bedenklich: Alternative und komplementäre Therapien der MS [amsel.de; 26.2.2024]

Zusätzlich zu den durch die Leitlinien beschriebenen Standard-Therapieformen der MS gibt es eine Fülle weiterer Therapien, die sich hinsichtlich Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit stark unterscheiden.

Vitamin-D-Mangel: Diese Symptome können bei Frauen auftreten [augsburger-allgemeine.de; 16.1.2024]

Vitamin D ist wichtig für die Knochen, das ist mittlerweile bekannt, ist aber bei Weitem nicht die einzige Funktion im Körper. Gibt es Mangel-Symptome, unter denen Frauen häufiger leiden? … Vitamin D hat einen stärkeren therapeutischen Effekt bei Frauen mit Multipler Sklerose (MS)

Analyse von Erbgut: Nordeuropäer bekommen besonders oft Multiple Sklerose. Ein Grund liegt in der Steinzeit [spiegel.de; 12.1.2024]

Menschen mit nordeuropäischer Herkunft sind überdurchschnittlich anfällig für eine MS-Erkrankung. Einige Risikogene stammen offenbar von Hirten, die vor Jahrtausenden aus der asiatischen Steppe einwanderten.
[Bem.: Ein aus wissenschaftlicher Sicht ein interessanter Artikel. Grundsätzlich sind aber Lebensstilfaktoren i.a.R. die entscheidenden Trigger der Erkrankung]

Neuer Beleg für Epstein-Barr-Virus als Risikofaktor [pharmazeutische-zeitung.de; 10.1.2024]

Schon länger wird vermutet, dass eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) im späteren Leben eine Multiple Sklerose (MS) auslösen kann. Neue Erkenntnisse dazu, wie das vonstatten gehen könnte, liefert eine aktuelle Studie.

Merck erleidet Flop mit Pharma-Hoffnungsträgern [aerzteblatt.de, 6.12.2024]

Beim Darmstädter Merck-Konzern ist ein wichtiger Hoffnungsträger aus dem Pharmageschäft gefloppt. Das Mittel Evobrutinib erreichte in entscheidenden klinischen Tests bei Patienten mit schubförmiger Multiple Sklerose die von den Forschern erhofften Ziele nicht.

Lesenswerte Studien:

Kobayashi EH, Suzuki T, Funayama R, Nagashima T, Hayashi M, Sekine H, Tanaka N, Moriguchi T, Motohashi H, Nakayama K, Yamamoto M. 2016. Nrf2 suppresses macrophage inflammatory response by blocking proinflammatory cytokine transcription. Nat Commun 7:11624. doi: 10.1038/ncomms11624.https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27211851/
(relevant in Bezug auf die unterstützende Wirkung von Wildkräutern)

Laeeq T, Vongsavath T, Tun KM, Hong AS. The Potential Role of Fecal Microbiota Transplant in the Reversal or Stabilization of Multiple Sclerosis Symptoms: A Literature Review on Efficacy and Safety. Microorganisms. 2023 Nov 22;11(12):2840. doi: 10.3390/microorganisms11122840. PMID: 38137984; PMCID: PMC10745313. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38137984/ 
(relevant in Bezug auf das Thema: Einfluss der Darmgesundheit)

Gewagter wilder Vorsatz: Wildkräuter futtern

So schnell wie bei den meisten die ersten Wochen des Jahres verflogen sind, sind bei vielen ihre guten Vorsätze für das Jahr verflogen. Aber nicht verzagen! Zeit für gute Vorsätze ist schließlich immer und am besten sofort. Und durch die Energie, die der Frühling uns bringen kann, klappt es meist sogar viel besser als mitten im grauen, ungemütlichen Winter, der die Energie eher schmälert.

Hier kommt der perfekte Vorsatz für den Frühling, den man sofort in Angriff nehmen kann: Energie nicht nur durch Sonne sondern auch mittels Wildkräutern tanken – klappt auch, wenn die Sonne nicht scheint…

Löwenzahnblüten
Löwenzahnblüten bringen gesunde Würze ins Pesto; Löwenzahn- (und Gänseblümchen-)Knospen lassen sich gut wie Kapern einlegen und genießen

Wildkräuter schenken uns seltene Vitalstoffe und wertvolle Heilsubstanzen 

Der Begriff Wildkräuter bezeichnet Pflanzen, die nicht vom Menschen kultiviert werden, die nicht im Visier eines züchterischen Geschehens stehen und daher noch das gesamte Spektrum an Vitalstoffen einer ursprünglichen und kraftvollen Wildpflanze enthalten.
Beispiele sind: 
Beinwell, Bibernelle/Pimpinella, Gänseblümchen, Gänsefingerkraut, weißer Gänsefuss, Gundermann, Guter Heinrich, Franzosenkraut, Frauenmantel, Hirtentäschel, Klee, Knoblauchsrauke, Lungenkraut, Malve, Taubnessel, Vogelmiere, Wegerich (Breit- und Spitz-), Wegwarte, Wilder Dost. 
 

Gesundheitlich und geschmacklich ist es jammerschade, dass manche dieser Namen der breiten naturfernen Bevölkerung noch nie untergekommen sind, geschweige denn, dass sie sie schon einmal sensorisch genießen konnten. 
Dabei halten sich manche Wildkräuter sogar im Winter und unter einer Schneedecke. Sie wachsen in milden Regionen sogar in der kalten Jahreszeit noch weiter, z. B. die Vogelmiere, das Gänseblümchen und der Löwenzahn. 
Wildkräuter zeichnen sich dadurch aus, dass sie hervorragend ohne die Pflege des Menschen gedeihen, was bei Kulturpflanzen eher selten der Fall ist. Denn Wildkräuter sind extreme Überlebenskünstler. Oft trotzen sie langen Dürreperioden genauso wie schlechten Bodenverhältnissen. 
 


Trotzdem – oder gerade deshalb? – können sie uns mit einem ungewöhnlich hohen Mineralstoff- und Vitalstoffgehalt dienen. Bisher wurden leider erst von wenigen Wildkräutern solche Werte bestimmt (marktwirtschaftlich besteht daran ja kein Interesse). Doch wo vorhanden, zeigen die inneren Werte: Wildkräuter lassen kultiviertes Gemüse weit hinter sich – und das nicht nur ohne Pflege und teils mit weniger Wasser, sondern immer sogar ganz ohne Spritz- und Düngemittel (abgesehen von – meist nicht zielgerichteten – Verunreinigungen wie z.B. auch Tierkot). 

Selbst die vitalstoffreichsten Kulturgemüse wie z.B. Brokkoli, Rosenkohl oder Grünkohl können es mit den Wildkräutern nicht aufnehmen. 
Eine Handvoll Brennnessel oder Weidenröschen entspricht dem gleichen Vitamin-C-Gehalt wie ein ganzer Salatkopf bzw. eine ganze handelsübliche Schale Spinat. 
 


Und sie enthalten durchschnittlich die 3,5-fache Proteinmenge von kultiviertem Gemüse. Unter den Spitzenreitern sind hier die Malve, das besonders ungeliebte, aber wohlschmeckende „Unkraut“ Giersch, der Gänsefuß und die Winterkresse zu nennen. 


Außerdem sind Kräuter allesamt basisch, was uns heutzutage zuckerverwöhnten Genussmenschen besonders fehlt, da v.a. Kohlenhydrate (und hier besonders der Zucker) und Eiweiße (aus Fleisch und Fisch) im Körper in Säure umgewandelt werden. So haben wir einen Säureüberschuss und einen Basenmangel, was Erkrankungen und Krankheiten begünstigen kann. 

Wildkräuter sind voller bioaktiver Pflanzenstoffe 

Gerade die bioaktiven Pflanzenstoffe sind es, denen sich in letzter Zeit immer häufiger die Wissenschaft widmet. 
Nährstoffe, die eine Reaktion in unserem Organismus hervorrufen, bezeichnet man als bioaktiv. Die meisten dieser bioaktiven Substanzen findet man in sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen. 
Da sie im Darm nicht erst aufgespalten und isoliert werden müssen, können bioaktive Pflanzenstoffe vom Darm direkt ins Blut übergehen und so schnell ihre schützenden, hormonellen und abwehrenden Funktionen ausüben. 
 


Viele Heilpflanzen werden vor allem aufgrund ihrer bioaktiven Pflanzenstoffe und dieser hohen Bioverfügbarkeit geschätzt. Sie können unter anderem neurologische,  entzündungshemmende und antibakterielle Wirkungen entfalten. Zum Beispiel aktivieren einige sekundäre Pflanzenstoffe (wie z.B. Phytamine in Bärlauch, wildem Knoblauch u.v.m.) den Nrf2-Spiegel. Dieses sogenannte Nrf2 kann die Aktivierung von verschiedenen Schutzgenen anstoßen; darunter auch viele, die für die Versorgung der menschlichen Zellen mit Antioxidantien zuständig sind. 

