Eisen und MS – auf die Details kommt es an

von Kirsten

Eisenhaltige Lebensmittel als Teil einer natürlichen Ernährung.

Eisenhaltige, natürliche Lebensmittel

Eisen und das Nervensystem

Ein wichtiges Spurenelement des menschlichen Körpers ist Eisen. Der Grossteil befindet sich als Hämoglobin im Blutkreislauf und ist dort essenziell für Sauerstoffaufnahme und -transport (von der Lunge zu den Körperzellen). Etwas Eisen befindet sich zudem auch in Muskeln (Myoglobin) oder als «Speichereisen» (Ferritin) u.a. in Leber, Milz und Knochenmark. Doch auch im Gehirn hat es wichtige Funktionen. Dort findet man es beispielsweise in Enzymen, die für die Produktion verschiedener Neurotransmitter verantwortlich sind.

Eisen spielt in Hirn und Rückenmark auch eine grosse Rolle bei der Bildung der Myelinschicht und findet sich daher insbesondere in den Mitochondrien der Myelin-produzierenden Oligodendrozyten [1]. Im nervenschützenden Myelin selbst wurde inzwischen aber auch Ferritin (ein eisenhaltiger Proteinkomplex) nachgewiesen [2], [3]. Dieses scheint die elektrischen Signale entlang der Axone in eine Richtung zu befördern, während es das Zurückwandern des Signals blockiert [2], was für die effiziente Weiterleitung elektrischer Impulse von grosser Wichtigkeit ist. Ein Mangel an Ferritin im Myelin wird bei MS in Betracht gezogen und sollte in zukünftigen Studien weiter untersucht werden.

Eisenmangel

Ein Eisenmangel, der über Blutdiagnostik festgestellt wird (aber nicht direkt auf den Eisengehalt im Nervengewebe schliessen lässt), äussert sich u.a. in Fatigue, Depression und kognitiven Einschränkungen – also in Symptomen, die auch einigen MS-Erkrankten bekannt vorkommen könnten. Tritt ein solcher Eisenmangel bei einem MS-Erkrankten auf, dann können sich diese Symptome weiter verstärken und dadurch die Lebensqualität stärker beeinträchtigen. Eine Studie mit über 300 MS-Erkrankten zeigte, dass vor allem Frauen von Eisenmangel betroffen sind – vor allem aufgrund gynäkologischer oder gastro-intestinaler Gründe (z.B. Menstruationsblutung, entzündliche Darmerkrankungen) [4]. Eisenwerte im Blut werden in der wissenschaftlichen Literatur bei MS-Erkrankten generell als tendenziell niedriger beschrieben – verglichen mit Nicht-Erkrankten [5].

Eisenkonzentration und -ablagerungen im zentralen Nervensystem

Hinsichtlich des gesamten Eisengehalts im Hirn konnte bei MS-Erkrankten (sowohl mit schubförmig-remittierender also auch mit progredienter MS) keine Unterschiede gegenüber Nicht-Erkrankten festgestellt werden [6], [7]. Bei MS-Erkrankten finden sich aber am Rand von MS-Läsionen ringförmige Eisenablagerungen, die via MRT-Aufnahmen sichtbar gemacht werden können [8]. Bei bereits verstorbenen Erkrankten (die einer Körper-Spende zu Lebzeiten zugestimmt hatten) konnten zudem Gewebeproben des Gehirns unter dem Mikroskop untersucht werden, um weitere Einblicke in strukturelle Auffälligkeiten zu erhalten. Die Bereiche, in denen sich die Eisenringe befinden, gehen auf Mikroglia / Makrophagen zurück – also Zellen, die Abfallstoffe des Nervensystems beseitigen und z.T. auch in die Bildung neuer Neuronen (Neurogenese) involviert sind. Gemäss Literatur würden Makrophagen und Mikroglia zwar die Bestandteile des zerstörten Myelins (also auch Eisen) aufnehmen, dann aber selbst degenerieren – wodurch wiederum oxidativer Stress entsteht, das Eisen erneut freigesetzt wird und die Mikroglia / Makrophagen ihre Arbeit nicht bewältigen können [3]. Die daran angrenzenden (nicht geschädigten) Bereiche weisen hingegen eine reduzierte Eisenkonzentration auf [7].

Im zentralen Nervensystem unterscheidet man verschiedene Bereiche: Die graue Substanz, die vor allem die Nervenzellkörper beinhaltet, sowie die weisse Substanz, die vornehmlich aus Leitungsbahnen / Nervenfasern besteht. Befinden sich erhöhte Eisenkonzentrationen in der grauen Substanz, ist auch insbesondere der oxidative Stress erhöht und damit auch der Grad der Neuro-Atrophy (das Schrumpfen der Neuronen) und der Neurodegeneration (das Sterben der Neuronen). Ist hingegen vor allem die weisse Substanz betroffen, wird dies mit einer erhöhten Krankheitsdauer assoziiert [7]. Eine erhöhte Eisenkonzentration in aktiven MS-Läsionen der weissen Substanz wird auf das Sterben der Myelin-produzierenden Oligodendrozyten zurückgeführt. Diese weisen bei MS-Patienten (aufgrund erhöhten Energiebedarfs) eine erhöhte Dichte an eisenhaltigen Mitochondrien auf, gegenüber Nicht-Erkrankten (siehe auch: Autoimmun – was ist das? | Life-SMS).

Im Allgemeinen befinden sich höhere Eisenkonzentrationen im Gehirn und niedrigere im Rückenmark. Bei progressiver MS wurden im Rückenmark keine Eisen-umrandeten Läsionen gefunden, im Hirn dagegen umso mehr im Motorkortex, der für die Kontrolle und Ausführung willkürlicher Bewegungen verantwortlich ist. Diffusere Eisenansammlungen finden sich bei progressiv MS-Erkrankten im läsionsfreien Rückenmarks-Gewebe – insbesondere in Axonen des Motortrakts des Lendenwirbelsäulenbereichs. Zudem scheint der Eisengehalt der Axone mit dem Behinderungsgrad assoziiert zu sein [7].

Eisengehalt als Biomarker

Die Analyse des Eisengehalts im Nervengewebe könnte also als Biomarker zur Bestimmung der Art und des Erkrankungsstatus herangezogen werden. Erkrankte mit keinen bis wenigen Eisenringläsionen im Hirn hätten tendenziell einen günstigeren Krankheitsverlauf als Erkrankte mit mehr Läsionen. Zudem würde ein gehäuftes Auftreten der Eisenringläsionen in der schubförmigen MS den Übergang zur progredienten Erkrankungsform anzeigen [9].

