Die Feldenkrais-Methode besonders für MS-Betroffene (5/5): Übungen für zu Hause

Letzte Folge des Gastartikels von Eva Weißmann

In ihrer letzten Folge beschreibt die sehr erfahrene Feldenkrais-Lehrerin und Praktikerin Eva Weißmann (s.u.) praktische Feldenkrais-Übungen für von MS Betroffene und alle anderen Interessierten, die Sie (unabhängig vom Schweregrad z.B. einer Multiplen Sklerose) selbst durchführen können.

Hinweis:
Die Feldenkrais-Methode ersetzt nicht die medizinische Versorgung und nicht eine sportliche Betätigung, welche in maßvoller Weise immer und für jeden sinnvoll ist.

ÜBUNGEN für
„NERVENSYSTEM – BLUT – ATEM – IMMUNLAGE – HEILKRAFT“

für jeden Tag und überall

glücklich und gesund

ÜBUNG A

Von den Füßen bis zum Atem

Sei es, dass Sie liegen, sitzen, gehen oder in welcher Position auch immer Sie sich befinden:
Schenken Sie sich einige Minuten, um inne zu halten, sich zu spüren und auch Ihren seelischen Zustand und das Arbeiten des Gehirns wahrzunehmen.

Spüren Sie sich weiterhin, auch wenn und während Sie Ihre Position verändern.
Von hier ab beschreibe ich die Übung Variante 1, nämlich stehend oder sitzend, mit Anpassungen.
Weiter unten finden Sie die Variante 2, die für verschiedene Positionen gilt und Arten zu liegen, am Boden zu sitzen, mit Rollator, im Rollstuhl usw.

Foto mit Übenden © Internationale Feldenkrais® Föderation & Robert Golden

Übung Variante 1

Im Stehen bietet sich eine Schrittstellung an, im Sitzen das Gewicht auf der Stuhlkante, im Liegen viele Veränderungen.

Wenn Sie stehen:
Auf welchen Bereichen Ihrer Fußsohlen geben Sie Gewicht zur Erde hinab oder fühlen Berührung zum Boden, auf den Fersen, Zehen, Ballen? Dies zu beobachten, ist mit Stock, Rollator, Rollstuhl und auch in vielerlei Positionen möglich
–> s. Variante 2 unten.

Stellen Sie sich vor, Sie atmen in Ihre Fußsohlen hinein und atmen dort auch aus, also zwischen Boden und Fußgewölbe,  in ruhiger Verfassung, etwa 20 Atemzüge

Lassen Sie das los. Lassen Sie auch das Denken und Beurteilen los. Vielleicht wollen Sie die Augen schließen. Gehen Sie Ihren Bildern nach, Tönen oder einem Bedürfnis, beispielsweise sich hinzulegen, zu singen…

Im Stehen oder Sitzen:
Schaukeln Sie sich ein wenig, sanft und entspannt. Sie verlagern minimal Ihr Gewicht nach vorne in Richtung Fußballen bzw. Oberschenkel, und langsam zurück, etwa drei mal. Bewegen Sie Ihr Gewicht ganz fein, so dass Sie sich sicher fühlen. Sie können sich auch an einem Geländer oder Möbel … halten.
Verlagern Sie nun Ihr Gewicht ebenso sachte nach hinten in Richtung Fersen bzw. in Richtung hinter die Sitzbeinhöcker, und zurück, so dass Sie die Fußsohlen bzw. Ihr Becken fühlen, auch die Füße, Beine und vielleicht sogar andere Körpergebiete. Verlagern Sie danach Ihr Gewicht sanft nach rechts und wiederum aufmerksam zurück, schließlich nach links und zurück. 

Falls Sie es nicht bereits probiert haben: Vergleichen Sie Ihr Bewegen und Spüren auf der rechten und der linken Körperseite. Tun Sie dies mit Neugier und nicht mit Bewertungen. 

Nach einer kurzen Pause machen Sie kleine Kreise mit dem Gewicht oder anders gesagt: bei der Berührung auf den Fußsohlen. 

Wiederholen Sie alles besonders sanft und aufmerksam, so dass Sie nach heute oder nach etlichen Tagen, Wochen … dabei Ihre Wirbel spüren oder andere feine Gelenkbewegungen.

Wenn Sie mögen, können Sie dies als Tanzen bezeichnen und vor Freude tanzen. 

Dazu empfehle ich drei Bücher:

a)  Christensen, Julia F.; Chang, Dong-Seon, Tanzen ist die beste Medizin, Core Verlag 2018 

b) Hüther, Gerald, Lieblosigkeit macht krank, Herder Verlag 2021  

c) Dürckheim, Karlfried Graf Dürkheim, Hara. Die Erdmitte des Menschen, Barth-Verlag 1983

Kehren Sie zu einer Ruheposition zurück und zum bewussten Atem. Beobachten Sie jetzt, wie und wo im Körper Sie Atem und Bewegung wahrnehmen.

Schenken Sie sich während und nach dem Üben Stille und eine Pause, damit Ihr Nerven-, Immun- und Blutsystem den Wandel einverleiben können.

Die Übung stärkt – sofern Sie mit Geduld und regelmäßig über einen langen Zeitraum üben – Ihre Eigentätigkeit, Ihre Kompetenz im Bewegen und im Denken, Freude und Leichtigkeit für viele Aufgaben.

Dies ist auch eine friedensstiftende und heilende Übung in einer Krisenzeit und in zwischenmenschlichen Situationen.

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Übung Variante 2

Falls Sie liegen, knien, in Vierfüßler-Position sind u.v.a.m., spüren Sie hier zuallererst Ihren Atem und die Flächen, auf denen das Gewicht Ihres Körpers ruht oder vielleicht ein wenig in Bewegung ist. Verlagern Sie nun bewußt Ihr Gewicht in verschiedene Richtungen, in aller Ruhe, mehrmals und mit feiner Aufmerksamkeit:

• nach vorne und ebenso langsam zurück,

• nach hinten und ebenso sachte zurück,

• nach hinten und zurück, nach links und zurück nach rechts und zurück 

• und schließlich kreisend.

Möglicherweise spannen Sie sich teilweise unnötig an und können diese Spannungen sein lassen. Das Ausatmen hilft dabei.

Ab hier gelten die entsprechenden Vorschläge der Variante 1
(s.o.; ab „Vergleichen Sie Ihr Bewegen und Spüren auf der rechten und der linken Körperseite. Tun Sie dies mit).

ÜBUNG B 

ZUR GANZHEIT DES KÖRPERS –   

das Spüren der Zusammenhänge bringt Erleichterungen

ATEM:   
Lassen Sie den Atem geschehen, was immer Sie tun: das Geschenk des Odems

ich ermuntere Sie zum ZULASSEN DES ATMENS WÄHREND ALLER ÜBUNGEN, und spüren Sie, wo Sie atmen

KOPF bzw. HALS: 
GANZ LANGSAM UND WENIG nach rechts drehen, zurück drehen zur Mitte – nach links drehen und zurück drehen; nicht auf die Position kommt es an, sondern auf das Wahrnehmen der Bewegungen (von Wirbeln…) 

ARME – BRUSTKORB – WIRBELSÄULE
Zum Singen von Tönen und anderen Klängen  bewegen Sie einen Arm nach oben und zurück, loslassend, den anderen ebenfalls. Danach bewegen Sie die Arme in andere Richtungen, schließlich: fühlen Sie sich frei, beide Arme in alle Richtungen zu bewegen, auch sich überkreuzend, UND SPÜREN Sie: wie werden Ihre Wirbelsäule, die Rippen, die Schultern, Achseln (Lymphe !) und Ihr Atmen davon beeinflusst? 

AUFRICHTUNG UND MUSKELN: 
Es geht um die Lebendigkeit des Hara. Körperlich gesagt: das Powerhouse, Perineum, Beckenboden, die Oberschenkelmuskeln und das gesamte Becken/die Bauchgegend können viel profitieren von einer lotrechten und doch unangestrengten Haltung. Bringen Sie im Stehen oder beim Sitzen das Becken in die Lotrechte und setzen Sie dann den Brustkorb, danach auch den Hals und den Kopf über das Becken. Lassen Sie dies wieder los, entspannen Sie sich. Spüren Sie dabei die Bewegungen und die verschiedenen die Formen Ihrer Wirbelsäule sowie den Wechsel zwischen einer vertikalen Zentralachse und einer mehr kurvigen Linie. 

BECKEN: 
Im Sitzen heben Sie eine Seite Ihres Beckens ein klein wenig sanft weg vom Stuhl (oder vom Boden, falls Sie auf der Erde oder dem Teppich sitzen) und lassen Sie das wieder los. Sie können auch unter eine Beckenseite etwas unterlegen und dann wieder wegnehmen. Nehmen Sie die Bewegungen wahr und andere Körperempfindungen. – Pause – Nun heben Sie die andere Seite Ihres Beckens und lassen sie wieder herabsinken – beobachten sie Ihren gesamten Körper.

FÜßE:
In einer bequemen Lage oder anderen Haltung zappeln Sie mit den Füßen und machen weitere sanfte, wohlige Bewegungen, auch mit den Zehen. Dann bringen Sie die Füße sachte abwechselnd in die Positionen „flex“ (gebeugt, angewinkelt) und „gestreckt“.

BEINE: 
In Rückenlage drehen Sie langsam und wenig Ihre Beine nach innen (rollen) = aufeinander zu und spüren Sie dabei die Füße und die Hüftgelenke (Legen sie die Hände unterhalb des Nabels und neben dem Schambein, also in die Leisten = über den Hüftgelenken)

– ein BEIN: winkeln Sie ein Bein an und, indem Sie es im Bogen über außen bewegen, stellen Sie es auf. Das Gewicht des Beines spüren Sie nun auf Ihrer Fußsohle. Vielleicht können Sie dies auch mit Ihrem anderen Bein (versuchen). Stellen Sie beide Beine auf, falls Sie das können. Nun versuchen Sie, Ihren Körper, hauptsächlich das Becken, etwas von der Unterlage wegzudrücken, also anzuheben: dies kann gut geschehen, indem Sie die Beine/Füße oder 1 Fuß hinab zur Unterlage stoßen oder schieben. Schließlich bewegen Sie Becken und Beine wieder langsam zurück. Spüren Sie sich.

Nach mehreren Tagen des Probierens und Übens vergleichen Sie: Was hat sich verändert? 

Sie können diese Reihenfolge für ein paar Tage wählen. Dann können Sie die Reihenfolge umkehren. Das hat die Wirkung, dass mehr und mehr der gesamte Leib als Ganzheit gespürt wird, eben in seiner Vernetztheit. Leben spielt sich nach der Weise der Kybernetik ab. So werden auch viele Muskeln loslassen, wenn sie nicht gebraucht werden, und sie werden kräftiger für diejenigen Momente und Funktionen, wofür sie nötig sind. Dies gilt auch für den Atem, die Aktivität von Lunge, Bauch, Rippen, Nase…

Sie werden mehr und mehr fein differenzieren, wie sich die einzelnen Gelenke gegenseitig beeinflussen und helfen. (Kinästhesie)

Schließlich können Sie variieren mit verschiedenen Reihenfolgen; Ihrer Intuition und Ihrem Interesse folgen.


Ihre Eva Weißmann


Eva Weißmann ist Feldenkrais-Lehrerin, Choreographin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Während ihrer akademischen und pädagogischen Karriere hat sie sich bereits intensiv mit Bewegung befasst, seit 40 Jahren mit der Feldenkraismethode; ihre weitere Ausbildung absolvierte sie u.a. in der Tiefenpsychologie von Dr. Arnold Mindell. Sie gibt besonders gerne Feldenkrais-Einzelbehandlungen, unterrichtet aber auch Feldenkrais-Lektionen in der Gruppe, Meditation, Yoga, Tanz, Supervision und Fortbildungen. Sie hat mehrere Bücher geschrieben und Artikel, darunter „Feldenkrais für Menschen mit MS“.

Weitere Informationen zur Autorin:

Hier geht es zum Partnerinnen-Profil von Eva Weißmann bei der Akademie für menschliche Medizin >>


Haben Sie die ersten 4 Teile der kleinen Feldenkrais-Serie von Frau Weißmann verpasst oder möchten Sie die Serie vor oder nach dem Praktizieren obiger Übungen noch einmal lesen und spüren, was sich verändern darf und kann; wie Lernen zum Sein wird… dann freuen Sie sich sicher über diese praktische Link-Sammlung:

Die Feldenkrais-Methode – besonders für von MS Betroffene (Teil 1)

Die Feldenkrais-Methode bei MS – Teil 2: Was erlebt man während einer Feldenkrais-Stunde und was tun Praktizierende?

Die Feldenkrais-Methode besonders für MS-Betroffene (3): Multiple Sklerose und Gehen

Die Feldenkrais-Methode besonders für MS-Betroffene (4): Von der leiblichen Immunlage zur geistigen Heilkraft

In Teil 4 finden Sie auch weitere Literaturtipps.

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Die Feldenkrais-Methode besonders für MS-Betroffene (4): Von der leiblichen Immunlage zur geistigen Heilkraft

Gastartikel in mehreren Folgen von Eva Weißmann

Hinweis:
Die Feldenkrais-Methode ersetzt nicht die medizinische Versorgung und nicht eine sportliche Betätigung, welche in maßvoller Weise fast immer und fast für jeden sinnvoll ist.

Der letzte Abschnitt erklärt erstens die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge zwischen Nervensystem, Bewegungsapparat und Kinästhesie, Hormonsystem und Immunsystem. Materiell-körperlich betrachtet bauen darauf unsere Aussichten zu lernen und uns zu wandeln auf. Dies entspricht weitgehend der klassischen Medizin. Moshé Feldenkrais erforschte als Physiker die leiblich-geistige Einheit und stellte die recht schwer fassbare Bewusstheit oder „awareness“ als Essenz seines Konzeptes dar, weist uns gar auf „mindfulness“ hin. So reichte sein Denken weit über die auch heutige Hochschulmedizin hinaus. Die aktuelle Neurowissenschaft und besonders die Interpersonelle Neurobiologie (Siegel, Daniel und seine Forschungsgruppe – s. u.: Literatur ) umfassen mit ihrem Konzept auch die Interpersonalität, besonders die Kind-Eltern-Beziehungen. Sie rechnen damit, dass Bewusstsein nicht eingegrenzt werden kann auf Gehirn und Nervensystem, vielmehr ausgeweitet werden muss auf den Kosmos.