Es hat sich auch gezeigt, dass NRF2 autoimmunvermittelte Entzündungen abmildern kann. Ein NRF2-Mangel verschlimmert die rheumatoide Arthritis (RA) und den systemischen Lupus erythematodes (SLE), während eine NRF2-Aktivierung die experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis bessert [1]. 

Der Begriff „sekundäre Pflanzenstoffe“ ist ein Sammelbegriff für Substanzen unterschiedlicher Struktur, wie z.B. Chlorophyll, Carotinoide, Polyphenole, um nur einige – schon bekanntere – zu nennen. Und wir müssen sie auch nicht alle im Einzelnen kennen, aber wissen, dass „sekundär“ nicht „zweitrangig“ bedeutet (sondern sie nur von den als primären Pflanzenstoffen bezeichneten Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten (und Ballaststoffen) unterscheiden). 
 


Wichtig ist jedoch, dass jeder sekundäre, bioaktive Pflanzenstoff sein eigenes, charakteristisches (aber noch nicht vollständig erforschtes) Wirkungsspektrum hat und dass für viele Zivilisationskrankheiten (darunter vor allem die entzündlichen) ein Zusammenhang mit einer unzureichenden Zufuhr von sekundären, bioaktiven Pflanzenstoffen diskutiert wird. 

Zwar wirken schon kleinste Mengen dieser sekundären Pflanzenstoffe, doch stecken sie leider nicht in Pommes, Pizza, Pasta, Döner, Chips und Co. Und auch kaum in Brot und anderem Gebäck. 
Dafür umso mehr in Kräutern und vor allem noch mehr in Wildkräutern: 

Zum Beispiel: Bitterstoffe in Wildkräutern

Bitterstoffe beispielsweise fördern die Magen- und Gallensaftsekretion, stoppen Fäulnis- und Gärprozesse im Verdauungssystem, pflegen daher die gesunde Darmflora und beugen Pilzinfektionen vor. 
Sie helfen bei der Fettverdauung und unterstützen nicht zuletzt ganz besonders die Funktionen der Leber, einem der wichtigsten Bereiche unseres Entgiftungssystems. Bitterstoffe finden sich reichlich im Löwenzahn, in der Schafgarbe, im Gänseblümchen, in der Wegwarte und in vielen anderen Wildkräutern mehr.

Zum Beispiel: Flavonoide in Wildkräutern 

Es gibt viele Tausende Flavonoidarten. Die meisten fungieren als Antioxidantien, schützen also menschliche Zellen vor den Angriffen freier Radikale (was nicht nur Krankheitsvorbeugung, sondern erfreulicherweise auch AntiAging bedeutet). Manche Flavonoide schützen gegen bestimmte Viren oder Bakterien, andere harmonisieren z.B. den Blutcholesterinspiegel auf natürliche Art ein wenig. 
Flavonoide sind auch in manchem Gemüse und Obst aus dem Supermarkt enthalten. Allerdings nur extrem wenig und sie befinden sich eher z.B. in den Schalen von (v.a. Zitrus-)Früchten, die wir in der Regel nicht mitessen, sodass der Durchschnittsmensch kaum in den Genuss einer ausreichend hohen Flavonoidmenge kommt. Enorm hohe Flavonoid-Konzentrationen finden sich dagegen in Wildkräutern.

Zum Beispiel: Gerbstoffe in Wildkräutern 

Gerbstoffe sind ebenfalls in vielen Wildkräutern vorhanden. Sie können leichte Entzündungen hemmen, neutralisieren Gifte und machen es Bakterien und Viren schwer den Körper zu befallen. 
In hohen Dosen sind Gerbstoffe weniger empfehlenswert, doch schmecken sie ohnehin so bitter, dass man weder Menschen noch die meisten Tiere sie freiwillig in erhöhter Konzentration abbekommen. 
Gerbstoffe in gesunder Dosierung sind z. B. im Wiesen-Storchschnabel enthalten, im Gundermann, im Scharbockskraut, im Blutweiderich und in vielen weiteren Wildkräutern mehr. 

Es sind noch viele weitere heilkräftige und präventiv wirksame Pflanzenstoffe in Wildkräutern, wie zum Beispiel ätherische Öle (in Minze, Feldthymian, Knoblauchsrauke, Bärlauch…). Wir müssen sie nicht kennen, wohl aber die Kräuter unterscheiden können, wenn wir sie sammeln wollen. 
Tiere wie Hunde und Katzen essen für gewöhnlich keine Pflanzen, nehmen bei Unwohlsein oder Wurmbefall aber sehr wohl sogenannte Gift- bzw. Heilpflanzen zu sich. 

Auch für uns Menschen hat die Natur einen reich gedeckten Tisch, den wir nur wieder nutzen lernen müssen. 
Es ist generell weitaus gefährlicher ist, KEINE Wildkräuter in die tägliche Ernährung einzubauen, als Brennnessel und Giersch selbst zu sammeln. 
Trotzdem lernen Sie Wildkräuter am besten von Kräuterkundigen (z.B. auf Kräuterwanderungen) kennen. Auf eigene Faust mit Bestimmungsbüchern loszuziehen, sollte denen vorbehalten bleiben, die absolut sicher im Unterscheiden von Pflanzenbestimmungsmerkmalen sind. Nicht, dass Sie doch die giftige Verwandte erwischen! 

Aber innerhalb der Saison gibt es auch Bestellmöglichkeiten für frische Wildkräuter und notfalls sind die getrockneten (ggf. pulverisierten) Kräuter immer noch besser als gar keine zu verzehren! Und es gibt Gärtnereien, die (vor Ort oder online) einige wenige Wildkäuter (Borretsch, Kapuzinerkresse und Ringelblumen sowieso, z.B. aber auch solche wie Ruta und Zistrose) im Topf verkaufen, damit man sie teilweise im eigenen Garten ansässig werden lassen kann. 

Fazit

Wer keinen Garten hat, kann Brunnen-, Rettich- oder normale Kresse, Blut- und Sauerampfer, Kerbel und Blattsellerie auf Balkon und Fensterbank ernten oder auch die Blätter vom Wurzelgemüse mitessen (wie z.B. Möhren-, Kohlrabi-, und Selleriegrün) – und Grapefruit genießen (bzw. besser noch die etwas bittere Pampelmuse). 
Und nicht nur Kräuter enthalten viele sekundäre Pflanzenstoffe, sondern auch z.B. roher Brokkoli und Kurkuma. 
 
Entdecken Sie aber mit Lust Wildkräuter, bzw.  gönnen Sie Ihrem Leben überhaupt mehr Grün (v.a. Chlorophyll), z. B. als (vegane) Matchalatte statt Kakao mit Sahnehaube. Lecker sind auch Gänseblümchen- oder Löwenzahnknospen – nicht nur als Pesto – beides auch z.B. wie Kapern eingelegt. 
 
Und wenn schon nicht Grünzeug statt Pizza, Pasta, Pommes, Brot, Wurst …, dann zumindest Pizza, Pasta, Döner … mit VIIIEL Grünzeug! 

Und keine Angst vor Wildem, sondern sofort die (erste) Wildkräuterführung buchen. Dann wird es doch noch was mit einem guten Vorsatz für 2024…

Dies wünscht Ihnen
Ihr Team von Life-SMS

—————-

Referenzen

[1] Kobayashi EH, Suzuki T, Funayama R, Nagashima T, Hayashi M, Sekine H, Tanaka N, Moriguchi T, Motohashi H, Nakayama K, Yamamoto M. 2016. Nrf2 suppresses macrophage inflammatory response by blocking proinflammatory cytokine transcription. Nat Commun 7:11624. doi: 10.1038/ncomms11624. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar

Weiterführende Studien zum Thema ohne Nennung im Text

Heilkräuter werden auch in wissenschaftlichen Studie wegen ihrer entzündungshemmenden, antioxidativen und myelinreparierenden Eigenschaften hervorgehoben, was sie zu einer natürlichen und ergänzenden Behandlungsoption für neurodegenerative Erkrankungen wie MS macht. Studien, insbesondere in Ostasien, haben gezeigt, dass Pflanzen und ihre Inhaltsstoffe durch die Regulierung von Immunzellen, Immunfaktoren und oxidativem Stress positive Auswirkungen auf MS haben können. 

Zu den Kräutern, die auf ihren potenziellen Nutzen bei MS untersucht wurden, gehören: 

Ginkgo biloba: Bekannt für seine thrombozytenaggregationshemmende und Monoaminoxidase (MAO)-hemmende Wirkung. Seine Wirksamkeit bei der Verbesserung der kognitiven Funktion bei MS-Patienten wird jedoch nicht von allen Studien unterstützt. 

