Therapie mit allen Sinnen: Neuro-Athletik (hirnbasiertes Training) 

Neurozentriertes Training (NZT oder Neuro-Athletik) ist “Athletik für das Hirn und durch das Gehirn”. Trainingsziel ist zwar der ganze Körper, doch wird er vorrangig durch “Gehirntraining” angesteuert. Nein, nicht was einigen schon ein Begriff ist, Hirn-Jogging durch Sudoku und ähnliches. Sondern es werden gezielt die neurologischen Systeme der Wahrnehmung angesprochen…

Die klassischen 5 Sinne (Hören, Sehen, Tasten …) sind Formen der Wahrnehmung, die eine empfundene Tatsache bestätigen (Wasser läuft über meine Haut) – oder dementieren (es ist ein anderes Rinnsal oder gar keines, denn es ist nur das Gefühl, als ob). Unser Gehirn braucht zur  Überlebenssicherung, Gefahrenerkennung und die Vorhersage von Situationen in der Umwelt Informationen in Bezug auf die Lage und Stellung unseres Körpers zur bzw. in unserer Umgebung. Es braucht eine – möglichst vollständige – Orientierung um interagieren und – gegebenenfalls richtig – handeln zu können. Informationen für diese Orientierung bekommt es aber nicht nur über die – bewusste und unbewusste – Sinneswahrnehmung (Exterozeption = Außenwahrnehmung).

Propriozeption (Wahrnehmung der eigenen Körperteile, auch als Tiefensensibilität bezeichnet) liefert die Informationen aus der Bewegung selber (Stellung von Gelenken und deren Veränderung, Lage im Raum, Muskelspannung, Hautwiderstand durch – für obiges Beispiel „Wasser auf der Haut“ – z.B. schnell oder langsam hingleitendes Wasser/Blut/Schweiß etc.). 
Das Gehirn beachtet auch, wie die physiologischen Auslenkungen sind (Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Stoffwechsel, Verdauung) in Anbetracht der Umwelt (Interozeption = Wahrnehmungen aus dem eigenen Körperinneren). Wenn alle Informationen abgeglichen sind, kann es eine Prognose erstellen und eine ggf. daraus folgende motorische Umsetzung ansteuern (fliehen bei Wasserschwall; evtl. Kämpfen bei Verletzung durch Feind oder es ist alles in Ordnung, denn es ist nur Schweiß in Sommerhitze und eine Hängematte die bessere Wahl). 

Defizite haben weitreichende Folgen…

Besteht ein Informationsdefizit, kann dies in gewissem Umfang durch bestehende Systeme kompensiert werden (ich fühle es nicht, sehe aber häufiger hin). Es werden dafür aber permanent mehr und klarere Informationen gebraucht und gesucht. Dies bindet Ressourcen, die dann nicht mehr (oder zumindest nicht gleichzeitig) für scheinbar Nebensächlicheres zur Verfügung stehen – sei es motorischer Art (Beinmuskeln schwächeln etwa) oder z.B. kognitiver Art (Aufmerksamkeit und/oder Erinnerungsvermögen schwächeln z.B.). 

… lassen sich aber ausgleichen

Hat das Gehirn (durch z.B. defizitäre neurologische Erkrankungen wie MS) Lücken – und damit an Sicherheit verloren, können wir durch Neuro-Athletik diese neuronalen Funktionen des Gehirns gezielt stärken, bestehende Defizite eventuell effektiver kompensieren – oder sogar ganz verlorene Funktionen evtl. wieder aufbauen (wie z.B. nach einem Schlaganfall), wenn das Gehirn durch das neurozentrierte Training bei seinen Einschätzungen wieder an Sicherheit gewinnt.

Dann können neben einer besser ausführbaren motorischen Umsetzung (z.B. Fuß besser heben können) auch wieder Ressourcen freigegeben werden (Aufmerksamkeit steht wieder für Anderes zur Verfügung).  

Neuro-Athletik basiert also auf den Grundlagen der Neurologie und ist daher auch keine Zauberei, an die man glauben muss, damit es funktioniert. 

“Training” soll dort geschehen, wo Bewegung (bzw. evtl. Schmerzen; s.u.) entstehen: Im Gehirn; durch die ganzheitliche Integration von Augen, Gleichgewicht, Atmung und Bewegung…
Dabei möglichst viel „Neues“ (zurück-er)lernen und diese Informationen und Bewegungen wieder flüssig in den (unbewussten) Bewegungs-Alltag integrieren. 


In einem der folgenden Beiträge beschreiben wir einfache Übungen für den Einstieg zu Hause – zum Appetit machen z.B. für ein professionell angeleitetes Training.

Und später dann noch einen Erfahrungsbericht aus dem ersten Kurs einer von MS Betroffenen.
Bleiben Sie also neugierig in diesem Kanal.

So lange grüßt Sie

Ihr Team von Life-SMS


© Foto von Geetanjal Khanna auf Unsplash

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