von Kirsten
Vorab in eigener Sache eine positive Neuigkeit: Das Autorenteam von Life-SMS freut sich über einen qualifizierten Neuzugang:
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Bitte was? Bitterstoffe? Klingt nicht unbedingt nach einem Leckerbissen! Und doch werden sie als gesundheitsförderlich angepriesen! Und das ist eigentlich keine Neuigkeit – auch wenn Bitterstoffe erst in den letzten Jahren wieder salonfähig wurden. Denn bereits Maria Treben schwor schon vor vielen Jahrzehnten auf den Schwedenbitter – einen alkoholischen Auszug aus verschiedenen Bitterpflanzen, wie z.B. Gelber Enzian, Wermut, Myrrhe. Und selbst in einigen Kulturkreisen ist das Trinken eines bitteren Aperitifs vor bzw. eines bitteren Digestifs nach dem Essen weit verbreitet.
Dass Bitterstoffe die Verdauung positiv beeinflussen, erscheint daher naheliegend. Sie sorgen u. a. für ein schneller einsetzendes Sättigungsgefühl und reduzieren die Lust auf Süßes. Bitterstoffe (oder auch Amara genannt) werden darüber hinaus seit vielen Jahrhunderten in verschiedenen Kulturkreisen als unterstützende Heilmittel eingesetzt, z.B. in der ayurvedischen, traditionell chinesischen und traditionell europäischen Medizin.

Früher standen Bitterstoffe automatisch auf dem Speiseplan – bis die Bitterstoffe aus verschiedenen Gemüsesorten herausgezüchtet wurden. Inzwischen kann man Bitterstoffe in Form von Tropfen, Säften (z.B. Gelber Enzian), Tabletten (z.B. Mariendistel) oder Tee (z.B. Leber-Galle-Tee) konsumieren. Pflanzen, die genießbare Bitterstoffe beinhalten und damit für solche Präparate verwendet werden, sind z.B. Gelber Enzian, Wermut, Mariendistel, Löwenzahn, Artischocke, Schafgarbe, Pomeranzenschalen.
Bitterstoffe und MS?
Und was hat das nun mit MS zu tun? Das wollte ich eigentlich herausfinden. Ich machte mich auf die Suche nach “handfesten Beweisen”. Doch leider konnte ich keine wissenschaftlichen Studien zum Konsum von Bitterstoffen auf die MS-Erkrankung finden – was aber nicht bedeutet, dass sie keinen Effekt haben. Allerdings wurde dieser noch nicht wissenschaftlich untersucht. Doch ich konnte Studien zum Thema Bitterstoffe in einem weiter gefassten Kontext finden:
Wie gerade beschrieben, haben Bitterstoffe Einfluss auf die Verdauung. Sie beeinflussen die Sekretion der Gallensäuren (aus der Gallenblase) und damit auch den Verdauungsprozess der Nahrung durch das Mikrobiom im Darm.[1] Auch die Zusammensetzung des Mikrobioms selbst wird u.a. durch Nahrung und Gallensäuren beeinflusst.[2] Da bei MS ein ungünstiges Verhältnis verschiedener Bakterienstämme (Dysbiose) in der Literatur beschrieben wurde [3], erscheint es durchaus sinnvoll, das Mikrobiom mit verdauungsfördernden Substanzen (wie den Bitterstoffen) positiv zu beeinflussen.[4]
Bitterstoffe gelten im Allgemeinen als blutreinigend und “gut für die Leber”. Und genau die Leber ist es, die wiederum verschiedene Gallensäuren in verschiedenen Konzentrationen herstellt und somit wiederum positiven Einfluss auf unsere Verdauung und damit auf unser Mikrobiom im Darm nimmt. Und dieses Mikrobiom hat wiederum einen Einfluss auf unser Immunsystem.[5],[6]
Im Zusammenhang mit der “blutreinigenden” Wirkung der Bitterstoffe ist u.a. deren Wirkung auf die Blutgerinnung zu nennen. Bei MS-Patienten wurden manche Blutgerinnungsfaktoren als erhöht festgestellt [7],[8]. Die Leber ist u.a. für die Bildung der Blutgerinnungsfaktoren verantwortlich und hat damit möglicherweise Einfluss auf die Stabilität der Blut-Hirn-Schranke – die bei MS-Erkrankten im Allgemeinen als gestört gilt. Ein anti-thrombotischer bzw. hämolytischer Effekt von Saponinen (die aufgrund ihres Geschmacks meist den Bitterstoffen zugerechnet werden) wurde bereits in der Literatur beschrieben [9],[10].
