Shaking – eine gezielte Schüttelpraxis zur Aktivierung des Nervensystems und zur Förderung der körperlich-emotionalen Selbstregulation
Haben Sie auch schon an Tieren – egal ob Haustier oder nicht domestiziert – beobachtet, dass sie sich nach Angst- oder sonstigen stressigen Situationen schütteln? Ähnlich, wie ein Hund die Nässe aus seinem Fell schüttelt, wenn er „baden“ war. Dieses Schütteln ist ein natürlicher Reflexmechanismus, den auch der Mensch in sich trägt, um (Angst-)Stress abzubauen. Konnten unsere Vorfahren Stress durch Feinde nicht mit Flucht – die logischerweise Bewegung beinhaltet – begegnen, sorgten sie ganz natürlich und selbstverständlich durch (bewusstes oder unbewusstes) Schütteln für Cortisol-abbauende Bewegung.
Stattdessen begegnen wir heute Ängsten oder innerem Druck häufig mit Kontrolle, anhaltender Anspannung oder mentaler Verdrängung. Das lässt nicht nur ungesund den Cortisolspiegel oben sondern setzt Energie fest, statt sie zu nutzen. Denn durch rhythmisches, geführtes Schütteln können sich Spannungen lösen, emotionale Blockaden abbauen und aufgestaute Energie wieder freisetzen. Dabei kommt es nicht nur zu einer physischen Entladung, sondern auch zu einerNeuordnung im Nervensystem, was sich unmittelbar in mehr Klarheit, Präsenz und emotionaler Stabilität äußern kann.
Alte Kulturtechnik in unserer Zeit wichtiger denn je
Diese fast in Vergessenheit geratene Methode gewinnt in unserer oft auf Funktionieren, Optimieren und Aushalten getrimmten Zeit zu Recht zunehmend an Bedeutung. Doch wie kann Shaking, also einfaches Schütteln, unser Nervensystem stärken, Stress abbauen und Selbstregulation aktivieren? Mareike Schwed, Gründerin der Neurowerkstatt (für MS und Parkinson), erklärt im Gespräch mit Prof. Dr. Spitz, warum Shaking eine uralte, aber hochaktuelle Methode zur Selbstregulation ist – und wie sie schon mit wenigen Minuten täglich hilfreich sein kann.
Spitzen-Gespräch zwischen Prof. Dr. med. Jörg Spitz/AMM und Dr. phil. Mareike Schwed/Sportwissenschaftlerin/neurowerkstatt
In diesem 38-minütigem Video erfahren Sie: • wie Shaking bei Ängsten, Stress, Erschöpfung und sogar chronischen Erkrankungen wie MS helfen kann • welche wissenschaftlichen Grundlagen dahinterstehen • wie man Shaking einfach und wirksam in den Alltag integrieren kann • erste Übungssequenz während des Videoschauens.
Gesundheitliche Effekte von Shaking
Diese körperbasierte Selbstregulation wird zunehmend auch in der modernen Neuropsychologie und Traumatherapie als effektiver Weg zur Stressreduktion und Resilienzförderung erkannt. Shaking hilft nicht nur bei akuten Stressreaktionen oder Ängsten, sondern kann auch langfristig emotionale Muster durchbrechen, die sich oft schon in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter eingeprägt haben.
In wissenschaftlichen Studien zu verwandten Methoden (z.B. dem neurogenen Muskelzittern) konnten nicht nur ein Rückgänge der Cortisolspiegel sondern auch Effekte wie eine verbesserte Beweglichkeit und eine Aktivierung dopaminerger Systeme nachgewiesen werden. Insbesondere bei neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose kann Shaking dabei helfen, Symptome zu lindern, Energie zurückzugewinnen und wieder ein positives Körpergefühl zu entwickeln. Auch typische Symptome wie Schlafstörungen, chronische Verspannungen oder Erschöpfung können durch regelmäßiges Shaking spürbar zurückgehen.
Doch auch ohne solch gesundheitliche Beeinträchtigungen zu haben, lohnt ein (nicht zu kurzfristig angelegter) Versuch. Denn tägliches Schütteln (am besten morgens oder als Arbeitspause) ist wie ein Reset-Knopf für Ihr Nervensystem: Schon wenige Minuten genügen – und viele fühlen sich sofort wacher, klarer und energetisch präsenter.
7 Minuten Schütteln am Tag
Die Methode ist denkbar einfach: Bereits 7 Minuten tägliches Shaking – gerne zur Lieblingsmusik – können wirken. Dabei gibt es kein „korrektes Ausführen“, sondern ein intuitiver, freier Bewegungsfluss darf entstehen – individuell angepasst an Ihre körperliche und emotionale Verfassung. Die beispielhaft im Video gezeigte kurze Übungssequenz (von der Hand bis zur Schulter) kann problemlos auch im Sitzen ausgeführt werden. Probieren Sie aus, was bei Ihnen persönlich möglich ist. Auch ein Beinschütteln kann sitzend möglich sein.
Und falls Sie wirklich nach einer emotional belastenden Situation schütteln, ist es besonders hilfreich, dabei gezielt mit dem Thema oder Gefühl zu arbeiten (Wut, Angst, Unsicherheit, Enttäuschung …). Das können auch länger zurückliegende Ereignisse sein.
Auch gegen übermäßige Erschöpfung können Sie bewusst aktivierende Reize setzen. Viele Menschen berichten, dass sie bereits nach kurzer Zeit mehr Energie, ein verbessertes Körpergefühl und einen klareren Kopf verspüren. Nicht umsonst gibt es schon seit Urzeiten ganze Schüttelmeditationen – nicht nur für Fortgeschrittene!
Fazit: Gesundheit liegt auch im eigenen Körper
Shaking ist eine einfache, aber tiefgreifende Methode, die den Körper als Schlüssel zur Heilung nutzen kann. Ob zur Stressbewältigung, zur emotionalen Selbstregulation oder als tägliches Energie-Ritual – das bewusste Schütteln bietet eine selbstwirksame Möglichkeit, mehr Vitalität, innere Stabilität und Gesundheit ins Leben zu bringen.
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Da hat man schon eine nervige Erkrankung! Und dann gesellen sich im Laufe der Zeit auch noch Knochenstoffwechselstörungen wie Osteoporose dazu. Muss es denn so weit kommen?
Gemäss Fachliteratur haben MS-Erkrankte ein bis zu 10-fach (!) erhöhtes Osteoporose-Risiko gegenüber nicht Erkrankten [1]. Auch Knochenbrüche sind gemäss Studienlage bei MS-Erkrankten häufiger vorzufinden. So bestehe beispielsweise ein 3-fach erhöhtes Risiko, eine Hüftfraktur zu erleiden, im Vergleich zu nicht Erkrankten [1].
Aber wieso wird der Knochenstoffwechsel gestört? Wieso werden die Knochen weich (Osteomalazie), porös (Osteoporose) bzw. brüchig, wenn man doch eigentlich eine Nervenerkrankung hat? Und ist Osteoporose nicht eigentlich eine Alterserscheinung?
Die Osteoporose z.B. wird (anders als die «primäre» altersbedingte Osteoporose) bei MS-Erkrankten als «sekundäre» Osteoporose beschrieben (also als «Folge» der MS-Erkrankung). Sie wird allerdings nicht primär auf geschädigte Nerven, sondern vielmehr auf verschiedene Lebensumstände zurückgeführt, die den Knochenabbau fördern.
Entwicklungsstadien einer Osteoporose (Knochendichteveränderungen) bei einem Wirbelkörper
Körperliche Bewegung
Bewegungsmangel gilt im Allgemeinen als eine potenzielle Ursache der MS-begleitenden Osteoporose. Denn der Reiz, der das Knochenwachstum fördert, wird von der Muskulatur gegeben. Bewegt man sich nicht ausreichend, wird dieser Reiz nicht genügend erzeugt und das Gleichgewicht aus Knochenab- und Knochenaufbau verschiebt sich zu Ungunsten der Knochengesundheit. Die Elastizität der Knochen wird gemindert, so dass diese schneller unter Belastung brechen.
Für alle MS-Erkrankten, die körperlich nicht bzw. kaum eingeschränkt sind, wäre daher regelmässige Bewegung anzuraten. Das fängt schon an mit Spaziergängen, Feldenkrais, Yoga, Beckenboden-Training, Wassergymnastik, sportlicher Betätigung bis hin zum Ausdauertraining oder gezielten Muskelaufbau. Auch Koordinationstraining auf Balance-Boards oder speziellen Balance-Kissen (sofern Ihre Koordinationsfähigkeiten nicht allzu stark gemindert sind) unterstützt den Erhalt der Knochengesundheit. Im Alltag kann auch der Einsatz von Hilfsmitteln (wie z.B. Balance-Kissen auf dem Stuhl beim Sitzen) helfen, dem Knochenabbau etwas entgegenzuwirken.
Für Erkrankte, die körperlich stärker eingeschränkt sind, sind Physiotherapeuten bzw. Sportwissenschaftler im therapeutischen Bereich eine gute Anlaufstelle. Unterstützenden Muskelaufbau könnten Sie auch mit EMS-Training (EMS=Elektromyostimulation) in Absprache mit Ihrem Therapeuten erreichen. Wenn genügend Muskulatur vorhanden ist und Sie keine künstlichen Gelenke haben bzw. an Gelenkproblemen wie Arthrose leiden, könnte (in Absprache mit Ihrem Therapeuten) womöglich Vibrationstraining in Betracht gezogen werden [2], [3]. Für Rollstuhlfahrer gibt es inzwischen sogar spezielle Vibrationsvorrichtungen – wenn auch leider zu bisher nicht überschaubaren Preisen [4], [5]. Für Privatpersonen wäre eine solche Trainingsplatte wohl sehr kostenintensiv. Aber manche Therapeuten bieten Vibrationstraining an, so dass diese hierfür eine mögliche Anlaufstelle wären. Insgesamt gilt: Halten Sie sich bitte an die Anweisung Ihres behandelnden Therapeuten und an die Herstellervorschriften.
Des Weiteren könnte regelmässige Hippotherapie durchgeführt werden. Hierbei erfolgt eine Bewegungsübertragung des sich bewegenden (und speziell dafür ausgebildeten) Pferdes auf den darauf sitzenden Patienten – wodurch letztendlich die Muskulatur des Patienten trainiert wird. Bitte wenden Sie sich an Ihre Krankenkasse, ob diese die Kosten einer solchen Therapie übernimmt.
Seit etwa 20 Jahren wird in den USA u.a. Magnetfeldtherapie zur Behandlung von Knochenbrüchen eingesetzt [6]. In Deutschland wurde sie zur Behandlung von Schmerzen vor 10 Jahren als IGeL-Leistung eingestuft [7]. Neueste Forschung weist aber auf eine vermehrte Expression eines bestimmten Proteins (Wachstumsfaktor für Knochengewebe) hin, das durch die Magnetfeldtherapie induziert wird [8]. Verschiedene Studien zeigten prinzipiell gute Erfolge dieser Therapiemethode bei Osteoporose [9], [10]. Gewöhnlich werden die Kosten für eine solche Therapie nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, können dort aber sicherlich angefragt werden.
Mikronährstoffe
Begünstigt wird eine Abnahme der Knochengesundheit auch durch niedrige Vitamin-D-Werte. Denn Vitamin D ist sehr wichtig für den Knochenstoffwechsel, indem es die Aufnahme von Calcium und Phosphat aus dem Darm sowie deren Einbau in den Knochen fördert. Wird weniger Knochensubstanz auf- als abgebaut, kommt es auch hier wieder zu Störungen des Knochenstoffwechsels. Ein ausgeprägter Vitamin-D-Mangel zeigt sich im Erwachsenenalter u.a. in Osteomalazie, also der schmerzhaften Erweichung der Knochen. Bei Kindern würde sie sich in Form von Rachitis zeigen. Vitamin-D-Mangel äussert sich zudem in Muskelschwäche – was wiederum das Risiko, hinzufallen und sich dabei möglicherweise Knochen zu brechen, erhöht [11].
Für die Umwandlung des mit der Nahrung aufgenommenen Vitamin-D-Derivats in seine biologisch aktive Form (auch «Vitamin D3» genannt), braucht es u.a. Magnesium. Eine ausreichende Magnesium-Versorgung ermöglicht also, dass das Vitamin D seine Aufgabe im Knochenstoffwechsel bestmöglich ausführen kann.
Körpereigene Stoffe wie z.B. Homocystein scheinen den Knochenabbau voranzutreiben. Als einen möglichen therapeutischen Ansatz wird diesbezüglich der Einsatz von B-Vitaminen (insbesondere von Vitamin B12 und Folsäure) beschrieben [12]. Denn diese bauen (die für die Knochen toxische Substanz) Homocystein ab. Der Benefit einer B-Vitamine-Supplementierung auf die Knochengesundheit wurde bisher nur bei Personengruppen beschrieben, deren B-Vitamin-Werte niedrig waren – nicht aber bei Personengruppe, die bereits ausreichend hohe Werte aufwiesen [13]. Das Vermeiden eines Vitamin-B12- bzw. Folsäure-Mangels scheint also auch der Knochengesundheit förderlich zu sein.