Zweitens schlage ich von da – auch über den Weg des ATEMS – einen großen Bogen zur multidimensionalen Regenbogenmedizin. Sie untersucht für Gesundheit und Krankheit nicht nur die übliche Realität, sondern auch die Ebene der Gefühle und die Ebene der sogenannten „etherischen“ Felder der Ewigkeit, der „etherischen Wellen im unsichtbaren Raum“. Darin eingebettet können wir an unserer Praxis für Gesundung üben, der „Kraft der Stille“ (Mindell, Dr. Arnold, The Quantum Mind and Healing. Hampton Roads 2004). 

Drittens gebe ich Beispiele, wie man auf der Basis neuer Paradigmen eine sehr umfassende Sicht des möglichen Lernens erkennt und dass ungewohnte Formen von Heilung und Dasein auch heute noch und wieder existieren. Diese Perspektiven sind: 

die Quantenphysik, 

Körper-Träume, 

Glauben und Religionen, auch solche früher und nicht-westlicher Kulturen.

Das Atmen als DAS Überspannende zwischen der Schöpfung und ihren Lebewesen setze ich an verschiedenen Stellen, oft auch mit der Bewegung verbunden, immer wieder ins Zentrum unserer gewohnten und der neuen Sicht von Lebendigkeit und Gesundheit. Der Atem wird in vielen Kulturen mit Lebenskraft gleichgesetzt, etwa als „Prana“, „Chi“. Auch im Blut erkenne ich einen hochwertigen Strom der Energie und Versorgung für alles Leben. Und wie für uns so ist für das Lebewesen Erde der nährende und reinigende Wasserkreislauf existenznotwendig.

Zusammenhänge erkennen

Wenn ich das Blut des Menschen ins Zentrum male (s. Schaubild „NERVENSYSTEM – BLUT – ATEM – IMMUNLAGE – HEILKRAFT“) und darum herum die Aufgaben, die Grundlagen und die Verbindungen zu den beteiligten Zellen und Geweben anordne, zeigt das drastisch, wie unbewältigte Belastungen, Verletzungen und das Mithalten in unserer Vollgas-Gesellschaft krank machen.

Deutlich dient das Lernen der Befreiung von diesem krankmachenden Stress der Gesundung von uns allen. Ein solches neuartiges Lernen und Umlernen ist nicht leicht, aber es gibt eine ganze Reihe von Ideen: Meditation, Übungen der Achtsamkeit, Feldenkrais, Tanzen, Entspannungsmethoden, Atemschulung, Wandern, liebevolle menschliche Kommunikation – ohne großen Wandel wird es nicht gehen. Hier spielen das Erlernen, selbst tätig zu werden, Verantwortung für Gesundheit und Leben zu übernehmen und die Eigenaktivität, diszipliniert praktisch zu üben, eine große Rolle. Deswegen integriere ich in meine kinästhetische Arbeit Lernaufgaben und Übungen für den Alltag von Schülern und Patientinnen und sogar von Tanzperformern und Zuschauerinnen. (s. www.wearewe.de/conflictuus.perfor(u)mtanz).  

Bewegung bringt die Flüssigkeiten im Körper ins Fließen. Wenn wir uns bewegen, arbeiten die Muskeln, das Blut fließt besser, ebenso die Lymphe, die Abfallstoffe zum Blut leitet; es bildet sich Gelenkflüssigkeit. Dies sind mehrere Flüssigkeitsströme in unserem Körper. Sie müssen Wasser aufnehmen, das Blut auch Sauerstoff und Nährstoffe. Und sie alle müssen wieder gereinigt werden, das Blut braucht die gründliche regelmäßige Blutmauserung dreimal jährlich, es versorgt jede Zelle. Auf dieser Basis bauen sich unsere Zellen um und neu auf, Tumorzellen und sämtliche Fremdzellen, Entzündungszellen, Antigen-Antikörper-Syndrome müssen aus dem Körper geschafft werden. Die sanft disziplinierte Einstellung zur Übung im ruhigen Atmen und Bewegen ist notwendig. Eine dauernde Überlastung aus unserem „Stress-leben“ bedeutet die ständige Ausschüttung von Cortisol und Adrenalin, überhaupt von Stresshormonen, die nicht mehr entsorgt werden können. Das führt dazu, dass durch solche Reize, Informationen, Schocks und Schübe nervlicher Erregungen im Zusammenwirken der Kaskade „ Sympathisches Nervensystem – Hypothalamus – Hypophyse – Nebennieren“ das Blut überläuft von Gift (s. Schaubild). Die Folgen sind eine Bedrohung für potentiell alle Organe, Systeme, Gewebe und Zellen, wiederum auch rückwirkend auf die Nervenzellen und ihre Leitungen, die Axone, die ja besonders gefährdet sind bei Multiple Sklerose. Interessant ist jedoch, dass auch viele alternden Menschen Schädigungen der Axone aufweisen, ohne krank zu werden!

Die Hypothalamus-Hypophyse-Verbindung gilt bei etlichen Forschern als Zentrum der Steuerung für den gesamten Organismus (Trampler, Kurt, Zielgerichtete Heilkraft. Origo-Verlag, Zürich 1967). Aus der Sicht des Yoga entspricht dieses Gebiet dem 6. Chakra, das uns hilft, sich dem eigenen Innenleben zuzuwenden (Grill, Heinz, Der freie Atem und der Lichtseelenprozess. Heinrich Schwab Verlag, Argenbühl 2017). Diese Zusammenhänge weisen auf Moshé Feldenkrais’ Anliegen hin, einen Weg zu menschengemäßer Bewusstheit und praktischer Umsetzung unseres Potentials zu weisen.

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Wie befreien wir uns nun vom Stress?

Wir sorgen für uns. Statt Opfer dieses Stresses zu bleiben und des Festhängens in der Entfremdung, können wir unser Leben lenken, eben aus unserem eigenen Antrieb heraus, in Entsprechung zur Funktion des 6. Lotuszentrums. Mit dieser Frage tangiert man die Interaktion zwischen Geist und Gehirn, zwischen der höheren Welt und der Materie. Sich spüren, inne halten, sich selbst beobachten, das Innenleben mit sinnvollen Inhalten nähren und pflegen, über den Sinn unseres Daseins nachzudenken, auch über den Tod, letztlich eine ehrfürchtige Haltung gegenüber dem Leben aller – wir brauchen Geduld, Zeit, Selbstmitleid, Liebe und Selbstliebe.

Im Atmen haben wir einerseits selbst die Möglichkeit, unsere seelische Verfassung und die Denkkapazität zu beeinflussen und zu Ruhe und Kraft zu gelangen. Im Atem erleben wir auch, dass das Leben uns atmet und wir dies zulassen können. Wir können den Atem geschehen lassen, er fließt auch ohne unsere Bemühung. Das Leben gibt uns dieses Geschenk, erlaubt uns, dem Tao oder Gottes Willen zu folgen. Wir können uns passiv und aktiv zum Atem verhalten, also den Atem auch gestalten, nach Möglichkeit trotz aller Bemühung in Ehrfurcht. Der gesunde Atem gibt dem Leib Schutz, wozu alle Organe gehören, jedes mit seinem Rhythmus, mit dem Bedarf an Bewegtwerden, Massage, Berührung, an Energie und Pausen.

Das Ausscheiden der Gifte, wie die abgewehrten Entzündungszellen, Medikamente, Chemie aus den Nahrungsmitteln, der Luft und des Wassers geschieht neben dem Atmen über die Haut, den Schweiß, aus den Därmen, aus der Blase. Ich meine, wir unterstützen dies auch in unseren künstlerischen Tätigkeiten und in spirituell nährendem Verhalten. Bei dieser Reinigung spielt der funktionelle Atem Tag für Tag, Sekunde für Sekunde die größte Rolle. Der berühmte lange Atem bewährt sich vor allem im Ausatmen, das die Lunge relativ weitgehend leert von alten Gasresten. Das Einatmen wird durch Nachgeben und Weiten des Brustkorbs, durch Loslassen des Bauch- und Beckenraumes, durch ein kräftiges Zwerchfell gefördert. Dabei sollten die Schulter-, Hals- und andere Hilfsmuskeln nur in Sonderfällen benutzt werden. Wichtig ist die stetig angepasste gesunde Mischung aus den drei Gasen Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxid.

Dafür kann die Feldenkrais-Methode eine wunderbare Lernhilfe sein, denn über das Spüren und ein nachhaltiges maßvolles Bewegen werden die heilsamen Atemfunktionen am besten zugelassen, gestärkt und in den Alltag eingefügt. Das Herz, der Blutkreislauf und das Gehirn profitieren hiervon, wobei letzteres besonders viel Sauerstoff benötigt. Diese Funktionen brauchen wir den gesamten Tag lang und jeden Tag, nicht nur einmal in der Woche während einer Stunde Joggen oder Physiotherapie.

Aktive Feldenkrais-Lektionen in der Gruppe und die Funktionale Integration der Einzelbehandlung verbessern den Atem zusammen mit der Bewegungskompetenz. Moshé Feldenkrais sagt in einem Interview: „… Ich wende mich dem betroffenen Bereich oder Gelenk des Körpers niemals direkt zu, bevor ich nicht eine Verbesserung in der Atmung und in der Beziehung zwischen Kopf und Nacken bewirkt habe …“ ( Feldenkrais, Moshé, Verkörperte Weisheit. Verlag Hans Huber, CH Bern 2013, S. 63) 

Methodenerweiterung

Man kann die wichtige naturwissenschaftliche Hochschulmedizin erweitern durch verschiedene naturheilkundliche Methoden, durch Eigenarbeit und die Praxis einer gesunden Lebensweise. Eine harmonisch-dynamische Mischung der drei Gase im Atmen trägt ferner zu der großen Leistung des Abbaus und neuen Aufbaus der individuellen Eiweißformen bei. Und dieser Vorgang wiederum steht in Verbindung mit Kräften des Geistes und des Willens. (Grill, Heinz, Der freie Atem und der Lichtseelenprozess. Heinrich Schwab Verlag, Argenbühl 2017, s. S. 30 ff.).

Im Blut brauchen wir einerseits einen gewissen Anteil an Blutzucker für unsere Energie, andrerseits darf es nicht zu Blutzuckerspitzen kommen, deren Konsequenzen Gärung ist und Gefahr für den Organismus bedeutet, z. B. krebserzeugend ist ( Dr. med Klaus Mohr. Bircher-Benner-Verlag, Friedrichsdorf, T. 1996 S. 88 ff.).

Das Immunsystem erhält viel Unterstützung durch den Atem und ist stark beeinflusst durch die Stoffe im Blut. Damit sind die Zusammenhänge gegeben zwischen den Organen der Immunität, also Leber, Darm, Milz, Thymus, Drüsen wie etwa die Mandeln, Appendix, Lymphe, Blut und Haut und natürlich auch Organen wie Herz, Lunge usw.

Im Knochenmark werden Lymphozyten gebildet, die im Blut ebenso wie die weißen Blutkörperchen Krankheitserreger abwehren. All diese Verbindungen zwischen den Flüssigkeitsströmen von Blut, Lymphe und Liquor des Craniosacralsystems, vom Atem und von immaterieller Energie sowie der Netzwerke von Nerven, Faszien und Ausschüttungen der chemischen Botenstoffe, Hormone, Neurotransmitter, und der Chemie in Gehirn und Drüsen machen es einleuchtend, welche unfassbare Zusammenarbeit hier am Werke ist. Und so sind der Atem und das Blut eine Basis unserer physiologischen Gesundheit und unseres Lebens. Eine Sepsis (Blutvergiftung) ist lebensbedrohlich. Von der geistigen Seite betrachtet sind tiefer Atem, Ruhe, Stille, „einfaches“ Da-Sein die Brücke zu Wahrnehmung, Selbstentwicklung, Bewusstheit und Glück.

Mit der Chemie, die im Übergang vom Hypothalamus zur Hypophyse produziert wird, haben wir eine weitere Brücke, nämlich zu unserer Haltung als Mensch im Kosmos, zu unseren Überzeugungen und dem Glauben. Damit komme ich zu Beispielen, wie Menschen in allen Zeiten für sich selbst und für andere Menschen Wandlungen und Heilungen erwirkten und in naturnahen Kulturen bzw. Kontexten auch heute noch bewirken:

α) Trampler: Kurt Trampler erforschte und praktizierte als Arzt Heilungen durch seine „zielgerichtete“ Arbeit. Er fragte, was Leben ist, und erkannte ein höheres Ordnungsprinzip. Der heilende Wirkfaktor liege nicht in den Fähigkeiten eines Menschen, sondern „alles Lebendige ist Teil eines höheren Ordnungsgefüges“. Er wies darauf hin, dass „bedeutende naturwissenschaftliche Forscher den Mut hatten, die Sackgasse des Materialismus zu verlassen“, und zitiert die letzten Worte einer Rede von Max Planck: „Das Erforschliche zu erforschen und das Unerforschliche ruhig zu verehren.“

Den unbekannten geistigen Wirkfaktor nannte der Biologe und Philosoph H. Driesch in Anlehnung an eine aristotelische Bezeichnung „Entelechie“. Weizsäcker übersetzte dieses gestaltende Prinzip des Lebendigen mit „Zielinnewohnen“. Trampler hat für seine Heilungen Mitempfinden eingesetzt und auch über große Entfernungen geheilt. (Trampler, Kurt, Zielgerichtete Heilkraft, Origo-Verlag, Zürich 1967) Es helfe seinen Patientinnen, ihre Willenskraft dem göttlichen Gesetz zu unterstellen, sich-eins-Fühlen mit dem Ganzen. „Könnte … nicht für viele ein Weg zur re-ligio sein?“ schreibt er am Ende seines Buches.

β) Jesus Christus beschrieb den Vorgang des Lebendigen mit den Worten : „Es ist der Geist, der Leben wirkt.“ Dies wird auch von Trampler zitiert.