Zingiber officinale (Ingwer), Curcuma longa (Kurkuma), Hypericum perforatum (Johanniskraut) und Cannabis sativa gehören zu den anderen Kräutern, die Berichten zufolge therapeutische Wirkungen bei MS-Patienten haben, einschließlich entzündungshemmender und antioxidativer Wirkungen sowie potenzieller Vorteile bei der Myelinreparatur und der Unterdrückung von Entzündungen. 

Nachfolgende Referenzen geben dazu interessante Einsichten: 

  • Costantini E, Masciarelli E, Casorri L, Di Luigi M, Reale M. Medicinal herbs and multiple sclerosis: Overview on the hard balance between new therapeutic strategy and occupational health risk. Front Cell Neurosci. 2022 Nov 10;16:985943. doi: 10.3389/fncel.2022.985943. PMID: 36439198; PMCID: PMC9688751. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9688751/ 
  • Mojaverrostami S, Bojnordi MN, Ghasemi-Kasman M, Ebrahimzadeh MA, Hamidabadi HG. A Review of Herbal Therapy in Multiple Sclerosis. Adv Pharm Bull. 2018 Nov;8(4):575-590. doi: 10.15171/apb.2018.066. Epub 2018 Nov 29. PMID: 30607330; PMCID: PMC6311642. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6311642/  

© Photo: Viridi Green auf Unsplash
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Klingt unappetitlich, kann aber sehr wirksam bei MS sein: Fäkaltransplantation

Das Thema dieses Beitrags wird oft nur unter vorgehaltener Hand diskutiert, da es unappetitlich wirkt und teilweise Ekelgefühle hervorruft. Bevor wir also in Studienergebnisse einsteigen, sehen wir uns die Methodik der Fäkaltransplantation doch einmal etwas genauer an.

Das Verfahren

Die Fäkaltransplantation, auch als fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT), fäkaler Mikrobiomtransfer oder fäkale Bakterientherapie bekannt, ist ein Verfahren, bei dem der Stuhl eines gesunden Spenders in den Darm eines Patienten übertragen wird [1]. Dieses Verfahren wird hauptsächlich zur Behandlung von Darmkrankheiten eingesetzt, bei denen das Gleichgewicht der Darmflora gestört ist. Mehr zum Verfahren und zu Kliniken in Deutschland findet man bei Krankenhaus.de [2].

Der Prozess beginnt mit einem umfangreichen Screening des Spenders, um sicherzustellen, dass keine Infektionen übertragen werden. Der gespendete Stuhl wird dann verflüssigt, gereinigt, gemischt und in einer Kochsalzlösung mit 40% Glycerin suspendiert (in eine Mischung aus Flüssigkeit und Feststoffen gewandelt). Diese Lösung wird dann in säureresistente Kapseln gefüllt, die bei -90°C bis zu neun Monate gelagert werden können.

Die Fäkaltransplantation kann auf verschiedene Weisen durchgeführt werden, darunter die Infusion in den Zwölffingerdarm oder die Verabreichung über Kapseln. Die Methode der Verabreichung hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der spezifischen Bedürfnisse des Patienten und der Präferenzen des behandelnden Arztes.

Man erkennt also schnell, dass Ekelgefühle und Scham fehl am Platz sind!

Es ist wichtig zu beachten, dass die Fäkaltransplantation, obwohl sie bei bestimmten Erkrankungen wirksam sein kann, auch Risiken birgt. Dazu gehören mögliche Nebenwirkungen und das Risiko der Übertragung von Infektionen. Daher ist es wichtig, dass das Verfahren von qualifizierten medizinischen Fachleuten durchgeführt wird und dass Spender sorgfältig gescreent werden.

Die aktuelle Studie

Multiple Sklerose (MS) ist eine neurologische Erkrankung, von der weltweit Millionen Menschen betroffen sind. In den letzten Jahren haben sich die Hinweise darauf verstärkt, dass ein wesentlicher Faktor bei Entwicklung und Progression der Erkrankung eine Störung des mikrobakteriellen Umfelds im menschlichen Darm ist – eine sogenannte Dysbiose. Wir haben darüber schon verschiedentlich berichtet, z.B. in:

Die fünfte Säule der Überwindung von Autoimmunerkrankungen wie MS – Darmgesundheit

Jüngste Studien haben einen neuen Ansatz für die Behandlung vorgeschlagen – die fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT). Die hier besprochene Arbeit aus dem Jahr 2023 [3] befasst sich mit einer umfassenden Literaturübersicht, die durchgeführt wurde, um die Wirksamkeit und Sicherheit der FMT bei der Behandlung von MS zu verstehen.

Ausgangspunkt

MS ist in erster Linie eine immunvermittelte entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Ihr komplexes Zusammenspiel von genetischen und umweltbedingten Faktoren macht ihre Behandlung zu einer Herausforderung. Die Studie befasst sich zunächst mit der weltweit steigenden Prävalenz von MS und ihrer erheblichen Belastung, insbesondere in jüngeren Bevölkerungsgruppen.

Auswahl der Studien:

Die Forscher führten eine umfassende Literaturrecherche in mehreren Datenbanken durch. Sie legten spezifische Ein- und Ausschlusskriterien fest und konzentrierten sich dabei auf Studien, in denen die FMT als Behandlung von MS eingesetzt wurde. Dies führte zur Auswahl von 5 Schlüsselstudien, die relevante Informationen lieferten.

An diesen Studien nahmen 15 erwachsene MS-Patienten teil, die wegen gastrointestinaler Symptome eine FMT erhielten. Das primäre Ergebnis dieser Untersuchung war die Bewertung der Wirkung der FMT auf die Umkehrung und Verbesserung der motorischen Symptome bei MS-Patienten, während das sekundäre Ergebnis die Bewertung der Sicherheit der FMT in dieser Patientengruppe war.

Hauptergebnisse:

Die Ergebnisse sind vielversprechend. Alle Patienten, die FMT gegen gastrointestinale Symptome erhielten, zeigten eine deutliche Verbesserung ihrer neurologischen Symptome im Zusammenhang mit MS. Diese Verbesserungen umfassten eine bessere motorische Funktion, eine geringere Schwäche und sogar eine Umkehrung bestimmter Symptome. Bemerkenswert ist, dass die positiven Auswirkungen der FMT über Jahre hinweg anhielten, was auf einen langfristigen Nutzen hindeutet.

Im Detail:

Wie gerade erwähnt wurde in diese Übersichtsarbeit festgestellt, dass bei allen eingeschlossenen Probanden, die eine fäkale Mikrobiota-Transplantation zur Behandlung ihrer gastrointestinalen Symptome erhielten, eine Verbesserung und Umkehrung ihrer neurologischen Symptome im Zusammenhang mit Multipler Sklerose zu verzeichnen war. Gangstörungen gehören zu den auffälligsten Behinderungen im Zusammenhang mit Multipler Sklerose. Bei den eingeschlossenen Patienten mit Multipler Sklerose, wurde ein deutlicher Effekt beim Gang/Gehen festgestellt. Sechs Patienten bemerkten eine Verbesserung des Gehens und der Kraft sowie eine Verringerung der Schwäche in den unteren Extremitäten. Darüber hinaus zeigte eine eingeschlossene Studie einen signifikanten und anhaltenden Anstieg des Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) mit verbesserten Gangwerten. Insgesamt führte die Transplantation der fäkalen Mikrobiota zu einer signifikanten Verringerung der Morbidität und der Funktionsstörungen im Zusammenhang mit Multipler Sklerose.

Besonders bemerkenswert waren die Ergebnisse bei einer 80-jährigen Patientin mit MS, die 5 FMTs erhielt und bei Start der Behandlung über eine schwere Muskelschwäche mit entsprechenden Schwierigkeiten beim Gehen klagte. Sie konnte nach 8 Monate lange Strecken ununterstützt über lange Strecken gehen und war 2 Jahre nach der FMT asymptomatisch. Sicher ist dieses Ergebnis nicht verallgemeinerbar, aber es zeigt das Potenzial des Verfahrens auf.

Fazit und Bedeutung für Multiple-Sklerose-Patienten

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die FMT die MS-Behandlung grundlegend verändern könnte. Sie bietet einen neuen Weg zur Behandlung von MS-Symptomen, insbesondere für Patienten, die auf andere Behandlungen (konventionelle und komplementärmedizinische) nicht gut ansprechen. Die Studie unterstreicht wieder einmal die entscheidende Rolle der Darm-Hirn-Achse bei MS und eröffnet neue Forschungswege.

Es besteht die Hoffnung, dass die FMT für MS-Patienten einen neuen Therapieansatz darstellt, der ihre Symptome lindern und ihre Lebensqualität signifikant verbessern könnte.

