
Über die möglichen positiven Wirkungen der Alpha-Liponsäure (LA oder ALA) bei der eigenverantwortlichen Behandlung der Multiplen Sklerose haben wir schon häufiger und früh berichtet. Z.B. in:
Update: Oxidativer Stress bei MS und die Wirkung von Alpha-Liponsäure
Zusammenfassende Erkenntnisse
Hinzu kommt ein systematischer Review aus dem Jahr 2022 [1], der die Rolle der Alpha-Liponsäure (engl. Lipoic Acid, LA) bei Multipler Sklerose breiter angelegt untersuchte. Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war es, einen umfassenden Überblick über In-vitro- und In-vivo-Studien zu geben, die die Pharmakokinetik, die Wirksamkeit, die Sicherheit und den Mechanismus von LA in MS-bezogenen Experimenten und klinischen Studien beschreiben. Durch die Suche in fünf Datenbanken, darunter PubMed, Web of Science, Embase, Scopus und Cochrane Library, wurden insgesamt 516 Datensätze ermittelt. Insgesamt wurden 20 Studien über die Wirkung von LA in Zell- und Mausmodellen von MS und 12 klinische Studien über die Wirkung von LA bei Patienten mit MS berücksichtigt.
Was ist Alpha-Liponsäure überhaupt?
Alpha-Liponsäure ist eine körpereigene Substanz, die in kleinen Mengen auch in Lebensmitteln vorkommt. Die höchsten natürlichen LA-Gehalte finden sich in tierischen Organen, insbesondere Leber, Herz und Niere – wegen ihres hohen Mitochondrienanteils (1-3 mg/100 g). In Spinat und Brokkoli findet man auch noch zwischen 0,1 und 0,2 mg/100g. Bekannt ist LA vor allem als starkes Antioxidans – sie hilft also dabei, schädliche freie Radikale im Körper zu neutralisieren. Gleichzeitig beeinflusst sie das Immunsystem – und genau das macht sie für MS interessant.
Was hat die Analyse der Studien ergeben?
Die Ergebnisse bestärken unsere früheren Einschätzungen.
Präklinische Studien:
- LA zeigte in Zellkultur- und Mausmodellen klare entzündungshemmende Wirkungen, u.a. durch Hemmung der T-Zell-Aktivierung und Reduktion von Zytokinen wie TNF-α und IL-17.
- In Tiermodellen reduzierte LA die Infiltration von Immunzellen in das ZNS und verbesserte neurologische Symptome.
Klinische Studien:
- Bei Patienten mit MS stabilisierte LA die EDSS-Werte (Expanded Disability Status Scale) und verbesserte in einigen Studien das Gangbild.
- Eine Reduktion des Hirnvolumenverlusts um 68 % bei SPMS-Patienten über 2 Jahre wurde beobachtet.
- Die Verträglichkeit war gut: Gastrointestinale Nebenwirkungen traten bei höheren Dosen häufiger auf, aber schwerwiegende Nebenwirkungen waren selten.
Summa summarum:
- Weniger Entzündung: LA bremst die Aktivität bestimmter Immunzellen, die bei MS das Nervensystem angreifen. Auch entzündungsfördernde Botenstoffe wie TNF-α oder Interleukin-17 werden durch LA reduziert.
- Weniger oxidative Schäden: MS geht mit erhöhtem oxidativem Stress einher – also mit Zellschäden durch freie Radikale. LA wirkt dem entgegen und schützt das Gewebe.
- Schutz für die Nerven: LA stabilisiert die Blut-Hirn-Schranke und schützt somit Nervenzellen besser vor Angriffen.
Diskussion :
Ein zentraler Aspekt der Diskussion in der Studie betrifft die potenziellen Konsequenzen der Einnahme von Alpha-Liponsäure (LA) für die Behandlung der Multiplen Sklerose sowie die daraus ableitbaren Erkenntnisse für Betroffene. Besonders hervorgehoben wird die doppelte Wirkweise von LA, die sowohl antioxidative als auch entzündungshemmende Mechanismen umfasst. So konnte gezeigt werden, dass LA oxidativen Stress reduziert, indem es das Nrf2-System aktiviert – ein zellulärer Signalweg, der antioxidative Enzyme wie Superoxiddismutase (SOD) und Glutathion steuert. Parallel dazu entfaltet LA eine immunmodulatorische Wirkung, etwa durch die Hemmung von Entzündungsmarkern wie MMP-9 und NF-κB sowie von proinflammatorischen Zytokinen wie TNF-α und IL-17.