γ) In einem Bericht von „Geographic International“ (Vance, Eric, Die Macht der Gedanken, National Geographic Dezember 2016) wird das Konzept des Glaubens in zwei sehr unterschiedlichen Kontexten erklärt: aus unserem konventionellen Konzept der westlichen Medizin und aus dem der geistigen und „himmlischen“ Kräfte sowie der Rolle der Erde. Ein Beispiel für letzteres ist die Zeremonie des Woodoo. Mircea Eliade beschreibt zahlreiches Wirken des Shamanentums. Das Beispiel aus unserem Kulturkreis sind die sorgfältigst aufwendig durchgeführten Operationen. Sie werden in dem Bericht von Vance als eine Art Inszenierung und, was das Beeindruckende und die Heilungstendenz dabei betrifft, ähnlich einem Schauspiel des Woodoo-Kultes beschrieben. Auch bei den Vorbereitungen des Doktors im weißen Kittel entstehe eine Umgebung, die den Patienten hilft, stabil an ihre Gesundung zu glauben. Und es wirkt. Ich selbst weiß durch PflegerInnen, wie Operationen, Eingriffe und Medikamente Vertrauen und Glauben bewirken und wie verheerend sie bei Skepsis und Hoffnungslosigkeit sein können.

δ) Clemens Kuby war durch einen Unfall querschnittsgelähmt, die Ärzte prophezeiten ihm, dass er sein Leben im Rollstuhl verbringen werde. In einem Vortrag in der Freiburger Universität in den 90erJahren erzählte er seine eindrucksvolle Geschichte, wie intensiv er sich gegen diese Perspektive wendete, seine Vergangenheit auf Disharmonisches durchkämmte, seine Visionen einer Wandlung und neuen Lebensgestaltung in die Tat umsetzte. Seine ungelösten Probleme löste er, für tiefere Formen des Glücks öffnete er sich und entwickelte einen stabilen Glauben an die Heilnatur und an Gott. Seinen langen Krankenhausaufenthalt nutzte er als „Dauermeditation“. Hinsichtlich des materiell-körperlichen Bereichs plädierte er für Bewegung, gesunde Atmung und heilsame Lebensmittel; darunter empfahl er enthusiastisch, genug Chlorophyll, also grüne Salat- und Gemüseblätter zu sich zu nehmen, da dies der Chemie unseres Blutes sehr ähnlich ist.

ε) Ein mir bekannter Bewegungslehrer erzählte von seinem Yogalehrer, der sich von MS mit sehr viel Disziplin und Einsatz befreite, konkret aus dem Rollstuhl herausarbeitete und nun Yoga für Menschen mit MS lehrt.

Eine Freundin teilte mir Ähnliches von einem Bekannten mit, und auch ich kenne Menschen, die sich selbst geholfen haben.

Schließlich: Ich habe mir selbst in meinem Leben fünfmal mit Geduld und Eigenarbeit und, so glaube ich, einem feinen Spüren geholfen, gesund zu werden und zu bleiben ohne die empfohlenen operativen Eingriffe oder andere Rezepte der Schulmedizin. Dabei arbeitete ich meist mit der Feldenkrais-Methode, mit natürlichen Heilmitteln und der Symptomarbeit von Mindell. Auch die meditative und die künstlerische Aktivität strahlen auf das Gemüt und das Innenleben Heilendes aus, helfen oft, gelassener und zuversichtlicher in die Zukunft blicken. Liebe schenken scheint heilend zu sein.

ω) Ω Das Omega, der Berg, das Umfassende der Lernwege, der Wandlung, Ganzwerdung und Heilung, darin sowohl die materiell-kausale Medizin als auch die Natur- und Seelenwege, ist die schon oben genannte „Regenbogenmedizin“ von Dr. Arnold Mindell, ein multidimensionaler Zugang. In seinem Überbau aller Möglichkeiten hebt sich besonders seine Arbeit an Symptomen, letalen Krankheiten, seine Arbeit mit Sterbenden und die mit menschlichen Konflikten heraus. Er erklärt, dass aus den unbeabsichtigten und eben störenden Signalen, darin besonders wirkungsvoll aus Körpersymptomen und Beziehungsproblemen, Hinweise zur individuellen Lebenskreation und zum wahren Selbst ergeben. Seine Methoden und Meta-Skills sind vielfältig und geschehen in enger kreativer Koaktivität mit seinen Klienten. Dafür werden feine und gründliche Wahrnehmung in allen Ausdruckskanälen gebraucht, dem Spüren, dem Hören, dem Sehen, in sämtlichem Körperausdruck, auch in spiritueller Intuition. Die Zugänge werden dann vielfältig gewählt: schulmedizinisch, beratend, bewegungsorientiert, tiefenpsychologisch, geistig u. v. m. Die Signale der Krankheiten und Beschwerden oder auch kleine Hinweise werden künstlerisch, d. h. mit viel Phantasie amplifiziert, ihre Kraft, Richtung und Essenz wird in Bildern ausgedrückt, in Klängen, mit dem Körper, mit Gesten, in Bewegung, Geschichten, als Erinnerung oder als religiöse Vision. Aus dieser Ent-Faltung erhält der Patient und ebenfalls jede Übende Botschaften zur Reifung. Die mutige Überschreitung unserer Grenzen im Sinne der Befreiung aus veralteten Auffassungen und eines neuen aktiven Handelns und Seins heben uns heraus aus unserer engen Identität. Sie öffnen das Tor zu zukünftigen Fähigkeiten und im Leben zu Sinn und Freude. Hier haben wir die Parallele zu dem, was uns Moshé Feldenkrais aus tiefstem Herzen anbieten und wozu er auffordern wollte:

das Potential entfalten, festgefahrene Gewohnheiten und Haltungen loslassen: eine Verwandlung zu mehr Ganzheit.

Wenn man mich nun fragt, was ich einer Schülerin der Feldenkrais-Methode empfehle oder was ich einem Patienten „rezeptiere“, so sind es die eigene Initiative, das aktive Bewegen UND Spüren, die Disziplin an jedem Tag, die wahrhaftige Lebendigkeit. Nur aus der eigenen Einstellung des Klienten heraus folgen Wirkungen oder auch nicht. Die ersten kleinen Erfolge machen uns zufriedener, hoffnungsfroh und weiterhin eigentätig. Und die Bewegung selbst schenkt Freude und Ruhe.

Dies ist der Glaube an die in uns wohnende Heilkraft des Kosmos. Es geht es nicht um Überanstrengung oder Zwang, sondern um eine meditative liebevolle Praxis des Menschen auf unserem Planeten. Das Lernen wird zum Sein, zum Selbst-Sein. Jede Minute ist Lebendigkeit. Nicht umsonst sah Albert Schweizer den höchsten Wert und Rang der Ethik in der Würde des Lebens.


Ihre Eva Weißmann

Im letzten Teil der kleinen Feldenkrais-Serie von Frau Weißmann wird sie Ihnen praktische Feldenkrais-Übungen für von MS Betroffene und jedermann/jederfrau vorstellen, die Sie unabhängig vom Schweregrad einer Multiplen Sklerose selbst durchführen können. Vielleicht möchten Sie die Serie danach noch einmal lesen und spüren, was sich verändern darf und kann; wie Lernen zum Sein wird…

Seien Sie in diesem Sinne neugierig auf die nächste Feldenkrais-Folge hier in diesem Kanal!

Bisher erschienen:

Die Feldenkrais-Methode – besonders für von MS Betroffene (Teil 1)

Die Feldenkrais-Methode bei MS – Teil 2: Was erlebt man während einer Feldenkrais-Stunde und was tun Praktizierende?

Die Feldenkrais-Methode besonders für MS-Betroffene (3): Multiple Sklerose und Gehen


Eva Weißmann ist Feldenkrais-Lehrerin, Choreographin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Während ihrer akademischen und pädagogischen Karriere hat sie sich bereits intensiv mit Bewegung befasst, seit 40 Jahren mit der Feldenkraismethode; ihre weitere Ausbildung absolvierte sie u.a. in der Tiefenpsychologie von Dr. Arnold Mindell. Sie gibt besonders gerne Feldenkrais-Einzelbehandlungen, unterrichtet aber auch Feldenkrais-Lektionen in der Gruppe, Meditation, Yoga, Tanz, Supervision und Fortbildungen. Sie hat mehrere Bücher geschrieben und Artikel, darunter „Feldenkrais für Menschen mit MS“.

Weitere Informationen zur Autorin:

Hier geht es zum Partnerinnen-Profil von Eva Weißmann bei der Akademie für menschliche Medizin…


Literatur:

Feldenkrais, Moshé, Abenteuer im Dschungel des Gehirns. Der Fall Doris. Insel Verlag, Tel Aviv 1977

Feldenkrais, Moshé, Verkörperte Weisheit. Verlag Hans Huber, CH Bern 2013

Feldenkrais, Moshé, Bewußtheit durch Bewegung. Der aufrechte Gang. Suhrkamp Taschenbuch 1981

Feldenkrais, Moshé, Higher Judo. Groundwork. BLUE SNAKE BOOKS. CA Berkeley, 1952

Grill, Heinz, Der freie Atem und der Lichtseelenprozess. Heinrich Schwab Verlag, Argenbühl 2017

Hatch, F., Maietta, L., Kinaesthetics, Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten. Urban Fischer, München 2003 

Hatch, F., Maietta, L., Kinaesthetics Infant Handling. Hans Huber, Bern 2004

Mindell, Dr. Arnold, The Quantum Mind and Healing. Hampton Roads, Charlottesville VA 2004

Mohr, Klaus, Bircher-Benner-Verlag, Friedrichsdorf 1996 

Reese, Mark, Moshé Feldenkrais. A Life in Movement. ReeseKress Somatics Press, San Rafael CA 2015

Siegel, Daniel, Pocket Guide to Interpersonal Neurobiology. Mind your Brain. W.W. Norton &Company, New York

Skuban, Ralph, ATEM. O. W. Barth Verlag, München 2022

Trampler, Kurt, Zielgerichtete Heilkraft. Origo-Verlag, Zürich 1967 

Vance, Eric, Die Macht der Gedanken. National Geographic Dezember 2016

Weißmann, Eva, TanzTheaterTherapie. Ernst Reinhardt Verlag, München 1999

Weißmann, Eva, Lernen im Gleichgewicht. Brandes & Apsel, Frankfurt 2016

Zu Forschungsstudien und wissenschaftlichen Belegen:

Bost, H., Burges, S., Russell, R., Rüttinger, H. & Schläfke, U., Feldstudie zur Wirksamkeit der Feldenkrais-Methode bei MS-Betroffenen. Hrsg. von der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft, Landesverband Saar e. V., Saarbrücken: Reha-GmbH

Klinkenberg, Norbert, Feldenkrais-Pädagogik und Körperverhaltenstherapie. pfeiffer bei Klett-Cotta, Stuttgart 2000, Ss. 199 f. und die Kapitel 2 und 6

Rywerant, Yochanan, Schädigungen des ZNS, Abschnitt 58 Ss. 94ff. in: Rywerant, Y., Grundlagen der beruflichen Feldenkrais Arbeit. Verlag von Loeper, Karlsruhe 2004     

Shelhav-Silberbusch, Chava. Bewegung und Lernen. verlag modernes lernen, Dortmund 1999

Wittels, M., Die Feldenkrais-Methode in der Schmerztherapie, in: Bernatzky, Günther u. a.. Nichtmedikamentöse Schmerztherapie. Komplementäre Methoden in der Praxis. Springer-Verlag, Wien 2007

© Schaubild: Eva Weißmann


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Die Feldenkrais-Methode besonders für MS-Betroffene (3): Multiple Sklerose und Gehen

Gastartikel in mehreren Folgen von Eva Weißmann

Hinweis:
Die Feldenkrais-Methode ersetzt nicht die medizinische Versorgung und nicht eine sportliche Betätigung, welche in maßvoller Weise fast immer und fast für jeden sinnvoll ist.

Es folgt eine Erklärung, was zur Funktion des aufrechten Gehens gehört, weiter das Beispiel einer Unterrichtslektion, hier der Behandlung mittels Berührung und Bewegt-werden, also welche Fähigkeiten Menschen mit MS konkret für ihr Gehen, ihren Alltag und ihr Leben gewinnen, gegliedert in:

  1. Die Kunst des Gehens
  2. hold less, balance more – Erdkontakt und Fallen 
  3. Eine Feldenkrais-Behandlung für das Gehen bei MS – der Tanz zu zweit
  4. Stürzen, Aufstehen, die Aufrichtung und die notwendige Unterstützungsfläche
  5. Arbeitsweise im Rollstuhl, Arbeitsweise am Rollator, im Wasser und für weitere Funktionen der Gewichtsverlagerung wie Transfers, stehend sich Beugen, Drehen, weit Ausholen, Auto fahren, ein Musikinstrument spielen u.s.w.

1. Die Kunst des Gehens

Der menschliche Gang ist eine Kunst, die verlangt, dass feine und komplexe Gewichtsverlagerungen über den gesamten Körper kontrolliert werden. In Lernprozessen der Kindheit und in Neuanfängen oder Heilungsprozessen sollten sie auch in Ruhe gespürt werden. Mit unserem Bewegungssinn geschieht dieses Erlernen oder erneute Lernen des Gehens mit gezielter Aufmerksamkeit und wird dann zum automatischen Reagieren und gewohnten Gang. Die beteiligten Gehirnareale und Nerven kommunizieren in Regelkreisen sowohl innerhalb des Individuums als auch zur Umgebung und hin zum Lehrer/zur Lehrerin. Damit verbunden sind eine ausreichende Erdung und der dynamische Kontakt zwischen Füßen und Boden. Daraus folgen die Zentrierung und das Pendeln um die Zentralachse und die gesunde schlängelnde Gestalt der Wirbelsäule, ihre Dynamik und Aufrichtung.