Eine zuckerarme Ernährung scheint auch der Knochengesundheit ebenfalls dienlich zu sein. Denn Zuckerkonsum begünstige – Untersuchungen nach – zum einen eine erhöhte Ausscheidung von Calcium und Magnesium über den Urin [14]. Zum anderen würde die Aufnahme von Calcium und Vitamin D im Darm gehemmt. Beides würde die Knochengesundheit beeinträchtigen. Zudem scheinen Dysregulierungen im Glucosestoffwechsel (z.B. bei Insulinresistenz oder Diabetes) die Aktivität der knochenreparierenden Osteoblasten zu stören und gleichzeitig die der knochenabbauenden Osteoclasten zu erhöhen [15].
Eine Versorgung mit Calcium ist lebenswichtig. Wir nehmen es täglich in einer Vielzahl verschiedener Lebensmittel auf – v.a. in Form von Milchprodukten und (kalkhaltigem) Trinkwasser [16]. Eine Unterversorgung erscheint bei normaler Ernährung wenig wahrscheinlich – und kann i.d.R. folglich vermieden werden, wenn es keine akuten Umstände gibt, die eine zusätzliche Calcium-Zufuhr erfordern. Während der Stosstherapie z.B. werden Sie gewöhnlich von Ihrem behandelnden Arzt mit Calcium- und Vitamin-D-Präparaten versorgt. Wichtig ist generell: Achten Sie vor allem auf eine genügende Bildung bzw. Zufuhr von Vitamin D und Magnesium!
Medikamente und Stress
Der Knochenabbau wird u.a. auch auf verschiedene Medikamente zurückgeführt. Insbesondere fördern Glucocorticoid-haltige Medikamente (wie sie z.B. hochdosiert in der Stosstherapie verabreicht werden) Osteoporose [17], [18] [19]. Ebenso erhöhen auch Antiepileptika das Osteoporose-Risiko [20]. Gemäss wissenschaftlicher Literatur werden Nebenwirkungen der Glucocorticoide-Therapie wie erhöhtes Osteoporose-Risiko (sowie erhöhtes Diabetesrisiko, Bluthochdruck, Herzbeschwerden oder Infektionen) ab einer täglichen Dosis von 5 mg Prednisolon (ein Glucocorticoid) pro Tag beschrieben – insbesondere bei einer länger dauernden Therapie [21]. Eine andere Quelle beschreibt ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche ab einer täglichen Dosis von 2,5 mg Prednison [22] (Vorstufe des Prednisolon [23]).
Seit vielen Jahren heisst es, dass die Stosstherapie keinen nennenswerten Effekt auf die Knochendichte haben würde [24], [25]. Als Erklärung findet man immer wieder, dass die Glucocorticoide zwar in sehr hohen Dosen, aber dafür nur kurzzeitig verabreicht werden. Da die Knochendichte zur Bestimmung des Osteoporose-Grades verwendet wird [26], würde sich demzufolge das Osteoporose-Risiko nur bei Langzeiteinnahme der Medikamente erhöhen. Bei der Knochendichte-Messung werden Knochen z.B. an Lendenwirbelsäule und Oberschenkelhals mit Röntgenstrahlung bestrahlt. Man vergleicht die Röntgenstrahlung, die durch den Knochen durchkommt mit der, die eingestrahlt wurde – und zieht hieraus Schlüsse über den Kalksalzgehalt des Knochens, der häufig als Indiz der Knochengesundheit herangezogen wird.
Schaut man sich jedoch die Mikroarchitektur des Knochens an, also die «trabekuläre Knochendichte», so findet man bereits nach einer (!) Stosstherapie (die üblicherweise 3-5 Tage mit 500-1000 mg Methylprednisolon durchgeführt wird) eine signifikante Verschlechterung gegenüber vorher [27]. Die schwammartige Netzstruktur im Inneren eines Knochens («trabekulärer» Knochen) bestimmt erheblich die Stabilität und Tragkraft des Knochens [28]. Wird diese Gerüststruktur (also die vielen Quervernetzungen im Knocheninneren) zerstört, wird der Knochen porös und das Frakturrisiko steigt. Hinweise: 5 mg Prednisolon würde einer Äquivalenz-Dosierung von 4 mg Methylprednisolon entsprechen [29]. Als «hohe» Dosierung gilt bereits 7.5 mg pro Tag [30].
Glukocortikoidhaltige Medikamente stören zudem den Vitamin D- und damit auch den Calciumstoffwechsel. Es kommt zu einer verminderten Aufnahme von Calcium und Phosphat im Darm und zu einer vermehrten Ausscheidung von Calcium, was wiederum zu einer vermehrten Demineralisation und zu einer ungenügenden Remineralisation des Knochens führt – um die Calciumwerte im Blut möglichst konstant zu halten.
Die Knochensubstanz wird hierdurch weicher und kann in eine Osteomalazie übergehen [31]. Zur Behandlung und Prävention der Osteomalazie wird vor allem Vitamin D verabreicht. Im Zusammenhang mit MS wurde bisher vor allem die Osteoporose (also eine Abnahme der Knochenmasse sowie eine Veränderung der Mikroarchitektur des Knochens) und kaum die Osteomalazie (also eine gestörte Mineralisierung der Knochensubstanz) untersucht. Beide führen zu einer verringerten Tragkraft der Knochen sowie zu deren leichterem Brechen.
Doch wie vermeidet man den Einsatz solcher Medikamente bzw. minimiert deren Nebenwirkungen auf die Knochen? Generell können bestimmte Lebensstilmassnahmen langfristig helfen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen und somit den Einsatz potenziell knochenschädigender Medikamente zu reduzieren. Hierzu zählen, wie oben erwähnt, regelmässige körperliche Bewegung, ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen, das Vermeiden gesundheitsschädigender Einflüsse (z.B. durch Rauchen) sowie Stressreduktion. Denn Stress bedeutet erhöhte Cortisol- (also Glucocorticoid-) Werte und damit ein tendenziell erhöhtes Risiko des Knochenabbaus.
Besprechen Sie die Notwendigkeit einer hohen Dosierung sowie die Anwendungsdauer solcher Medikamente bitte vorher mit Ihrem Arzt. Möglicherweise wäre auch eine niedrigere Dosierung bzw. eine kürzere Therapiedauer ausreichend. Bereits seit einigen Jahrzehnten werden Glucocorticoide als Immunsuppressiva eingesetzt. Puls-/Stosstherapien wurden bereits in den 1970er Jahren mit einer Dosierung von 1000 mg (also 1 g) Methylprednisolon täglich beschrieben – nach Organtransplantationen, bei Lupus Nephritis oder rheumatoider Arthritis [32]. Diese Dosierung wurde zur Behandlung der MS übernommen – wenn für mich auch schwer nachvollziehbar ist, wie diese extrem hohe Dosierung überhaupt zustande kam.
Während der Stosstherapie erhalten Sie von Ihrem Arzt in der Regel Calcium- und Vitamin-D-Präparate. Doch benötigt der Körper auch in den darauffolgenden Wochen weiterhin Unterstützung beim Aufbau der Knochenmasse, die bedingt durch die Medikamente, reduziert wurde. Auch hier wieder: Bewegung, Stressreduktion, Mikronährstoffe wie Vitamin D und Magnesium und das Meiden weiterer Risikofaktoren (siehe unten).
Weitere Faktoren
Risikofaktoren von Osteoporose sind zudem Rauchen, regelmässiger Alkoholkonsum, Untergewicht sowie Hormonmangel [33]. Auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen werden mit einem erhöhten Osteoporose-Risiko assoziiert [34] – möglicherweise weil knochenaufbauende Substanzen nicht genügend vom Darm resorbiert werden können und weil auch hier u.a. Glucocorticoide als Therapie verabreicht werden, wenn auch in niedrigerer Dosierung, aber dafür länger als bei der Stosstherapie.
Fazit
Die Knochengesundheit gilt bei MS-Erkrankten als deutlich beeinträchtigt gegenüber nicht Erkrankten. Ursachen hierfür sind u.a. Bewegungsmangel, Medikamente, Stress sowie ungesunde Einflussfaktoren wie Rauchen oder häufiger Alkoholkonsum.
Die Knochengesundheit lässt sich positiv beeinflussen durch körperliche Bewegung, eine genügende Versorgung mit Mikronährstoffen (wie Vitamin D und Magnesium) und das Meiden ungesunder Lebens- bzw. Genussmittel (Zucker, Rauchen, häufiger Alkoholkonsum).
Referenzen
[1] O. Zimmermann and K. H. Stürner, ‘Osteoporose und Frakturen bei Multipler Sklerose – unterschätzt und ignoriert?’, Osteologie, vol. 28, no. 4, pp. 259–267, Nov. 2019, doi: 10.1055/a-1005-8190.
[8] S. Ding, G. Zhang, Y. Gao, Z. Hou, and F. Shao, ‘Investigating the preventive effects of pulsed electromagnetic fields on glucocorticoid-induced osteoporosis in rats’, Sci. Rep., vol. 15, no. 1, p. 2535, Jan. 2025, doi: 10.1038/s41598-025-86594-8.
[9] W. Zhang et al., ‘The Possible Role of Electrical Stimulation in Osteoporosis: A Narrative Review’, Medicina (Mex.), vol. 59, no. 1, p. 121, Jan. 2023, doi: 10.3390/medicina59010121.
[10] ‘(PDF) Pulsed Electromagnetic Field Promotes Bone Anabolism in Postmenopausal Osteoporosis through the miR-6976/BMP/Smad4 Axis’, ResearchGate, Dec. 2024, doi: 10.1155/2023/8857436.
[11] J. W. Nieves, ‘Osteoporosis: the role of micronutrients’, Am. J. Clin. Nutr., vol. 81, no. 5, pp. 1232S-1239S, May 2005, doi: 10.1093/ajcn/81.5.1232.
[12] J. Narváez et al., ‘Role of homocysteine and vitamin B in bone metabolism’, Rev. Colomb. Reumatol. Engl. Ed., vol. 27, no. 4, pp. 278–285, Oct. 2020, doi: 10.1016/j.rcreue.2019.12.008.
[13] M. Clements et al., ‘A 2-Year Randomized Controlled Trial With Low-Dose B-Vitamin Supplementation Shows Benefits on Bone Mineral Density in Adults With Lower B12 Status’, J. Bone Miner. Res. Off. J. Am. Soc. Bone Miner. Res., vol. 37, no. 12, pp. 2443–2455, Dec. 2022, doi: 10.1002/jbmr.4709.
[14] J. J. DiNicolantonio, V. Mehta, S. B. Zaman, and J. H. O’Keefe, ‘Not Salt But Sugar As Aetiological In Osteoporosis: A Review’, Mo. Med., vol. 115, no. 3, pp. 247–252, 2018.
[15] C. M. Karner and F. Long, ‘Glucose metabolism in bone’, Bone, vol. 115, pp. 2–7, Oct. 2018, doi: 10.1016/j.bone.2017.08.008.
[17] S. Gupta, I. Ahsan, N. Mahfooz, N. Abdelhamid, M. Ramanathan, and B. Weinstock-Guttman, ‘Osteoporosis and multiple sclerosis: risk factors, pathophysiology, and therapeutic interventions’, CNS Drugs, vol. 28, no. 8, pp. 731–742, Aug. 2014, doi: 10.1007/s40263-014-0173-3.
[21] G. Keyßer, ‘Sicherheitsaspekte der Therapie mit Glukokortikoiden bei rheumatoider Arthritis’, Z. Rheumatol., vol. 80, no. 4, pp. 295–304, 2021, doi: 10.1007/s00393-021-00972-x.
[22] I. Ilias, C. Milionis, and E. Zoumakis, ‘An Overview of Glucocorticoid-Induced Osteoporosis’, in Endotext, K. R. Feingold, B. Anawalt, M. R. Blackman, A. Boyce, G. Chrousos, E. Corpas, W. W. de Herder, K. Dhatariya, K. Dungan, J. Hofland, S. Kalra, G. Kaltsas, N. Kapoor, C. Koch, P. Kopp, M. Korbonits, C. S. Kovacs, W. Kuohung, B. Laferrère, M. Levy, E. A. McGee, R. McLachlan, M. New, J. Purnell, R. Sahay, A. S. Shah, F. Singer, M. A. Sperling, C. A. Stratakis, D. L. Trence, and D. P. Wilson, Eds., South Dartmouth (MA): MDText.com, Inc., 2000. Accessed: Feb. 21, 2025. [Online]. Available: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK278968/
[24] B. Frediani et al., ‘Effects of High Dose Methylprednisolone Pulse Therapy on Bone Mass and Biochemical Markers of Bone Metabolism in Patients with Active Rheumatoid Arthritis: A 12-Month Randomized Prospective Controlled Study’, J. Rheumatol..