Eisenansammlungen in bzw. um funktionierenden Nerven scheinen die Folge eines erhöhten Energiebedarfs zu sein – der sich in einer erhöhten Mitochondrien-Dichte widerspiegelt (siehe auch: Autoimmun – was ist das? | Life-SMS). Dass die Eisenansammlungen um geschädigte Nerven herum zumindest ein Artefakt der Nervenschädigung sind, sieht man daran, dass sie prinzipiell auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen, wie z.B. Parkinson oder Alzheimer, vorliegen.

In einer Studie an MS-Erkrankten zeigte sich, dass Eisenringläsionen langsam expandieren können, nach mehreren Jahren aber zum Erliegen kommen und keine Remyelinisierung erkennbar ist. Demgegenüber würden remyelinisierte Läsionen (also Läsionen bei denen die Myelinscheiden der Nerven wieder hergestellt wurden)  keine bis geringe Mengen an Eisen aufweisen [3]. Wenn die Grösse der Eisenringe den Grad der Neurodegeneration anzeigt, dann ist es nicht verwunderlich, dass weniger Remyelinisierung bei grösseren Eisenringen erkennbar ist. Möglich wäre prinzipiell auch, dass das freigesetzte Eisen die Remyelinisierung behindert. Beispielsweise ist bekannt, dass Eisen das Sterben von Zellen fördern kann (“Ferroptose”), wenn gleichzeitig viele freie Radikale / reaktive Sauerstoff-Verbindungen vorhanden sind – und auch dann kommt es auf darauf an, in welchem Molekül (und in welcher Oxidationsstufe) sich das Eisen befindet. Generell wäre ein gesunder Lebensstil gerade im Hinblick auf einen gut funktionierenden Mitochondrien-Stoffwechsel sinnvoll – auch um das Ausmass einer möglichen Ferroptose zu minimieren.

Insgesamt wird seitens der Wissenschaft geraten auch bei MS einem Eisenmangel entgegenzuwirken, da dies neben Beschwerden wie Fatigue auch zu oxidativem Stress (in den Mitochondrien der Oligodendrozyten) führen und dadurch die Regeneration der nervenschützenden Myelinschicht minimieren kann [5].

Fazit

MS-Erkrankte haben tendenziell niedrigere Eisenwerte als Nicht-Erkrankte.

Eisenmangel (der via Blutdiagnostik festgestellt wird) äussert sich u.a. in Fatigue, Depression und kognitiven Einschränkungen. Dies kann die Lebensqualität zusätzlich einschränken und sollte daher vermieden werden. Zudem könnte sich der oxidative Stress in den Myelin-produzierenden Zellen erhöhen und die Regeneration der Myelinschicht reduzieren.

Untersuchungen des Gehirns zeigen in MRT-Aufnahmen ringförmige Ablagerungen mit Eisengehalt um Läsionen – insbesondere, wenn diese nicht wieder remyelinisieren. Die Eisenverteilung im Nervengewebe könnte zukünftig als Biomarker herangezogen werden, um die Art und Schwere der MS-Erkrankung zu ermitteln.

Auf der anderen Seite ist eine Überdosierung der Eisenzufuhr über Supplemente zwingend zu vermeiden, um insbesondere die Ferroptose und die Behinderung der Remyelinisierung auszuschließen. Betroffene sollten also mit Ihrer Ärztin oder ihrem Arzt die notwendigen Laboruntersuchung zur Bestimmung verschiedener Eisenwerte (vor allem Ferritin, Hämoglobin und Transferrin) absprechen und durchführen lassen, bevor mit einer möglichen Supplementierung einem Eisenmangel entgegengewirkt wird.

Wichtig: Da es für Eisen keine aktiven Ausscheidungsmechanismen in unserem Körper gibt, kann eine zu hohe Aufnahme nicht durch eine entsprechend höhere Ausscheidung kompensiert werden!  

ℹ️ Mehr zum Thema Eisen finden sie bei unserem Schwesterprojekt: Eisen – Die NährstoffAllianz

Referenzen

[1]          V. T. Cheli, J. Correale, P. M. Paez, and J. M. Pasquini, “Iron Metabolism in Oligodendrocytes and Astrocytes, Implications for Myelination and Remyelination,” ASN Neuro, vol. 12, p. 1759091420962681, 2020, doi: 10.1177/1759091420962681.

[2]          “(PDF) Electron Tunneling in Ferritin and Its Potential Influence on Myelin and Cardiomyocytes,” ResearchGate. Accessed: Oct. 10, 2025. [Online]. Available: https://www.researchgate.net/publication/379708755_Electron_Tunneling_in_Ferritin_and_Its_Potential_Influence_on_Myelin_and_Cardiomyocytes

[3]          L. Haider, “Inflammation, Iron, Energy Failure, and Oxidative Stress in the Pathogenesis of Multiple Sclerosis,” Oxid Med Cell Longev, vol. 2015, p. 725370, 2015, doi: 10.1155/2015/725370.

[4]          S. Patel, R. Thawani, T. G. Deloughery, V. Yadav, F. Hernandez-Ilizaliturri, and M. Sendowski, “Iron Deficiency Is Commonly Observed in Female Multiple Sclerosis (MS) Patients with Relapsed/Refractory or Primary Progressive Disease Referred for Biological Therapies,” Blood, vol. 140, pp. 11086–11087, Nov. 2022, doi: 10.1182/blood-2022-170573.

[5]          C. Tang et al., “Iron metabolism disorder and multiple sclerosis: a comprehensive analysis,” Front Immunol, vol. 15, p. 1376838, Mar. 2024, doi: 10.3389/fimmu.2024.1376838.

[6]          E. Hamdy, A. A. Galeel, I. Ramadan, D. Gaber, H. Mustafa, and J. Mekky, “Iron deposition in multiple sclerosis: overall load or distribution alteration?,” Eur Radiol Exp, vol. 6, no. 1, pp. 1–11, Dec. 2022, doi: 10.1186/s41747-022-00279-9.

[7]          M. Pisa et al., “Aberrant iron deposition in the multiple sclerosis spinal cord relates to neurodegeneration,” Oct. 27, 2024. doi: 10.1101/2024.10.25.619794.