Der Wunsch derer, die unter Multiple Sklerose leiden, ist verständlicherweise sehr groß, ihr Gehen zu erhalten oder zu erleichtern. Aus den Erläuterungen der Zusammenhänge zwischen Gelenkführung und Nervensystem und der Verbindung der Körperteile untereinander geht hervor, dass die Hilfe aus der Feldenkrais-Methode sowohl auf jedes noch so kleine Gebiet des Bewegungssystems als auch auf die Einheit des Körpers zielt. Folglich übe ich mit meinen Schülerinnen und Schülern direkt am Gehen und ebenso in anderen Positionen an der Beweglichkeit der Wirbelsäule, an der Durchlässigkeit von Brustkorbs und Hals, am flexiblen Tragen des Kopfes und an der Kompetenz von Füßen und Becken, die das Gewicht tragen UND es in vielerlei Richtungen und Konfigurationen verschieben, ziehen, heben, setzen usw. So sind auch alle Arten von Drücken, Ziehen, das Transferieren der Übenden zwischen Stuhl und Boden oder Stuhl und Bett sowie jegliche Aufmerksamkeit auf die Beziehungen zwischen dem Atemvorgang, dem Zwerchfellmuskel und den Wirbelbewegungen ein Übungsfeld, das die Funktionen für das Gehen unterstützt und erweitert. Indem die Patientin/der Patient neugierig das Tun MIT-SPÜRT, etablieren sich immer mehr Schaltkreise im Nervensystem und Bewegungsmuster, also die Fähigkeiten, die Aufgaben des alltäglichen Gehens bei vielerlei Umgebungen und Bodenuntergrund anzupacken und damit Chancen der Bewältigung, Erfolge und Sicherheit

Beispiele für solches Erkunden und Wahrnehmen sind Treppen, schräge Ebenen, verschieden hohe Stufen, niedrige und höhere Hocker, zu denen man sich auch hinwenden, also drehen kann und sollte. Beispiele sind das vielfältige Bewegen der Fußgelenke und das Abrollen einer oder beider Fußsohlen von den Zehen bis zur Ferse und umgekehrt, ebenso zwischen den Innen- und Außenkanten, und weitere Beispiele sind das Erforschen aller Beingelenke. Wenn Übende interessiert sind, zu fragen und die Fähigkeiten des Körpers zu erkunden, etwa des Beckens, welche Richtungen des Kippens und Drehens hier möglich sind, so ist dies eine wunderbare Vorbereitung, ein leichteres Gehen zu lernen. Auch die Aufmerksamkeit auf Taille und Hals, die zwei besonders beweglichen Zwischenräume, fördert den Balanceakt, besonders dann, wenn eine Körperseite oder ein Bein behindert ist. 

2. hold less, balance more – Erdkontakt und Fallen

John Graham, auf Basis seiner Feldenkrais- und Ballettkarriere, rief immer wieder in unsere Ausbildungsstunden hinein: „hold less, balance more“. Ein ebenso hilfreicher Satz war: „Lasst den Atem euch atmen“. Wir sehen hier das Tänzerische und die Öffnung für Selbstwahrnehmung. Und beide Aufforderungen betonen den heilsamen Zusammenhang des Bewegungsapparates und der Luft- und Blutversorgung durch eine harmonische Balance zwischen Bemühung und geschehen lassen. In der Praxis mit meinen Einzelpatienten sowie in Kursen und Fortbildungen bringe ich oft die Feldenkrais-Methode, Gentle Dance und die Kinästhetik zusammen. Wir erleben im leiblich-kindlichen Erforschen erstaunliche Lernergebnisse für das Gehen und das Alltagsleben. 

Im folgenden werde ich als Beispiel eine von vielen möglichen „FIs“ (Funktionale Integration) für den menschlichen Gang und also Lernvorgänge im Liegen und im beeinträchtigten Gehen konstruieren und beschreiben. Sie möge vor allem Übenden eine Anschauung davon geben, was sie erwarten können von einer solchen Behandlung, währenddessen und danach. Auf der Liege fühlen wir uns sicherer, liegend können wir das Gewicht auf eine große Fläche abgeben, wir können nicht fallen, und daher lassen wir leichter los. In vielen Methoden wird das Üben im Liegen praktiziert und danach das Gelernte auf den aufrechten Gang oder die Alltagsbewegungen, den Tanz oder die Yoga-Asanas usw. übertragen. Auch dann noch ist „der aufrechte Gang“ (Feldenkrais, Moshé, Bewußtheit durch Bewegung. Der aufrechte Gang. Suhrkamp Taschenbuch 1981) eine große Kunst. Daher sollten wir das Fallen, etwa des vorschwingenden Beines beim Gehen, als Baby das Hinfallen beim Laufenlernen, als Tänzer das Stehen und Drehen auf einem Bein und das choreografisch verlangte tänzerische Fallen sorgfältig erforschen.

Im Verlaufe der Erkrankung an MS entwickelt es sich öfter, dass die Fähigkeit des symmetrischen Ganges abnimmt: Neben anderen Schwierigkeiten kann es sein , dass ein Bein nicht mehr so gut  zu kontrollieren ist. Die Gleichmäßigkeit des Schwingens rund um die Zentralachse im Zusammenspiel mit dem symmetrischen Schreiten beider Beine geht verloren oder wird geringer. Deutlich möchte ich darauf hinweisen, dass die Probleme oder Defizite sehr schwanken können, je nach Tageszeiten, Stimmungen, verschieden  stressigen oder beglückenden Umgebungen, je nach Zuversicht oder Deprimiertheit.

Zum Erleben des Gehens bei der Beeinträchtigung:
Wenn das Abstoßen der Beine von hinten, das Heben und Vorschwingen nicht mehr in gleicher Weise rechts und links gelingt, sind auch die beiden Körperseiten davon beeinflusst. Auf der Seite des schwerer kontrollierbaren Beines kommt es zu einer Kontraktion zwischen Becken und Brustkorb. Dies wirkt wiederum zurück auf die Beinbewegungen, die Bewegungen des Beckens und damit auf den gesamten Körper. Die größte Gelenkbewegung bei einem menschlichen Schritt geschieht an der „Nahtstelle“ zwischen Torso und Bein, dem Hüftgelenk. 
Wenn man also ein Bein bzw. das Hüftgelenk – manchmal das Knie- oder das Fußgelenk oder diese zusätzlich – nicht in aktiver Bewegung leiten kann, also die Faltung oder Biegung durchführen, liegt es nahe, das Becken zu benutzen, als Helfer oder Ersatz für das Heben des Beines oder Fußes. Der Klient hebt und dreht für den Schritt also die Beckenseite des betroffenen Beines einseitig und stärker als üblich im Gehen und führt zusammen mit dem Bein diese Beckenhälfte (Ilium) nach vorne. So kann der Fuß vorne aufsetzen. Oft ist auch das Flexen des Fußes schwierig oder unmöglich. Dieser neue Balanceakt ist natürlich ein ganz anderer als der gleichseitige. Die Klientin/der Klient gewöhnt sich an eine starke und strukturverändernde Kontraktion auf der Seite des betroffenen Beines und die beiden Seiten werden dauerhaft unterschiedlich gebraucht. 

Die Lösung, auf diese Weise das Becken einzusetzen, ist prima, nur ergeben sich aus der Dauer- und Gewöhnungsanstrengung neue Probleme für den Bewegungsapparat, wenn man nicht regelmäßig am Ausgleich arbeitet, und oft auch Spannungen, die den gesamten Menschen in seiner Beweglichkeit einschränken, leider auch Schmerzen verursachen können.
Nehmen wir an, das rechte Bein ist behindert, dann bewegt er also seine rechte Taillenseite und Flanke aktiv mit sehr viel mehr Muskelkraft als die linke. Links wiederum führt dies zu einer veränderten Aufnahme des Gewichtes auf dem Fuß im Vergleich zur symmetrischen Bewegung. 
Folglich werden Gelenke und Muskeln: das Sacrum, das Iliosacralgelenk, die Lendenwirbel mit den Beckenmuskeln, dies ganze Gebiet mit Quadratus, Psoas, Iliaci, Transversi… gegen die Schwerkraft auf der rechten Seite für einen Schritt in anderer Weise gebraucht als auf der linken Seite. Das heißt für den Schritt mit rechts gewöhnt sich die Klientin/der Klient an eine überstarke Anstrengung für das Zusammenziehen in der Taille und Drehen des Beckens. Und links entsteht eine veränderte Kraftanstrengung beim Strecken des Beines, das das Gewicht des gesamten Körpers logischerweise mehr und länger tragen muss. Diese Kreation ist eine gute Anpassungsidee. Wenn nun ein so erfinderischer und gewandter Mensch spürt mit Bewusstheit, was er dabei tut und sein kinästhetisches Sinnesorgan schult zur globaleren Wahrnehmung seines Körpers, dann kann er ausgleichende Bewegungen für seinen gesamten Körper finden, d. i. die linke Seite entsprechend trainieren im Zusammenziehen und den beiden Seiten genügend Loslassen gewähren.

Eine solche Selbst-Schulung und die Unterstützung durch Feldenkrais-Practitioner hilft zu mehr Bewegungskompetenz. Dadurch vermeiden wir, dass die einseitige Kontraktion zur festen Struktur wird, also zu einem dauerhaftem Schiefstand von Becken und Torso, Wirbelsäule, Hals und Kopf. Dies beeinträchtigt auch die sonstigen Alltagsbewegungen, das Sitzen, Waschen, Anziehen, oder auch nur das Stehen, das Schreiben, sich beugen. Die Durchlässigkeit des Halses ist für die Nervenbahnen, das Blut, den Atem, die Ernährung und Fasziengewebe existentiell notwendig. Interessierte Übende können konkret die entsprechenden Hebungen, Kontraktionen und eben auch Längungen (das Strecken) auf der anderen Seite und ihre eigene Weise der Selbsterziehung praktizieren. Wir alle balancieren uns ja nicht nur bei relativer Stabilität und Symmetrie aus, sondern erst recht, wenn das Gewicht auf eine Seite schwankt oder sich schwerer zur Seite neigt, also stärker von der Erdanziehung betroffen ist. Auch in Ballspielen, Klettern und Tanz erlebt man dies immer wieder als große Aufgabe. 

Wir sollten für solches Lernen nicht streng mit uns umgehen, nichts erzwingen, sondern die guten Resultate von lockerer Disziplin genießen. In der Feldenkrais-Methode oder in einer Tanztherapie wachsen wir mental und emotional, wir verbessern unser Selbstbild und Leben. Die Minderung oder das Bewältigen von körperlichem und seelischem Stress kommt dem Nervensystem und den Immunitätsorganen zugute.

3. Eine Feldenkrais-Behandlung für das Gehen bei MS – der Tanz zu zweit

Es ist leicht, auf der Feldenkrais-Liege die lösenden angenehmen Funktionen des Gehens durch die berührenden Hände des Feldenkrais-Behandlers zu erfahren. Dabei kann der Zwischenraum zwischen Becken und Brustkorb auf der linken und auf der rechten Seite loslassen, und ein freieres Atmen kann gespürt werden, Voraussetzungen für gute Balance und leichteres Gehen. Sicherlich werden erfahrene Feldenkraislehrende mit gezielten Berührungen die Schülerin/den Schüler darin unterstützen, immer differenzierter zu fühlen und neue Muster aufzunehmen. Zunächst können Lehrende die Klienten etwa beidseitige und symmetrische Bewegungen in Rückenlage erfahren lassen. Sie ermuntern, „passiv “ zu sein im Sinne eines Sich-Spürens, die Behandlung im Liegen zu genießen, im Anschluss an die Behandlung die neuen Erlebnisse beim Aufstehen und Gehen zu beobachten und Stunden und Tage später zu erinnern.

Effizientes Lernen entsteht nach Moshé Feldenkrais (er lebte von 1904 bis 1984) mit Neugier, in unangestrengter, unangespannter und angenehmer Atmosphäre. Dies haben die moderne Neurowissenschaft und die heutigen technischen Studien sichtbar und beweisbar gemacht. Die Disziplin dabei ist eine gewisse Regelmäßigkeit beim Erwerb des differenzierteren Körpergefühls und bei der Hinwendung zu eigenständigem Reifen.

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Man kann die Übenden auf der Liege zum Vergleichen sowohl die neuen als auch die alten ! Funktionen von Bewegungen erleben lassen, etwa die entstandene Symmetrie und vorher die Einseitigkeit, ein Loslassen der rechten Körperseite, besonders der Taille aus der gewohnten Dauerkontraktion, und wie ein vom Practitioner bewirkter Druck auf die Fußsohlen rechts und links zunächst unterschiedlich gespürt wurden und dann eine Angleichung erreicht wurde.
Practitioner können mit einer kleinen Verstärkung von Druck oder Zug und einer Erweiterung des Körperareals die gewonnene Bewegungsfreiheit bekräftigen, sei dies durch ihre Hände, ihren Körper oder manchmal sogar durch ein paar nette Worte der Freude, Überraschung, des Lobes UND auch durch Fragen und Hinweise zum neuen Bewegungserleben. Vor allem werden Feldenkrais-Lehrerende selbst sehr genau auf den Atem achten und für mehr Flexibilität von Zwerchfell und Wirbelsäule, mehr Weitung von Brustkorb und Weichheit des Bauches, für die Verringerung der Spannung gewisser Zwischenrippenmuskeln sorgen. 

Die Seitenlage bietet sich besonders an, wenn eine Körperseite überbeansprucht ist, in unserem Beispiel die Seitenlage auf links, da Practitioner dann bequem an der nach oben gewandten rechten Seite arbeiten können. Das schließt gar nicht eine erstmalige Arbeit sogar zunächst links aus! Die/der Lehrende wird auch am Schultergebiet, an Rippen, am Zwischenraum zwischen Brustkorb und Becken, an der Bein-Becken-Beziehung so arbeiten, dass hier die Funktionen von Kontrahieren, Loslassen, Dehnen und Strecken klarer werden. Der Patient/die Patientin erhält z.B. Aufforderungen, seine aufliegende (linke) Körperseite auf der Unterlage zu spüren, wie diese auf die Behandlung reagiert und mit der oberen Körperseite korrespondiert. Das intensive Erleben der beiden Körperseiten zusammen mit den neugewonnenen Fähigkeiten wird gefestigt durch ein passendes Berühren in Bauchlage, in Sitzhaltung und schließlich im Stehen, möglichst auch im Gehen. All dies braucht vermutlich mehrere Sitzungen. Es zeigen sich meist etliche ungekannte Gefühle: mehr Platz im Zwischenraum zwischen Becken und Brustkorb, „ich kriege mehr Luft“, die Übenden fühlen sich länger…

Zu anderer Zeit wird man auch die winzigen Wirbelbewegungen mit sachtem Schieben in Bauchlage oder Seitenlage erleben lassen. Dies ist nicht nur wohltuend während der FI, sondern sehr zentral für die Kompetenz des Balancierens, die fast alle Gelenke des Körpers einbezieht, vor allem aber die häufig vernachlässigte Wirbelsäule. In der Zukunft dient dies im weitesten Sinne einer Erweiterung der Selbstwahrnehmung und einer Steigerung des Realitätssinnes. Für ihre Bewegungskompetenz, also für das je erforderliche neue Lernen bei  momentanen oder frischen Schwierigkeiten, sollten Menschen mit MS – und nicht nur diese – immer wieder alltägliche Bewegungen langsam ausführen und genau beobachten.