[25] S. Zengin Karahan et al., ‘Lack of Association between Pulse Steroid Therapy and Bone Mineral Density in Patients with Multiple Sclerosis’, Mult. Scler. Int., vol. 2016, p. 5794910, 2016, doi: 10.1155/2016/5794910.
[27] J. Rymuza, K. Pelewicz, J. Przedlacki, and P. Miśkiewicz, ‘Therapy With Intravenous Methylprednisolone Pulses Is Associated With Loss of Bone Microarchitecture in Trabecular Bone Score -Assessment Among Patients With Moderate-to-Severe Graves’ Orbitopathy: A Pilot Study’, Front. Endocrinol., vol. 13, Jul. 2022, doi: 10.3389/fendo.2022.893600.
[30] M. R. Laurent et al., ‘Prevention and Treatment of Glucocorticoid-Induced Osteoporosis in Adults: Consensus Recommendations From the Belgian Bone Club’, Front. Endocrinol., vol. 13, p. 908727, Jun. 2022, doi: 10.3389/fendo.2022.908727.
[31] L. Cianferotti, ‘Osteomalacia Is Not a Single Disease’, Int. J. Mol. Sci., vol. 23, no. 23, Art. no. 23, Jan. 2022, doi: 10.3390/ijms232314896.
[32] R. Berkovich, ‘Treatment of acute relapses in multiple sclerosis’, Neurother. J. Am. Soc. Exp. Neurother., vol. 10, no. 1, pp. 97–105, Jan. 2013, doi: 10.1007/s13311-012-0160-7.
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Während Krankheiten wie Krebs oder Herzinfarkt große Aufmerksamkeit erhalten, kämpfen MS-Betroffene häufig im Stillen – mit wenig Unterstützung durch die Schulmedizin. Doch es gibt mehr Wege, den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen. Bewegung, Stressmanagement und ein Umdenken in Bezug auf die eigene Gesundheit spielen dabei eine zentrale Rolle.
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Aus dem Gespräch:
Die unsichtbare Belastung: warum MS-Betroffene oft allein kämpfen
In der klassischen Medizin wird MS häufig symptomatisch behandelt. Medikamente stehen im Mittelpunkt, während ganzheitliche Ansätze wie gezielte Bewegung oder psychologische Unterstützung vernachlässigt werden. Viele Patientinnen und Patienten erleben eine schleichende Verschlechterung ihrer Symptome, da ihnen oft das Wissen fehlt, wie sie selbst aktiv Einfluss nehmen können.
Dabei wissen wir heute: Bewegung kann nicht nur Symptome lindern, sondern auch die Krankheitsprogression beeinflussen. Sport wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus, kann die Schubrate reduzieren und schützt das Nervensystem. Trotzdem tun sich viele Betroffene schwer, Bewegung in ihren Alltag zu integrieren – oft aus Angst, sich zu überlasten oder weil sie in einem Teufelskreis der Erschöpfung gefangen sind.
Use it or lose it: warum Bewegung unverzichtbar ist
Ein entscheidender Punkt, der im Video thematisiert wird, ist das Prinzip „Use it or lose it“ – wer seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten nicht nutzt, baut sie unweigerlich ab.
Der Körper ist ein Meister der Effizienz. Alles, was nicht aktiv gebraucht wird, wird abgebaut. Das gilt für Muskeln ebenso wie für das Gehirn. Wer sich aufgrund von MS oder Erschöpfung schont, riskiert, dass sich die Symptome weiter verschlimmern.
Die gute Nachricht: Es ist nie zu spät, damit anzufangen. Unabhängig davon, in welchem Stadium sich jemand befindet – Bewegung kann immer einen positiven Effekt haben. Entscheidend ist jedoch die richtige Art und Weise.
Toxischer Stress: ein unterschätzter Faktor bei Multipler Sklerose
Ein besonders brisanter Punkt, der im Gespräch hervorgehoben wird, betrifft den Einfluss von Stress und toxischen Lebenssituationen auf MS. Viele Betroffene – insbesondere Frauen – sind in einem Umfeld gefangen, das ihre Gesundheit unbewusst verschlechtert.
Typische Stressfaktoren sind:
Toxische Beziehungen: Partner, die wenig Verständnis haben oder zusätzlichen Stress verursachen.
Mehrfachbelastung: Familie, Beruf, Haushalt – viele Frauen nehmen sich selbst dabei völlig zurück.
Fehlende Abgrenzung: Wer immer nur für andere da ist, vernachlässigt oft seine eigenen Bedürfnisse.
Multitasking: Wird oft als Stärke angesehen, ist für das Gehirn aber eine permanente Überforderung.
Infobox Mythos Multitasking Viele glauben, Multitasking sei eine wertvolle Fähigkeit – doch unser Gehirn kann eigentlich nur eins: schnell zwischen Aufgaben hin- und herwechseln. Dieser sogenannte „Task-Switching“-Effekt kostet jedoch Zeit und Energie. Studien zeigen, dass dabei mehr Fehler passieren, die Konzentration leidet und die Produktivität sinkt. Wer sich auf eine Aufgabe fokussiert, arbeitet effizienter und nachhaltiger. Also: Lieber nacheinander als durcheinander!
Siehe auch: Rubinstein, J. S., Meyer, D. E., & Evans, J. E. (2001). Executive control of cognitive processes in task switching. Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 27(4), 763–797., https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11518143/
Oft wird Betroffenen gesagt, sie seien „selbst schuld“ an ihrer Lage – doch das ist nicht der Punkt. Es geht nicht um Schuld, sondern um unbewusste Mechanismen. Wer sich über Jahre oder Jahrzehnte in belastenden Situationen befindet, kann nicht erwarten, dass sich der Körper davon nicht beeinflussen lässt.
Die Lösung: Selbstermächtigung. Das bedeutet, die eigene Situation zu reflektieren, toxische Muster zu erkennen und aktiv Veränderungen vorzunehmen. Das kann durch Bewegung, gezielte Stressbewältigung oder auch durch eine veränderte Lebensweise geschehen.
Neuroplastizität: Wie der Körper sich anpassen kann
Ein weiteres zentrales Thema im Gespräch ist das Konzept der Neuroplastizität – also die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern und anzupassen.
Bewegung kann gezielt dazu beitragen, Nervenzellen zu schützen und neue Verbindungen zu fördern.
Das autonome Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle, insbesondere in Bezug auf Stress.
Wer in einem Dauerstressmodus lebt, schadet nicht nur seiner Psyche, sondern auch seinem Körper.
Deshalb reicht Bewegung allein nicht aus. Sie muss mit einer bewussten Regulierung des Nervensystems kombiniert werden. Techniken aus der Polyvagal-Theorie, Atemübungen oder sanfte Bewegungsformen können helfen, den Körper aus dem Überlebensmodus herauszuführen.
Fazit: Gesundheit liegt auch in der eigenen Hand
Multiple Sklerose ist eine herausfordernde Erkrankung – aber sie ist kein Schicksal, dem man sich hilflos ergeben muss. Durch Bewegung, Selbstermächtigung und gezielte Stressregulation können Betroffene aktiv Einfluss auf ihr Wohlbefinden nehmen.
Wichtige Erkenntnisse aus dem Gespräch:
Bewegung ist essenziell – „Use it or lose it“ gilt für Körper und Geist
Toxischer Stress kann MS-Symptome verschlimmern – besonders bei Frauen.
Multitasking ist kein Zeichen von Stärke, sondern purer Stress für das Nervensystem.
Selbstermächtigung ist der Schlüssel: Niemand kann die Verantwortung für die eigene Gesundheit abnehmen.
Das Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle – Stressregulation ist genauso wichtig wie Bewegung.
Und wenn Sie helfen wollen, dass Life-SMS Ihnen weiterhin wertvolle Informationen bereitstellen kann, dass unser Projekt weiterlebt, unterstützen Sie uns über drei einfache Wege!
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Foto: Trainer Jakob entspannt aufgespannt in der Brücke; denn darum geht es bei der CANTIENICA®-Methode: sich in einer eher kraftvollen Position möglichst zu entspannen, damit die inneren Muskeln ins Arbeiten kommen!
Im letzten Newsfeed hier auf diesem Kanal berichteten wir über die CANTIENICA®-Methode – ein ganzheitliches Körpertraining zur Stärkung der Tiefenmuskulatur und Optimierung der Haltung. Heute gib es dazu als Vertiefung und vielleicht als Motivation, selbst nach CANTIENICA® Anleitungen zu schauen – vor Ort oder notfalls auch per Video – einen persönlichenr Anwendungsbericht.
Honigtropfen aufsaugen und aufrecht halten … … und dabei entspannt bleiben
Erfahrungsbericht von Birgit vom aKK – alternativmedizinisch-orientierter MS-Kontaktkreis Köln/Rheinland
So wie im letzten Jahr der Neuro-Athletik widmeten wir uns im jährlichen aKK-Kurs dieses Mal der CANTIENICA®-Methode. Die Übungsreihe umfasste vier Wochen mit je einer angeleiteten Stunde. Einige von uns haben noch einen Intensivtermin nach ca. zwei Monaten wahrgenommen.
Zwischen den vier ersten und der Zusatzeinheit übte ich mit einer Audiodatei, die uns Jakob dankenswerterweise aufgenommen hat. Und ich staunte, dass ich auch mit alleinigem „Nachüben“ solch einen Effekt im Körper erzielen konnte. Die Übungen sind physisch nicht so anstrengend wie z. B. klassisches Krafttraining und sind dadurch – auch in schwächeren Phasen – machbar. Dennoch wird der Körper gefordert.
Aller Anfang war seltsam
Wir lernten, dass jeder Knochen seinen Platz haben sollte. Und dass Steißbein, Beckenschaufeln und Sitzbeinhöcker beweglich sind. Das mutete sich für mich wie Ohrenwackeln an: Kann ja sein, dass es Menschen gibt, die das können, für mich ist das jedoch bloße Theorie.
Ein Ziel ist, die Bandscheiben nicht zu quetschen. Dabei hilft es die Muskeln zu aktivieren, die die Wirbelsäule aufrichten. Ihr ahnt es wahrscheinlich schon: Das sind nicht die, die wir üblicherweise nutzen. Es geht um die tieferen Muskeln an der Wirbelsäule. Das hat nichts mit den Schließmuskeln zu tun (die liegen weiter außen), sondern betrifft die wirbelsäulennahe Haltemuskuatur. Trotzdem profitiert der gesamte Beckenboden unterstützen. Was ich als besonders positiv empfinde ist, dass ich nicht mehr so viel „Müssen“ muss. Gerade nachts macht das einfach einen besseren Schlaf.
Viele Übungen und Sichtweisen korrespondieren mit mir bekannten Übungen aus Taiji und Qi Gong. Zum Beispiel ist der Kronenpunkt am Kopf auch bei diesen Übungsarten von Bedeutung. Auch das Atmen entlang der Wirbelsäule war jetzt keine Neuigkeit für mich.
Allerdings fordert diese andere Sicht auf meinen Körper diesen dann doch. Hier gilt es auch mit viel Vorstellungskraft zu arbeiten. Ich könnte jetzt nicht behaupten, dass ich bei den Übungen gemerkt habe, dass ich Steißbein, Sitzbeinhöcker & Co. bewegt habe. Für den Trainer war allerdings eine Bewegung meinerseits sichtbar. Und der Muskelkater am nächsten Tag an ungewohnten Stellen machte mir dann auch bewusst, dass ich da etwas bewegt habe, was nicht so alltäglich ist.
Der Trainer hat außerdem mit vielen schönen Bildern gearbeitet. So z. B., dass man mit einem Teil seines Unterfußes „Honigtropfen aus dem Boden“ aufsaugen sollte. Oder auch Gold durch die Gliedmaßen fließen lassen soll. Empfand ich als schöne und lohnenswerte Vorstellung, die mir die Körperarbeit leicht gemacht hat.
Aus “seltsam” wird Alltag
Für meinen Alltag bedeutet diese erweiterte Wahrnehmung: Ich bleibe bei meinem üblichen Krafttraining, allerdings mit einer weiteren Wahrnehmungsebene: Mein Rücken ist gerade! Denn Jakob betonte: So wie ihr ins Training reingeht (krummer oder gerader Rücken), so kommt ihr auch raus. Das habe ich bei meinem gewohnten Training (Krafttraining, Taiji und Qi Gong) beherzigt und das Ergebnis war und ist ein anderer Muskelkater. Vermutlich sind durch die aufrechtere Haltung andere Muskeln gefordert und die reagieren dann mit Muskelkater.