Referenzen:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Stuhltransplantation

[2] https://www.krankenhaus.de/behandlungen/stuhltransplantation-ablauf-und-geeignete-kliniken/

[3] Laeeq T, Vongsavath T, Tun KM, Hong AS. The Potential Role of Fecal Microbiota Transplant in the Reversal or Stabilization of Multiple Sclerosis Symptoms: A Literature Review on Efficacy and Safety. Microorganisms. 2023 Nov 22;11(12):2840. doi: 10.3390/microorganisms11122840. PMID: 38137984; PMCID: PMC10745313. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38137984/

Weiterführende Studien zum Thema ohne Verweis im Text:

1. Tan, A., Shen-Yang Lim, & A. Lang. (2022). The microbiome–gut–brain axis in Parkinson disease — from basic research to the clinic. Nature Reviews Neurology, 18, 476-495. [Nature Reviews Neurology], https://www.semanticscholar.org/paper/0a81cd1ea6bf5caa7df52a45ad566bc32799fc05)

2. Cryan, J., et al. (2019). The Microbiota-Gut-Brain Axis. Physiological Reviews, 99(4), 1877-2013. [Physiological Reviews], https://www.semanticscholar.org/paper/2eab14181e1fa161d6cdc041e87a8427305c995a

3. Carabotti, M., Scirocco, A., Maselli, M., & Severi, C. (2015). The gut-brain axis: interactions between enteric microbiota, central and enteric nervous systems. Annals of Gastroenterology, 28, 203-209. [Annals of Gastroenterology], https://www.semanticscholar.org/paper/936a8181a4ea19a07f757a216fbf3dade73c9851)

4. Banc, R., et al. (2023). The Impact of Ellagitannins and Their Metabolites through Gut Microbiome on the Gut Health and Brain Wellness within the Gut–Brain Axis. Foods, 12. [Foods], https://www.semanticscholar.org/paper/1a8f223702c120140df5f9b36457e9b5eb37462b

5. Clarke, G., et al. (2013). The microbiome-gut-brain axis during early life regulates the hippocampal serotonergic system in a sex-dependent manner. Molecular Psychiatry, 18, 666-673. [Molecular Psychiatry], https://www.semanticscholar.org/paper/3d5abab291fdc8449b25d82de7556be2c1d8b088

(Hinweis: Diese Referenzen bieten weitere Einblicke in die Beziehung zwischen der Mikrobiota-Darm-Hirn-Achse und neurologischen Erkrankungen und unterstützen die Ergebnisse und Diskussionen in diesem Blogbeitrag).

Photo:

Foto von CDC auf Unsplash

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Zum Jahresausklang: Alles Gute für 2024 und erreichbare Ziele setzen!

Viele Neujahrsvorsätze scheitern, weil sie unrealistisch oder zu vage sind. Menschen – und dies gilt sicher auch für MS-Betroffene – setzen sich oft zu viele Ziele auf einmal und verlieren dann die Motivation. Um dies zu vermeiden, ist es hilfreich, konkrete und erreichbare Ziele zu setzen. Außerdem kann es helfen, die Vorsätze schriftlich festzuhalten und sich regelmäßig an sie zu erinnern. Eine Unterstützung durch Freunde oder Familie sowie die Aufteilung großer Ziele in kleinere Schritte können ebenfalls dabei helfen, die Vorsätze umzusetzen. Übernehmen Sie sich also bitte nicht bei Ihren Vorsätzen für das kommende Jahr.

In einer etwas älteren Studie der University of Scranton, USA [1] wurden die Selbstveränderungsversuche von 200 Neujahrsvorsätzen über einen Zeitraum von zwei Jahren prospektiv verfolgt, um die entscheidenden Faktoren für die Aufrechterhaltung der Vorsätze und den natürlichen Verlauf von Abweichungen und Rückfällen in alte Verhaltensmuster besser zu verstehen.

77 % der Befragten hielten sich eine Woche lang an ihre Neujahrsvorsätze, aber nur 19 % hielten sich zwei Jahre lang daran. Erfolgreiche Probanden berichteten, dass sie während der zwei Jahre deutlich mehr Stimuluskontrolle (Impulskontrolle), Verstärkungsstrategien (z.B. Belohnungen) und Willenskraft einsetzten als erfolglose Probanden. Soziale Unterstützung und zwischenmenschliche Beziehungen sagten den Erfolg vor sechs Monaten nicht voraus, wohl aber danach.

Gegenkonditionierung und Ausblenden negativer Einflüsse wurden rückblickend als die wirksamsten Bewältigungsstrategien benannt. Mangelnde Willenskraft und fehlende Reizkontrolle wurden als die größten Hindernisse für die Aufrechterhaltung der Vorsätze genannt. 53 % der erfolgreichen Gruppe erlebten mindestens einen Ausrutscher bei ihren Vorsätzen, und die durchschnittliche Anzahl der Ausrutscher über den Zeitraum von zwei Jahren betrug 14. Auslöser für diese Ausrutscher waren in der Regel ein Mangel an persönlicher Kontrolle, übermäßiger Stress und negative Emotionen.

Was bedeutet das nun?

Wie bereits erwähnt, sollte man sich zunächst erreichbare Ziele in kleinen Schritten setzen. Ist ein Ziel zunächst objektiv nicht erreichbar – schaut man auf die Liste der anderen, für einen selbst wichtigen Ziele und kümmert sich um diese. Später kann man immer noch auf das ursprünglich gewählte Ziel zurückkommen, wenn sich die Rahmenbedingungen (bei vielen der aktuelle Gesundheitszustand) zum Besseren verändert haben.

Wenn man seine eigenen Ziele mit Hilfe einer Gruppe erreichen kann – sei es Sport oder Training oder auch gemeinsames Singen, Malen etc. – hilft dies langfristig die guten Vorsätze beizubehalten und negative Einflüsse (z.B. Abkapselung oder mangelnde Bewegung) zu vermeiden bzw. auszublenden.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2024 und dass Sie die Ziele ohne große Rückschläge erreichen, die Sie sich für das Jahr gesetzt haben!

Ihr

Life-SMS Team

Quelle:

[1] Norcross JC, Vangarelli DJ. The resolution solution: longitudinal examination of New Year’s change attempts. J Subst Abuse. 1988;1(2):127-134. doi:10.1016/s0899-3289(88)80016-6; https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2980864/

Foto von Ian Schneider auf Unsplash


Für die Wissbegierigen unter uns gibt es nachfolgend noch einige Hinweise auf Artikel aus dem Netz, die uns in den letzten Monaten aufgefallen sind. Sie entsprechen – außer bei Beiträgen von anderen Projekten der DSGiP – nicht zwingend den von uns vertretenen Positionen, sind aber in allen Fällen eine Bereicherung der Diskussionsgrundlage.

Machen Sie sich selbst ein Bild!

„Winterblues“ bei Multipler Sklerose (MS) [lifepr.de;7.12.2023]

Wenn die Tage kürzer und kühler werden und weniger Sonnenlicht zur Verfügung steht, müssen sich Menschen, gerade auch mit Multipler Sklerose (MS), auf neue Gegebenheiten einstellen. Grund ist die abnehmende Ausschüttung des „Glückshormons“ Serotonin und der gleichzeitige Anstieg von Melatonin im Körper.

Multiple Sklerose: Frühere Behandlung dank Biomarkern [dw.com; 8.11.2023]

Bei Multipler Sklerose kündigen Biomarker die typischen Nervenschäden bereits viele Monate vor den ersten Symptomen an. Durch die Entdeckung dieser Biomarker kann die Behandlung viel früher beginnen.

Gesundheitsverhalten bei MS im Frühstadium [gelbe-liste.de, 26.10.2023]

Ein Forschungsprojekt soll das Selbstmanagement von Personen mit Multipler Sklerose unterstützen. In einem ersten Schritt wurde eine Umfrage durchgeführt, um bislang fehlende Baseline-Daten zum Gesundheitsverhalten von Personen mit MS im Frühstadium zu erheben.

VERLAUF DER MS: Genvariante für rasche MS-Progression [amsel.de, 14.6.2023]

Mehr als 200 „MS-Gene“ sind mittlerweile bekannt. Wobei die Gene allein nicht ausreichen, um eine MS auszulösen. Daneben braucht es, so der Stand der Wissenschaft, sogenannte Umweltfaktoren: Umstände und Einflüsse, die im weiteren Leben dazukommen, etwa bestimmte Viren oder mangelnde Sonnenexposition.

Neue Analysen verleiten zu Spekulationen: Übergewichtig durch Vitamin-D-Mangel? [medscape.com; 12.6.2023]

In den vergangenen Monaten wurden 2 Studien veröffentlicht, die den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Vitamin-D-Mangel näher beleuchten. Über die Ergebnisse wird nun in den Medien viel spekuliert. Könnte eine Vitamin-D-Supplementierung zur Behandlung von Adipositas hilfreich sein?