4. Stürzen, Aufstehen, die Aufrichtung und die notwendige Unterstützungsfläche

 Balancieren, das Gewicht verlagern sind die ganz gewöhnlichen Begleiterscheinungen, wenn wir uns bewegen. Fallen kennen wir vom Kind, das Laufen lernt, und auch bereits wenn das Baby beim Rollen zur Seite fällt. Stürzen unterscheiden wir „Kinästhetikerinnen“ vom Fallen. Es gibt nicht nur ganze Tanzstile, die auf dem Fallen aufbauen und Tanzphrasen mit fallenden Gliedern, sondern auch der durchschnittliche Mensch kann lernen, sich beim Fallen gut aufzufangen, sich funktional, also der Aufgabe entsprechend zu bewegen. Auch dies ist eine Definition von „Bewegungskompetenz„, die die Kinästhetik als Weiterentwicklung aus der Feldenkrais-Methode heraus betont. Gerade beim Fallen, und eben nicht Stürzen (aber selbst da!) braucht es keine Kraft, hilft kein Wille, keine Schweiß treibende Anstrengung, sondern gerade das von den gelehrsamen Nerven erwirkte gezielte Loslassen von Teilen des Körpers. Etliche Muskeln müssen also entspannen, während andere arbeiten, was bei gesunder Bewegtheit die Regel ist. Dadurch, und nicht durch viel praktiziertes zu hartes Training, bleibt all unser Gewebe elastisch und wird nicht spröde, hart oder schmerzt und erlahmt.

In der Feldenkrais-Methode üben wir sozusagen im voraus, was unser Gehirn und Körper beim Fallen, also auch bei jedem Schritt, nämlich beim „Fallen“ eines Beines und eines Teils des Torsos einleiten soll. Das enorm intelligente Nervensystem inklusive Gehirn kann dies leicht bieten. Beim Stürzen, bei dem wir ja an die Unfallgefahr denken, wobei es glücklicherweise sehr oft noch gut ausgeht, wirkt die Schwerkraft bereits heftiger, unser Körper stößt oder knallt auf den Boden, wobei wir auch da oft mit den Händen und Armen agieren und uns auffangen, Gesicht und Kopf schützend.

Arten zu fallen gehören also auch zum Alltag, Stürzen wollen wir vermeiden. Angenommen, man ist gestürzt und liegt auf dem Boden. Stehen sie weder schnell auf noch lassen Sie sich schnell wieder ins Stehen bringen, selbst wenn Sie gegen lieb gemeinte Hilfe protestieren müssen. Bevor Sie aufstehen, bewegen und spüren Sie zuerst Ihre Gelenke achtsam durch. „Fischen“ sie dann nach mehr oder weniger höheren und festen Objekten wie Hocker, Bücher, Kissen, Teppich, zusammengefaltete Kleidung, Tasche, Stuhl, auch nach der stabilen Schulter einer Helferin. Ausgestreckte Arme oder Hände geben keinen sicheren Halt. Die Unterstützungsflächen sind Ihre Aufsteh-Hilfen und vielfach besser als Ihre Muskelarbeit etwa der Oberschenkel beim „Senkrecht-Start“, der noch dazu die Knie überanstrengt und schädigt. Ferner drehen und wenden Sie sich in die Aufrichtung hinein; das frontale parallele Hochkommen braucht zu viel Muskelkraft, gar nach einem Schock oder Stoß.

Wie übt man nun Fallen und Sich-Auffangen vor dem Ernstfall? 
Wir üben nicht diese Bewegungen ein, sondern wir schulen unser Nervensystem mit möglichst vielen Optionen, also konkreten Positionen und Aufgaben. Daher arbeiten wir langsam während der Lernprozesse und benutzen unsere Wahrnehmung mit der Wirkung, dass die Komplexität des Nervensystems erweitert wird. Neue Schaltkreise formen sich, es bilden sich neue Nerven; sogar neue Gene können in starken Veränderungsprozessen entstehen. Sie erleben nicht nur wie angenehm, sondern auch wie frei Sie in der Wahl Ihrer Handlungen werden durch eine disziplinierte Arbeit an Ihrer Bewegungswahrnehmung, alleine und mit Lehrer/Lehrerin.
Ich empfehle ein lebenslanges Dranbleiben und die Regelmäßigkeit; wir Menschen sind gebaut für ständige Bewegung: Laufen, Gehen, Gewichtsverlagerung; nicht für Sitzen! Nicht nur die kinästhetische Erlebnis-Wissenschaft, sondern auch die Praxis ist weniger durch ihre Theorie als viel mehr durch die Erfahrungen überzeugend; unter anderem auch, weil es für die hochschulgemäße Forschung zusammen mit Lehrenden und mit dem Verband der Feldenkraisberufe an Geld fehlt und aussagekräftige Studien Jahre benötigen. Das ist schade, denn viele Menschen könnten hiervon Lebensqualität gewinnen (zur Kinästhetik s. auch Kapitel 8: Kinästhetische Intelligenz in Weißmann, Eva, Lernen im Gleichgewicht. Brandes & Apsel, Frankfurt 2016).

5. Arbeitsweise im Rollstuhl, Arbeitsweise am Rollator, im Wasser und für weitere Funktionen der Gewichtsverlagerung wie Transfers, stehend sich Beugen, Drehen, weit Ausholen, Auto fahren, ein Musikinstrument spielen u.s.w.

Ich habe nicht nur mit den üblichen Feldenkrais-Gruppen und Einzelpatientinnen/-patienten gearbeitet, sondern auch in Krankenhäusern, Geburtshäusern, in Pflegeheimen und für besondere Lernaufgaben alltäglicher, sportlicher und künstlerischer Aufgaben. Da das Gehen eine extrem menschengemäße und bedeutende Funktion ist, bildet es zunächst einmal die Basis für unser Leben. Erst wenn dies nicht mehr (so leicht) möglich ist, wird es durch andere Potentiale ergänzt oder ersetzt. Erfahrungen mit den verschiedensten Klientinnen/Klienten, bewegungsbeeinträchtigten Menschen, mit (auch spastisch) gelähmten Menschen, mit Menschen nach Unfällen, mit Bettlägrigen, mit Sterbenden, mit Koma-Patientinnen/-patienten, mit alten und geschwächten Menschen, mit Menschen mit Demenz, mit Säuglingen, Kleinkindern und zusammen mit deren Müttern und Vätern, also auch mit Menschen, die Worte nicht verstehen, unter der Geburt … machen diese Arbeit sinnvoll, freudvoll und notwendig.

Sehr gut erinnere ich mich an mehrere Patientinnen/Patienten, die ich auch begleitete, bevor sie einen Rollstuhl benötigten und ebenfalls später, als ich sie anleitete für eine angenehmere Weise des Hinüberbewegens vom Rollstuhl über das Sitzen hin zum Bett, über ein Gleiten in Seitenlage und zu Drehungen in die Rückenlage … Manchmal entfaltet sich dies wie ein Tanz; man probiert auch individuell. Ein junger Patient liebte das Tanzen liegend im Bett. Eine Patientin liebte es besonders, wenn wir einen Dialog, sitzend auf den Stühlen, mit unseren Gesten, Bewegungen, der Mimik und auch Lauten führten. Eines Tages wollte sie schwimmen gehen; ich organisierte es, wir erlebten miteinander ihr freudiges Schwimmen auf dem Wasser und natürlich das schöne Getragen-sein. Ich trug ihren Kopf und teilweise den Oberkörper, während ich im niedrigen Wasser ging. 

Von meinem großartigen Ausbilder Yochanan Rywerand und von dem Musiker Alan Fraser lernte ich, wie man Behinderte und Musiker mit Feldenkrais-Behandlungen im Alltag und sogar am Instrument durch Berührung unterrichtet. Als Tänzerin und durch Moshés Beschreibungen sowie die Kinästhetikforscher Lenny Maietta und Frank Hatch war ich in der glücklichen Situation, Kinästhetik mit Tanz zusammen zu lernen und mit Patienten und Patientinnen kinästhetisch zu tanzen. Ich konnte sie sowohl im Rollstuhl als auch mit Rollator unterrichten und behandeln.

Für die Benutzung eines Rollators sollte man sich klar machen, dass man das Gewicht nicht zu lange auf „alle Viere“, eben auch auf Hände und Rollator stützt, sich so oft wie möglich aufrichtet, die lotrechte Achse der Wirbelsäule berücksichtigt und damit – auch bei Krankheit und im Alter – die menschengemäße Zentrierung und Haltung (alignment) einnimmt. Denn sonst werden Rundrücken und der für den Menschen unpassende Umgang mit der Erdanziehung weitere Probleme nach sich ziehen. Vielfältige Bewegungen der Wirbelsäule, Aufrichtung und Schwingen um die Vertikale helfen dem körperlichen Gleichgewicht und der seelischen Harmonie.


Ihre Eva Weißmann

Seien Sie in diesem Sinne neugierig auf die nächsten Feldenkrais-Folgen von Eva Weißmann hier in diesem Kanal!

Bisher erschienen:

Die Feldenkrais-Methode – besonders für von MS Betroffene (Teil 1)

Die Feldenkrais-Methode bei MS – Teil 2: Was erlebt man während einer Feldenkrais-Stunde und was tun Praktizierende?


Eva Weißmann ist Feldenkrais-Lehrerin, Choreographin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Während ihrer akademischen und pädagogischen Karriere hat sie sich bereits intensiv mit Bewegung befasst, seit 40 Jahren mit der Feldenkraismethode; ihre weitere Ausbildung absolvierte sie u.a. in der Tiefenpsychologie von Dr. Arnold Mindell. Sie gibt besonders gerne Feldenkrais-Einzelbehandlungen, unterrichtet aber auch Feldenkrais-Lektionen in der Gruppe, Meditation, Yoga, Tanz, Supervision und Fortbildungen. Sie hat mehrere Bücher geschrieben und Artikel, darunter „Feldenkrais für Menschen mit MS“.

Weitere Informationen zur Autorin:

Hier geht es zum Partnerinnen-Profil von Eva Weißmann bei der Akademie für menschliche Medizin…


© Foto: Charles Erik Huber, CH-Ennetbaden; SFV Schweizer Feldenkrais Verband


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Die Feldenkrais-Methode – besonders für MS Betroffene (2): Was erlebt man während einer Feldenkrais-Stunde und was tun Praktizierende?

Das Zusammenspiel von Schüler/Schülerin und Lehrer/Lehrerin, das Feld der Balance und das kinästhetische Sinnesorgan
 

Gastartikel in mehreren Folgen von Eva Weißmann

Die Feldenkrais-Methode (FKM) ist Unterricht; sie ersetzt nicht die medizinische Versorgung und nicht eine sportliche Betätigung, die in maßvoller und disziplinierter Weise fast immer und fast für jeden sinnvoll ist. Die Methode unterstützt beides, Sport und Medizin.

Die schon erwähnten zwei Herangehensweisen dieser Methode und Schüler-Lehrer-Beziehung sind: 

  1. die Gruppenlektionen: man nennt sie kurz „ATM„, d.h. „awareness through movement“ = Bewusstheit durch Bewegung und
  2. die Einzelbehandlung: „FI„, d. h. „Funktionale Integration“.

In der Begegnung von Schüler/Schülerin und Lehrer/Lehrerin wird das über den ganzen Körper verteilte Nervennetz Bewegungswahrnehmung, das kinästhetische Sinnesorgan, geschult und für die Selbstbeobachtung und Verbesserung von Bewegungsfunktionen genutzt. Also wird auch der gesamte Bewegungsapparat, nämlich Muskeln, Knochen, Gelenke, Bänder, Sehnen und Faszien in ihrer Aktivität und Passivität(!) erreicht. Es sind diejenigen Zellen, Leitungen, Nervenbündel, mit denen wir unser Bewegen und Handeln initiieren, kontrollieren und korrigieren und mit denen der Körper geplant und beabsichtigt, reflexartig oder spontan reagiert. Über Passivität, Elastizität und „Loslassen“ lesen im nächsten Teil des Feldenkrais-Newsletters.
Das kinästhetische Sinnesorgan ist in der embryonalen Entwicklung das am frühesten entstehende, und für diese  Bewegungswahrnehmung kooperieren viele Organe miteinander: das Gleichgewichtsorgan im Ohr, die Propriozeption, also die Eigenwahrnehmung, beispielsweise der Fußsohlen zum Boden hin für das Fühlen von Gewicht und Bodenbeschaffenheit, überhaupt das Fühlen von Druck und Ziehen, von Raum und Tempo, meist auch die Augen.
Die Nerven sind beteiligt bei jeglichem eigenem Tun, sei dies der Atem, das Sprechen, der Krafteinsatz, die Richtungen sämtlicher Bewegungen, seien sie bewusst oder seien sie uns (bereits) geläufig wie den Löffel führen, das Gaspedal bedienen…oder seien sie spontan und autonom.
Der Atem spielt begleitend und in seinem Einfluss für alle Bewegungen eine besonders wichtige Rolle (was in einem späteren Newsletterteil ausgeführt wird). Das A und O des Atems, der durch die Feldenkraismethode tiefer, ruhiger und angepasster wird, kann man nicht genug würdigen.

Im Unterrichten geht die/der Feldenkrais-Lehrende individuell auf jeden Schüler/jede Schülerin ein – und bei jeder Krankheit und nach jedem Unfall unterrichtet sie/er so, dass die Kompetenz des aktuellen Standes vergrößert wird, sei sie momentan noch so gering – dies vor allem in der Einzelbehandlung.