Apropos Schlaf: Jakob war so nett und zeigte uns, wie man auf der Seite schlafen kann, ohne die Bandscheiben zu quetschen. Also, es ist viel möglich, ohne, dass ich mein Leben komplett umstellen muss.
Alltag erweitern
Sicher wäre es am sinnvollsten, einige weitere Übungseinheiten zu buchen. Bis dahin jedoch behelfe ich mir mit ein paar Übungen, die uns Jakob zum Abschluss und zum Abrunden zur Verfügung gestellt hat. Dabei eine kurze Einheit, die nur 6 Minuten dauert. Ohnehin sind die Übungseinheiten nicht allzu lang, dennoch wirksam.
Ich mag es, wenn sich Übungsarten in unterschiedlichen Systemen wiederholen, nur dass der Blickwinkel jeweils ein anderer ist. Das bereichert meine Routinen und gibt mir bei meinem unermüdlichen Tun auch irgendwie Recht: Wenn verschiedene Ansätze zu ähnlichen Übungen führen, ist das höchstwahrscheinlich gut und wirksam. Deswegen habe ich auch den festen Plan, nochmals ein paar Übungseinheiten zu buchen. Und da ich das neu Gelernte als wirkliche Bereicherung erfahre, fällt es mir leicht, bis dahin weiter mit dem verfügbaren Übungsmaterial meinen Bandscheiben Raum zu verschaffen…sie danken es mir schon jetzt im Alltag…
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Hintergrund Das CANTIENICA®-Training ist ein ganzheitliches Körpertraining, das gezielt die Tiefenmuskulatur stärkt, die Haltung optimiert und die Bewegungsqualität verbessert. Entwickelt von Benita Cantieni, basiert es auf präzisen und bewussten Bewegungsabläufen, die darauf abzielen, den Körper in eine optimale, aufrechte Haltung zu bringen. Durch die Aktivierung der tiefen Muskelstrukturen – insbesondere des Beckenbodens, der Rückenmuskulatur und der Bauchmuskeln – wird die Grundlage für Stabilität und ein neues Körperbewusstsein geschaffen. Im Mittelpunkt des Trainings stehen schonende, kontrollierte Bewegungen, die Fehlhaltungen korrigieren und Verspannungen lösen. Der Beckenboden spielt dabei eine zentrale Rolle, da er als Basis für eine stabile Haltung fungiert und sowohl bei Alltagsbewegungen als auch bei sportlicher Aktivität entscheidend ist. Durch die präzise Ausrichtung werden Gelenke und Bänder entlastet, während gleichzeitig die Beweglichkeit und Stabilität des gesamten Körpers gefördert werden. Dies macht das Training nicht nur effektiv, sondern auch besonders schonend und nachhaltig. Ein besonderer Vorteil des CANTIENICA®-Trainings liegt in seiner Vielseitigkeit. Es kann individuell an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Teilnehmenden angepasst werden und eignet sich daher für alle Altersgruppen und Fitnesslevels. Ob zur Verbesserung der Haltung, zur Linderung von Rückenschmerzen oder zur Prävention von Gelenkproblemen – die Übungen wirken nicht nur auf die Muskulatur, sondern fördern auch die Atmung und das allgemeine Wohlbefinden. Häufig wird das Training therapeutisch genutzt, etwa in der Rehabilitation oder zur Stärkung des Beckenbodens nach einer Schwangerschaft. In kleinen Gruppen oder im Einzelcoaching wird darauf geachtet, dass die Bewegungsabläufe präzise ausgeführt werden, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Mit seiner Kombination aus gezieltem Muskelaufbau, bewusster Körperwahrnehmung und einer nachhaltigen Verbesserung von Bewegungsgewohnheiten ist das CANTIENICA®-Training eine effektive Methode, die nicht nur den Körper stärkt, sondern auch langfristig zu einem besseren Lebensgefühl beiträgt.
Foto: Rückenschonend nach CANTIENICA®-Methode heben
Ein Erfahrungsbericht von Hildy
Ein „Muskelkätzchen“ haben, kann wertvoll sein
Sie wissen nicht, dass auch Sie ein Fell haben und wo dieses Zwerchfell ist? Sollten Sie aber! Sie denken, eine Krone steht nur den Adeligen zu, oder allenfalls noch einem Baum? Nein, auch Sie sollten Ihre Krone aufrichten! Sie haben Scham, wenn von Schambein die Rede ist? Dürfen Sie auf keinen Fall! Sie haben die Sonne in sich noch nicht entdeckt? Sie sind überkreuz mit Ihrem Kreuzbein? Sie halten den Beckenboden für das Gegenteil des Speicherbodens? Und denken, Sie hätten nur einen Sitzbeinhöcker (weil Sie vielleicht nur einen einzigen Hocker besitzen?)?
Dann kann es Zeit werden für CANTIENICA®!
Sie kennen schon Pilates und wissen, wie Sie besonders die tiefer liegenden, aber umso wichtigeren Muskelstränge ansprechen können? Die, die Ihre Mitte bilden und stabilisieren. Das „Powerhouse“. Wenn nicht, macht nichts. Es geht um mehr als Powerhouse! Und es geht tiefer! Tiefer als Sie sich bisher vorzustellen vermögen. Und das ist gut so. Das ist besser!
Vergessen Sie Kieser-Training – und vor allem gewöhnliches Beckenbodentraining.
Und machen es besser. Viel besser! Vom wirklich richtigen Weg, Kisten zu heben angefangen (sofern Sie dies mit MS oder anderen Einschränkungen können: mit geradem, horizontalen Rücken und der richtigen Anspannung der Tiefenmuskulatur) bis zum richtigen Sitzen, Aufstehen und Stehen. Das meiste auch – und gerade mit! – eventuellen MS-Beeinträchtigungen.
Sie haben schon Fehlhaltungen oder wollen diesen – gerade unter Aspekten der Erkrankung – gezielt vorbeugen? Sie wollen Rückenschmerzen lindern oder verhindern?
Am Anfang steht die Körperwahrnehmung
Mit der richtigen Bewegung bzw. Bewegungssteuerung lassen sich Degenerationen vermeiden oder abmildern, teilweise auch wieder rückgängig machen. „Was, wenn du keinen Beckenschiefstand (oder keine Skoliose) hast, sondern machst?“ „Was, wenn du daran durch das richtige Verhalten und Bewegen was ändern kannst oder vorbeugen kannst?“ „Wer schrumpft, nur weil ein paar Lebensjahre zusammenkommen, ist nicht aufgespannt. Wer einen Buckel macht, ist nicht aufgespannt. Wer sich krumme Beine angewöhnt hat, ist nicht aufgespannt. Wer Schäden an den Bandscheiben hat. Wer Arthrose hat. Wer Plattfüße hat. Ist. Nicht. Wirklich. Aufgespannt.“
So sieht das die Begründerin von „CANTIENICA® Körper in Evolution“, die Schweizerin Benita Cantieni – und zwar aus eigener leidvoller Erfahrung in ihren jungen Jahren. Nun, im Alter, ist sie durch ihren intensiven, suchenden und verstehenden Dialog mit dem Körper, nicht nur nach langer Zeit endlich schmerzfrei geworden, sondern kann auch Sie von dieser besonders sanften, aber besonders wirkungsvollen Methode profitieren lassen.
„Wird die Wirbelsäule konsequent aufgespannt, so optimiert sich ihre Schwingung, ihre Kurve. Hohlkreuz, Rundrücken, Buckel, Wirbelsäulenverkrümmung, Beckenschiefstand können auf schonende, einfache Art nachhaltig behoben werden.“
Doch zuvor muss das Becken auf- und in seine optimale Lage ausgerichtet werden. Danach folgt alles andere, in gezieltem Training. Sie verstehen in einem CANTIENICA®-Training, wie Sie Kisten wirklich heben sollten, wie Sie den Beckenboden wirklich trainieren sollten (nämlich nicht seine Muskulatur, die man schon nach einiger Zeit bewusster Körperwahrnehmung spürt, sondern die ganz innen liegenden Muskelschichten, die man eher nicht direkt sondern über Umwege anspricht, um sie effektiv zu trainieren). Und das gilt für männlich genauso wie für weibliche Trainierende! Und für jung genauso wie für alt! Und für Menschen ohne MS genauso wie für jene mit MS!
Kernstabilität – nicht nur für Äpfel wichtig
Das stetig weiterentwickelte Programm „CANTIENICA® Körper in Evolution“ ist die „Grundversorgung“ für einen sich natürlich gesund bewegenden Körper, und ein „Wartungsprogramm,“ mit dem sich Schwachstellen gezielt verbessern lassen.
„Man kann in jedem Alter mit dem Training anfangen, denn der Körper ist in der gesamten Lebenszeit lernfähig. Knochen und Knorpel sind lebenslang formbar und regenerierbar und Bänder, Sehnen, Muskeln, Faszien verändern sich bereitwillig, wenn man sie gezielt fordert“, meint Benita Cantieni aus Erfahrung – inzwischen nicht nur an ihr selbst sondern an ganz vielen Praktizierenden in über 30 Jahren CANTIENICA®-Methode mit ganz vielen ausgebildeten Trainerinnen und Trainern.
Das CANTIENICA®-Training ist eine Methode, die besonders wirksam ist zur Stärkung und Stabilisierung der Tiefenmuskulatur des Körperzentrums – insbesondere des Beckenbodens und der Wirbelsäule. Im CANTIENICA® werden die Muskeln eher aufgespannt statt angespannt. Unter „anspannen“ verstehen viele „fest machen“ und genau das soll es nicht sein! Sondern sich auch in einer eher kraftvollen Position (wie z.B. der Brücke) möglichst zu entspannen, damit die inneren Muskeln ins Arbeiten kommen und können.
Dadurch wird die Stützmuskulatur des Körpers nach und nach gestärkt und man erhält eine Kernstabilität, die die Haltung verbessert und die Grundlage legt für einen reibungsloseren, schmerzfreien Gebrauch von Gelenken, Muskeln, Sehnen, Faszien, Bändern…also des ganzen Körpers.
Auch bei Blasenschwäche/Inkontinenz (nicht nur für Frauen!) wichtig.
Mit dieser therapeutischen Fitnessmethode kann jede und jeder etwas Gutes für die Haltung, Gelenkigkeit, Schmerzfreiheit und Bewegungsfreude tun. Die CANTIENICA®-Methode aktiviert zwar immer den ganzen Körper – und im wahrsten Sinne der Worte von der Sohle bis zum Scheitel – , aber viele Übungen können für Menschen jeden Alters und Fitnesszustandes angepasst werden.
Goldrichtig und -wichtig für alle
Unbeschwerte Bewegungsfähigkeit hängt von der Integration der Beckenboden-, Becken- und Hüftmuskulatur in alle Bewegungsabläufe ab. Der Beckenboden als muskuläres Zentrum und die Wirbelsäule als knöchernes Zentrum mit allen haltenden Muskeln werden dabei bewusst gestärkt und aufgerichtet.
„Bewegt der Mensch sich bewusst und gut, lassen sich Krümmungen, Senkungen, Deformationen, Abnützungen und Degenerationen ggf. vermeiden (teilweise wieder normalisieren). Wie bei einer komplexen Maschine hängt die Lebensdauer der Gelenke, Organe, Muskeln, Sehnen, Faszien, Bänder, Nerven vom sorgfältigen Gebrauch ab. Die CANTIENICA®-Methode lehrt den adäquaten Gebrauch des Körpers.“
Sie ist Haltungstraining mit ganzheitlichen Trainingsmöglichkeiten; von sanft-vernetzend bis sportlich-herausfordernd kann es für jeden Anfangszustand werden. Auch die, die denken, sie seien topfit, werden neue Muskelzonen spüren lernen – und sind den anderen kaum voraus!
Am besten ist es, wenn man mit Übungen beginnt, die von der Trainerin oder dem Trainer genau angeleitet werden und die durch das Coaching und das geschulte Auge der Trainerin oder des Trainers sauber ausgeführt werden. Ab der Einführung kann man (am besten täglich; am besten nebenbei; am besten schon beim Aufstehen) eigenständig weiterüben.
Bei mir beginnt es direkt morgens: Seit ich beim Waschen am Becken meine Wirbelsäule bewusst strecke (gerader Rücken statt krummer, und Po nach weiter hinten strecken während der Scheitel nach vorne „wächst“), das Gleiche beim Haare bürsten über der Wanne, habe ich dabei keine Rückenschmerzen mehr – und demnächst hoffentlich durch mein Üben, das den Bandscheiben bewusst Raum geben soll und durch die Stärkung der innersten Haltemuskulatur so auch insgesamt weniger Rückenprobleme. Zumindest das Knirschen in meiner Halswirbelsäule ist schon leiser geworden und manchmal sogar ganz weg.