[8]          “Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn,” Wikipedia. Jun. 26, 2025. Accessed: Oct. 10, 2025. [Online]. Link!

[9]          S. Hametner, “Über die Rolle von Eisen bei multipler Sklerose,” psychopraxis. neuropraxis, vol. 24, no. 2, pp. 106–109, Mar. 2021, doi: 10.1007/s00739-021-00707-2.


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Die Choline – unverzichtbar, vor allem bei MS

von Kirsten

Das Bild zeigt Lebensmittel mit relativ hohem Cholingehalt: Fleisch, Geflügel, Fisch, Milchprodukten und Eiern - in pflanzlichen Lebensmitteln v.a. in Kohlgemüse, Bohnen, Nüssen, Samen und Vollkorngetreide
Lebensmittel mit vergleichbar hohem Gehalt an Cholinen

Cholin spielt eine zentrale Rolle in unserem Körper, denn es ist Ausgangsstoff für verschiedene Stoffwechselprodukte. Seinen Namen erhielt diese Substanz, als sie erstmals in der Galle entdeckt wurde (angelehnt an das griechische Wort für «Galle») [1] – was bereits den Hinweis gibt, dass diese Substanz in der Leber und dem Verdauungstrakt von Bedeutung ist. In der Leber verhindert sie z.B. die Einlagerung von Fett ins Gewebe.

Tatsächlich wird Cholin über die Nahrung (meist in Form von Phosphatidyl-Cholinen) aufgenommen, vom Darm resorbiert und in der Leber gespeichert [2]. Von dort wird es (ebenso wie andere Substanzen) über die Blutbahn in andere Regionen des Körpers transportiert. Die Leber kann zudem Cholin in Form von Phosphatidylcholinen (PCs) in kleineren Mengen auch selbst herstellen – eine ausreichende Versorgung mit (Phosphatidyl-)Cholin (PC) kann allerdings nur über eine genügende Aufnahme über die Nahrung erfolgen. Höhere Mengen finden sich v.a. in Fleisch, Geflügel, Fisch, Milchprodukten und Eiern – in pflanzlichen Lebensmitteln v.a. in Kohlgemüse, Bohnen, Nüssen, Samen und Vollkorngetreide [3].

Cholin ist essenziell für den Fettstoffwechsel, zur Bildung von Zellmembranstrukturen und es ist Ausgangsstoff für einen wichtigen Neurotransmitter, dem Acetyl-Cholin. Dieser wird von Nervenzellen gebildet. Er wird benötigt, um Nervenimpulse auf Muskeln zu übertragen (Muskelkontraktion) und ist zudem bei der Erhöhung bzw. Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit, sowie beim Lernen und dem Bilden von Erinnerungen (Gedächtnisbildung) von grosser Wichtigkeit.

Im Rahmen des Fettstoffwechsels unterstützt esden Transport von Fettsäuren und Cholesterin aus der Leber zu anderen Regionen des Körpers. Besteht ein Mangel an Cholin, kann dies eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung, Muskelschwund und Neurodegeneration zur Folge haben [4].

Als PC ist es strukturgebend in Zellmembranen, u.a. in der nervenschützenden Myelinschicht. Darüber hinaus sind sie aber auch an zellulären Prozessen beteiligt, wie z.B. bei der Regulierung von Entzündungen und der Zellkommunikation. Verfügen wir über ausreichend PC, hat dies positive Effekte auf das Gleichgewicht der Biolipide, die Zell-Regeneration sowie die Reduktion von Entzündungen [5].

Die Vertreter der Gruppe der PCs sing auch als Lecithine bekannt und gehören zur Klasse der Phospho-Lipide. Die verschiedenen PCs unterscheiden sich durch ihre Fettsäurereste. Insbesondere zeigen PCs, die u.a. aus Omega-3-Fettsäuren (wie z.B. den DHA (Docosahexaensäure) und EPA (Eicosapentaensäure) bestehen, eine erhöhte Membran-Fluidität – was Transportvorgänge und Enzymaktivitäten generell verbessert [6],[7].

Tiefergehende Artikel zu Omega-3-Fettsäuren finden sich hier: Omega-3 Fettsäuren | Life-SMS

Eine Vorstufe der PCs stellt CDP-Cholin dar, über das bereits vor einigen Jahren bei Life-SMS hier berichtet wurde.

CDP-Cholin ist ein essenzielles Zwischenprodukt bei der Synthese der PCs. In Deutschland ist es als Nahrungsergänzungsmittel verfügbar [8]. Hinsichtlich der Neurogeneration gibt es zu CDP-Cholin bereits einige Studien – vor allem an Tieren. Einige Erkenntnisse werden im Folgenden vorgestellt:

Die Gabe von CDP-Cholin in Tiermodellen führte zu einer erhöhten Vermehrung von Oligodendrozyten (also jenen Zellen, die die Myelinschicht bilden) – und somit zu einer erhöhten Remyelinisierung [5]. Auch zeigten sich verbesserte Lern- und Gedächtnisleistungen sowie ein verbesserter Mitochondrien-Stoffwechsel [9]. Zudem fiel die Grösse der Hirnläsionen nach Schlaganfällen generell kleiner aus, wenn direkt nach dem Schlaganfall für einige Zeit CDP-Cholin verabreicht wurde [10].

In klinischen Studien (also in Studien am Menschen) konnten positive Effekte bei kognitiven Störungen im Zusammenhang mit chronischen zerebralen Störungen bei älteren Menschen nachgewiesen werden [11]. Studien von CDP-Cholin bei MS fehlen bisher. Der Einsatz von CDP-Cholin erscheint nach derzeitigem Wissensstand laut wissenschaftlicher Literatur jedoch vielversprechend [5], [12], [13].

Fazit

Cholin ist essenziell für viele Körperfunktionen. Der Körper kann zwar kleine Mengen selbst herstellen. Eine ausreichende Versorgung kann allerdings nur über die Nahrung erfolgen.

Ein Mangel an Cholin sollte möglichst vermieden werden, denn es spielt eine zentrale Rolle bei der Übertragung von Nervensignalen auf die Muskulatur (in Form von Acetyl-Cholin). In Form von Phosphatidyl-Cholinen ist es ein wichtiger Bestandteil der nervenschützenden Myelinschicht.