In der Gruppe führt sie/er die Teilnehmenden – indem sie immer wieder neue Sätze formuliert – zum Experimentieren und zu Varianten einer Bewegung. Der Lehrer/die Lehrerin ist aufgerufen, passende Ideen für alle Schüler zu finden und in jeder Unterrichtsstunde einen logischen Aufbau zu schaffen.

In der Einzelbehandlung auf einer speziellen Liege berührt die Lehrerin/der Lehrer den Schüler/die Schülerin, der/die äußerlich gesehen passiv sein darf, und bewegt ihn/sie sanft und ganzheitlich. Die Erweiterung der Muster im Bewegen oder anders gesagt: die Vergrößerung und Verdichtung von Nervenschaltkreisen wird generiert, indem der Feldenkraislehrer/die Feldenkraislehrerin die Bewegungen der Schülerin/des Schülers detailliert erforscht bzw. durch seine/ihre Hände spürt, welche Aufgaben der Schülerin/dem Schüler möglich sind und welche ihr/ihm durch Bewegt-werden neu dargereicht werden müssen. Er/sie respektiert auch den Widerstand des Organismus’ und bietet dann  andere Optionen an, beispielsweise in einer anderen Position, etwa statt der Seitenlage in der Bauchlage. Es geht immer wieder um frische Angebote und die Suche nach alternativen Wegen für wichtige Bewegungsfunktionen, etwa für die Kunst des Gehens. Wenn also zunächst vom Schüler/von der Schülerin ein Längen auf der einen Seite, etwa der rechten, nicht akzeptiert wurde, kann der/die Praktizierende als zweiten Versuch mit seinen/ihren Händen ein Zusammenschieben, eine Kontraktion auf der linken Körperseite anbieten.

Funktionale Integration: Was hat das Schulterblatt mit dem Schlüsselbein zu tun? Foto: FVD; Copyright: Sebastian Mayer

Zu 1.) den Gruppenlektionen:

Die halb- bis einstündige Gruppen-Lektion besteht aus Kombinationen von aktiven Bewegungen, die schließlich eine Funktion ergeben: etwa aufstehen, sich drehen, besser atmen, springen, nach oben greifen und so weiter. Die Bewegungen der Lektion werden sehr häufig auf dem Boden liegend langsam ausgeführt und erforscht: sich drehen aus der Rückenlage zur Seitenlage, die Wirbelkette kennenlernen und damit experimentieren, vielerlei Töne probieren und Bewegungen des Bauches vor oder zurück, den Kopf heben in Bauchlage, auch sitzend auf dem Boden, hier beispielsweise Bewegen des Kopfes, des Beckens und das Beobachten von deren Verbindung, auch im Sitzen auf einem Stuhl: etwa das rechte Knie nach vorne bewegen und erkunden, wie sich dabei Brustkorb und Wirbelsäule verhalten.
Details im Gehen oder in jeglichen Alltags-, Sport-, Tanzbewegungen und aus der Physiotherapie u.v.m. können zu einer Feldenkrais-Lektion aufgebaut werden, um darin Bekanntes leichter und feiner auszuführen und wohltuender zu erleben. Dabei hilft der Feldenkraislehrer/die Feldenkraislehrerin, indem er/sie Fragen stellt oder auf Beobachtungen hinweist: zur Beteiligung des Beckens und des Brustkorbs, zu den Teilfunktionen einer größeren Gesamtbewegung, besonders wichtig: zur Eingliederung der Wirbelsäule.
Ein grundlegendes Anliegen ist, auf einen fließenden Atem hinzuweisen, das Atmen beobachten zu lassen und die Schülerin/den Schüler den Zusammenhang von organischer Bewegung und freiem Atem entdecken zu lassen. 

Es gibt von Moshé Feldenkrais selbst viele Lektionen im Liegen, und überhaupt mit einer großen tragenden Unterstützungsfläche des Körpers auf dem Boden, auch das Sitzen auf dem Boden oder auf einem Stuhl. Trotz deren Wirksamkeit für Entspannung und Leichtigkeit sind auch Hilfen durch die Feldenkraismethode direkt beim alltäglichen Gehen und Fortbewegen oder im Hantieren am Herd oder Musikinstrument  möglich und sinnvoll. Dies kann eine wertvolle Erfahrung sein, dass die Balance, der Rhythmus, die Haltung, das Atmen und das Gangbild eher durch Sanftheit als durch Wille und Anstrengung verbessert werden.
In einer Lektion des Gehens kann man das genauere Spüren von einem Schritt lernen, einem halben Schritt, dem Stehen auf zwei Beinen, wie das Gewicht von einem Bein auf das andere gelangt, und man kann den Gebrauch der Fußsohlen klären, der Füße überhaupt. Der Lehrer/die Lehrerin muss aus seinen/ihren Beobachtungen erkennen, wie er/sie zur Selbstbeobachtung anregt, wie er den Boden für weniger Anstrengung und mehr „flow“ bereitet, wie er Interesse und Lust vermittelt. Er/sie muss fähig sein, das individuelle Fühlen des Schülers/der Schülerin zu bekräftigen und Leistungsdruck oder Konkurrenz zu vermeiden, da genau dies das leichte und erfolgreiche Lernen verhindert.

Zentral in doppeltem Sinne ist die Arbeit an der Wirbelsäule. Es braucht viel Zeit und Geduld, die vielen – meist ungenutzten – Bewegungsmöglichkeiten der Wirbelsäulenabschnitte und der einzelnen Wirbel  wieder zu entdecken. In der Medizin sprechen wir von der Psychosomatik, und in der Kinästhetik und der Feldenkrais-Methode nennen wir unsere somatische Fähigkeit der Selbstregulierung die Homöodynamik, früher Homöostase genannt. Durch die kinästhetische Methode ist unser inneres und äußeres Gleichgewicht positiv beeinflussbar. Wie unsere Nerven in Schaltkreisen verwoben sind, wie unsere Gefühle ausgedrückt, unterdrückt, verarbeitet, verwandelt werden, spielt sich in unserem neurobiologischen Gewebe ab, ja im Grunde zusammen mit und in unserem sozialen Gefüge, zwischen den Menschen: im interpersonellen neurobiologischen System.(1)

Der innere Nervenzustand und das Bewegungssystem werden  durch gute Feldenkraislehrende und in der Ruhe und Zuwendung des Unterrichts geschult. Neue Antworten können auf Stress gefunden werden. Dies führt im Feedbackloop zu stabilisierenden Wirkungen, zu verbessertem Funktionieren von Bewegung und Atem und also zur Erweiterung des menschlichen Lebensspielraums.
Neben Krankheiten sind auch „gewöhnliche“ Verspannungen, Verfestigungen, auch tiefer liegende körperliche und seelische Verletzungen an Verhinderungen unserer Fähigkeiten beteiligt. Daher eröffnen sich durch das Wahrnehmen und aus-der Taufe- Heben der neuen Vielfalt und angenehmen Leichtigkeit im Bewegen gleichzeitig neue Perspektiven für Aufgaben und Träume im Leben.

Für MS gilt hier, dass vor allem solche Behinderungen wegfallen, die gar nicht auf der Erkrankung selbst basieren, oft aber auf Kompensationen oder auf den seelischen Konsequenzen. Aus den Erfolgen größerer Beweglichkeit und Balance können Zuversicht und Lust auf „mehr “ des frohen Lebensgefühls erwachsen

Diese Erkundungsfahrt stößt die Eigenaktivität und leitet über das Gewohnte hinaus zu Alternativen. In der Feldenkrais-Methode wird nicht korrigiert, vielmehr sind die Lösungen und Wege des Schülers/der Schülerin Teil seiner/ihrer Freiheit. Auf dieser Suche nach ökonomischem und funktionalem Körpergebrauch werden die Bewegungen im Unterricht selbst und in der Behandlung zwar langsam ausgeführt, aber im Alltag ermöglicht dies dann ebenfalls schnelle und anstrengende Bewegungen in guter Qualität.  Die größere Flexibilität dehnt sich auf das generelle Verhalten aus.

Nicht bestimmte vorgesetzte Bewegungen werden eingeübt, sondern Schülerinnen und Schüler erhalten neue Nervenmuster.
Neue Konstellationen der Gelenke können sich den Aufgaben entsprechend entwickeln, man denke an die Balance im Gehen, hier besonders an ein Gehen mit einem nicht kontrollierbaren Bein oder Fuß, und man denke an die alltäglichen Verrichtungen wie Anziehen, Waschen, Hinsitzen, Treppen steigen, den Toilettengang, Zähne putzen, das Tragen von Taschen, das Benutzen von Stöcken, Auto fahren …
Das spielerische leistungsfreie Vorgehen erweist sich gerade bei MS als angesagt. Der Patient/die Patientin kann in Ruhe und mit viel Zeit Unbekanntes erproben. Die Feldenkraislehrerin/der Feldenkraislehrer sollte auf dessen/deren Bewegungsreaktionen wiederum mit dem eigenen Feedback ihrer/seiner Worte oder Hände antworten. Diese ausgefeilte Didaktik sieht äußerlich wie eine Bewegungsstunde aus, aber sie ist vor allem ein Aufwecken der Schöpferfähigkeit des menschlichen Organismus. Die Methode ist zwar nicht auf Entspannung ausgerichtet, sie tritt jedoch so gut wie immer ein, das Spannungsnetz im Körper wird besser moduliert, wodurch viele Schüler/Schülerinnen zu mehr Ruhe kommen. Davon werden nicht nur die organischen Bereiche des Körpers positiv beeinflusst, das Immunsystem, Gehirn und Nerven, auch die Emotionen und  Hormonausschüttungen, das Verhalten und die Gesundheit allgemein können davon profitieren. 

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Zu 2.) den Einzelbehandlungen:

Die beschriebene Lern-Dynamik der Gruppenarbeit erweist sich in der Zweier-Interaktion noch intensiver. Durch die individuelle Berührungsbehandlung kann man eine noch deutlichere Gelöstheit des Schülers/der Schülerin bewirken, weil hier das individuelle Abstimmen besser möglich ist und weil man als Praktizierende/r die Bewegungen sehr direkt und klar anbieten kann. Ich kann mit Verschieben von Körpergebieten, durch Drücken, Ziehen, Heben, Drehen, Gleiten, durch mannigfaltigstes Handling arbeiten, und dies mit dem Gespür für die Reaktionen. Meine „Antworten“ wiederum auf das Körperverhalten des Schülers/der Schülerin gebe ich auch gerne mit dem ganzen Körper, etwa bei der Arbeit an schweren Körperteilen. Die Kinästhetik, eine Weiterentwicklung der Feldenkrais-Methode, nennt die Berührungssynchronisation von Umlagerungen und von Tanzdialogen mit beiderseitigem Folgen eine „gleichzeitig-gemeinsame Interaktion“. Sie werden inzwischen besonders für Babys mit ihren Eltern, für Kleinkinder und Menschen mit Behinderung angewandt, wurde zunächst im Tanz praktiziert und heute weltweit verbreitet in der Pflege. Es ist ein gleichzeitiges Führen und Folgen beider Seiten und kann wie eine Form des modernen Tanzes aussehen: „Kontaktimprovisation“. (2)

Die interpersonelle Arbeitsweise der Feldenkrais-Methode und und der Kinästhetik, die achtsame Begegnung miteinander spricht den Menschen an, nicht nur ein Thema oder eine Krankheit. Ermöglicht werden die Verwandlung unangemessener Anpassungen und Grenzen im Bewegungs- und Beziehungsverhalten. Das Selbstbild und die Sicht auf das Leben verändern sich. Für Menschen mit MS ist es sicher eine große Herausforderung, den Blick umzuschwenken von der Krankheit auf die neuen Möglichkeiten, doch gerade diese offene Perspektive ist besonders sinnvoll. Durch Selbstvertrauen gelingt auch die Bewegungskontrolle besser. Daher grundlegend ist die freundliche, liebevolle Gestaltung der Zusammenarbeit. Die Feedbackschleifen im Schülersoma verschlingen sich mit den Feedbackschleifen zwischen den zwei Arbeitspartnern. Das Vergessen und Ablegen der Identifikation mit den Mängeln wird durch die Erfahrungen konkret und körperlich fassbar. 
Man kann auch fließend von einer Feldenkraissitzung zu kreativer tanztherpeutischer Arbeit übergehen, zum Beispiel in den Ausdruckstanz. (3)

Erfahrungen auch mit sehr alten und mit bettlägerigen Menschen zeigten mir, dass sie nach einer halben Stunde FI ihre Angst und ihre „Starre“ ablegen konnten, so dass sie leicht vom Pfleger aus dem Bett genommen werden konnten und sogar Spaß an einigen Schritten und an Waschbewegungen hatten. 

Von meinem jahrzehntelangen Erleben dieser Begegnungen kann ich ableiten, dass meine Hände und auch die Oberfläche und Muskulatur meines Körpers oft besser wissen, wohin und wie zu berühren ist, als mein Kopf. Wir arbeiten so, dass wir den Widerstand umgehen und diejenigen Wege suchen, die erlaubt werden. Interessanterweise ist es für viele Schülerinnen und Schüler nicht leicht, das Kleine, Wenige oder Sanfte zuzulassen. Dass ein Vorgehen ohne Plage, ohne Willenskraft und Schweiß Resultate haben wird, scheint in unserer Zeit schwer vorstellbar. Hier lenken wir als Praktizierende sachte weg von den Überzeugungen, Härte – wie in manchem Sport oder in manchen Manualtherapien – helfe am besten. Durch die Begegnung und den Input aus einem anderen Leib, den Lehrerenden, können dessen Muster und Funktionen an Ökonomie und Weichheit von den Schülern/Schülerinnen in ihr eigenes Soma integriert werden. Wenn sie von der Liege aufstehen und sich selbst im Stehen, Sitzen oder Gehen vergleichen mit ihren Wahrnehmungen zu Anfang, sind Gesicht, Atem und Verhalten froher und freier.


Ihre Eva Weißmann

Seien Sie in diesem Sinne neugierig auf die nächsten Feldenkrais-Folgen von Eva Weißmann hier in diesem Kanal!