Das Üben geht teils nebenbei (z.B. beim Anstehen an einer Warteschlange oder sonstigen Wartesituationen); und ich ende erst abends im Bett; nämlich damit, dass ich den Nacken länger mache, indem ich aktiv den Scheitel zum Kopfende des Bettes schiebe statt mich einzurollen. Zwischendurch kommen immer wieder Übungs“stationen“, wo man imaginär „Gold fließen lassen“ oder „Honig aufsaugen“ soll oder ähnlich schöne, bildhafte Vorstellungen, um wichtige Verbindungen zwischen unterschiedlichen Muskeln zu erspüren. Diese Übungen sind jedenfalls ihr eigenes Gold wert – und goldrichtig für mich.
Aber für jede und jeden gibt es andere Knackpunkte – natürlich auch abhängig von der eigenen Mobilisation. Für viele mit Rollstuhl, Rollator oder Gehstöcken wird die aktive Aufrichtung im Vordergrund stehen; ohne sich zur Seite oder zu sehr nach vorne zu neigen. Gerade auch für diese wichtige Haltungsarbeit bietet sich CANTIENICA® als bewusstes, aber sanftes Training der innersten Stützmuskulatur an.
Fazit
Das CANTIENICA®-Training stellt – neben Feldenkrais und Pilates – eine weitere Methode zur eigenverantwortlichen MS-Behandlung dar, die Betroffene ausprobieren sollten.
Als nächster Newsfeed folgt hier ein Erfahrungsbericht einer Übenden aus dem CANTIENICA®-Kurs für den aKK – alternativmedizinisch-orientierter MS-Kontaktkreis. Und ohne viel vorwegzunehmen, können wir ein paar Zitate aus dem Unterricht verraten: „Zwerchfell wie Schwimmring ausdehnen, dann zur Krone heben, Brustbeinsonne aufgehen lassen.“ „Jetzt mit Fußsohlen-V’s am Beckenboden arbeiten.“ „Gold fließen lassen! „Sit-up’s sind Körperverletzung. So machen Sie es besser!“ „Sie könnten nach dem Training ein „Muskelkätzchen“ haben 😉!“
Und Sie selbst sind nun gespannt wie ein Flitzebogen? Das ist die richtige Anspannung für die Fortsetzung…bald hier auf diesem Kanal…bleiben Sie also dran.
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Das Klima wird wärmer, der Sommer naht endlich, die Temperaturen steigen. Und damit auch die Angst vor dem Uhthoff-Phänomen, das zu einer vorübergehenden Verschlechterung einiger MS-Symptome führen kann.
Als Gegenmaßnahmen wurde bisher u.a. empfohlen, bei sommerlichen Temperaturen Anstrengungen zu vermeiden, Sport eher in der kühleren Jahreszeit auszuüben, die pralle Sonneneinwirkung zu meiden und sich mit Wasser bzw. Kühlkleidung abzukühlen [1], [2]. Klingt zunächst nach guten gemeinten Ratschlägen. Doch bedeuten diese leider auch, dass man sich einschränken soll. Und dass Bewegung bzw. Sport (und damit auch deren Benefits) womöglich zu kurz kommen könnten. Aber muss das wirklich sein? Oder geht das vielleicht auch anders?
Betrachten wir nun die verschiedenen Arten der Thermoregulation, die unser Körper leisten kann – und wie wir diese bei MS für unser Wohlbefinden nutzen können.
Wärmestrahlung
Da gibt es z.B. die Wärmestrahlung, bei der Wärme als Infrarotstrahlung über das Blut zur Haut und somit vom Körperinneren nach Außen abgestrahlt wird. Diese Wärmestrahlung wird u.a. gestört durch hohe Aussentemperaturen. Sowie durch falsche Kleidung, die zu einem Hitzestau zwischen Haut und Kleidung führen kann. Was kann hier Abhilfe schaffen?
Funktionskleidung, die einen Wärmeaustausch mit der Luft ermöglicht und somit einen möglichen Hitzestau reduziert bzw. verhindert.
Auch das Tragen kurzer statt langer Kleidung hat einen positiven Effekt. Gerade die Hautstellen, die viel trainiert werden und somit viel Energie produzieren, sollten nach Möglichkeit frei von Kleidung sein, um vor allem dort die Energie möglichst effizient abstrahlen zu können. So ist es nicht verwunderlich, dass z.B. Muskelshirts keine Ärmel besitzen.
Und schließlich kann Wärme auch gerade dann abgestrahlt werden, wenn eine gute Durchblutung gewährleistet ist – und somit Bewegung auch an warmen Tagen durchaus sinnvoll erscheint – sofern Ihnen dies möglich ist und Sie es nicht übertreiben!
Wärmeleitung
Gemäß den Gesetzen der Physik fließt Wärme immer nur in Richtung niedrigerer Temperatur [3]. Das heißt also, dass wir unsere Körper durch Kontakt mit kalten Gegenständen bzw. Medien durchaus abkühlen können. Der ein oder anderen von Ihnen dürfte in diesem Zusammenhang schon Erfahrungen mit Kühlkleidung gemacht haben. Forschungen in diesem Bereich belegen tatsächlich eine Reduktion der Fatigue und damit eine gesteigerte Leistungsfähigkeit [4], [5]. Trotz einer Vielzahl an wissenschaftlichen Belegen für die Wirksamkeit von Kühlkleidung bei MS, kann man diese bisher leider nicht auf Kosten der Krankenkassen verordnet bekommen. Bestrebungen dies zu ändern, gibt es bereits seit vielen Jahren [6]. Sollten Sie sich Kühlkleidung anschaffen wollen, achten Sie bitte darauf, dass diese weitestgehend luftdurchlässig ist und nicht zu einem Hitzestau (siehe vorheriges Kapitel) führt. Kühltücher z.B. für Arme, Nacken oder Stirn können hier durchaus eine wohltuende Wirkung zeigen. Leider sind einige Kühlkleidungen eher für Motorradfahrer konzipiert als für MS-Erkrankte. Sie setzen z.B. bei Kühlwesten eher auf die Verdunstungskälte (siehe nächstes Kapitel) durch den Fahrtwind und sind somit für MS-Hitzegeplagte ohne äussere sowie genügende Windeinwirkung weniger empfehlenswert.
Sie können sich natürlich auch abkühlen, indem Sie hin und wieder kaltes Wasser über die Hände laufen lassen oder ein kaltes Fußbad nehmen (sofern Sie nicht zu Blasenentzündungen neigen oder akut daran leiden). Selbst das Kneippsche Unterarmbad hat hier einen positiven Effekt, eben auch weil es neben dem kühlenden Effekt des Wassers die Durchblutung und somit die Wärmeabstrahlung fördert (siehe vorheriges Kapitel). Auch Barfußlaufen auf kalten Böden (sofern Sie keine Blasenentzündung haben bzw. dazu neigen) kann helfen, eine übermässige innere Hitze zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Bei stärkerer körperlicher Belastung sollte allerdings von Barfussaktivitäten abgesehen werden, um andere Gelenke (wie z.B. die Kniee) nicht übermäßig zu strapazieren.
Schließlich können Sie Bewegung/Sport in kühlen Medien ausführen. Also kann Bewegung/Sport in Innenräumen durch den Einsatz von Ventilatoren angenehmer gestaltet werden. Und gerade im Sommer ist das Schwimmen im kühlen Nass eine effektive Massnahme, um Überhitzung wenigstens zeitweise gut zu vermeiden und dennoch die Muskulatur sanft zu lockern.
Schwitzen
Durch Schwitzen gelangt ein wässriges Sekret aus den Schweißdrüsen an die Hautoberfläche. Verdunstet dieses, empfinden wir dies als Kälte (auch bekannt als Verdunstungskälte). Das Schwitzen wird daher im Allgemeinen als Teil der Thermoregulation unseres Körpers betrachtet, die die Temperatur im Körperinneren möglichst konstant halten soll.
Allerdings zeigen viele MS-Erkrankte eine tendenziell später einsetzende und geringere Schweißproduktion als nicht erkrankte [7]. Man könnte nun schlussfolgern, dass somit auch die Thermoregulation gestört wäre und möglicherweise hierdurch u.a. das Uhthoff-Phänomen begünstigen könnte. Gemäß wissenschaftlichen Studien scheinen allerdings temperatur-induzierte MS-Symptome nicht die Folge einer übermäßigen Erhöhung der inneren Körpertemperatur (Kerntemperatur) aufgrund von Störungen der Thermoregulation zu sein [8], da bei der Kontrollgruppe ein ähnlich großer Temperaturanstieg bei Hitzeeinwirkung zu verzeichnen war. Das verminderte Schwitzen selbst hätte somit also keinen allzu großen Effekt auf die Thermoregulation des Körpers, die hauptsächlich vom Hypothalamus geregelt wird.
Schwitzen hat zudem noch weitere Funktionen, wie z.B. die Regulierung des Salzhaushalts. Neben den Nieren unterstützt also auch die Haut mit ihren Schweißdrüsen die Ausscheidung von Natrium- und anderen Ionen, insbesondere aus dem darunter liegenden Gewebe [9]. Natriumionen spielen bei der Erregung von sensorischen Nerven sowie der Schmerzempfindung eine große Rolle [10]. Eine neurodegenerative Wirkung von erhöhten Natriumkonzentrationen auf Nervenzellen wurde bereits in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben [11]. Eine Temperaturerhöhung (z.B. ausgelöst durch Sport/Bewegung) wurde außerdem mit einem erhöhten Natriumtransport ins Axon in Verbindung gebracht – und könnte somit die Verstärkung von MS-Symptomen durch Hitze erklären [11]. Das Ausschwemmen von Natriumionen durch Schwitzen kann folglich eine Übererregung von sensorischen Nerven und somit das Ausmaß des Uhthoff-Phänomens reduzieren [11], [12].
Das Schwitzen scheint also mit der Nervengesundheit und unserem Wohlbefinden in Verbindung zu stehen. Menschen, die wenig schwitzen, profitieren zwar tendenziell weniger von diesem Effekt – aber: Schwitzen ist trainierbar! Regelmäßiger Sport/Bewegung sowie Saunagänge können durchaus dazu beitragen, die Schweißrate langfristig zu erhöhen und somit den wohlbringenden Benefit zu steigern [13]. Achten Sie dabei stets auf eine ausreichende Trinkmenge. Stressen Sie Ihren Körper gerade zu Beginn nicht zu extrem – um das Ausmaß hitzebedingter MS-Symptome nicht unnötig groß werden zu lassen. Versuchen Sie es zunächst mit weniger intensiven Trainingseinheiten bzw. niedertemperierten Sauna und steigern Sie sich mit der Zeit Stück für Stück, soweit es Ihnen möglich ist.
Abkühlung von Innen
Eine weitere vielversprechende und einfache Möglichkeit, um die körperliche/sportliche Belastungsfähigkeit zu steigern, ist die Einnahme von kühlen Getränken. Studienergebnisse zeigen, dass die Belastungsgrenzen durch eisgekühltes Wasser positiv beeinflusst werden können. Probanden konnten durch den Konsum von 1,5 °C kaltem Wasser vor und während des Trainings um 30 % längere Trainingseinheiten absolvieren als die Kontrollgruppe, die 37 °C warmes Wasser eingenommen hatte – ohne dass Körper- und Hauttemperatur sowie Puls beeinflusst wurden [14].
Fazit für den Umgang von MS-Erkrankten mit Sommerhitze
Um den Sommer trotz MS bestmöglich zu genießen und aktiv zu bleiben, ist es wichtig, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, die Überhitzung verhindern und das Wohlbefinden fördern. Hier kommt noch einmal die Maßnahmen-Übersicht:
1. Tragen Sie Funktionskleidung, die einen Wärmeaustausch ermöglicht. Kurze, luftdurchlässige Kleidung hilft, Wärme effektiv abzuleiten und einen Hitzestau zu vermeiden.
2. Pfarrer Kneipp lässt grüßen: nutzen Sie kaltes Wasser, um sich abzukühlen. Kühlkleidung, kalte Fußbäder, oder das Einlassen kalten Wassers über die Hände können wohltuend sein. Barfußlaufen auf kühlen Böden kann ebenfalls helfen, sollte aber bei starker körperlicher Belastung zur Schonung der Gelenke vermieden werden.
3. Verlegen Sie sportliche Aktivitäten in kühlere Innenräume und nutzen Sie Ventilatoren. Schwimmen im kühlen Wasser ist besonders effektiv, um Überhitzung zu vermeiden und die Muskulatur zu lockern.
4. Schwitzen kann man trainieren. Regelmäßige Bewegung und Saunagänge können die Schweißabsonderungsrate erhöhen, was die Thermoregulation verbessert. Beginnen Sie mit weniger intensiven Einheiten und steigern Sie sich langsam, sofern Sie Saunagänge vertragen.