Welt-MS-Tag: Multiple Sklerose ist keine Einbahnstraße [natuerlich.haug-verlag.de, 30.05.2023]

Diagnose Multiple Sklerose: Ein persönlicher Erfahrungsbericht über den Umgang mit MS und Wege neben der schulmedizinischen Medikation.

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Alles nur in meinem Kopf?

Wie Neurozentriertes Training Bewegungseinschränkungen verbessern kann

(Teil 3: Erfahrungsbericht von B. Scholl)

Anfang September starteten wir mit dem aKK (MS-Selbsthilfegruppe) eine mehrwöchige Trainingsserie mit neurozentriertem Training. In der ersten Einheit erwartete uns umfangreiches theoretisches Wissen. Der praktische Teil in dieser ersten Stunde bestand lediglich aus dem Zungenpendel und dem Zungenkreisen (siehe auch letzte Beitrag hier „Neuroathletik Teil 2“ ).

Foto: Visuelle Übung zum Training des Gesichtsfeldes: Man fixiert die kleinst lesbaren Buchstaben in der Blattmitte und versucht (ohne die Augen zu bewegen!!), die äußeren Buchstaben zu lesen. Wer diese nicht alle erkennen kann, hat zwangsläufig Mängel im Gleichgewichtssystem, das auch mit solch einer Übung trainiert werden kann.

Theorie bringt Verstehen – und erkennen, was ich für mein individuelles Defizit üben muss

Als uns in der nächsten Stunde wiederum viel Theorie erwartete, dämmerte mir allmählich, dass es sich hier nicht nur um irgendein Training handelt. Ziel ist hier vielmehr, bestimmte neuronale Areale zu stimulieren und deren Funktionen dafür zu nutzen, die gewünschten Ziele im Bewegungsapparat zu erreichen. Das ist eine komplexere Herangehensweise als die gewohnten und bekannten Formen von u. a. Physiotherapie.
Denn es geht im NZT nicht nur darum, einen bestimmten Bereich der physischen Aktivität zu bereichern. Ziel ist eine veränderte – komplexere – Sicht auf unsere Fähigkeit sich zu bewegen und im Zuge des Trainings Ziele zu definieren und zu erreichen. Das funktioniert gleichermaßen für den Leistungssportler wie auch für neurologisch geforderte Physiotherapie-Patienten.
Dabei wird das Rad nicht wirklich neu erfunden. Viele der Übungen sind aus anderen Disziplinen bekannt (Kampfsport, Logopädie, Yoga, Taiji/Qi Gong …). Was ich hier jedoch anders empfinde, ist, dass die Selbsteinschätzung eine große Rolle spielt. So ermunterte uns der Trainer Konstantin vor fast jeder Übung, die jeweilige physische Ausgangslage zu erfassen.
Für mich ist es eine große Herausforderung, diese Art, mit mir umzugehen, in meine Routinen zu integrieren. Aber wie bei vielen Veränderungen ist es einfach mal gut anzufangen. Ich muss ja nicht gleich ein täglich halbstündiges Programm in meinen ohnehin schon üppig gefüllten Tagesablauf integrieren.

Mein Fahrplan

Damit ich den Überblick behalte, habe ich mir einen „Fahrplan“ gemacht, also: Wo soll diese Reise hingehen? Ich komme mit so einer Zielvorgabe gut zurecht, ich habe ja nicht die Absicht, das in kürzester Zeit umzusetzen, das würde mir auch Stress machen und das tut einfach nicht gut.

Mein Plan für irgendwann einmal ist:

  • Vorbereitung
    • Zungenübungen, Summen, Gurgeln (siehe auch …)
    • Aktvierung der Schulter- und HWS-Muskulatur mit Schulterkreisen
    • Mobilisierung des Zwerchfells mit tiefer Bauchatmung. Die kann man mit dem Anheben der Arme bei der Einatmung unterstützen.
  • Feststellen: Wie ist meine Ausgangslage?
    • Entweder mit dem „Romberger Test“; den kenne ich in der Art von neurologischen Untersuchungen: Mit geschlossenen Füßen einfach „nur“ stehen und wahrnehmen wie es um die Aufrichtung und Stabilität steht (hat der Körper z. B. die Tendenz sich zu einer Seite zu neigen? Gibt es Sensibilitätsstörungen? Usw.). Stehe ich da stabil, bleibe ich in der Haltung mit geschlossenen Augen und wiederhole die Selbstbeobachtung.
oder
    • Rumpfvorbeuge: Hier identifiziere ich als Ausgangspunkt, auf welcher Höhe ich meine Beine berühren kann (Knie, Schienbein, Fußgelenke …)

      oder
    • Finger-zu-Nase: Mit geschlossenen Augen die Arme waagerecht ausbreiten und mit einem Zeigefinger die Nasenspitze berühren (nacheinander mit dem linken und rechten Zeigefinger, Reihenfolge ist unerheblich). Hier ist entscheidend, wie gut das klappt.
  • Lockern

    Mobilisierung des Körpers von unten nach oben. Zunächst den Körper in den Fußgelenken hin und her wiegen. Dann auf Höhe der Knie, dann auf Hüfthöhe, dann Taillenhöhe, Brustkorb, Schultern und zum Schluss nur den Kopf hin und her wiegen. Nur so weit bewegen, wie es geht und auch gut tut. Es reicht, den Körper zwei bis fünf Mal zu jeder Seite zu bewegen.
  • Üben
    Ich habe mir vorgenommen zunächst mehr mit visuellen Reizen zu arbeiten. Das wirkt sich gleichzeitig positiv auf das Gleichgewichtssystem aus!:
    • Augen bewegen sich an Linien (ähnlich wie z.B. bei einem „Spinnennetz“) und nur die Augen bewegen sich, der Kopf bewegt sich nicht
    • Augen fixieren ein bewegtes Ziel, z.B. einen Stift, der währenddesen hoch, runter, links, rechts, vor, zurück und diagonal bewegt wird.
    • Augen fixieren festes Ziel und ich bewege mich darauf zu. Ich suche mir einen Punkt, den ich mit den Augen erfasse und bewege mich darauf zu (völlig egal ob zu Fuß oder per Rolli).
Die Übung bekommt eine andere Qualität, wenn ich sie mit zur Seite geneigtem Kopf durchführe. Idealerweise einmal zu jeder Seite geneigt.
  • Abgleich mit der Ausgangslage

    Jetzt wird es spannend, denn jetzt wiederhole ich den Test vom Beginn und vergleiche, ob und was sich verändert hat.

Integration in den Alltag

Als der Plan dann stand, stellte ich fest, dass ich einiges schon in anderen Situationen bereits regelmäßig mache: Die Boxatmung beim Meditieren, Qi Gong und Taiji. Die Mobilisierung des Zwerchfells bei der Logopädie. Ebenso das Gurgeln; Zungenpendel und -kreisen passt zu meinen Übungsroutinen in der Logopädie.
Jetzt muss ich „nur noch“ eine zu mir passende Systematik finden, den Fokus auf das neurozentrierte Training zu integrieren.

Jetzt sind die Symptome bei jedem sehr individuell. Genauso verhält es sich ja auch mit den Therapieansätzen und jeweiligen Tagesabläufen. Ich denke, dass jede und jeder von uns die Möglichkeiten dieser Selbstbeobachtung und Trainings nutzen und Stück für Stück an den eigenen Tagesablauf anpassen kann.

Ich habe jetzt überwiegend visuelle Übungen beschrieben. Darüber hinaus gibt auch sensorische Übungen sowie die, die das Gleichgewicht noch spezieller schulen.

Fazit

Es ist durchaus möglich, dass es Übungen gibt, die die Ausgangslage nicht wie gewünscht verbessern (oder gar verschlechtern). Es kam zwar selten vor, aber es kam vor. Dann nicht den Kopf hängen lassen, sondern eine andere Übung ausprobieren. Das kann muss aber nicht sofort sein.

Es gibt weiterhin viel in meinem Körper zu entdecken und auszuprobieren. Über kurz oder lang werde ich mir sicher Fachliteratur mit praktischen Anleitungen zulegen und auch diesen Ansatz mit meinem Physiotherapeuten besprechen. Dann verändert sich hoffentlich die eine oder andere Baustelle in meinem Körper mit Hilfe meines Kopfes.

Ich finde es sehr schön, dass es keine festen Abläufe bei diesem Training gibt. Das erfordert allerdings Selbstwahrnehmung, Motivation und Eigenverantwortung. Positiv empfinde ich auch, dass ich auch „so nebenbei“ ein paar Dinge üben kann. So lässt sich das Zungenpendel z.B. gut an einer roten Ampel üben.


Wir hoffen, Ihnen hat dieser Erfahrungsbericht einer von MS Betroffenen aus dem ersten Kurs zu Neuro-Athletik gefallen.

Mehr kleine Übungsbeispiele z.B. hier… (in den Videos weiter unten!)