Bisher erschienen:

Die Feldenkrais-Methode – besonders für von MS Betroffene (1)


Eva Weißmann ist Feldenkrais-Lehrerin, Choreographin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Während ihrer akademischen und pädagogischen Karriere hat sie sich bereits intensiv mit Bewegung befasst, seit 40 Jahren mit der Feldenkraismethode; ihre weitere Ausbildung absolvierte sie u.a. in der Tiefenpsychologie von Dr. Arnold Mindell. Sie gibt besonders gerne Feldenkrais-Einzelbehandlungen, unterrichtet aber auch Feldenkrais-Lektionen in der Gruppe, Meditation, Yoga, Tanz, Supervision und Fortbildungen. Sie hat mehrere Bücher geschrieben und Artikel, darunter „Feldenkrais für Menschen mit MS“.

Weitere Informationen zur Autorin:

Hier geht es zum Partnerinnen-Profil von Eva Weißmann bei der Akademie für menschliche Medizin…


Referenzen:

[1] Siegel, Daniel, Pocket Guide to Interpersonal Neurobiology. Mind your Brain. W.W. Norton & Company, New York; Weißmann, Eva, Lernen im Gleichgewicht. Brandes & Apsel, Frankfurt 2016

[2] Hatch, F., Maietta, L., Kinaesthetics, Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten. Urban Fischer, München 2003; Hatch, F., Maietta, L., Kinaesthetics Infant Handling. Hans Huber, Bern 2004)

[3] Wittels, M., Die Feldenkrais-Methode in der Schmerztherapie, in: Bernatzky, Günther u. a.. Nichtmedikamentöse Schmerztherapie. Komplementäre Methoden in der Praxis. Springer-Verlag, Wien 2007; Weißmann, TanzTheaterTherapie. Ernst Reinhardt Verlag, München 1999)

© Foto: SFV Schweizer Feldenkrais Verband


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Die Feldenkrais-Methode – besonders für von MS Betroffene (1)

Gastartikel in mehreren Folgen von Eva Weißmann

Hinweis: Die Feldenkrais-Methode ersetzt nicht die medizinische Versorgung und nicht eine sportliche Betätigung, welche in maßvoller Weise fast immer und fast für jeden sinnvoll ist.

I Was ist die Feldenkrais-Methode?

Bei der Feldenkrais-Methode handelt es sich nicht im medizinischen Sinn um eine mentale, körperliche oder seelische Heilmethode, auch wenn wir indirekt Heilwirkungen erhalten und erklären können. Und die Methode ist auch kein Sport, sondern eine Weise des Lernens. Wir lernen, leicht und freudig zu lernen, im Grunde ein neues Lernen zu lernen und gar Lernen zu lernen.

Das Medium der Begegnung zwischen Schüler und Lehrenden (Practitioner) ist Bewegung, und daran üben wir Selbstwahrnehmung und Aufmerksamkeit und achten darauf, WIE wir lernen – ein Leben lang bis zum Lebensende, auch im Feld von Krankheiten, Behinderungen, Lernschwierigkeiten u. a., durchaus auch als Sportler, im Rollstuhl, als Musiker, Schreibtischarbeiter usw.

Feldenkrais-Lehrende geben einer Gruppe von Lernenden verbal angeleitete Unterrichtslektionen. Eine zweite Weise der Zusammenarbeit ist die individuelle Behandlung mittels feiner und sanfter Berührung und Bewegung. Beide Vorgehensweisen unterscheiden sich vom gängigen schulischen Lernen, denn es gibt kein Leistungsziel, sondern freudiges und neugieriges Lernen ist bereits ein Nahziel. Das Erlebnis kann eher als ein Tanz miteinander gefühlt werden, es kann eine kinästhetische Synchronisation genannt werden (darüber in einem späteren Newsletter mehr).

Auf den ersten Blick mag diese Arbeit wie eine weitere der vielen Bewegungsschulen erscheinen, man übt jedoch keine vorgesetzten Übungen ein, sondern das Nervensystem wird angesprochen. Übende können durch dieses Training in detailliertem Wahrnehmen ihrer Bewegung eine grundsätzliche Kompetenz gewinnen, mit neuen Situationen umzugehen, das Leben leichter zu gestalten, Einschränkungen und Schwierigkeiten mit Offenheit zu begegnen, dies auch im Sinne von Selbstverantwortung. Das Handeln wird nicht nur Ärzten und/oder Physiotherapeuten überlassen, sondern baut auch auf die eigene Initiative. Die Körper-, Lern- und kinästhetischen Fähigkeiten werden verbal oder berührungsbasiert erweitert. Durch das differenzierte Lernen und Einfühlen erhält man neue Muster der Nervenverbindungen und der Bewegung; man legt schädigende Gewohnheiten ab…

Die spielerische Zusammenarbeit, die Leichtigkeit im Tun und im Ergebnis gründen sich auf Lust statt auf eisernem Willen. Wir werden ermuntert, wie die Kinder auszuprobieren, zu spielen, ohne Bewertung und frei. Dieses Erleben entspricht der Funktion unserer Natur, des Nervensystems und der Lebendigkeit unseres Organismus. Die Feldenkrais-Bewegungen werden langsam ausgeführt, um sie präzise und detailliert zu spüren. Die Kunst von Bewegungswahrnehmung und das Wissen um den subtilen Gebrauch unseres kinästhetischen Sinnesorgans vernachlässigen wir in unserer westlichen Zivilisation, haben dies beiseite gedrängt oder gar verloren. Sobald eine größere Vielfalt an Bewegungsfunktionen erworben sind, entwickeln sich die Fähigkeiten für eine erfüllendere Lebensgestaltung: Sicherheit und Kreativität, Stabilität, und Erdung. 

II Warum Feldenkrais gerade bei Multiple Sklerose?

MS ist eine Erkrankung, die die Nerven betrifft. Es können die Nerven im Gehirn als auch die Nervenleitungen hin zu den Rezeptoren für Bewegung an Gelenken, Muskelansätzen und Faszien betroffen sein. Da das gesamte Nervensystem, alle seine Teilsysteme und Einzelkörper mit deren Verbindungen eine Aktionseinheit bildet, könnten vielerlei Aspekte beeinflusst werden. (s. „Das Gehirn als Kooperationssystem“ in Weißmann, Lernen im Gleichgewicht) 

Viele führen die Erkrankung auf Entzündungen zurück, die die Myelinscheiden der Axone betreffen, also die Hüllen für deren Ernährung und Schutz. Die Oligodendrozyten, eine Art Versorger der Myelinscheiden, können offenbar im Verlaufe dieser Erkrankung ebenso angegriffen werden. Sie sind möglicherweise einem Zerstörungsprozess durch Immunzellen ausgesetzt, deren Aufgabe der Schutz des Organismus sein müsste.

Über vieles ist man sich nicht einig und nicht sicher, etwa zu Ursachen und Auslösern, auch zu den sehr unterschiedlichen Krankheitsbildern und Verläufen. Da es sich um eine Zivilisationskrankheit handelt, lohnt sich ein Nachdenken über den eigenen Lebensstil und vielleicht über eine Wende. Ärzte und Forscher sprechen auch von einer Auto-Immunkrankheit. Ich meine, bei jeder Nervenkrankheit sollten wir an die Überlastung der Nerven und an Stress denken, die den Körper beschädigen, den Geist beeinträchtigen und die Psyche krankmachen, also eine der Ursachen für viele physischen, seelischen und psychosomatischen Symptome sind: Depressionen, Traumen, Demenz usw. Und eine (Auto-) Immunkrankheit ist sicherlich ein Symptom unserer westlichen Lebensweise, nämlich der Entfremdung von Körper, Natur, Seele, Kosmos.

So ergibt sich die Frage: Welche gundlegende Einstellung habe ich zu Krankheit, zu meinem Leben, Gesundung, zu den Möglichkeiten des Heilwerdens?

Bei der Vielfalt und Breite der Symptome, die die Augen, den Schlaf, die Konzentration, das Denken betreffen und Lähmungen, Spastik, Harndrang u.a. umfassen können, fallen natürlich Behinderungen der Bewegung, und hier besonders des Gehens, für die betroffenen Menschen besonders ins Gewicht. Und aus solchen Begrenzungen im alltäglichen Leben, bei der Arbeit und beim Vergnügen, entwickeln sich leicht Stimmungstiefs und Depressionen, die immer auch Rückwirkungen haben auf unser Soma, unsere physische Lebendigkeit und Gesundheit. Ängste und Überlastungen verändern die Immunität und die zugehörigen Organe.

Ich selbst habe mit Menschen mit Gehbehinderungen gearbeitet und solchen, die teilweise und gänzlich auf den Rollstuhl angewiesen waren. Gehen – und auch Transfers ins Auto, aus dem Bett usw. – betreffen Erdung, Gewichtsverlagerungen und Gleichgewicht, die möglichst intensiv, regelmäßig, aber sanft gepflegt werden sollten (in nächsten Newslettern mehr dazu).

Moshé Feldenkrais ging es darum, Gewahrsein und Bewusstheit zu gewinnen (dazu in einem folgenden Newsletter mehr). Er war Physiker, Verhaltensforscher und ein Experte in Judo. Zeitlebens war er ein wunderbarer erfindungsreicher Bewegungslehrer und Judolehrer, für Laien und für Experten. Deutlich hat er auf dieser Grundlage seine eigene Methode entwickelt. Und ebenso deutlich zeigt er, dass auch Judo noch verfeinert werden kann durch Bodenarbeit und körperliche Durchlässigkeit. In seine eigene Arbeitsweise, die Feldenkrais-Lektionen und die Funktionale Integration, flossen das Beobachten der frühen Versuche eines Babys ein, zu greifen, den Kopf zu heben, das spiralige Drehen, Rollen, robben, krabbeln, aufsitzen, knien …, dann das Studium der Lernentwicklung im Heranwachsen der Kinder zur Aufrichtung, zum menschlichen Gang, zu den Alltagsbewegungen des Neigens und Beugens, Springens, Hüpfens und Tanzens. Schließlich prägten Moshés lebenslange Erfahrungen mit kranken, behinderten und alten Menschen, mit Tänzern, … seine Arbeit.

Jede Bewegung ist eine Gewichtsverlagerung und also der Umgang mit der Schwerkraft, woraus sich das Balancieren durch das Leben formt und eine ständige Notwendigkeit, sich aufzufangen.

Moshé Feldenkrais sieht als Errungenschaften eines vollständig ausbalancierten und erwachsenen Menschen u.a. dieses an:
a) Beweglichkeit der gesamten über 30 Gelenke der Füße
b) die Koordination aller Muskeln, Knochen, Glieder, Organe und die Flexibilität unserer Nerven-, Lern- und Geistesprozesse
c) die Kunst zu fallen und sich ohne Angst aus dem Gleichgewicht zu entlassen, sich der Dynamik und „off-balance“  zu ergeben, sich kontrolliert zu Boden lassen
d) der Erwerb von Bewegungsmustern, die weit über die eigenen Gewohnheiten hinausgehen
e) die Fähigkeit eines ausgereiften Erwachsenen, der seine Gefühle, Gedanken und Aktionen wahrnimmt und kontrollieren kann
f) ein glückliches erfülltes Leben zu gestalten
g) Bewusstheit, Selbständigkeit, Freiheit und Reife.

Man erkennt den tiefen Zusammenhang zwischen Körper und Geist, die All-Einheit im Mikrokosmos und Makrokosmos.

Seien Sie neugierig auf die Einzelheiten, auf die in den nächsten Folgen hier in diesem Kanal eingegangen wird!

Ihre Eva Weißmann

Eva Weißmann ist Feldenkrais-Lehrerin, Choreographin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Während ihrer akademischen und pädagogischen Karriere hat sie sich bereits intensiv mit Bewegung befasst, seit 40 Jahren mit der Feldenkraismethode; ihre weitere Ausbildung absolvierte sie u.a. in der Tiefenpsychologie von Dr. Arnold Mindell. Sie gibt besonders gerne Feldenkrais-Einzelbehandlungen, unterrichtet aber auch Feldenkrais-Lektionen in der Gruppe, Meditation, Yoga, Tanz, Supervision und Fortbildungen. Sie hat mehrere Bücher geschrieben und Artikel, darunter „Feldenkrais für Menschen mit MS“.


Weitere Informationen zur Autorin:

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© Foto: SFV Schweizer Feldenkrais Verband


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Sport, Training und Bewegung bei MS: Eine Einführung

In diesem und den in loser Reihenfolge folgenden Artikeln werden wir uns mit der Frage beschäftigen, was Sport, Training und Bewegung für die Behandlung der Multiplen Sklerose und die Wiederherstellung verloren gegangener Fähigkeiten bedeuten können?

Photo by Anupam Mahapatra on Unsplash

Wir werden die Begriffe “Sport” und “körperliches Training” synonym verwenden. Sie bezeichnen wiederholte, progressive körperliche Aktivitäten, die eine Anpassung des Körpers an erhöhte Belastung fördern. Diese Anpassungsvorgänge finden entweder in den Bereichen des Herz-Kreislaufsystems (verbesserte Kreislauf- und Stoffwechselfunktionen) statt, im Bereich der Muskulatur (Hypertrophie, Substratverwertung und Zellstoffwechsel), neurologisch (Koordination, Nervenreizleitungsgeschwindigkeit, Reflexe, Tiefensensibilität) oder in den entsprechenden Kombinationen.

Zusätzlich sind gerade im Falle der MS auch nachgewiesene positive Auswirkungen auf die Psyche, die kognitiven Funktionen und Fatigue wünschenswerte Effekte. Wer an Studien zum Thema MS und Sport oder Training interessiert ist, findet eine Auswahl auf der Seite Interventionsstudien in der Kategorie Sport und Bewegung.

Warum Sport und Training bei MS?

Durch die neurologischen, entzündlichen Prozesse der Demyelinisierung an den Axonen der Nervenzellen sind die physiologischen und mentalen Auswirkungen der Krankheit MS vielfältig. Körperliche Funktionen sind oft eingeschränkt, so zum Beispiel kardiovaskuläre Funktionen (Herz-Kreislaufsystem), neuromuskuläre Funktionen (Muskelschwäche und Einschränkungen des Gehens) und sensorische Funktionen (Einschränkungen in der Balance, Missempfindungen) summieren sich auf und führen zu mehr Inaktivität. Durch diese Inaktivität aber werden die physiologischen Auswirkungen verstärkt, ein Teufelskreis entsteht. “Use it or lose it” bedeutet für alle Menschen, dass Funktionen oder Systeme abgebaut werden, die unterhalb einer gewissen Reizschwelle genutzt werden.

