Schütteln als tägliches Anti-Stress-Ritual?

Shaking – eine gezielte Schüttelpraxis zur Aktivierung des Nervensystems und zur Förderung der körperlich-emotionalen Selbstregulation

Haben Sie auch schon an Tieren – egal ob Haustier oder nicht domestiziert – beobachtet, dass sie sich nach Angst- oder sonstigen stressigen Situationen schütteln?
Ähnlich, wie ein Hund die Nässe aus seinem Fell schüttelt, wenn er „baden“ war. Dieses Schütteln ist ein natürlicher Reflexmechanismus, den auch der Mensch in sich trägt, um (Angst-)Stress abzubauen. Konnten unsere Vorfahren Stress durch Feinde nicht mit Flucht – die logischerweise Bewegung beinhaltet – begegnen, sorgten sie ganz natürlich und selbstverständlich durch (bewusstes oder unbewusstes) Schütteln für Cortisol-abbauende Bewegung.

Stattdessen begegnen wir heute Ängsten oder innerem Druck häufig mit Kontrolle, anhaltender Anspannung oder mentaler Verdrängung. Das lässt nicht nur ungesund den Cortisolspiegel oben sondern setzt Energie fest, statt sie zu nutzen. Denn durch rhythmisches, geführtes Schütteln können sich Spannungen lösen, emotionale Blockaden abbauen und aufgestaute Energie wieder freisetzen. Dabei kommt es nicht nur zu einer physischen Entladung, sondern auch zu einer Neuordnung im Nervensystem, was sich unmittelbar in mehr Klarheit, Präsenz und emotionaler Stabilität äußern kann. 

Alte Kulturtechnik in unserer Zeit wichtiger denn je

Diese fast in Vergessenheit geratene Methode gewinnt in unserer oft auf Funktionieren, Optimieren und Aushalten getrimmten Zeit zu Recht zunehmend an Bedeutung.
Doch wie kann Shaking, also einfaches Schütteln, unser Nervensystem stärken, Stress abbauen und Selbstregulation aktivieren? Mareike Schwed, Gründerin der Neurowerkstatt (für MS und Parkinson), erklärt im Gespräch mit Prof. Dr. Spitz, warum Shaking eine uralte, aber hochaktuelle Methode zur Selbstregulation ist – und wie sie schon mit wenigen Minuten täglich hilfreich sein kann.

Spitzen-Gespräch zwischen Prof. Dr. med. Jörg Spitz/AMM und Dr. phil. Mareike Schwed/Sportwissenschaftlerin/neurowerkstatt

In diesem 38-minütigem Video erfahren Sie:
• wie Shaking bei Ängsten, Stress, Erschöpfung und sogar chronischen Erkrankungen wie MS helfen kann
• welche wissenschaftlichen Grundlagen dahinterstehen
• wie man Shaking einfach und wirksam in den Alltag integrieren kann
• erste Übungssequenz während des Videoschauens.

Gesundheitliche Effekte von Shaking

Diese körperbasierte Selbstregulation wird zunehmend auch in der modernen Neuropsychologie und Traumatherapie als effektiver Weg zur Stressreduktion und Resilienzförderung erkannt. 
Shaking hilft nicht nur bei akuten Stressreaktionen oder Ängsten, sondern kann auch langfristig emotionale Muster durchbrechen, die sich oft schon in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter eingeprägt haben.

In wissenschaftlichen Studien zu verwandten Methoden (z.B. dem neurogenen Muskelzittern) konnten nicht nur ein Rückgänge der Cortisolspiegel sondern auch Effekte wie eine verbesserte Beweglichkeit und eine Aktivierung dopaminerger Systeme nachgewiesen werden. Insbesondere bei neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose kann Shaking dabei helfen, Symptome zu lindern, Energie zurückzugewinnen und wieder ein positives Körpergefühl zu entwickeln. Auch typische Symptome wie Schlafstörungen, chronische Verspannungen oder Erschöpfung können durch regelmäßiges Shaking spürbar zurückgehen. 

Doch auch ohne solch gesundheitliche Beeinträchtigungen zu haben, lohnt ein (nicht zu kurzfristig angelegter) Versuch. Denn tägliches Schütteln (am besten morgens oder als Arbeitspause) ist wie ein Reset-Knopf für Ihr Nervensystem: Schon wenige Minuten genügen – und viele fühlen sich sofort wacher, klarer und energetisch präsenter. 