Wir hoffen auf die Weiterentwicklung der Nutzung gesundheitsorientierter Sport- und Bewegungsprogramme gerade auch für die Nicht-Leistungssportler unter uns ,-)

Vielleicht machen Sie nun beim Schlange stehen eine Atemübung, die Ihnen nicht nur die Wartezeit kürzer erscheinen lässt, sondern einen wirklichen Mehrwert für Ihr Sauerstoff- und Energiesystem hat; z.B. die 4×4-Atmung aus Teil 2 der hiermit endenden Serie über Neuro-Athletik und bleiben Sie weiterhin neugierig auf diesem Kanal…

Ihr Team von Life-SMS


© Foto:  aKK-Hildy (und die Abgebildeten) 

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Neuro-Athletik (Brain Based Movement): Erkenntnisse von Sportlern für Menschen mit MS nutzen (Teil 2)

Im letzten Beitrag „Therapie mit allen Sinnen: Neuro-Athletik (hirnbasiertes Training)“ haben wir erklärt, dass unser Gehirn Sinneswahrnehmungen aus vielen verschiedenen Kanälen benötigt (Hören, Sehen, Fühlen,…) , um die nächsten Schritte  (in Abhängigkeit von der Wahrnehmung der Sinnesreize im Umfeld, von der bestehenden physiologischen Situation im Körper, sowie von der Qualität der Verarbeitung dieser Reize durch das Gehirn) sicher bestimmen zu können. Dies bezieht sich sowohl auf die nächsten Handlungen (Flucht, Kampf, Ruhe) als auch darauf, wirkliche Schritte zu gehen.
Wenn nicht mehr all diese Sinneswahrnehmungen zum Gehirn durchdringen können (weil durch eine neurologische Ursache z.B. das Gefühl für eine Hand oder ein Bein eingeschränkt oder gar nicht mehr vorhanden ist), verliert das Gehirn an Orientierung und damit an Sicherheit, die nächsten Schritte zu planen – d.h. auch die nächsten motorischen Aktionen und damit haben wir nicht nur weniger Gefühl in der einen Hand/dem einen Bein sondern in Folge auch vielleicht weniger Motorik(-möglichkeiten) in dieser Hand/diesem Bein – können also weniger gut greifen/halten/schreiben oder schlechter den Fuß heben/gehen usw.
Solche Bewegungsdefizite wiederum binden auch geistige Ressourcen, und es kann ein Teufelskreis entstehen, der uns immer weniger agil werden lässt. Normales Training/Physiotherapie kann diesen Kreislauf nur unzureichend durchbrechen, wenn nicht auch ein Fokus auf die Sinneswahrnehmungen – und damit vor allem auf bestimmte Hirnfunktionen – gelenkt wird.
Auch muskuläre Defizite beginnen nämlich im Hirn (Muskeln sind nur die ausführenden „Dienstleister“ des Gehirns) und auch solche Defizite (und nicht nur kognitive) können auch vorrangig nur dort im Gehirn behoben werden: durch die ganzheitliche Integration von Augen, Gleichgewicht, Atmung und Bewegung…

Foto mit Darstellung eines sogenannten Homunculus
Der sogenannte Homunculus zeigt die Körperstellen, die die meiste Berührung erfahren bzw. am meisten benutzt werden (nämlich Hände, Lippen und Zunge). Diese verfügen auch im Hirn über die größten Areale.

“Training” ist sinnvoller und effizienter, wenn es dort stattfindet, wo Bewegung entsteht: im Gehirn.

Ziel ist es, durch Neuroathletik die Kommunikation zwischen Gehirn und Körper zu verbessern und damit auch die Bewegung, die Körperstabilität, das Gleichgewicht und vieles mehr (und so auch z.B. das Sturzrisiko zu verringern).

Da Bewegung aber nicht nur komplex ist sondern auch sehr individuell, kann man mit standardisierten Trainingsprogrammen leider nur begrenzt bessere Ergebnisse erzielen. 
Neurozentriertes Training dagegen sollte ganz individuell erfolgen und eignet sich besonders bei (z.B. durch MS bedingte) Einschränkungen. Neurozentriertes Training funktioniert daher auch für Geh-Eingeschränkte oder Menschen im Rollstuhl – und bringt nicht nur Sportler (und die Profis unter denen) zu mehr Leistung und Können.
Denn egal, was wir im Training oder in der Therapie tun, das Nervensystem ist immer beteiligt. Die Frage ist, wie bewusst und gezielt wir die neuronalen Aspekte einbeziehen.

Kommt es zu Lücken in der neuronalen Weiterleitung (z.B. durch auch nur einen eingeschränkten Sinneswahrnehmungskanal) – und damit zu einer nicht mehr verlässlichen Sicherheit für das Gehirn, was zu tun ist – reagiert der Körper z.B. mit Fehlhaltungen oder Verspannungen (z.B. im Schulter-Nacken-Kopf-Bereich). Genauso wie eine korrekte oder veränderte Körperhaltung hat z.B. auch die Kopfposition einen Einfluss z.B. auf das Gleichgewicht und umgekehrt.
Und jeder Mensch (ob Sportler oder nicht) braucht ein funktionierendes Gleichgewichtssystem. Gibt es hier Defizite, ergreift mein Gehirn vielleicht sogar weitere „Sicherheitsmaßnahmen“, um Überlastung zu vermeiden. Nicht nur die Muskeln verkrampfen, diese und der Mensch selbst sind evtl. schneller erschöpft, das Erinnerungsvermögen lässt nach usw.

Je besser aber die Kommunikation zwischen Umwelt, Gehirn und Körper funktioniert, desto geringer wird das Risiko für Verletzungen, Fatigue, degenerativen Abbau und viele andere Aspekte.

Sensorik kommt vor der Motorik

Das Gehirn folgt dem Muster „Sensorik vor Motorik“. Ungünstig, wenn man gerade in der Sensorik Defizite hat. Auch deshalb ist es für Menschen mit Multipler Sklerose gut, dass beim neurozentrierten Training (Neuro-Athletik) nicht die Muskeln, Sehnen/Bänder oder die Kondition trainiert werden. Stattdessen werden die verschiedenen Wahrnehmungsorgane trainiert – und damit z.B. das Gleichgewicht. Und dies viel effektiver als z.B. mit üblichem Gleichgewichtstraining.

Das gezielte Training der Seh- und Hörfähigkeit spielt hierbei eine sehr wichtige Rolle. 
Und zuvor noch das Atemtraining!!! Viele Menschen atmen zu flach – aufgrund von Stress, Bewegungsmangel oder einfach aus Gewohnheit. Den Organen steht dann nicht nur weniger Sauerstoff zur Verfügung, sondern je flacher die Atmung, desto mehr Stresshormone werden ausgeschüttet. Dies macht uns weniger leistungsfähig, eher energielos oder unruhig. Besser ist ein bewusster, tiefer Atemfluss, der nicht nur über das Zwerchfell (flacher Atemmuskel, der den Brustkorb auf Höhe der unteren Rippenbögen umspannt; vorstellbar wie eine Membran). Für gesunden Atem sollte zusätzlich auch die Rücken-, Nacken- und Bauchmuskulatur integriert sein. Dann spürt man den Atemfluss nicht nur im oberen Brustkorb oder unteren Bauch, sondern in beiden Zonen und auch an den Flanken und vielleicht sogar ein wenig im Rücken.
Solch eine vertiefte Atmung verhilft nicht nur zu mehr Energie im Alltag, sondern ist auch elementar bei der Neuro-Athletik, da wir über die Atmung das Autonome Nervensystem ansprechen und selektiv aktivieren können.
Deswegen beginnen die Übungsbeispiele auch mit dem Atmen bzw. erstmal Vorübungen dazu, um bestimmte Hirnnerven zu aktivieren, die die ausführende Bewegung der Muskulatur steuern.

Einsteigerübungen für zu Hause

Auch wenn die folgenden Übungen sich einfach anhören, überfordern Sie sich nicht. Beginnen Sie jeweils mit einigen Sekunden (solange es angenehm ist) und steigern Sie sich langsam; aber üben Sie mehrmals am Tag. Auch die hierfür benötigte Muskulatur muss langsam trainiert werden:
Summen
Summen trainiert mehr, als man denkt und kann richtig anstrengend werden.

Gurgeln
Auch Gurgeln wird anstrengend, sobald man es mal etwas länger als nach dem Zähne putzen macht. Und es ist enorm effektiv, denn es trainiert nicht nur die hintere Rachenmuskulatur (besonders wichtig bei Schnarchern).

Zungenübungen

a) Zungenpendel: Pendeln Sie mit Ihrer Zunge von Seite zu Seite im geschlossenen Mund. Solange, bis Sie spüren, dass Ihre Zunge ein Muskel ist, der nach einer Weile dann genug von der Anstrengung hat. Üben Sie auch dies mehrfach täglich.
Steigerung: Summen Sie beim Pendeln.


b) Zungenkreisen: Lassen Sie Ihre Zunge im geschlossenen Mund kreisen. So lange, bis es trotz Richtungswechsel unangenehm wird. Versuchen Sie auch hier, nach ein paar Tagen die Übungszeit zu verlängern. Nehmen Sie danach als Steigerung das Summen mit hinzu.  