Inaktivität und Bewegungsmangel sind ein eigenständiger Risikofaktor zur Entwicklung chronischer Erkrankungen. Das wird heute in unzähligen Studien belegt.

Bewegung und Sport sind entscheidend zur Entwicklung und Aufrechterhaltung der kardiorespiratorischen, muskulären, neurologischen, kognitiven, psychischen, hormonellen und metabolischen Gesundheit aller Menschen.

Die logische Frage, die sich nun stellt, ist: Welche Effekte können bei Menschen mit Multipler Sklerose durch ein körperliches Training erzielt werden – und ist es möglich, den körperlichen und/oder gar den mentalen Funktionseinschränkungen, wie zum Beispiel der Fatigue, Depression oder kognitiven Einschränkungen, entgegenzuwirken? Die Antwort – soviel sei vorweggenommen – ist „ja“!

Freude an der Bewegung

Bewegung bedeutet Lebensqualität, Erhaltung der Selbständigkeit, Erfahrung der Selbstwirksamkeit und ist rundum ein menschliches Grundprinzip. Wir sind eine Kombination von Körper und Geist, was uns natürlich schmerzlich bewusst wird, gerade wenn Alltagsbewegungen nicht mehr uneingeschränkt möglich sind oder sogar stetige Schmerzen verursachen.

Unser Alltag wird leider stetig bewegungsärmer. Irgendwo auf dem Weg zum Erwachsenwerden geht unsere kindliche Bewegungsfreude verloren, manchmal sogar schon vorher. Sport und Bewegung wirken stressreduzierend und können die Psyche regulieren, Glückshormone wollen ausgeschüttet werden! Das kann aber nur sinnvoll funktionieren, wenn mir auch gefällt, was ich da tue. Über kurz oder lang werde ich sonst das Bewegungstraining boykottieren und gute Gründe finden, aufzuhören. Das gilt natürlich insbesondere bei körperlichen Einschränkungen.

Das bedeutet: Die kindliche Bewegungsfreude in uns muss also wieder irgendwie mit an Bord! Es gibt immer mehr unterschiedliche Sportarten, outdoor oder indoor, in Gemeinschaft oder allein in der Natur, mit vielen Gadgets oder ohne, mit Trainer, im Verein oder selbst gesteuert. Die Möglichkeiten, etwas zu finden, das auch Freude macht, sind größer denn je. Bewegung KANN und SOLL wieder Spaß machen und es soll auch Ziel dieser Artikelserie und des Trainings sein, ein Stück weit dazu zu motivieren, die Freude an der Bewegung wieder zu entdecken und zu erleben.

FAZIT: Es muss auf keinen Fall ein Marathon sein, regelmäßiges Kraft-, Ausdauer- und/oder Koordinationstraining gemäß den eigenen Möglichkeiten und Interessen können völlig ausreichen, um den oben geschilderten Teufelskreis zu durchbrechen. Setzen sich erreichbare Bewegungs- oder Trainingsziele, die Sie, wenn irgend möglich, langsam steigern. Wenn es Ihnen hilft, besorgen Sie sich einen möglichst einfachen Schritt- oder Bewegungszähler und notieren Sie die Ergebnisse, Fortschritte aber auch Rückschläge. Das hilft das eigene ideale Bewegungsfeld und -niveau zu finden. Die heute verfügbaren APPs – mit allen möglichen Messdaten und Features – sind etwas für Sportbessene und Hochleistungssportler. MS-Betroffene mit körperlichen Einschränkungen werden dadurch eher demotiviert.

Mehr über Sport, Bewegung und MS

Zu diesem Themenkomplex sei Ihnen die kostenlose

🖹 Life-SMS Veröffentlichung: Sport und MS aus dem Jahr 2017 empfohlen, auf die wir in dieser Artikelserie an vielen Stellen zurückgreifen werden.

➡️ Im nächsten Artikel wird es um Sport, Bewegung und das Immunsystem gehen


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Freigegeben: Life-SMS Veröffentlichung – MS und Sport als Download

Allen SpenderInnen unseren herzlichen Dank, wir haben die Spenden-Halbjahresziele inzwischen erreicht!

Aber natürlich leben wir nach wie vor von Ihrer Unterstützung und es gilt: bei Spenden ab 30 € gibt es zusätzlich zwei Exemplare unseres Küchenposters und ab 50 € fünf Exemplare auf Wunsch frei Haus.


Jetzt zum Thema Sport und MS

Sie können die aktuelle Veröffentlichung an dieser Stelle bei lsms.info herunterladen.

[Der Download ist frei! Unabhängig davon, ob Sie schon gespendet haben, es noch tun wollen oder einfach nur die Dokumentation lesen möchten.]

Die Wichtigkeit des Themas ergibt sich sehr schön aus diesem Schaubild:

Übersicht: MS - Sport, Training und Bewegung
Copyright Life-SMS / DSGIP 2017

Die Abbildung nach dem ICF-Modell (International Classification of Functioning, Disability and Health ) versucht die Zusammenhänge zwischen dem Bewegungsverhalten (Sport, Training und Lebensstil) und der MS-Pathogenese (Entstehung und Entwicklung der MS mit allen daran beteiligten Faktoren) bildlich zu verdeutlichen. Das ICF-Modell skizziert die Konsequenzen der MS-Pathogenese, einschließlich der Effekte auf Körperstrukturen und -funktionen sowie auf Aktivität und gesellschaftlicher Teilnahme des Patienten. Bewegung kann positive Effekte auf all diese Bereiche haben, vom Einfluss auf zelluläre Prozesse (z.B. Entzündungshemmung) bis hin zu verbesserter Teilhabe des Betroffenen an sozialen Interaktionen.

Details siehe: Sport und MS – Eine Life-SMS-Publikation 2017

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie aus dieser Veröffentlichung Anregungen und Ideen für eigenes körperliches Training entnehmen und umsetzen könnten!

Bleiben und werden Sie gesund!

Ihr Life-SMS Team


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Neue Life-SMS-Veröffentlichung: Sport und MS – aktuelle Spendenaktion

Was Sport, Training und Bewegung für die Behandlung der Multiplen Sklerose und die Wiederherstellung verlorengegangener Fähigkeiten bedeuten.

Eigentlich sollte es nur ein Faktenblatt werden, aber während der gemeinsamen Arbeit zeigte sich, dass das Thema zu komplex und umfangreich ist, als dass es im sonst üblichen Rahmen von 4 – 6 Din A4 Seiten darzustellen wäre.

Also mussten wir ein etwas “dickeres Brett bohren”. Herausgekommen ist, dank der intensiven Arbeit unserer Mitstreiterin im therapeutischen Netzwerk, der Sportwissenschaftlerin Britta Friedrich, eine 26-seitige Übersicht zum Thema Sport, Bewegung und MS.

Neben grundsätzlichen Begriffsbestimmungen, der Betrachtung von Konditionsfaktoren sowie der Erläuterung des Zusammenhangs zwischen Immunsystem und körperlicher Bewegung, wird der positive Einfluss verschiedener Bewegungsarten auf den Verlauf der MS ausführlich beleuchtet und auf ausgesuchte Sport- und Trainingsmaßnahmen näher eingegangen. Alle Aussagen basieren auf der Analyse aktueller wissenschaftlicher Studien. Den Abschluss bilden eine Übersicht über die wichtigsten Trainingsprinzipien, spezielle Hinweise für MS-Betroffene und eine Linkliste zu Webseiten und Organisationen, die aus Sicht unserer UnterstützerInnen aus dem Life-SMS-Netzwerk hilfreiche Angebote in Bezug auf das Kernthema Sport und MS bieten.

Das Inhaltsverzeichnis und die Einleitung der Life-SMS-Publikation Sport und MS können Sie hier nachlesen….

 


Sie wissen ja, lsms.info und life-sms.org leben ausschließlich von Ihren privaten Spenden und insofern nutzen wir diese Veröffentlichung sozusagen als Treibstoff für die Erreichung unserer Spendenziele bei betterplace für 2017/2018. Sobald wir hier 50% des aktuellen Spendenziels erreicht haben, werden wir das vollständige Dokument für alle Interessenten des Projekts Life-SMS/lsms in der Komplettversion auf lsms.info freischalten.

Spenden Sie bitte jetzt schon einen beliebigen Geldbetrag für Life-SMS/lsms über betterplace

Als Dank erhalten Sie einen Download-Link für diese Publikation im pdf-Format zur persönlichen Nutzung (wir bemühen uns den Link innerhalb von 48 Std. zuzusenden). Sie helfen uns und der wachsenden Gemeinschaft von kritischen MS-Patienten damit sehr.

Vorab vielen Dank. Bleiben Sie gesund und uns treu!

Ihr und Euer

Life-SMS Team


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Yoga und MS – ein Erfahrungsbericht auf lsms.info

Keine Angst, wir erdreisten uns nicht die umfangreiche und schier grenzenlose Welt des Yogas bei lsms.info oder Life-SMS auszubreiten. Wir freuen uns aber sehr darüber, dass unsere Mitstreiterin aus dem expertnet und angehende Yogalehrerin Lina aus dem Raum Hamburg eigene Erfahrungen und wesentliche Elemente der gesundheitsfördernden Wirkungen von Yoga bei MS-Betroffenen in einem Erfahrungsbericht beschreibt.

Wichtig zu wissen, es gibt im Yoga mannigfaltige sehr unterschiedliche Stile, die anhand der persönlichen Situation und der eigenen Bewegungsmöglichkeiten auszuwählen sind. Gerade bei MS-Patienten mit mittleren bis stärkeren Bewegungseinschränkungen eignen sich die Stilrichtungen Yin Yoga und Yoga Nidra sehr gut.

Typische Yin Yoga Position

Im Yin Yoga wird auf kraftraubende Bewegungen verzichtet. Stattdessen werden einzelne Muskelgruppen und –ketten intensiv und über längere Zeiträume (3-5 min) meistens auf der Matte oder im Sitzen gedehnt. Damit wird insbesondere auch die Aktivität in den tieferen Gewebeschichten (z.B. den Faszien) und in der extrazellulären Matrix angeregt (Transport von Mikronährstoffen zu den Zellen und Entsorgung von Abfallstoffen aus den Zellen). Yoga Nidra ist eine rein meditative Yogaform, die in tiefer Entspannung im Liegen durch geführt wird.  Durch den stark meditativen Charakter der Übungen (sowohl im Yin Yoga als auch beim Yoga Nidra) wird ein „Anti-Stressantwort“ im Immunsystem ausgelöst. Eine Antistressantwort führt zu einer Beruhigung des Körpers, einem reduziertem Blutdruck, einer Reduktion der Stoffwechselrate und zu einer Änderung der Genauslese. Insbesondere die Gengruppen (Gen-Cluster), die für den Stoffwechsel der Zellkraftwerke (Mitochondrien), für die Insulinproduktion, für die Botenstoffe des Immunsystems und für die Zellalterung zuständig sind werden positiv in Richtung Entzündungshemmung beeinflusst.

Der springende Punkt dabei ist, dass diese Antistressanwort – zum Beispiel mit Blick auf das Immunsystem – schon bei der ersten „Übung“ ausgelöst wird. Die Antwort verfestigt sich durch regelmäßiges Training und wird nach und nach immer effektiver.

Wichtig: Durch Meditations- und Entspannungstechniken wird die Genauslese geändert, aus heutiger Sicht wahrscheinlich aber nicht die Gene selbst. Das heißt, eine regelmäßige Ausübung von Entspannungstechniken ist entscheidend für den Erfolg.

Aber, wie sagte Goethes Mephisto: „Grau, treuer Freund, ist alle Theorie…“ und insofern viel Vergnügen und erhellende Erkenntnisse in Linas

Erfahrungsbericht Yoga bei MS

und  bei den eigenen Übungen (es empfiehlt sich unbedingt die ersten Schritte in Begleitung einer erfahrenen Yogalehrerin oder eines Yogalehrers zu gehen).


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Neues von Tanja: MS besiegt man nicht im Sprint

 „Die Diagnose MS ist nicht das Ende, sondern nur die Herausforderung, einen anderen Weg zu gehen“, weiß Tanja heute.

Tanja Blaue Jacke Gebirge (low res) 2016
Tanja sucht und findet auf dem Weg immer wieder herzförmige Gegenstände, die „Liebe“ symbolisieren.

Rückblick. 24. September  2011. Halbseitig gelähmt wird die 35jährige Passauerin ins Krankenhaus eingeliefert. Verdachtsdiagnose: Schlaganfall. Fünf Tage später steht fest: Sie hat nicht nur ein Loch im Herzen, sondern zusätzlich Läsionen im Gehirn und im Rückenmark vom Hals bis zur Höhe der Brustwirbel. „Sie haben MS. Multiple Sklerose“, sagt der Neurologe. Ihre Freundin bricht in Tränen aus.  Tanja bleibt ruhig, wünscht dem Arzt beim Abschied  „einen schönen Tag“. Vielleicht ist das der Schock. Vielleicht die zuversichtliche Gelassenheit einer Kämpferin, die sich selbst und dem Leben vertraut. Das schwerste für sie ist, ihren Ehemann Jörg und die Töchter Anna-Lena (14) und Sophie (11) so traurig zu sehen.

 

 

Hilflose Schulmedizin

Das Karussell der Schulmedizin beginnt mit Interferon. Die Läsionen verdreifachen sich. Ein zweiter Schub mit halbseitiger Gesichts-lähmung und  dem Verlust des Geschmackssinns vernichtet jede Menge Hoffnung. Die junge Mutter  ist am Tiefpunkt: „Ich dachte, es ist weg.  Aber Scheiße. Ich hab es ja wirklich.“

Mittlerweile lebt die Familie in Australien…

…lesen Sie den vollständigen Artikel als Gastbeitrag von Felicitas Dorne auf lsms.info!

Den Auftakt zu Tanjas Geschichte finden Sie hier:

Tanja läuft den Halbmarathon und unterstützt Life-SMS/lsms.info 


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