7 Minuten Schütteln am Tag

Die Methode ist denkbar einfach: Bereits 7 Minuten tägliches Shaking – gerne zur Lieblingsmusik – können wirken. Dabei gibt es kein „korrektes Ausführen“, sondern ein intuitiver, freier Bewegungsfluss darf entstehen – individuell angepasst an Ihre körperliche und emotionale Verfassung. Die beispielhaft im Video gezeigte kurze Übungssequenz (von der Hand bis zur Schulter) kann problemlos auch im Sitzen ausgeführt werden. Probieren Sie aus, was bei Ihnen persönlich möglich ist. Auch ein Beinschütteln kann sitzend möglich sein.

Und falls Sie wirklich nach einer emotional belastenden Situation schütteln, ist es besonders hilfreich, dabei gezielt mit dem Thema oder Gefühl zu arbeiten (Wut, Angst, Unsicherheit, Enttäuschung …). Das können auch länger zurückliegende Ereignisse sein.

Auch gegen übermäßige Erschöpfung können Sie bewusst aktivierende Reize setzen. Viele Menschen berichten, dass sie bereits nach kurzer Zeit mehr Energie, ein verbessertes Körpergefühl und einen klareren Kopf verspüren. Nicht umsonst gibt es schon seit Urzeiten ganze Schüttelmeditationen – nicht nur für Fortgeschrittene!

Fazit: Gesundheit liegt auch im eigenen Körper

Shaking ist eine einfache, aber tiefgreifende Methode, die den Körper als Schlüssel zur Heilung nutzen kann. Ob zur Stressbewältigung, zur emotionalen Selbstregulation oder als tägliches Energie-Ritual – das bewusste Schütteln bietet eine selbstwirksame Möglichkeit, mehr Vitalität, innere Stabilität und Gesundheit ins Leben zu bringen. 


Referenzen 

Neurowerkstatt: www.neurowerkstatt.de


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Warum Bewegung, Eigenverantwortung und Stressmanagement entscheidend sind – besonders bei MS

Während Krankheiten wie Krebs oder Herzinfarkt große Aufmerksamkeit erhalten, kämpfen MS-Betroffene häufig im Stillen – mit wenig Unterstützung durch die Schulmedizin. Doch es gibt mehr Wege, den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen. Bewegung, Stressmanagement und ein Umdenken in Bezug auf die eigene Gesundheit spielen dabei eine zentrale Rolle.

Spitzen-Gespräch zwischen Prof. Dr. med. Jörg Spitz/AMM und Dr. phil. Mareike Schwed/Sportwissenschaftlerin/neurowerkstatt

Aus dem Gespräch:

Die unsichtbare Belastung: warum MS-Betroffene oft allein kämpfen

In der klassischen Medizin wird MS häufig symptomatisch behandelt. Medikamente stehen im Mittelpunkt, während ganzheitliche Ansätze wie gezielte Bewegung oder psychologische Unterstützung vernachlässigt werden. Viele Patientinnen und Patienten erleben eine schleichende Verschlechterung ihrer Symptome, da ihnen oft das Wissen fehlt, wie sie selbst aktiv Einfluss nehmen können.

Dabei wissen wir heute: Bewegung kann nicht nur Symptome lindern, sondern auch die Krankheitsprogression beeinflussen. Sport wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus, kann die Schubrate reduzieren und schützt das Nervensystem. Trotzdem tun sich viele Betroffene schwer, Bewegung in ihren Alltag zu integrieren – oft aus Angst, sich zu überlasten oder weil sie in einem Teufelskreis der Erschöpfung gefangen sind.

Use it or lose it: warum Bewegung unverzichtbar ist

Ein entscheidender Punkt, der im Video thematisiert wird, ist das Prinzip „Use it or lose it“ – wer seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten nicht nutzt, baut sie unweigerlich ab.

Der Körper ist ein Meister der Effizienz. Alles, was nicht aktiv gebraucht wird, wird abgebaut. Das gilt für Muskeln ebenso wie für das Gehirn. Wer sich aufgrund von MS oder Erschöpfung schont, riskiert, dass sich die Symptome weiter verschlimmern.

Die gute Nachricht: Es ist nie zu spät, damit anzufangen. Unabhängig davon, in welchem Stadium sich jemand befindet – Bewegung kann immer einen positiven Effekt haben. Entscheidend ist jedoch die richtige Art und Weise.