Die Zunge liefert wahrscheinlich mehr sensorische Informationen ans Gehirn als der gesamte Rumpf. Wird sie stimuliert, aktiviert das wichtige motorische und sensorische Bereiche und Nerven im Stammhirn.
Tatsächlich dient die Zunge als effektive Schnittstelle, um Signale an das zentrale Nervensystem zu senden.
Die US-Arzneimittelbehörde hat 2021 sogar einen Neuromodulationsstimulator der Zunge zur Behandlung von Gangstörungen genehmigt. In einer Pilotstudie mit 20 Multiple-Sklerose-Patientinnen und -Patienten verstärkte ein solches sensorisches „Vorbahnen“ nämlich Übungen, die das Gangbild verbessern.
18 Studienteilnehmer erreichten bei Extensions- und Flexionsübungen ihrer Knie ein 30 Prozent höheres Drehmoment, wenn sie ihre Zunge an den Gaumen drückten. Erneut soll die Zunge motorische Gehirnareale aktivieren. »Bei Kraftanstrengungen pressen wir die Luft in der Lunge unwillkürlich zusammen – ähnlich einem Valsalva-Manöver«, sagt Neurowissenschaftler Stefan Schneider. Bei dieser Atemtechnik, die jeder von uns vom Druckausgleich im Flugzeug kennt, legt man die Zunge an den Gaumen und verschließt den Ausgang der Luftröhre, um durch Anspannung der Atemmuskulatur Druck aufzubauen. »Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass vorherige Zungenübungen einen kausalen Effekt auf eine spätere Kraftanstrengung haben«, sagt der Kölner Sportmediziner Stefan Schneider.

4×4-Atmung

Tief durch die Nase einatmen (möglichst bis zum unteren Becken) und dabei bis 4 zählen.
Wenn die Bauchdecke maximal gewölbt ist, die Luft anhalten. Erneut von 1 bis 4 zählen.
Nun langsam während 4 Zähleinheiten über die Nase ausatmen.
Es folgt eine bewusste Atempause, während der wir wieder bis 4 zählen.
Erst danach wieder einatmen und von vorne beginnen.
Also immer im Muster: Einatmen über 4 Zähleinheiten, Atempause über 4 Zähleinheiten, Ausatmen über 4 Zähleinheiten, Atempause über 4 Zähleinheiten.
Mehrfach wiederholen; zu Beginn vielleicht nur ein paar Mal; später dann vielleicht bis zu 3 Minuten oder die Zähleinheiten langsam vergrößern (also jeweils bis 5 zählen, bis 6, 7 oder bei fortgeschrittenem Können sogar bis jeweils 8 zählen).


Dies waren ein paar einfache Übungen für den Einstieg zu Hause. Danach kann man in einem professionell angeleiteten Training weiterführende Übungen individuell an den eigenen Körper/das eigene Problem angepasst erarbeiten. Denn Neuroathletik ist so viel mehr als  Zungenkreisen, Blicksprünge und Augenliegestütz (zwei weitere der wichtigen Grundübungen).
Neuroathletik sollte herkömmliches Training nicht ersetzen, sondern integriert werden. Wenn durch Neuroathletiktraining zuerst das Nervensystem auf Hochtouren gebracht ist, ist auch das herkömmliche Training erfolgversprechender.

Fazit

Es müssen nicht immer komplizierte und komplexe Übungen sein. Viele der Übungen wirken anfangs ungewöhnlich und viele Trainierende sind überrascht, dass vermeintlich kleine Änderungen bei Routineübungen und alltäglichen Situationen zu so großen Verbesserungen führen. 
Durch ergänzendes neurozentriertes Training lassen sich unter anderem Haltung, Gangbild und Tremor weiter verbessern – zumindest kurzfristig. 
Natürlich müssen die Übungen regelmäßig gemacht werden, sonst sind die Effekte auch schnell wieder verschwunden. 
Deswegen übt man am besten unter Anleitung über einen längeren Zeitraum regelmäßig 1x (40-60 Minuten) pro Woche.
 Im Schnitt soll man zu Hause dann noch drei bis vier verschiedene Übungen täglich fünf- bis sechsmal durchführen. Das hört sich nach viel an, ist aber in wenigen Minuten pro Übungseinheit zu schaffen.

Nachtrag: Doch nur Placebo-Effekt?

Die Wirksamkeit von Neuroathletiktraining ist noch nicht ausreichend untersucht und bisher existieren keinerlei wissenschaftliche Studien, die bildgebend, physiologisch oder auf Basis von Neurotransmittern gegebenenfalls zu erwartende Trainingseffekte belegen.
Effekte können recht schnell kommen. Leider dauern sie nicht immer lange an. Deswegen ist ein ausschließlicher Einsatz von der Neuroathletik nicht ausreichend. Vielmehr unterstützt diese Methode positive Effekte des herkömmlichen Trainings auch in Form eines Warm-up und macht dieses deutlich effizienter… 
30 bis 40 Tage dauert es, bis sich das Nervensystem an neue Reize anpasst, wenn die Trainingsübung regelmäßig ausgeführt wird.
Trotzdem lohnt es sich, mit dem Üben anzufangen. Und da das Hirn verlässlichere Informationen bekommt, wenn es vom gesamten Körper auch über die Haut regelmäßig zuverlässige Informationen erhält, ist die wichtigste (aber nicht für jeden Menschen einfachste) „Übung“ diese: Massieren Sie möglichst den kompletten Körper mehrmals täglich. Lassen Sie sich oft von lieben Personen umarmen und streicheln. Berührung tut eben nicht nur der Seele gut, sondern stärkt über viele – oben leider nur kurz angerissene – komplexe Prozesse indirekt das Gleichgewicht und unsere Beweglichkeit.

Mehr kleine Übungsbeispiele folgen wahrscheinlich auch in einem späteren Beitrag hier mit dem Erfahrungsbericht aus dem ersten Neuro-Athletik-Kurs einer von MS Betroffenen.

Bleiben Sie also neugierig auf diesem Kanal.


Ihr Team von Life-SMS


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Therapie mit allen Sinnen: Neuro-Athletik (hirnbasiertes Training) 

Neurozentriertes Training (NZT oder Neuro-Athletik) ist “Athletik für das Hirn und durch das Gehirn”. Trainingsziel ist zwar der ganze Körper, doch wird er vorrangig durch “Gehirntraining” angesteuert. Nein, nicht was einigen schon ein Begriff ist, Hirn-Jogging durch Sudoku und ähnliches. Sondern es werden gezielt die neurologischen Systeme der Wahrnehmung angesprochen…

Die klassischen 5 Sinne (Hören, Sehen, Tasten …) sind Formen der Wahrnehmung, die eine empfundene Tatsache bestätigen (Wasser läuft über meine Haut) – oder dementieren (es ist ein anderes Rinnsal oder gar keines, denn es ist nur das Gefühl, als ob). Unser Gehirn braucht zur  Überlebenssicherung, Gefahrenerkennung und die Vorhersage von Situationen in der Umwelt Informationen in Bezug auf die Lage und Stellung unseres Körpers zur bzw. in unserer Umgebung. Es braucht eine – möglichst vollständige – Orientierung um interagieren und – gegebenenfalls richtig – handeln zu können. Informationen für diese Orientierung bekommt es aber nicht nur über die – bewusste und unbewusste – Sinneswahrnehmung (Exterozeption = Außenwahrnehmung).

Propriozeption (Wahrnehmung der eigenen Körperteile, auch als Tiefensensibilität bezeichnet) liefert die Informationen aus der Bewegung selber (Stellung von Gelenken und deren Veränderung, Lage im Raum, Muskelspannung, Hautwiderstand durch – für obiges Beispiel „Wasser auf der Haut“ – z.B. schnell oder langsam hingleitendes Wasser/Blut/Schweiß etc.). 
Das Gehirn beachtet auch, wie die physiologischen Auslenkungen sind (Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Stoffwechsel, Verdauung) in Anbetracht der Umwelt (Interozeption = Wahrnehmungen aus dem eigenen Körperinneren). Wenn alle Informationen abgeglichen sind, kann es eine Prognose erstellen und eine ggf. daraus folgende motorische Umsetzung ansteuern (fliehen bei Wasserschwall; evtl. Kämpfen bei Verletzung durch Feind oder es ist alles in Ordnung, denn es ist nur Schweiß in Sommerhitze und eine Hängematte die bessere Wahl). 