5. Trinken Sie gekühlte Getränke vor und während des Trainings, um die Belastungsfähigkeit zu steigern. Dies kann die Trainingsdauer und -intensität erhöhen, ohne die Körpertemperatur zu beeinflussen.
Mit diesen Maßnahmen können MS-Betroffene auch bei sommerlicher Hitze aktiv bleiben und von den positiven Effekten der Bewegung profitieren. Bleiben Sie motiviert und passen Sie die Empfehlungen Ihren individuellen Bedürfnissen an. Denken Sie daran, dass jeder Mensch individuell reagiert. Probieren Sie einzelne Maßnahmen aus, spüren Sie deren Wirkung nach und entscheiden Sie erst dann, ob Sie weitermachen und andere Möglichkeiten hinzufügen oder einzelne ersetzen.
[4] F. Özkan Tuncay and M. Mollaoğlu, “Effect of the cooling suit method applied to individuals with multiple sclerosis on fatigue and activities of daily living,” J. Clin. Nurs., vol. 26, no. 23–24, pp. 4527–4536, 2017, doi: 10.1111/jocn.13788.
[5] C. J. Stevens, G. Singh, B. Peterson, N. T. Vargas, and J. D. Périard, “The effect of cooling garments to improve physical function in people with multiple sclerosis: A systematic review and meta-analysis,” Mult. Scler. Relat. Disord., vol. 78, p. 104912, Oct. 2023, doi: 10.1016/j.msard.2023.104912.
[7] A. Saari et al., “Sweating impairment in patients with multiple sclerosis,” Acta Neurol. Scand., vol. 120, no. 5, pp. 358–363, Nov. 2009, doi: 10.1111/j.1600-0404.2009.01164.x.
[10] M. Devor, “Sodium Channels and Mechanisms of Neuropathic Pain,” J. Pain, vol. 7, no. 1, Supplement, pp. S3–S12, Jan. 2006, doi: 10.1016/j.jpain.2005.09.006.
[11] M. Kanagaratnam, C. Pendleton, D. Souza, J. Pettit, J. Howells, and M. Baker, “Diuretic sensitive electroneutral Na + movement and temperature effects on central axons,” J. Physiol., vol. 595, Feb. 2017, doi: 10.1113/JP273963.
[12] T. Coates, O. Woolnough, J. Masters, G. Asadova, C. Chandrakumar, and M. Baker, “Acute temperature sensitivity in optic nerve axons explained by an electrogenic membrane potential,” Pflugers Arch., vol. 467, Feb. 2015, doi: 10.1007/s00424-015-1696-2.
[14] G. K. Chaseling, D. Filingeri, M. Barnett, P. Hoang, S. L. Davis, and O. Jay, “Cold Water Ingestion Improves Exercise Tolerance of Heat-Sensitive People with MS,” Med. Sci. Sports Exerc., vol. 50, no. 4, pp. 643–648, Apr. 2018, doi: 10.1249/MSS.0000000000001496.
Allgemeiner Hinweis
Dieser Artikel wurde durch einen Vortrag von Dr. Alexander Tallner inspiriert.
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Kennen Sie das? Ihre Muskeln spannen selbst in Ruhe an, obwohl sie das gar nicht sollten? Nicht nur Ihre Muskeln sind unentspannt. Sie insgesamt sind es – eben auch verstärkt durch diese permanente Muskelanspannung. Und diese führt u.a. auch immer wieder zu Kopfschmerzen.
Irgendwie läuft da etwas falsch! Irgendetwas sagt meinen Muskeln, dass sie permanent arbeiten müssen. Irgendwas, das unbewusst abläuft. Mir fällt diese Muskelanspannung immer wieder auf und dann kann ich die Muskulatur bis zu einem gewissen Grad bewusst “loslassen”. Das passiert leider nicht bis zum Grad der vollständigen Entspannung. Aber es ist dennoch ein erleichterndes Gefühl. Das Problem hierbei ist allerdings, dass diese Muskelentspannung nur von kurzer Dauer ist und ich unbewusst wieder in dieser permanenten Anspannung ankomme.
Da ich also noch in der Lage bin, die Anspannung bewusst ein wenig zu lösen, sollte ich mir dies zu Nutze machen. Ich muss also etwas finden, das meine Rückmeldung zwischen Muskeln und Hirn ein wenig beeinflussen kann.
Zufällig (und eigentlich auch nicht im Kontext mit MS) bin ich dabei auf Aku-Taping gestossen. Aku-Taping ist eine Weiterentwicklung des kinesiologischen Tapings, das Meridiane und Akupunkturpunkte der traditionell chinesischen Medizin mit einbezieht. Bei dieser Therapie werden spezielle Klebebänder auf bestimmte Körperstellen geklebt. Bei Knieschmerzen z.B. werden in einem bestimmten Muster Klebestreifen entlang des schmerzenden Kniegelenks angebracht und verbleiben dort für einige Tage.
Nun ist MS nicht unbedingt eine Krankheit, die primär zu Knieschmerzen führt. Aber ich muss gestehen, dass die Klebebänder durchaus eine entspannende Wirkung zeigen. Ich habe mir Klebebänder nicht am Knie, sondern im Brust- und Halswirbelbereich anbringen lassen und durfte erstaunt feststellen, dass sich meine unbewusste Muskelanspannung dadurch zeitweise reduziert hat. Und das nicht nur direkt am Rücken, sondern auch darüber hinaus. Denn auch wenn diese Klebestreifen keine tatsächliche Haltefunktion ausüben (wie es bei Stützkorsetts der Fall wäre), hat es dennoch einen positiven Einfluss auf die Muskeln. Irgendwie haben diese Klebebänder (bzw. die überklebten Rezeptoren meiner Haut) meinem Hirn mitgeteilt, dass da etwas ist, was mich “hält”. Das hat wiederum meinen Muskeln suggeriert, dass sie das nicht tun müssen – zumindest nicht in dem bisherigen übermässigen Ausmass.
In wissenschaftlicher Literatur wurde im Kontext mit dem Myofasziales Schmerzsyndrom bereits beschrieben, dass kinesiologisches Taping hilfreich bei Schwellungen und Entzündungen ist, Schmerzen lindert, den Lymphfluss sowie den Blutfluss fördert, Reparaturvorgänge im Gewebe beschleunigen und motorische Funktionen verstärken bzw. vermindern kann [1]. Es wurde ausserdem festgestellt, dass die Position der angebrachten Tapes durchaus Einfluss auf die Effizienz der positiven Wirksamkeit zeigt [2].
Mir persönlich hilft das Aku-Taping immer wieder. Ob andere Taping-Therapien den gleichen Effekt zeigen, wie das Aku-Taping, kann ich nicht sagen. Das habe ich nicht ausprobiert. Es wäre aber denkbar.
Bitte beachten Sie bei dieser Therapie, dass es unterschiedliche Klebebänder (bzw. Hersteller von Klebebändern) gibt, die z.T. unterschiedliche Klebstoffe verwenden und daher unterschiedlich verträglich sein können. Bei einer Sorte z.B. fängt meine Haut nach 2 Tagen an zu jucken. Bei einer anderen Sorte ist dies nicht der Fall.
Meiner Muskulatur helfen diese Klebebänder meist aber auch noch einige Tage länger, also auch nachdem ich die Bänder entfernt habe. Aber leider hält der Effekt nicht auf Dauer an; und so wiederhole ich – gerade in Zeiten verstärkter Muskelanspannung – diese Therapie immer mal wieder.
Leider kann ich mir die Bänder nicht selbst am Rücken anbringen. Das Abziehen hingegen ist mir unter der Dusche (also im nassen Zustand) ohne Hilfe möglich. Was das Anbringen der Bänder betrifft, ist es daher hilfreich, wenn Sie z.B. ein Familienmitglied oder jemand aus Ihrem Freundeskreis mit einbinden können. Es braucht nicht viel Zeit, sollte aber dennoch nach Anleitung (z.B. aus einem Buch) erfolgen. Oder Sie finden einen Therapeuten in Ihrer Nähe, der Taping anbietet.
Hinweise zur Anwendung
Auch wenn Taping grundsätzlich nebenwirkungsfrei ist sollten Sie die folgenden Punkte beachten:
Wenn das Aku-Tape zu straff angelegt wird, kann es zu Durchblutungsstörungen und Verlangsamung des Blutflusses kommen.
Bei empfindlicher Haut können Hautreizungen oder Allergien durch den Klebstoff des Tapes auftreten.
Eine falsche Anlagetechnik oder zu starke Dehnung des Tapes kann die Bewegungsfreiheit einschränken und Gelenkbewegungen behindern.
Bei offenen Wunden oder Infektionen im Anlagebereich ist von einer Anwendung abzuraten, da das Tape die Heilung beeinträchtigen kann.
In seltenen Fällen kann es durch die Reizung der Haut zu Muskelverkrampfungen oder Schmerzen kommen.
Bei Auftreten von Beschwerden sollte das Tape umgehend entfernt werden.
Fazit
Heilsame Effekte des kinesiologischen Tapings wurden bereits in wissenschaftlicher Literatur beschrieben. Gerade auf das weit verbreiteten MS-Symptom der erhöhten Muskelanspannung kann es positiven Einfluss nehmen.
Aus dem kinesiologischen Taping wurde außerdem das Aku-Taping entwickelt, das u.a. die Meridiane aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) beim Klebemuster berücksichtigt.
Da das korrekte Positionieren der Tapes die wohlbringende Wirkung verstärkt, sollte das Anbringen durch einen Therapeuten bzw. anhand einer Anleitung erfolgen. Insgesamt kann es sich also für MS-Betroffene mit erhöhter Muskelspannung Taping-Verfahren, insbesondere auch das Aku-Taping, ausprobieren.
Weitere Infos zum Aku-Taping können Sie z.B. den Büchern weiter unten entnehmen: [3],[4],[5]
Referenzen
[1] A. S. Alqahtani and S. Parveen, ‘Kinesio Taping as a Therapeutic Tool for Masticatory Myofascial Pain Syndrome—An Insight View’, Int. J. Environ. Res. Public. Health, vol. 20, no. 5, p. 3872, Feb. 2023, doi: 10.3390/ijerph20053872.
[2] G. Öztürk, D. G. Külcü, N. Mesci, A. D. Şilte, and E. Aydog, ‘Efficacy of kinesio tape application on pain and muscle strength in patients with myofascial pain syndrome: a placebo-controlled trial’, J. Phys. Ther. Sci., vol. 28, no. 4, pp. 1074–1079, Apr. 2016, doi: 10.1589/jpts.28.1074.
[3] H. U. Hecker and K. Liebchen, Aku-Taping – Wirksam bei akuten und chronischen Schmerzen und Beschwerden, vol. 4. Trias Verlag in Georg Thieme Verlag KG, 2019. [Online]. Available: https://shop.thieme.de/Aku-Taping/9783432109473
[4] H. U. Hecker, K. Liebchen, H. M. Koch, and A. T. Römer, Aku-Taping – Akupunkturpunkte, viszerale und myofasziale Triggerpunkte, vol. 1. Karl F. Haug Verlag, 2014. [Online]. Available: https://shop.thieme.de/Aku-Taping/9783830477877
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Wie Neurozentriertes Training Bewegungseinschränkungen verbessern kann
(Teil 3: Erfahrungsbericht von B. Scholl)
Anfang September starteten wir mit dem aKK (MS-Selbsthilfegruppe) eine mehrwöchige Trainingsserie mit neurozentriertem Training. In der ersten Einheit erwartete uns umfangreiches theoretisches Wissen. Der praktische Teil in dieser ersten Stunde bestand lediglich aus dem Zungenpendel und dem Zungenkreisen (siehe auch letzte Beitrag hier „Neuroathletik Teil 2“ ).
Foto: Visuelle Übung zum Training des Gesichtsfeldes: Man fixiert die kleinst lesbaren Buchstaben in der Blattmitte und versucht (ohne die Augen zu bewegen!!), die äußeren Buchstaben zu lesen. Wer diese nicht alle erkennen kann, hat zwangsläufig Mängel im Gleichgewichtssystem, das auch mit solch einer Übung trainiert werden kann.