Darüber hinaus wurden inzwischen auch Geschmacks-Rezeptoren für Bitterstoffe im Darm entdeckt – solche waren bis vor kurzem lediglich in Mund und Lunge bekannt. Diese Rezeptoren im Darm sollen einen gewissen Einfluss sowohl auf die Kontraktion des Darms (verdauungsfördernde Wirkung) als auch auf das Immunsystem nehmen [11],[12]. Sie scheinen u. a. einen immunmodulatorischen Effekt auf Mesenchymale Stammzellen im Knochenmark (und damit eben auch auf das Immunsystem) zu haben [13]. Da dieses Forschungsfeld (gerade in Bezug auf die Rezeptoren im Darm) allerdings relativ neu ist, muss zukünftig noch einiges an Forschung investiert werden, um ein vollständigeres und damit klareres Bild zu erhalten.
Was ist nun der spürbare Benefit der Bitterstoffe bei MS?
MS-Erkrankte zeigen häufig typische Begleiterscheinungen einer übermäßigen Leber-Belastung. Sie sind also überdurchschnittlich müde, erschöpft, unkonzentriert. Müdigkeit wird generell als “der Schmerz der Leber” beschrieben. Durch den Konsum an Bitterstoffen bin ich fitter geworden, bin nicht mehr so schlapp und im Allgemeinen leistungsfähiger. Ich trinke immer wieder 1 Tasse Leber-Galle- oder Wermut-Tee. Früher habe ich das täglich gemacht. Inzwischen je nach Bedarf. Wenn ich mich nicht so fit fühle, einen “längeren” Ausflug mache oder etwas Stressiges ansteht, nehme ich mehr zu mir. Wenn es mir eine Zeit lang nicht so gut geht, gebe ich außerdem noch ein paar bittere Tropfen in meine Getränke. Im Allgemeinen greife ich auf alkoholfreie Präparate zurück, um Nerven und Leber nicht unnötig zu belasten. Hin und wieder ergänze ich allerdings mit ein paar Tropfen alkoholischer Tinktur, da verschiedene Bitterstoffe unterschiedlich gut in Wasser löslich sein können.
Mir hilft es tatsächlich und ich möchte auf diese Möglichkeit wirklich nicht verzichten! Denn es steigert durchaus das Wohlbefinden und damit im Allgemeinen die Lebensqualität!
Sie können gerne die Einnahme von Bitterstoffen vorher mit Ihrem Arzt oder Apotheker besprechen! Sollten Sie die Stoffe einer Pflanze nicht gut vertragen, könnte stattdessen eine andere Pflanze in Betracht gezogen werden. Generelle Vorsicht ist beim Konsum von Grapefruits geboten, vor allem wenn Sie Medikamente einnehmen [14]!
Fazit
Bitterstoffe, wie sie in Pflanzen wie Gelbem Enzian, Wermut und Mariendistel vorkommen, werden traditionell für ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften geschätzt und auf verschiedene Weise konsumiert, darunter in Form von Tee, Tropfen und Tabletten. Besonders hervorgehoben wird ihre positive Wirkung auf die Verdauung, wie das schneller einsetzende Sättigungsgefühl und eine reduzierte Lust auf Süßes. Interessanterweise beeinflussen Bitterstoffe auch die Sekretion von Gallensäuren und das Darmmikrobiom, was bei Multipler Sklerose (MS) von Bedeutung sein könnte, da hier oft ein Ungleichgewicht der Darmbakterien (Dysbiose) festgestellt wird.
Obwohl direkte wissenschaftliche Belege für einen spezifischen Einfluss von Bitterstoffen auf MS fehlen, könnten die positiven Effekte auf die Verdauung und das Mikrobiom indirekt von Nutzen sein. Zusätzlich wird angenommen, dass Bitterstoffe blutreinigende Eigenschaften haben und die Leberfunktion unterstützen, was wiederum die Blut-Hirn-Schranke und das Immunsystem beeinflussen könnte. Persönliche Erfahrungen deuten auf eine Verbesserung der Müdigkeit und allgemeinen Leistungsfähigkeit durch den Konsum von Bitterstoff-haltigen Produkten hin.
Kirsten (Daten- und Naturwissenschaftlerin)
Neu im Team von Life-SMS
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Referenzen
[1] B. P. Kok et al., ‘Intestinal bitter taste receptor activation alters hormone secretion and imparts metabolic benefits’, Mol. Metab., vol. 16, pp. 76–87, Oct. 2018, doi: 10.1016/j.molmet.2018.07.013.