Eine wichtige Vorstufe der Phosphatidyl-Choline ist CDP-Cholin. Dieses ist als Nahrungsergänzungsmittel zugänglich. In Tiermodellen zeigte es eine Verringerung von Nervenschädigungen, eine erhöhte Remyelinisierung sowie verbesserte Lern- und Gedächtnisleistung. Auch klinische Studien bestätigen eine Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten. Studien von CDP-Cholin-Gabe bei MS gibt es bisher keine, obwohl es ein vielversprechender Behandlungs-Ansatz wäre. Auf die Notwendigkeit solcher Studien wurde in den letzten Jahren bereits von wissenschaftlicher Seite hingewiesen.

Referenzen

[1]          “Choline,” Wikipedia. Jun. 03, 2025. Accessed: Jun. 07, 2025. [Online]. Available: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Choline&oldid=1293827393

[2]          “Office of Dietary Supplements – Choline.” Accessed: Jun. 07, 2025. [Online]. Available: https://ods.od.nih.gov/factsheets/Choline-HealthProfessional/

[3]          “Cholin,” Wikipedia. May 12, 2025. Accessed: Jun. 07, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Cholin&oldid=255951736

[4]          Y. Q. Goh, G. Cheam, and Y. Wang, “Understanding Choline Bioavailability and Utilization: First Step Toward Personalizing Choline Nutrition,” J. Agric. Food Chem., vol. 69, no. 37, pp. 10774–10789, Sep. 2021, doi: 10.1021/acs.jafc.1c03077.

[5]          V. Gudi, P. Grieb, R. A. Linker, and T. Skripuletz, “CDP-choline to promote remyelination in multiple sclerosis: the need for a clinical trial,” Neural Regeneration Research, vol. 18, no. 12, p. 2599, Dec. 2023, doi: 10.4103/1673-5374.373671.

[6]          Y. Zhang et al., “Correlations between omega-3 fatty acids and inflammatory/glial abnormalities: the involvement of the membrane and neurotransmitter dysfunction in schizophrenia,” Front. Cell. Neurosci., vol. 17, Oct. 2023, doi: 10.3389/fncel.2023.1163764.

[7]          “Membranfluidität.” Accessed: Jun. 07, 2025. [Online]. Available: https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/membranfluiditaet/42048

[8]          “CDP-Cholin,” Wikipedia. Jun. 06, 2025. Accessed: Jul. 06, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=CDP-Cholin&oldid=256753725

[9]          J. J. Secades and J. L. Lorenzo, “Citicoline: pharmacological and clinical review, 2006 update,” Methods Find Exp Clin Pharmacol, vol. 28 Suppl B, pp. 1–56, Sep. 2006.

[10]       O. Hurtado et al., “A chronic treatment with CDP-choline improves functional recovery and increases neuronal plasticity after experimental stroke,” Neurobiology of Disease, vol. 26, no. 1, pp. 105–111, Apr. 2007, doi: 10.1016/j.nbd.2006.12.005.

[11]       M. Fioravanti and M. Yanagi, “Cytidinediphosphocholine (CDP‐choline) for cognitive and behavioural disturbances associated with chronic cerebral disorders in the elderly,” Cochrane Database of Systematic Reviews, no. 2, 2005, doi: 10.1002/14651858.CD000269.pub3.

[12]       P. Grieb, M. Świątkiewicz, A. Kamińska, A. Jünemann, R. Rejdak, and K. Rejdak, “Citicoline: A Candidate for Adjunct Treatment of Multiple Sclerosis,” Pharmaceuticals, vol. 14, no. 4, Art. no. 4, Apr. 2021, doi: 10.3390/ph14040326.

[13]       P. Göttle et al., “An unmet clinical need: roads to remyelination in MS,” Neurol. Res. Pract., vol. 1, no. 1, Art. no. 1, Dec. 2019, doi: 10.1186/s42466-019-0026-0.

Bildnachweis

Symbolbild, erstellt mit KI (ChatGPT/DALL·E)


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Autoimmun – was ist das?

von Kirsten

Schematische Darstellung einer Nervenzelle mit Axon und Ravenier-Schnürringen

Ihnen ist im Zusammenhang mit MS sicherlich schon häufig der Begriff «Autoimmunerkrankung» begegnet. Die Definition, die man hierfür im Duden finden kann, beschreibt eine «Erkrankung, bei der das Immunsystem Antikörper gegen körpereigene Stoffe bildet» [1]. Dies wird hinsichtlich MS häufig als ein direkter Angriff von Immunzellen auf Nervenzellfortsätze und die Myelinschicht, die die Nervenzellfortsätze (Axone) umgibt, interpretiert [2].

Dabei konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden, ob die Nervenschäden die direkte Folge eines Immunzell-Angriffs sind. Oder ob die Immunzellen durch sterbende Nervenzellen erst aktiviert werden, um nach erfolgter Schädigung «aufzuräumen» [3]. Häufig ist im Zusammenhang mit dem Begriff «Autoimmunerkrankung» auch von «fehlgeleitetem Immunsystem» die Rede.

Bei intakten Axonen ermöglicht die Myelinschicht (die man sich vereinfacht dargestellt als eine Art Isolierung eines Kabels vorstellen kann) u.a. ein schnelles und energiesparendes Weiterleiten von elektrischen Signalen [4]. Bei einer Läsion hingegen ist das Myelin geschädigt. Das Axon ist nun nicht mehr so gut isoliert, hat einen erhöhten Energiebedarf – was sich u.a. in einer erhöhten Größe und Anzahl der energieproduzierenden Mitochondrien widerspiegelt [5].

Im Bereich der MS wird häufig an Tiermodellen versucht, mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Dies geschieht allerdings an einer anderen neuro-degenerativen (Modell)Erkrankung, denn man weiß bisher immer noch nicht wirklich, was die MS auslöst – und kann sie somit auch nicht gezielt in Versuchsreihen hervorrufen. Da man keine Gewebeproben des zentralen Nervensystems von lebenden Menschen untersuchen kann, erscheint es umso wertvoller, wenn man v.a. auf humane Gewebeproben von inzwischen verstorbenen MS-Erkrankter zurückgreifen kann – die eine entsprechende Verfügung zu  Lebzeiten geäussert hatten [6]. Aus eben solchen (und nun auch wirklich MS-bezogenen) Auffälligkeiten an menschlichen Axonen wurden kürzlich (u.a. mithilfe mikroskopischer Untersuchungen) folgende Entdeckungen gemacht:

  1. In der «normal» aussehenden (also der bisher nicht offensichtlich entzündeten bzw. degenerierten) weißen Hirnsubstanz MS-Erkrankter ist das Myelin mit Blasen/Schwellungen durchsetzt und somit weniger kompakt. Die Isolierung nach Aussen ist dadurch beeinträchtigt. Auch seien die Ranvierschen Schnürringe desorganisiert [7] – also jene myelinfreien Abschnitte, die in regelmäßigen Abständen die Myelinschicht unterbrechen und das «Springen» der Information von Schnürring zu Schnürring ermöglichen, was wiederum zu einer schnellen und energieeffizienten Informationsweiterleitung führt («saltatorische Erregungsleitung»).
  2. Diese Blasen/Schwellungen wiesen (neben erhöhtem Vorkommen an Glutamat-Rezeptoren) u.a. einen deutlich höheren Grad an Citrullinierung des basischen Myelin-Proteins bei MS-Erkrankten auf (gegenüber Nicht-Erkrankten) [8]. Das heißt, es hängt ein bestimmtes Strukturelement zusätzlich an diesem Myelin-Protein – was wiederum einen wichtigen Erkennungsfaktor für das Immunsystem darstellt, das daraufhin bestimmte Abwehr-Prozesse einleitet.
  3. Überdies hinaus fand man in diesem zunächst scheinbar normalen Gewebe auch T-Lymphozyten (oder T-Zellen genannt), die auf eine Entzündung schließen lassen – sowie eine erhöhte Dichte an Mitochondrien, denn die Kommunikation zwischen den Nervenzellen mit strukturell veränderter Myelinschicht erfordert mehr Energie als bei gesunden Menschen. Mitochondrien erzeugen zwar lebenswichtige Energie – aber eben auch Nebenprodukte, die wiederum den Myelinabbau verstärken können [7]. Sie produzieren z.B. Citrullin – was wiederum vermehrt zur Verfügung steht und ins Myelin eingebaut werden kann und somit eine verstärkte Immunantwort zur Folge haben könnte. T-Zellen haben generell die Aufgabe, die Membranzusammensetzung der Körperzellen auf krankhafte Veränderungen zu überwachen [9]. Werden fremdartige bzw. veränderte Substanzen (wie z.B. citrullinierte Proteine) registriert, werden die T-Zellen aktiviert und es kommt zu Entzündungsprozessen.
  4. Die Myelin-bildenden Oligodendrozyten sind maßgeblich an der Energieversorgung der Nerven beteiligt. Denn abgesehen von diesen sind die Nervenfasern durch die Myelinschicht weitestgehend vom Zustrom energiespendender Substanzen isoliert. Die Oligodendrozyten versorgen die Nerven mit aus Glucose gewonnener Milchsäure, die innerhalb der Nervenzelle in den Mitochondrien weitermetabolisiert wird [10]. Bei Entzündungen werden die Oligodendrozyten in Mitleidenschaft gezogen und können die Nerven nicht ausreichend mit Energie versorgen. Hierdurch kann es zur Neurodegeneration kommen – was v.a. solche Nerven betrifft, deren Fortsätze noch eine relativ gute Myelin-Isolierung besitzen [11].

Was man diesen Erkenntnissen entnehmen kann, ist Folgendes:

  • Es scheint einen oder mehrere Auslöser zu geben, der oder die eine Immunreaktion hervorrufen. Die Immunreaktion scheint also nicht an erster Stelle der Krankheitskette zu stehen. Vielmehr scheint ein ungenügend guter Aufbau der Myelinscheide bzw. der Einbau bestimmter Strukturelemente in die Myelinschicht der Grund für die Immunreaktion zu sein – der wiederum die Folge eines Stoffwechselproblems darstellen könnte.
  • Es scheint nicht unbedingt eine «überschießende» Reaktion des Immunsystems bzw. ein «fehlgeleitetes» Immunsystem zu sein, denn es hat doch seine Aufgabe erfüllt. Strukturelemente, die nicht unbedingt in die Myelinschicht gehören, wurden erkannt und daraufhin entsprechende Reaktionen eingeleitet.
  • Eine Immunreaktion scheint es in der «normal» aussehenden weissen Hirnsubstanz gegeben zu haben, denn T-Zellen wurden dort nachgewiesen. Diese Immunreaktion führte aber nicht direkt zu einer Neurodegeneration. Also führt auch nicht jeder Entzündungsprozess (jede Immunreaktion) automatisch zur Neurodegeneration.
  • Die Neurodegeneration scheint vielmehr eine indirekte Folge größerer Entzündung zu sein, da sie die Funktionsfähigkeit der Oligodendrozyten beeinträchtigt. Können diese die Nerven nicht ausreichend mit Energie versorgen, kann es zur Neurodegeneration kommen.
  • Würde man einen fehlerhaften Aufbau der Myelinscheide (bzw. die Citrullinierung) vermeiden können, dann würde es vermutlich kaum zu Immunreaktionen und somit Neurodegeneration kommen.

Doch wie lässt sich der Citrullinierungsgrad des basischen Myelinproteins verringern? Die Citrullinierung wird von Calcium-abhängigen Enzymen durchgeführt. Gibt es eine hohe Calcium-Konzentration im Zytosol, dann werden vermehrt solche Enzyme gebildet – und tendenziell mehr Citrullinierungen durchgeführt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn es eine Störung im mitochondrialen Calcium-Haushalt gibt. Um die Integrität der Mitochondrien möglichst zu bewahren, sollten folgende Maßnahmen in Betracht gezogen werden:

  • Stress reduzieren
  • Sich nach Möglichkeit regelmäßig und genügend bewegen
  • Auf genügend Zufuhr von Vitaminen / Nährstoffen achten:
    • Vitamin C
    • Vitamin D
    • B-Vitamine
    • Zink
    • Kupfer
    • Eisen
    • Taurin
    • Selen
    • Coenzym Q10
    • R-Alphaliponsäure
    • Omega-3-Fettsäuren (maritime)
    • L-Carnitin
    • Dabei Überdosierungen insbesondere bei Spurenmetallen wie Kupfer oder Selen unbedingt vermeiden.
Zu wichtigen Nährstoffen gibt es umfassende Dokumentationen bei unserem Schwesterprojekt:
Die gesundheitliche Bedeutung von Nährstoffen – Die NährstoffAllianz  

Fazit

Die Ursache der MS-Erkrankung scheint auf Stoffwechselstörungen zu beruhen, die eine Immunantwort nach sich zieht. Diese Immunantwort führt aber nicht unweigerlich zur Neurodegeneration. Sie kann in einigen Fällen aber indirekt dazu führen, dass Nervenzellen nicht genügend mit Energie versorgt werden und folglich degenerieren.