Theorie bringt Verstehen – und erkennen, was ich für mein individuelles Defizit üben muss
Als uns in der nächsten Stunde wiederum viel Theorie erwartete, dämmerte mir allmählich, dass es sich hier nicht nur um irgendein Training handelt. Ziel ist hier vielmehr, bestimmte neuronale Areale zu stimulieren und deren Funktionen dafür zu nutzen, die gewünschten Ziele im Bewegungsapparat zu erreichen. Das ist eine komplexere Herangehensweise als die gewohnten und bekannten Formen von u. a. Physiotherapie. Denn es geht im NZT nicht nur darum, einen bestimmten Bereich der physischen Aktivität zu bereichern. Ziel ist eine veränderte – komplexere – Sicht auf unsere Fähigkeit sich zu bewegen und im Zuge des Trainings Ziele zu definieren und zu erreichen. Das funktioniert gleichermaßen für den Leistungssportler wie auch für neurologisch geforderte Physiotherapie-Patienten. Dabei wird das Rad nicht wirklich neu erfunden. Viele der Übungen sind aus anderen Disziplinen bekannt (Kampfsport, Logopädie, Yoga, Taiji/Qi Gong …). Was ich hier jedoch anders empfinde, ist, dass die Selbsteinschätzung eine große Rolle spielt. So ermunterte uns der Trainer Konstantin vor fast jeder Übung, die jeweilige physische Ausgangslage zu erfassen. Für mich ist es eine große Herausforderung, diese Art, mit mir umzugehen, in meine Routinen zu integrieren. Aber wie bei vielen Veränderungen ist es einfach mal gut anzufangen. Ich muss ja nicht gleich ein täglich halbstündiges Programm in meinen ohnehin schon üppig gefüllten Tagesablauf integrieren.
Mein Fahrplan
Damit ich den Überblick behalte, habe ich mir einen „Fahrplan“ gemacht, also: Wo soll diese Reise hingehen? Ich komme mit so einer Zielvorgabe gut zurecht, ich habe ja nicht die Absicht, das in kürzester Zeit umzusetzen, das würde mir auch Stress machen und das tut einfach nicht gut.
Mein Plan für irgendwann einmal ist:
Vorbereitung
Zungenübungen, Summen, Gurgeln (siehe auch …)
Aktvierung der Schulter- und HWS-Muskulatur mit Schulterkreisen
Mobilisierung des Zwerchfells mit tiefer Bauchatmung. Die kann man mit dem Anheben der Arme bei der Einatmung unterstützen.
Feststellen: Wie ist meine Ausgangslage?
Entweder mit dem „Romberger Test“; den kenne ich in der Art von neurologischen Untersuchungen: Mit geschlossenen Füßen einfach „nur“ stehen und wahrnehmen wie es um die Aufrichtung und Stabilität steht (hat der Körper z. B. die Tendenz sich zu einer Seite zu neigen? Gibt es Sensibilitätsstörungen? Usw.). Stehe ich da stabil, bleibe ich in der Haltung mit geschlossenen Augen und wiederhole die Selbstbeobachtung. oder
Rumpfvorbeuge: Hier identifiziere ich als Ausgangspunkt, auf welcher Höhe ich meine Beine berühren kann (Knie, Schienbein, Fußgelenke …) oder
Finger-zu-Nase: Mit geschlossenen Augen die Arme waagerecht ausbreiten und mit einem Zeigefinger die Nasenspitze berühren (nacheinander mit dem linken und rechten Zeigefinger, Reihenfolge ist unerheblich). Hier ist entscheidend, wie gut das klappt.
Lockern Mobilisierung des Körpers von unten nach oben. Zunächst den Körper in den Fußgelenken hin und her wiegen. Dann auf Höhe der Knie, dann auf Hüfthöhe, dann Taillenhöhe, Brustkorb, Schultern und zum Schluss nur den Kopf hin und her wiegen. Nur so weit bewegen, wie es geht und auch gut tut. Es reicht, den Körper zwei bis fünf Mal zu jeder Seite zu bewegen.
Üben Ich habe mir vorgenommen zunächst mehr mit visuellen Reizen zu arbeiten. Das wirkt sich gleichzeitig positiv auf das Gleichgewichtssystem aus!:
Augen bewegen sich an Linien (ähnlich wie z.B. bei einem „Spinnennetz“) und nur die Augen bewegen sich, der Kopf bewegt sich nicht
Augen fixieren ein bewegtes Ziel, z.B. einen Stift, der währenddesen hoch, runter, links, rechts, vor, zurück und diagonal bewegt wird.
Augen fixieren festes Ziel und ich bewege mich darauf zu. Ich suche mir einen Punkt, den ich mit den Augen erfasse und bewege mich darauf zu (völlig egal ob zu Fuß oder per Rolli). Die Übung bekommt eine andere Qualität, wenn ich sie mit zur Seite geneigtem Kopf durchführe. Idealerweise einmal zu jeder Seite geneigt.
Abgleich mit der Ausgangslage Jetzt wird es spannend, denn jetzt wiederhole ich den Test vom Beginn und vergleiche, ob und was sich verändert hat.
Integration in den Alltag
Als der Plan dann stand, stellte ich fest, dass ich einiges schon in anderen Situationen bereits regelmäßig mache: Die Boxatmung beim Meditieren, Qi Gong und Taiji. Die Mobilisierung des Zwerchfells bei der Logopädie. Ebenso das Gurgeln; Zungenpendel und -kreisen passt zu meinen Übungsroutinen in der Logopädie. Jetzt muss ich „nur noch“ eine zu mir passende Systematik finden, den Fokus auf das neurozentrierte Training zu integrieren.
Jetzt sind die Symptome bei jedem sehr individuell. Genauso verhält es sich ja auch mit den Therapieansätzen und jeweiligen Tagesabläufen. Ich denke, dass jede und jeder von uns die Möglichkeiten dieser Selbstbeobachtung und Trainings nutzen und Stück für Stück an den eigenen Tagesablauf anpassen kann.
Ich habe jetzt überwiegend visuelle Übungen beschrieben. Darüber hinaus gibt auch sensorische Übungen sowie die, die das Gleichgewicht noch spezieller schulen.
Fazit
Es ist durchaus möglich, dass es Übungen gibt, die die Ausgangslage nicht wie gewünscht verbessern (oder gar verschlechtern). Es kam zwar selten vor, aber es kam vor. Dann nicht den Kopf hängen lassen, sondern eine andere Übung ausprobieren. Das kann muss aber nicht sofort sein.
Es gibt weiterhin viel in meinem Körper zu entdecken und auszuprobieren. Über kurz oder lang werde ich mir sicher Fachliteratur mit praktischen Anleitungen zulegen und auch diesen Ansatz mit meinem Physiotherapeuten besprechen. Dann verändert sich hoffentlich die eine oder andere Baustelle in meinem Körper mit Hilfe meines Kopfes.
Ich finde es sehr schön, dass es keine festen Abläufe bei diesem Training gibt. Das erfordert allerdings Selbstwahrnehmung, Motivation und Eigenverantwortung. Positiv empfinde ich auch, dass ich auch „so nebenbei“ ein paar Dinge üben kann. So lässt sich das Zungenpendel z.B. gut an einer roten Ampel üben.
Wir hoffen, Ihnen hat dieser Erfahrungsbericht einer von MS Betroffenen aus dem ersten Kurs zu Neuro-Athletik gefallen.
Mehr kleine Übungsbeispiele z.B. hier… (in den Videos weiter unten!)
Wir hoffen auf die Weiterentwicklung der Nutzung gesundheitsorientierter Sport- und Bewegungsprogramme gerade auch für die Nicht-Leistungssportler unter uns ,-)
Vielleicht machen Sie nun beim Schlange stehen eine Atemübung, die Ihnen nicht nur die Wartezeit kürzer erscheinen lässt, sondern einen wirklichen Mehrwert für Ihr Sauerstoff- und Energiesystem hat; z.B. die 4×4-Atmung aus Teil 2 der hiermit endenden Serie über Neuro-Athletik und bleiben Sie weiterhin neugierig auf diesem Kanal…
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Im letzten Beitrag „Therapie mit allen Sinnen: Neuro-Athletik (hirnbasiertes Training)“ haben wir erklärt, dass unser Gehirn Sinneswahrnehmungen aus vielen verschiedenen Kanälen benötigt (Hören, Sehen, Fühlen,…) , um die nächsten Schritte (in Abhängigkeit von der Wahrnehmung der Sinnesreize im Umfeld, von der bestehenden physiologischen Situation im Körper, sowie von der Qualität der Verarbeitung dieser Reize durch das Gehirn) sicher bestimmen zu können. Dies bezieht sich sowohl auf die nächsten Handlungen (Flucht, Kampf, Ruhe) als auch darauf, wirkliche Schritte zu gehen. Wenn nicht mehr all diese Sinneswahrnehmungen zum Gehirn durchdringen können (weil durch eine neurologische Ursache z.B. das Gefühl für eine Hand oder ein Bein eingeschränkt oder gar nicht mehr vorhanden ist), verliert das Gehirn an Orientierung und damit an Sicherheit, die nächsten Schritte zu planen – d.h. auch die nächsten motorischen Aktionen und damit haben wir nicht nur weniger Gefühl in der einen Hand/dem einen Bein sondern in Folge auch vielleicht weniger Motorik(-möglichkeiten) in dieser Hand/diesem Bein – können also weniger gut greifen/halten/schreiben oder schlechter den Fuß heben/gehen usw. Solche Bewegungsdefizite wiederum binden auch geistige Ressourcen, und es kann ein Teufelskreis entstehen, der uns immer weniger agil werden lässt. Normales Training/Physiotherapie kann diesen Kreislauf nur unzureichend durchbrechen, wenn nicht auch ein Fokus auf die Sinneswahrnehmungen – und damit vor allem auf bestimmte Hirnfunktionen – gelenkt wird. Auch muskuläre Defizite beginnen nämlich im Hirn (Muskeln sind nur die ausführenden „Dienstleister“ des Gehirns) und auch solche Defizite (und nicht nur kognitive) können auch vorrangig nur dort im Gehirn behoben werden: durch die ganzheitliche Integration von Augen, Gleichgewicht, Atmung und Bewegung…
Der sogenannte Homunculus zeigt die Körperstellen, die die meiste Berührung erfahren bzw. am meisten benutzt werden (nämlich Hände, Lippen und Zunge). Diese verfügen auch im Hirn über die größten Areale.
“Training” ist sinnvoller und effizienter, wenn es dort stattfindet, wo Bewegung entsteht: im Gehirn.
Ziel ist es, durch Neuroathletik die Kommunikation zwischen Gehirn und Körper zu verbessern und damit auch die Bewegung, die Körperstabilität, das Gleichgewicht und vieles mehr (und so auch z.B. das Sturzrisiko zu verringern).
Da Bewegung aber nicht nur komplex ist sondern auch sehr individuell, kann man mit standardisierten Trainingsprogrammen leider nur begrenzt bessere Ergebnisse erzielen. Neurozentriertes Training dagegen sollte ganz individuell erfolgen und eignet sich besonders bei (z.B. durch MS bedingte) Einschränkungen. Neurozentriertes Training funktioniert daher auch für Geh-Eingeschränkte oder Menschen im Rollstuhl – und bringt nicht nur Sportler (und die Profis unter denen) zu mehr Leistung und Können. Denn egal, was wir im Training oder in der Therapie tun, das Nervensystem ist immer beteiligt. Die Frage ist, wie bewusst und gezielt wir die neuronalen Aspekte einbeziehen.
Kommt es zu Lücken in der neuronalen Weiterleitung (z.B. durch auch nur einen eingeschränkten Sinneswahrnehmungskanal) – und damit zu einer nicht mehr verlässlichen Sicherheit für das Gehirn, was zu tun ist – reagiert der Körper z.B. mit Fehlhaltungen oder Verspannungen (z.B. im Schulter-Nacken-Kopf-Bereich). Genauso wie eine korrekte oder veränderte Körperhaltung hat z.B. auch die Kopfposition einen Einfluss z.B. auf das Gleichgewicht und umgekehrt. Und jeder Mensch (ob Sportler oder nicht) braucht ein funktionierendes Gleichgewichtssystem. Gibt es hier Defizite, ergreift mein Gehirn vielleicht sogar weitere „Sicherheitsmaßnahmen“, um Überlastung zu vermeiden. Nicht nur die Muskeln verkrampfen, diese und der Mensch selbst sind evtl. schneller erschöpft, das Erinnerungsvermögen lässt nach usw. Je besser aber die Kommunikation zwischen Umwelt, Gehirn und Körper funktioniert, desto geringer wird das Risiko für Verletzungen, Fatigue, degenerativen Abbau und viele andere Aspekte.
Sensorik kommt vor der Motorik
Das Gehirn folgt dem Muster „Sensorik vor Motorik“. Ungünstig, wenn man gerade in der Sensorik Defizite hat. Auch deshalb ist es für Menschen mit Multipler Sklerose gut, dass beim neurozentrierten Training (Neuro-Athletik) nicht die Muskeln, Sehnen/Bänder oder die Kondition trainiert werden. Stattdessen werden die verschiedenen Wahrnehmungsorgane trainiert – und damit z.B. das Gleichgewicht. Und dies viel effektiver als z.B. mit üblichem Gleichgewichtstraining.