Toxischer Stress: ein unterschätzter Faktor bei Multipler Sklerose

Ein besonders brisanter Punkt, der im Gespräch hervorgehoben wird, betrifft den Einfluss von Stress und toxischen Lebenssituationen auf MS. Viele Betroffene – insbesondere Frauen – sind in einem Umfeld gefangen, das ihre Gesundheit unbewusst verschlechtert.

Typische Stressfaktoren sind:

  • Toxische Beziehungen: Partner, die wenig Verständnis haben oder zusätzlichen Stress verursachen.
  • Mehrfachbelastung: Familie, Beruf, Haushalt – viele Frauen nehmen sich selbst dabei völlig zurück.
  • Fehlende Abgrenzung: Wer immer nur für andere da ist, vernachlässigt oft seine eigenen Bedürfnisse.
  • Multitasking: Wird oft als Stärke angesehen, ist für das Gehirn aber eine permanente Überforderung.

Infobox Mythos Multitasking
Viele glauben, Multitasking sei eine wertvolle Fähigkeit – doch unser Gehirn kann eigentlich nur eins: schnell zwischen Aufgaben hin- und herwechseln. Dieser sogenannte „Task-Switching“-Effekt kostet jedoch Zeit und Energie. Studien zeigen, dass dabei mehr Fehler passieren, die Konzentration leidet und die Produktivität sinkt. Wer sich auf eine Aufgabe fokussiert, arbeitet effizienter und nachhaltiger. Also: Lieber nacheinander als durcheinander!

Siehe auch: Rubinstein, J. S., Meyer, D. E., & Evans, J. E. (2001). Executive control of cognitive processes in task switching. Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 27(4), 763–797., https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11518143/

Oft wird Betroffenen gesagt, sie seien „selbst schuld“ an ihrer Lage – doch das ist nicht der Punkt. Es geht nicht um Schuld, sondern um unbewusste Mechanismen. Wer sich über Jahre oder Jahrzehnte in belastenden Situationen befindet, kann nicht erwarten, dass sich der Körper davon nicht beeinflussen lässt.

Die Lösung: Selbstermächtigung. Das bedeutet, die eigene Situation zu reflektieren, toxische Muster zu erkennen und aktiv Veränderungen vorzunehmen. Das kann durch Bewegung, gezielte Stressbewältigung oder auch durch eine veränderte Lebensweise geschehen.

Neuroplastizität: Wie der Körper sich anpassen kann

Ein weiteres zentrales Thema im Gespräch ist das Konzept der Neuroplastizität – also die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern und anzupassen.

  • Bewegung kann gezielt dazu beitragen, Nervenzellen zu schützen und neue Verbindungen zu fördern.
  • Das autonome Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle, insbesondere in Bezug auf Stress.
  • Wer in einem Dauerstressmodus lebt, schadet nicht nur seiner Psyche, sondern auch seinem Körper.

Deshalb reicht Bewegung allein nicht aus. Sie muss mit einer bewussten Regulierung des Nervensystems kombiniert werden. Techniken aus der Polyvagal-Theorie, Atemübungen oder sanfte Bewegungsformen können helfen, den Körper aus dem Überlebensmodus herauszuführen.

Fazit: Gesundheit liegt auch in der eigenen Hand

Multiple Sklerose ist eine herausfordernde Erkrankung – aber sie ist kein Schicksal, dem man sich hilflos ergeben muss. Durch Bewegung, Selbstermächtigung und gezielte Stressregulation können Betroffene aktiv Einfluss auf ihr Wohlbefinden nehmen.

Wichtige Erkenntnisse aus dem Gespräch:

  • Bewegung ist essenziell – „Use it or lose it“ gilt für Körper und Geist
  • Toxischer Stress kann MS-Symptome verschlimmern – besonders bei Frauen.
  • Multitasking ist kein Zeichen von Stärke, sondern purer Stress für das Nervensystem.
  • Selbstermächtigung ist der Schlüssel: Niemand kann die Verantwortung für die eigene Gesundheit abnehmen.
  • Das Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle – Stressregulation ist genauso wichtig wie Bewegung.

Mehr zum Thema Sport und MS auch in unserem gleichnamigen Ratgeber. Hier geht’s zum Gratisdownload….


Referenzen 

Neurowerkstatt: www.neurowerkstatt.de


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