Um die mitochondriale Integrität nach Möglichkeit zu bewahren und damit Störungen im mitochondrialen Stoffwechsel zu minimieren, sollte man folgende Maßnahmen in Betracht ziehen: Stressreduktion, körperliche Bewegung sowie genügend Zufuhr von Vitaminen und wichtigen Nährstoffen. Um Mangelerscheinungen auf den Grund zu gehen, empfiehlt sich eine Nährstoffanalyse im Blut oder Serum von einem Fachlabor durchführen zu lassen.

Referenzen

[1] “Autoimmunerkrankung ▶ Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft ▶ Duden.” Accessed: Jun. 13, 2025. [Online]. Available: https://www.duden.de/rechtschreibung/Autoimmunerkrankung

[2] “Multiple Sklerose,” Wikipedia. Jun. 10, 2025. Accessed: Jun. 13, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Multiple_Sklerose&oldid=256884170

[3] “Erfolgreiche Forschung zu Multipler Sklerose,” Erfolgreiche Forschung zu Multipler Sklerose. Accessed: Jun. 13, 2025. [Online]. Available: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/newsroom/erfolgreiche-forschung-zu-multipler-sklerose/

[4] “Axon,” Wikipedia. Feb. 03, 2025. Accessed: Jun. 13, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Axon&oldid=252945482

[5] W. Oost et al., “Pathological ultrastructural alterations of myelinated axons in normal appearing white matter in progressive multiple sclerosis,” Acta Neuropathol Commun, vol. 11, no. 1, p. 100, Jun. 2023, doi: 10.1186/s40478-023-01598-7.

[6] N. B. Bank, “Netherlands Brain Bank | Home,” Netherlands Brain Bank. Accessed: Jun. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.brainbank.nl/

[7] “Multiple Sklerose: Ultrastrukturelle Veränderungen im Gehirngewebe befördern Entzündungsprozesse.” Accessed: Jun. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.mpinat.mpg.de/4455854/pr_2306

[8] A. Luchicchi et al., “Micro-diffusely abnormal white matter: An early multiple sclerosis lesion phase with intensified myelin blistering,” Annals of Clinical and Translational Neurology, vol. 11, no. 4, pp. 973–988, 2024, doi: 10.1002/acn3.52015.

[9] “T-Lymphozyt,” Wikipedia. Jul. 11, 2024. Accessed: Jun. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=T-Lymphozyt&oldid=246652221

[10] “Neu entdeckte Funktion von Oligodendrozyten im zentralen Nervensystem.” Accessed: Jun. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.mpg.de/7875277/mpiem_jb_2013?c=7291695

[11] E. Schäffner et al., “Myelin insulation as a risk factor for axonal degeneration in autoimmune demyelinating disease,” Nat Neurosci, vol. 26, no. 7, pp. 1218–1228, Jul. 2023, doi: 10.1038/s41593-023-01366-9.

Bildquelle:

Mauro Lanari at Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons


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Alpha-Liponsäure gehört in den Werkzeugkasten für Menschen mit MS!

Die höchsten natürlichen ALA-Gehalte finden sich in tierischen Organen, insbesondere Leber, Herz und Niere – wegen ihres hohen Mitochondrienanteils.

Pflanzliche Lebensmittel enthalten deutlich weniger Alpha-Liponsäure, meist nur in Spuren.

Für therapeutische Effekte (z. B. 300–600 mg täglich) ist die Zufuhr über Nahrung nicht ausreichend – hier ist eine gezielte Supplementierung notwendig
Natürliche Lebensmittel mit vergleichsweise hohen Alpha-Liponsäure-Anteilen

Über die möglichen positiven Wirkungen der Alpha-Liponsäure (LA oder ALA) bei der eigenverantwortlichen Behandlung der Multiplen Sklerose haben wir schon häufiger und früh berichtet. Z.B. in:

Update: Oxidativer Stress bei MS und die Wirkung von Alpha-Liponsäure

Zusammenfassende Erkenntnisse

Hinzu kommt ein systematischer Review aus dem Jahr 2022 [1], der die Rolle der Alpha-Liponsäure (engl. Lipoic Acid, LA) bei Multipler Sklerose breiter angelegt untersuchte. Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war es, einen umfassenden Überblick über In-vitro- und In-vivo-Studien zu geben, die die Pharmakokinetik, die Wirksamkeit, die Sicherheit und den Mechanismus von LA in MS-bezogenen Experimenten und klinischen Studien beschreiben. Durch die Suche in fünf Datenbanken, darunter PubMed, Web of Science, Embase, Scopus und Cochrane Library, wurden insgesamt 516 Datensätze ermittelt. Insgesamt wurden 20 Studien über die Wirkung von LA in Zell- und Mausmodellen von MS und 12 klinische Studien über die Wirkung von LA bei Patienten mit MS berücksichtigt.

Was ist Alpha-Liponsäure überhaupt?

Alpha-Liponsäure ist eine körpereigene Substanz, die in kleinen Mengen auch in Lebensmitteln vorkommt. Die höchsten natürlichen LA-Gehalte finden sich in tierischen Organen, insbesondere Leber, Herz und Niere – wegen ihres hohen Mitochondrienanteils (1-3 mg/100 g). In Spinat und Brokkoli findet man auch noch zwischen 0,1 und 0,2 mg/100g. Bekannt ist LA vor allem als starkes Antioxidans – sie hilft also dabei, schädliche freie Radikale im Körper zu neutralisieren. Gleichzeitig beeinflusst sie das Immunsystem – und genau das macht sie für MS interessant.

Was hat die Analyse der Studien ergeben?

Die Ergebnisse bestärken unsere früheren Einschätzungen.

Präklinische Studien:

  • LA zeigte in Zellkultur- und Mausmodellen klare entzündungshemmende Wirkungen, u.a. durch Hemmung der T-Zell-Aktivierung und Reduktion von Zytokinen wie TNF-α und IL-17.
  • In Tiermodellen reduzierte LA die Infiltration von Immunzellen in das ZNS und verbesserte neurologische Symptome.