Das gezielte Training der Seh- und Hörfähigkeit spielt hierbei eine sehr wichtige Rolle. Und zuvor noch das Atemtraining!!! Viele Menschen atmen zu flach – aufgrund von Stress, Bewegungsmangel oder einfach aus Gewohnheit. Den Organen steht dann nicht nur weniger Sauerstoff zur Verfügung, sondern je flacher die Atmung, desto mehr Stresshormone werden ausgeschüttet. Dies macht uns weniger leistungsfähig, eher energielos oder unruhig. Besser ist ein bewusster, tiefer Atemfluss, der nicht nur über das Zwerchfell (flacher Atemmuskel, der den Brustkorb auf Höhe der unteren Rippenbögen umspannt; vorstellbar wie eine Membran). Für gesunden Atem sollte zusätzlich auch die Rücken-, Nacken- und Bauchmuskulatur integriert sein. Dann spürt man den Atemfluss nicht nur im oberen Brustkorb oder unteren Bauch, sondern in beiden Zonen und auch an den Flanken und vielleicht sogar ein wenig im Rücken. Solch eine vertiefte Atmung verhilft nicht nur zu mehr Energie im Alltag, sondern ist auch elementar bei der Neuro-Athletik, da wir über die Atmung das Autonome Nervensystem ansprechen und selektiv aktivieren können. Deswegen beginnen die Übungsbeispiele auch mit dem Atmen bzw. erstmal Vorübungen dazu, um bestimmte Hirnnerven zu aktivieren, die die ausführende Bewegung der Muskulatur steuern.
Einsteigerübungen für zu Hause
Auch wenn die folgenden Übungen sich einfach anhören, überfordern Sie sich nicht. Beginnen Sie jeweils mit einigen Sekunden (solange es angenehm ist) und steigern Sie sich langsam; aber üben Sie mehrmals am Tag. Auch die hierfür benötigte Muskulatur muss langsam trainiert werden: • Summen Summen trainiert mehr, als man denkt und kann richtig anstrengend werden.
• Gurgeln Auch Gurgeln wird anstrengend, sobald man es mal etwas länger als nach dem Zähne putzen macht. Und es ist enorm effektiv, denn es trainiert nicht nur die hintere Rachenmuskulatur (besonders wichtig bei Schnarchern).
• Zungenübungen
a) Zungenpendel: Pendeln Sie mit Ihrer Zunge von Seite zu Seite im geschlossenen Mund. Solange, bis Sie spüren, dass Ihre Zunge ein Muskel ist, der nach einer Weile dann genug von der Anstrengung hat. Üben Sie auch dies mehrfach täglich. Steigerung: Summen Sie beim Pendeln.
b) Zungenkreisen: Lassen Sie Ihre Zunge im geschlossenen Mund kreisen. So lange, bis es trotz Richtungswechsel unangenehm wird. Versuchen Sie auch hier, nach ein paar Tagen die Übungszeit zu verlängern. Nehmen Sie danach als Steigerung das Summen mit hinzu.
Die Zunge liefert wahrscheinlich mehr sensorische Informationen ans Gehirn als der gesamte Rumpf. Wird sie stimuliert, aktiviert das wichtige motorische und sensorische Bereiche und Nerven im Stammhirn. Tatsächlich dient die Zunge als effektive Schnittstelle, um Signale an das zentrale Nervensystem zu senden. Die US-Arzneimittelbehörde hat 2021 sogar einen Neuromodulationsstimulator der Zunge zur Behandlung von Gangstörungen genehmigt. In einer Pilotstudie mit 20 Multiple-Sklerose-Patientinnen und -Patienten verstärkte ein solches sensorisches „Vorbahnen“ nämlich Übungen, die das Gangbild verbessern. 18 Studienteilnehmer erreichten bei Extensions- und Flexionsübungen ihrer Knie ein 30 Prozent höheres Drehmoment, wenn sie ihre Zunge an den Gaumen drückten. Erneut soll die Zunge motorische Gehirnareale aktivieren. »Bei Kraftanstrengungen pressen wir die Luft in der Lunge unwillkürlich zusammen – ähnlich einem Valsalva-Manöver«, sagt Neurowissenschaftler Stefan Schneider. Bei dieser Atemtechnik, die jeder von uns vom Druckausgleich im Flugzeug kennt, legt man die Zunge an den Gaumen und verschließt den Ausgang der Luftröhre, um durch Anspannung der Atemmuskulatur Druck aufzubauen. »Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass vorherige Zungenübungen einen kausalen Effekt auf eine spätere Kraftanstrengung haben«, sagt der Kölner Sportmediziner Stefan Schneider.
• 4×4-Atmung
Tief durch die Nase einatmen (möglichst bis zum unteren Becken) und dabei bis 4 zählen. Wenn die Bauchdecke maximal gewölbt ist, die Luft anhalten. Erneut von 1 bis 4 zählen. Nun langsam während 4 Zähleinheiten über die Nase ausatmen. Es folgt eine bewusste Atempause, während der wir wieder bis 4 zählen. Erst danach wieder einatmen und von vorne beginnen. Also immer im Muster: Einatmen über 4 Zähleinheiten, Atempause über 4 Zähleinheiten, Ausatmen über 4 Zähleinheiten, Atempause über 4 Zähleinheiten. Mehrfach wiederholen; zu Beginn vielleicht nur ein paar Mal; später dann vielleicht bis zu 3 Minuten oder die Zähleinheiten langsam vergrößern (also jeweils bis 5 zählen, bis 6, 7 oder bei fortgeschrittenem Können sogar bis jeweils 8 zählen).
Dies waren ein paar einfache Übungen für den Einstieg zu Hause. Danach kann man in einem professionell angeleiteten Training weiterführende Übungen individuell an den eigenen Körper/das eigene Problem angepasst erarbeiten. Denn Neuroathletik ist so viel mehr als Zungenkreisen, Blicksprünge und Augenliegestütz (zwei weitere der wichtigen Grundübungen). Neuroathletik sollte herkömmliches Training nicht ersetzen, sondern integriert werden. Wenn durch Neuroathletiktraining zuerst das Nervensystem auf Hochtouren gebracht ist, ist auch das herkömmliche Training erfolgversprechender.
Fazit
Es müssen nicht immer komplizierte und komplexe Übungen sein. Viele der Übungen wirken anfangs ungewöhnlich und viele Trainierende sind überrascht, dass vermeintlich kleine Änderungen bei Routineübungen und alltäglichen Situationen zu so großen Verbesserungen führen. Durch ergänzendes neurozentriertes Training lassen sich unter anderem Haltung, Gangbild und Tremor weiter verbessern – zumindest kurzfristig. Natürlich müssen die Übungen regelmäßig gemacht werden, sonst sind die Effekte auch schnell wieder verschwunden. Deswegen übt man am besten unter Anleitung über einen längeren Zeitraum regelmäßig 1x (40-60 Minuten) pro Woche. Im Schnitt soll man zu Hause dann noch drei bis vier verschiedene Übungen täglich fünf- bis sechsmal durchführen. Das hört sich nach viel an, ist aber in wenigen Minuten pro Übungseinheit zu schaffen.
Nachtrag: Doch nur Placebo-Effekt?
Die Wirksamkeit von Neuroathletiktraining ist noch nicht ausreichend untersucht und bisher existieren keinerlei wissenschaftliche Studien, die bildgebend, physiologisch oder auf Basis von Neurotransmittern gegebenenfalls zu erwartende Trainingseffekte belegen. Effekte können recht schnell kommen. Leider dauern sie nicht immer lange an. Deswegen ist ein ausschließlicher Einsatz von der Neuroathletik nicht ausreichend. Vielmehr unterstützt diese Methode positive Effekte des herkömmlichen Trainings auch in Form eines Warm-up und macht dieses deutlich effizienter… 30 bis 40 Tage dauert es, bis sich das Nervensystem an neue Reize anpasst, wenn die Trainingsübung regelmäßig ausgeführt wird. Trotzdem lohnt es sich, mit dem Üben anzufangen. Und da das Hirn verlässlichere Informationen bekommt, wenn es vom gesamten Körper auch über die Haut regelmäßig zuverlässige Informationen erhält, ist die wichtigste (aber nicht für jeden Menschen einfachste) „Übung“ diese: Massieren Sie möglichst den kompletten Körper mehrmals täglich. Lassen Sie sich oft von lieben Personen umarmen und streicheln. Berührung tut eben nicht nur der Seele gut, sondern stärkt über viele – oben leider nur kurz angerissene – komplexe Prozesse indirekt das Gleichgewicht und unsere Beweglichkeit.
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Neurozentriertes Training (NZT oder Neuro-Athletik) ist “Athletik für das Hirn und durch das Gehirn”. Trainingsziel ist zwar der ganze Körper, doch wird er vorrangig durch “Gehirntraining” angesteuert. Nein, nicht was einigen schon ein Begriff ist, Hirn-Jogging durch Sudoku und ähnliches. Sondern es werden gezielt die neurologischen Systeme der Wahrnehmung angesprochen…
Die klassischen 5 Sinne (Hören, Sehen, Tasten …) sind Formen der Wahrnehmung, die eine empfundene Tatsache bestätigen (Wasser läuft über meine Haut) – oder dementieren (es ist ein anderes Rinnsal oder gar keines, denn es ist nur das Gefühl, als ob). Unser Gehirn braucht zur Überlebenssicherung, Gefahrenerkennung und die Vorhersage von Situationen in der Umwelt Informationen in Bezug auf die Lage und Stellung unseres Körpers zur bzw. in unserer Umgebung. Es braucht eine – möglichst vollständige – Orientierung um interagieren und – gegebenenfalls richtig – handeln zu können. Informationen für diese Orientierung bekommt es aber nicht nur über die – bewusste und unbewusste – Sinneswahrnehmung (Exterozeption = Außenwahrnehmung).
Propriozeption (Wahrnehmung der eigenen Körperteile, auch als Tiefensensibilität bezeichnet) liefert die Informationen aus der Bewegung selber (Stellung von Gelenken und deren Veränderung, Lage im Raum, Muskelspannung, Hautwiderstand durch – für obiges Beispiel „Wasser auf der Haut“ – z.B. schnell oder langsam hingleitendes Wasser/Blut/Schweiß etc.). Das Gehirn beachtet auch, wie die physiologischen Auslenkungen sind (Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Stoffwechsel, Verdauung) in Anbetracht der Umwelt (Interozeption = Wahrnehmungen aus dem eigenen Körperinneren). Wenn alle Informationen abgeglichen sind, kann es eine Prognose erstellen und eine ggf. daraus folgende motorische Umsetzung ansteuern (fliehen bei Wasserschwall; evtl. Kämpfen bei Verletzung durch Feind oder es ist alles in Ordnung, denn es ist nur Schweiß in Sommerhitze und eine Hängematte die bessere Wahl).
Defizite haben weitreichende Folgen…
Besteht ein Informationsdefizit, kann dies in gewissem Umfang durch bestehende Systeme kompensiert werden (ich fühle es nicht, sehe aber häufiger hin). Es werden dafür aber permanent mehr und klarere Informationen gebraucht und gesucht. Dies bindet Ressourcen, die dann nicht mehr (oder zumindest nicht gleichzeitig) für scheinbar Nebensächlicheres zur Verfügung stehen – sei es motorischer Art (Beinmuskeln schwächeln etwa) oder z.B. kognitiver Art (Aufmerksamkeit und/oder Erinnerungsvermögen schwächeln z.B.).
… lassen sich aber ausgleichen
Hat das Gehirn (durch z.B. defizitäre neurologische Erkrankungen wie MS) Lücken – und damit an Sicherheit verloren, können wir durch Neuro-Athletik diese neuronalen Funktionen des Gehirns gezielt stärken, bestehende Defizite eventuell effektiver kompensieren – oder sogar ganz verlorene Funktionen evtl. wieder aufbauen (wie z.B. nach einem Schlaganfall), wenn das Gehirn durch das neurozentrierte Training bei seinen Einschätzungen wieder an Sicherheit gewinnt.
Dann können neben einer besser ausführbaren motorischen Umsetzung (z.B. Fuß besser heben können) auch wieder Ressourcen freigegeben werden (Aufmerksamkeit steht wieder für Anderes zur Verfügung).
Neuro-Athletik basiert also auf den Grundlagen der Neurologie und ist daher auch keine Zauberei, an die man glauben muss, damit es funktioniert.
“Training” soll dort geschehen, wo Bewegung (bzw. evtl. Schmerzen; s.u.) entstehen: Im Gehirn; durch die ganzheitliche Integration von Augen, Gleichgewicht, Atmung und Bewegung… Dabei möglichst viel „Neues“ (zurück-er)lernen und diese Informationen und Bewegungen wieder flüssig in den (unbewussten) Bewegungs-Alltag integrieren.
In einem der folgenden Beiträge beschreiben wir einfache Übungen für den Einstieg zu Hause – zum Appetit machen z.B. für ein professionell angeleitetes Training.
Und später dann noch einen Erfahrungsbericht aus dem ersten Kurs einer von MS Betroffenen. Bleiben Sie also neugierig in diesem Kanal.
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