[2] J. Singh, R. Metrani, S. R. Shivanagoudra, G. K. Jayaprakasha, and B. S. Patil, ‘Review on Bile Acids: Effects of the Gut Microbiome, Interactions with Dietary Fiber, and Alterations in the Bioaccessibility of Bioactive Compounds’, J. Agric. Food Chem., vol. 67, no. 33, pp. 9124–9138, Aug. 2019, doi: 10.1021/acs.jafc.8b07306.
[3] J. Chen et al., ‘Multiple sclerosis patients have a distinct gut microbiota compared to healthy controls’, Sci. Rep., vol. 6, p. 28484, Jun. 2016, doi: 10.1038/srep28484.
[4] N. Zmora, J. Suez, and E. Elinav, ‘You are what you eat: diet, health and the gut microbiota’, Nat. Rev. Gastroenterol. Hepatol., vol. 16, no. 1, Art. no. 1, Jan. 2019, doi: 10.1038/s41575-018-0061-2.
[5] D. Zheng, T. Liwinski, and E. Elinav, ‘Interaction between microbiota and immunity in health and disease’, Cell Res., vol. 30, no. 6, Art. no. 6, Jun. 2020, doi: 10.1038/s41422-020-0332-7.
[6] S. P. Wiertsema, J. van Bergenhenegouwen, J. Garssen, and L. M. J. Knippels, ‘The Interplay between the Gut Microbiome and the Immune System in the Context of Infectious Diseases throughout Life and the Role of Nutrition in Optimizing Treatment Strategies’, Nutrients, vol. 13, no. 3, p. 886, Mar. 2021, doi: 10.3390/nu13030886.
[7] K. Göbel et al., ‘Blood coagulation factor XII drives adaptive immunity during neuroinflammation via CD87-mediated modulation of dendritic cells’, Nat. Commun., vol. 7, no. 1, p. 11626, May 2016, doi: 10.1038/ncomms11626.
[8] H. Malkki, ‘Coagulation factors could mediate neuroinflammation in multiple sclerosis’, Nat. Rev. Neurol., vol. 12, no. 12, pp. 679–679, Dec. 2016, doi: 10.1038/nrneurol.2016.175.
[9] ‘https://austinpublishinggroup.com/nutrition-metabolism/fulltext/ajnm-v1-id1004.pdf’. Accessed: Mar. 04, 2024. [Online]. Available: https://austinpublishinggroup.com/nutrition-metabolism/fulltext/ajnm-v1-id1004.pdf
[10] ‘Saponine’, Wikipedia. Jan. 16, 2024. Accessed: Mar. 04, 2024. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Saponine&oldid=241237000
[11] B. Avau et al., ‘Targeting extra-oral bitter taste receptors modulates gastrointestinal motility with effects on satiation’, Sci. Rep., vol. 5, no. 1, Art. no. 1, Nov. 2015, doi: 10.1038/srep15985.
[12] P. Lu, C.-H. Zhang, L. M. Lifshitz, and R. ZhuGe, ‘Extraoral bitter taste receptors in health and disease’, J. Gen. Physiol., vol. 149, no. 2, pp. 181–197, Jan. 2017, doi: 10.1085/jgp.201611637.
[13] K. Tuzim and A. Korolczuk, ‘An update on extra-oral bitter taste receptors’, J. Transl. Med., vol. 19, no. 1, p. 440, Oct. 2021, doi: 10.1186/s12967-021-03067-y.
[14] ‘Grapefruit–drug interactions’, Wikipedia. Feb. 26, 2024. Accessed: Mar. 04, 2024. [Online]. Available: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Grapefruit%E2%80%93drug_interactions&oldid=1210366402
Photo: Helge Rieder auf wikipedia
Aus aktuellem Anlass:
Wollen Sie bei der Folge-Studie zur Auswirkung von Hippotherapie auf MS mitmachen?
Die Studie „MS HIPPO“ hat 2017 auf Evidenzstufe 1b nachgewiesen, dass die Hippotherapie einen positiven Einfluss auf die die Symptome der Multiplen Sklerose (MS) hat.
Wenn Sie an der aktuellen deutschlandweiten Folgestudie teilnehmen möchten, finden Sie alle Infos in folgendem PDF :
Probandeninfo zur Studie „MS-HIPPO II – Untersuchung der Wirksamkeit von Hippotherapie“PDF-Download „Probanden-Info“
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