Klinische Studien:

  • Bei Patienten mit MS stabilisierte LA die EDSS-Werte (Expanded Disability Status Scale) und verbesserte in einigen Studien das Gangbild.
  • Eine Reduktion des Hirnvolumenverlusts um 68  % bei SPMS-Patienten über 2 Jahre wurde beobachtet.
  • Die Verträglichkeit war gut: Gastrointestinale Nebenwirkungen traten bei höheren Dosen häufiger auf, aber schwerwiegende Nebenwirkungen waren selten.

Summa summarum:

  • Weniger Entzündung: LA bremst die Aktivität bestimmter Immunzellen, die bei MS das Nervensystem angreifen. Auch entzündungsfördernde Botenstoffe wie TNF-α oder Interleukin-17 werden durch LA reduziert.
  • Weniger oxidative Schäden: MS geht mit erhöhtem oxidativem Stress einher – also mit Zellschäden durch freie Radikale. LA wirkt dem entgegen und schützt das Gewebe.
  • Schutz für die Nerven: LA stabilisiert die Blut-Hirn-Schranke und schützt somit Nervenzellen besser vor Angriffen.

Diskussion :

Ein zentraler Aspekt der Diskussion in der Studie betrifft die potenziellen Konsequenzen der Einnahme von Alpha-Liponsäure (LA) für die Behandlung der Multiplen Sklerose sowie die daraus ableitbaren Erkenntnisse für Betroffene. Besonders hervorgehoben wird die doppelte Wirkweise von LA, die sowohl antioxidative als auch entzündungshemmende Mechanismen umfasst. So konnte gezeigt werden, dass LA oxidativen Stress reduziert, indem es das Nrf2-System aktiviert – ein zellulärer Signalweg, der antioxidative Enzyme wie Superoxiddismutase (SOD) und Glutathion steuert. Parallel dazu entfaltet LA eine immunmodulatorische Wirkung, etwa durch die Hemmung von Entzündungsmarkern wie MMP-9 und NF-κB sowie von proinflammatorischen Zytokinen wie TNF-α und IL-17.

Darüber hinaus schützt LA die Integrität der Blut-Hirn-Schranke, was für den Krankheitsverlauf von MS von entscheidender Bedeutung ist. Diese Schutzwirkung basiert darauf, dass LA die Migration von Immunzellen in das zentrale Nervensystem hemmt – ein Prozess, der ansonsten entzündliche Schübe begünstigen kann.

Beachtenswert sind zudem die Erkenntnisse zur Sicherheit und Langzeitverträglichkeit. Die Datenlage aus klinischen Studien über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren deutet darauf hin, dass eine tägliche orale Einnahme von 1200 mg LA unbedenklich ist. Insbesondere die R-Alpha-Liponsäure zeigte in den Untersuchungen eine gute Bioverfügbarkeit und wurde von den Patienten gut vertragen.

Unser Fazit:

Die Autoren belegen, dass LA aufgrund seiner multifunktionalen Eigenschaften ein vielversprechender Kandidat für die MS-Therapie ist. Die Kombination von antioxidativen und immunmodulatorischen Effekten ermöglicht es LA, sowohl die Entzündungsprozesse als auch den oxidativen Stress, die beide zentral in der MS-Pathogenese sind, zu adressieren. Daraus ergibt sich, dass Alpha-Liponsäure als Basiswerkzeug in die Toolbox für die eigenverantwortliche MS-Langzeitbehandlung gehört.

Dosierung:

Auch wenn die Einnahme von 1200 mg LA/Tag unbedenklich ist, erscheint es uns mit Blick auf mögliche gastrointestinale Nebenwirkungen (z. B. Übelkeit) sinnvoll, mit einer niedrigeren Dosis zu starten (z.B. 2 * 300 mg/Tag). Im Zweifel ist immer die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt zu befragen. Achten Sie immer darauf, dass Sie R-Alpha-Liponsäure und kein Racemat einnehmen (siehe folgende Info)!


Die R-Form der Alpha-Liponsäure ist die natürlich vorkommende und körpereigene Form, die vom menschlichen Stoffwechsel verwendet wird. Sie ist biologisch aktiver, da sie:

  • als Cofaktor in Enzymkomplexen im Energiestoffwechsel (z. B. in den Mitochondrien) dient,
  • besser vom Darm aufgenommen wird,
  • schneller und stärker im Blut verfügbar ist.

S-LA ist synthetisch und weniger wirksam

Die S-Form entsteht nur bei der chemischen Herstellung (z. B. in Nahrungsergänzungsmitteln). Sie:

  • zeigt weniger Wirkung im Körper,
  • kann sogar mit der R-Form konkurrieren und deren Wirkung abschwächen,
  • wird langsamer verstoffwechselt.

Racemat (R/S-LA) ist zwar ein übliches Präparat – aber suboptimal

Viele Nahrungsergänzungsmittel enthalten ein Racemat, also eine 50:50-Mischung aus R- und S-Enantiomer, da es einfacher und günstiger herzustellen ist.
In Studien wurde jedoch gezeigt:

R-LA allein hat eine bessere Bioverfügbarkeit und wird von Patienten besser vertragen – insbesondere bei höheren Dosen.


Referenz:

[1] Xie H, Yang X, Cao Y, Long X, Shang H, Jia Z. Role of lipoic acid in multiple sclerosis. CNS Neurosci Ther. 2022 Mar;28(3):319-331. doi: 10.1111/cns.13793. Epub 2021 Dec 28. PMID: 34964271; PMCID: PMC8841304. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/cns.13793

Bildnachweis:

Lebensmittel mit natürlichem Gehalt an Alpha-Liponsäure – insbesondere Rinderleber, Spinat und Brokkoli.
Bild generiert mit KI (DALL·E, OpenAI)


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Calcium – Nicht nur gut für die Knochen? 

von Kirsten 

Calcium (auch Kalzium) ist gut für die Knochen. Das weiß doch jedes Kind! 99 % des Calcium-Gehaltes im menschlichen Körper (und das ist in etwa 1 kg) ist tatsächlich den Knochen und Zähnen zuzuschreiben [1], [2]. Das restliche Prozent hat innerhalb einer Körperzelle (intrazellulär) bzw. außerhalb (interzellulär) verschiedene Aufgaben. Deshalb unterscheiden sich die Calcium-Konzentrationen je nach Wirkort: Außerhalb der Zellen ist die Konzentration an Calcium-Ionen viele Tausend-mal höher als innerhalb einer Zelle [3], [4]. Kommt es zu größeren bzw. langfristigen Veränderungen des Calcium-Haushalts, wird dies mit verschiedenen Beschwerden bzw. Erkrankungen assoziiert. So erscheint es nicht verwunderlich, dass eine unzureichende bzw. fehlerhafte Regulation von Calcium z.T. auch mit neurodegenerativen Erkrankungen wie der MS assoziiert wird.  