Darüber hinaus schützt LA die Integrität der Blut-Hirn-Schranke, was für den Krankheitsverlauf von MS von entscheidender Bedeutung ist. Diese Schutzwirkung basiert darauf, dass LA die Migration von Immunzellen in das zentrale Nervensystem hemmt – ein Prozess, der ansonsten entzündliche Schübe begünstigen kann.
Beachtenswert sind zudem die Erkenntnisse zur Sicherheit und Langzeitverträglichkeit. Die Datenlage aus klinischen Studien über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren deutet darauf hin, dass eine tägliche orale Einnahme von 1200 mg LA unbedenklich ist. Insbesondere die R-Alpha-Liponsäure zeigte in den Untersuchungen eine gute Bioverfügbarkeit und wurde von den Patienten gut vertragen.
Unser Fazit:
Die Autoren belegen, dass LA aufgrund seiner multifunktionalen Eigenschaften ein vielversprechender Kandidat für die MS-Therapie ist. Die Kombination von antioxidativen und immunmodulatorischen Effekten ermöglicht es LA, sowohl die Entzündungsprozesse als auch den oxidativen Stress, die beide zentral in der MS-Pathogenese sind, zu adressieren. Daraus ergibt sich, dass Alpha-Liponsäure als Basiswerkzeug in die Toolbox für die eigenverantwortliche MS-Langzeitbehandlung gehört.
Dosierung:
Auch wenn die Einnahme von 1200 mg LA/Tag unbedenklich ist, erscheint es uns mit Blick auf mögliche gastrointestinale Nebenwirkungen (z. B. Übelkeit) sinnvoll, mit einer niedrigeren Dosis zu starten (z.B. 2 * 300 mg/Tag). Im Zweifel ist immer die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt zu befragen. Achten Sie immer darauf, dass Sie R-Alpha-Liponsäure und kein Racemat einnehmen (siehe folgende Info)!
Info: Nur R-LA ist biologisch aktiv
Die R-Form der Alpha-Liponsäure ist die natürlich vorkommende und körpereigene Form, die vom menschlichen Stoffwechsel verwendet wird. Sie ist biologisch aktiver, da sie:
- als Cofaktor in Enzymkomplexen im Energiestoffwechsel (z. B. in den Mitochondrien) dient,
- besser vom Darm aufgenommen wird,
- schneller und stärker im Blut verfügbar ist.
S-LA ist synthetisch und weniger wirksam
Die S-Form entsteht nur bei der chemischen Herstellung (z. B. in Nahrungsergänzungsmitteln). Sie:
- zeigt weniger Wirkung im Körper,
- kann sogar mit der R-Form konkurrieren und deren Wirkung abschwächen,
- wird langsamer verstoffwechselt.
Racemat (R/S-LA) ist zwar ein übliches Präparat – aber suboptimal
Viele Nahrungsergänzungsmittel enthalten ein Racemat, also eine 50:50-Mischung aus R- und S-Enantiomer, da es einfacher und günstiger herzustellen ist.
In Studien wurde jedoch gezeigt:
R-LA allein hat eine bessere Bioverfügbarkeit und wird von Patienten besser vertragen – insbesondere bei höheren Dosen.
Referenz:
[1] Xie H, Yang X, Cao Y, Long X, Shang H, Jia Z. Role of lipoic acid in multiple sclerosis. CNS Neurosci Ther. 2022 Mar;28(3):319-331. doi: 10.1111/cns.13793. Epub 2021 Dec 28. PMID: 34964271; PMCID: PMC8841304. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/cns.13793
Bildnachweis:
Lebensmittel mit natürlichem Gehalt an Alpha-Liponsäure – insbesondere Rinderleber, Spinat und Brokkoli.
Bild generiert mit KI (DALL·E, OpenAI)
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