Defizite haben weitreichende Folgen…

Besteht ein Informationsdefizit, kann dies in gewissem Umfang durch bestehende Systeme kompensiert werden (ich fühle es nicht, sehe aber häufiger hin). Es werden dafür aber permanent mehr und klarere Informationen gebraucht und gesucht. Dies bindet Ressourcen, die dann nicht mehr (oder zumindest nicht gleichzeitig) für scheinbar Nebensächlicheres zur Verfügung stehen – sei es motorischer Art (Beinmuskeln schwächeln etwa) oder z.B. kognitiver Art (Aufmerksamkeit und/oder Erinnerungsvermögen schwächeln z.B.). 

… lassen sich aber ausgleichen

Hat das Gehirn (durch z.B. defizitäre neurologische Erkrankungen wie MS) Lücken – und damit an Sicherheit verloren, können wir durch Neuro-Athletik diese neuronalen Funktionen des Gehirns gezielt stärken, bestehende Defizite eventuell effektiver kompensieren – oder sogar ganz verlorene Funktionen evtl. wieder aufbauen (wie z.B. nach einem Schlaganfall), wenn das Gehirn durch das neurozentrierte Training bei seinen Einschätzungen wieder an Sicherheit gewinnt.

Dann können neben einer besser ausführbaren motorischen Umsetzung (z.B. Fuß besser heben können) auch wieder Ressourcen freigegeben werden (Aufmerksamkeit steht wieder für Anderes zur Verfügung).  

Neuro-Athletik basiert also auf den Grundlagen der Neurologie und ist daher auch keine Zauberei, an die man glauben muss, damit es funktioniert. 

“Training” soll dort geschehen, wo Bewegung (bzw. evtl. Schmerzen; s.u.) entstehen: Im Gehirn; durch die ganzheitliche Integration von Augen, Gleichgewicht, Atmung und Bewegung…
Dabei möglichst viel „Neues“ (zurück-er)lernen und diese Informationen und Bewegungen wieder flüssig in den (unbewussten) Bewegungs-Alltag integrieren. 


In einem der folgenden Beiträge beschreiben wir einfache Übungen für den Einstieg zu Hause – zum Appetit machen z.B. für ein professionell angeleitetes Training.

Und später dann noch einen Erfahrungsbericht aus dem ersten Kurs einer von MS Betroffenen.
Bleiben Sie also neugierig in diesem Kanal.

So lange grüßt Sie

Ihr Team von Life-SMS


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Tai-Chi: Ein Schlüssel zu besserem Gleichgewicht und Lebensqualität für MS-Patienten

Tai-Chi, oft als „Meditation in Bewegung“ bezeichnet, ist eine alte chinesische Kampfkunst, die tiefe Atmung mit fließenden Bewegungen kombiniert. Basierend auf der chinesischen Philosophie und traditionellen Medizin basiert Tai-Chi auf dem Prinzip, das Yin und Yang auszugleichen – die gegensätzlichen Kräfte im Körper. Durch die Harmonisierung dieser Kräfte zielt Tai-Chi darauf ab, ‚Qi‘ oder Lebensenergie zu kultivieren, um das physische, mentale und spirituelle Wohlbefinden zu fördern.


Die Studie wurde sorgfältig entworfen, um die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Für die Teilnehmer wurden folgende Einschluss- und Ausschlusskriterien festgelegt:

  • Klinisch definierte MS
  • Alter zwischen 20 und 60 Jahren
  • Fähigkeit, mindestens 200 m selbstständig zu gehen und ohne Hilfsmittel zu stehen
  • Kein Schub innerhalb von 3 Monaten vor der Studie oder während der Studie
  • Keine Änderung der krankheitsmodifizierenden Medikation während der Studie
  • Keine Schwangerschaft
  • Keine Beteiligung an einem anderen Trainingsprogramm
  • Kein schweres kognitives Defizit (definiert durch den Montreal Cognitive Assessment Score ≤ 19)
  • Keine andere gesundheitliche Bedingung, die ein Trainingsprogramm beeinträchtigen würde

Im Endeffekt wurden 15 Teilnehmerinnen eingeschlossen, die das 12 Monate dauernde Programm absolvierten.

Methodik

Alle Teilnehmerinnen nahmen an Tai-Chi-Chuan-Kursen teil, die einmal wöchentlich 90-minütige Gruppentrainingsstunden im Tai-Chi-Trainingszentrum in Bratislava beinhalteten. Diese wurden von einem erfahrenen Tai-Chi-Instruktor durchgeführt und von einem Arzt überwacht.
Jede Patientin wurde instruiert, zweimal wöchentlich individuelle Hausaufgaben anhand eines Anleitungsvideos zu erledigen. Das Tai-Chi Training basierte auf den Grundformen des Tai Chi Yang Stils.

Die Wirkung von Tai-Chi auf Multiple Sklerose

Die Studie untersuchte somit die Auswirkungen von Tai-Chi auf Frauen mit Multipler Sklerose über einen Zeitraum von einem Jahr. Die Ergebnisse zeigten deutliche Verbesserungen in verschiedenen Bereichen:

  • Es gab eine signifikante Verbesserung im Gleichgewicht und Gehfähigkeit der Teilnehmerinnen, gemessen durch verschiedene Tests wie den Mini-BESTest oder den 25 Feet Walk Test.
  • Die Studie zeigte zudem eine Verringerung von Depression und Angstzuständen bei den Teilnehmerinnen.
  • Es gab auch eine sichtbare Verbesserung in kognitiven Tests, die die geistige Funktion bewerten.
  • Die Lebensqualität, gemessen durch den EQ-5D-5L-Fragebogen, zeigte ebenfalls einen Trend zur Verbesserung.

Schlussfolgerung und Empfehlungen

Die Studie zeigt, dass Tai-Chi potenziell vorteilhafte Auswirkungen auf Frauen mit Multipler Sklerose haben kann. Es hilft nicht nur bei körperlichen Problemen wie Gleichgewichtsproblemen, sondern wirkt sich auch positiv auf die geistige Gesundheit aus, indem es die Stimmung und die kognitiven Funktionen verbessert. Der ganzheitliche Ansatz des Tai-Chi, der körperliche Bewegung mit Achtsamkeit verbindet, macht es zu einer wertvollen nicht-pharmakologischen Intervention für MS-Patienten. Die positiven Wirkungen von Tai-Chi sind weder auf weibliche Trainierende beschränkt noch auf das Krankheitsbild Multiple Sklerose (siehe auch [2] – [5]). Es kann sich also in vielerlei Hinsicht lohnen, es einmal auszuprobieren. Wir empfehlen Ihnen, sich einen qualifizierten Tai Chi Lehrer zu suchen, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Referenzen:

[1] Menkyova I, Stastna D, Novotna K, et al. Effect of Tai-chi on balance, mood, cognition, and quality of life in women with multiple sclerosis: A one-year prospective study [published online ahead of print, 2023 Aug 6]. Explore (NY). 2023;S1550-8307(23)00171-4. doi:10.1016/j.explore.2023.07.011, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37596158/

[freier Zugang]

[2] Wang C, Bannuru R, Ramel J, Kupelnick B, Scott T, Schmid CH. Tai Chi on psychological well-being: systematic review and meta-analysis. BMC Complement Altern Med. 2010; 10:23. Published 2010 May 21. doi:10.1186/1472-6882-10-23, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2893078/

Die Studie zeigte eine Verbesserung des psychologischen Wohlbefindens, einschließlich der Verringerung von Stress, Angst, Depressionen und Stimmungsschwankungen sowie einer Steigerung des Selbstwertgefühls.

[freier Zugang]

[3] Zou L, Wang H, Xiao Z, et al. Tai chi for health benefits in patients with multiple sclerosis: A systematic review. PLoS One. 2017;12(2):e0170212. Published 2017 Feb 9. doi:10.1371/journal.pone.0170212; https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28182629/

Dieser systematische Überblick bewertet die Wirksamkeit und Sicherheit von Tai-Chi bei der symptomatischen Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose.

[freier Zugang]

[4] Zhang YH, Hu HY, Xiong YC, et al. Exercise for Neuropathic Pain: A Systematic Review and Expert Consensus. Front Med (Lausanne). 2021;8:756940. Published 2021 Nov 24. doi:10.3389/fmed.2021.756940

Dieser Artikel diskutiert Bewegungsempfehlungen für neuropathische Schmerzsymptome, einschließlich solcher, die mit Multipler Sklerose zusammenhängen.

[freier Zugang]

[5] Taylor E, Taylor-Piliae RE. The effects of Tai Chi on physical and psychosocial function among persons with multiple sclerosis: A systematic review. Complement Ther Med. 2017;31:100-108. doi:10.1016/j.ctim.2017.03.001, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28434462/

Dieser Überblick konzentriert sich auf die physischen und psychosozialen Vorteile von Tai-Chi für Personen mit Multipler Sklerose.

Foto

Jade Lee auf Unsplash

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