Aufgaben 

Calcium ist im Körper an sämtlichen Signalwegen und Zellfunktionen beteiligt und wirkt daher oftmals als Botenstoff. Es beeinflusst beispielsweise die Blutgerinnung und ist an der Erhaltung der Zellmembranen beteiligt. Es greift in die Signalkaskade verschiedener Prozesse ein, wie z.B. dem Glykogen-Stoffwechsel (Glykogen ist eine Kohlenhydrat-Speicherform), der Zellteilung, der Aktivierung von Enzymen und Hormonen [2].  

Darüber hinaus ist Calcium an der Erregung von Nerven und Muskeln beteiligt [1] und hält somit u.a. die Funktion von Herz und Gehirn aufrecht. Calcium erfüllt eine wichtige Funktion bei der Reifung von Oligodendrozyten-Vorläufer-Zellen [3]. Oligodendrozyten zählen zu den Gliazellen – und sind somit nur im zentralen Nervensystem anzutreffen. Sie umwickeln Axone von Nervenzellen und sind an deren Energieversorgung beteiligt. Darüber hinaus bilden sie die isolierende Myelinscheide und sind daher von großer Bedeutung für die Nervengesundheit [5].  

Wird Nervengewebe verletzt, kommt es zu höheren extrazellulären Calcium-Konzentrationen. Diese werden von Microglia (den Immunzellen des Nervensystems) erkannt, die sich daraufhin zum Ort der Läsion begeben [3], um dort Abfallstoffe und Zellreste zu beseitigen und damit die neuronale Plastizität stärken.  

Calcium spielt für viele Funktionen in den verschiedensten Zellen eine große Rolle. So verwundert es wenig, dass es u.a. die Aktivierung, die Adhäsion und die Migration von Immunzellen reguliert [6]. 

Calcium ist maßgeblich für ein gutes Funktionieren der Blut-Hirn-Schranke (BHS) verantwortlich, in dem es bestimmte Calcium-abhängige Proteine («Cadherine») stimuliert, die wiederum zur Stabilisierung von Zell-Zell-Kontakten benötigt werden [7], [8] und damit der «Abdichtung» der Blut-Hirn-Schranke dienen.  

Fehlerhafte Regulation des Calcium-Haushalts 

Ein ungenügende Calcium-Konzentration würde demnach zu einer verringerten Abdichtung der Blut-Hirn-Schranke führen. Allerdings führen auch stark erhöhte Calcium-Konzentrationen (wie man sie z.B. direkt vor einem Schlaganfall im Blut vorfindet) zum verstärkten Aktivieren eines Enzyms, das wiederum die Funktionalität der Blut-Hirn-Schranke beeinträchtigt und damit durchlässiger für verschiedene Stoffe bzw. Zellen gestaltet [9].  

Ein Zuviel an extrazellulärem Calcium wirkt zudem als Entzündungsreiz. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die lokale Calciumkonzentration so hoch ist, dass sie nicht mehr in der Gewebsflüssigkeit gelöst bleiben kann und folglich auskristallisiert [10].  

Dass erhöhte Calcium-Konzentrationen im Zytoplasma mit einer erhöhten Degeneration von Nervenzellen assoziiert werden, wurde bereits in verschiedenen Studien festgestellt [11], [12], [13]. Erhöhte Calcium-Werte im Blut (Hyperkalzämie) können sich u.a. in Muskelschwäche, erhöhter Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen oder Nervosität äußern bis hin zur Depression. Es kann außerdem zu Verstopfung und Übelkeit kommen [14]. Einige diese Symptome dürften Ihnen wahrscheinlich direkt nach einer Stoßtherapie begegnet sein – da die hoch dosierten Glucocorticoide u.a. für das verstärkte Freisetzen von Calcium aus den Knochen verantwortlich sind und damit eine Zeit lang die Calcium-Blutkonzentration erhöhen – bevor das Calcium über den Urin ausgeschieden wird. Dem gegenüber äußern sich erniedrigte Calcium-Werte u.a. in Muskelkrämpfen sowie Kribbeln in Lippen, Fingern, Zehen [15]. Insgesamt ist die Muskulatur eher steif und kann sich als Rigor oder Spastik äußern [16] – und ist damit gar nicht so untypisch bei MS. In beiden Fällen können auch Probleme mit der Nebenschilddrüse auftreten. (Für den Unterschied zwischen Rigor und Spastik siehe [17].) 

Calcium ist an vielen Prozessen im Körper beteiligt. Sein Regulationssystem ist daher sehr komplex und von vielen Faktoren abhängig. Calcium beeinflusst beispielsweise die Ausschüttung von Neurotransmittern und -hormonen. Dies gelingt u.a. durch das Konzentrationsgefälle, das zwischen den Zellen und dem Zellinneren herrscht. Fließt z.B. viel Calcium in die Zelle, um bestimmte Aktionen auszulösen, muss das Calcium danach auch wieder schnell zurückfließen können. Gelingt dies nicht bzw. nur unzureichend, leiden unsere Nerven darunter. Ursachen hierfür können sein: Schäden der Zellmembranen, Veränderungen in der Struktur von Calcium-abhängigen Rezeptoren bzw. Ionenkanälen oder auch Schäden an Mitochondrien (den Kraftwerken der Zelle) [3].  

Dass eine Fehlregulation von Calcium bei MS (ebenso wie auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen) eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, ist seit einigen Jahren auch der Wissenschaft bekannt. Forscher untersuchen verschiedenste Aspekte von Calcium hinsichtlich des MS-Krankheitsgeschehens sowie neuer pharmakologischer Ansatzpunkte. So wurden z.B. kürzlich klinische Studien zum Einsatz von Antihistaminika (Antiallergika) auf die Nervengesundheit bei MS untersucht [18], [19] – denn diese unterbinden an bestimmten Stellen im Körper die Calcium-Freisetzung. Bei der schubförmigen MS wurde ein re-myelinisierender Effekt festgestellt – wobei die Patienten unter Medikament-bedingter Fatigue litten. Dem gegenüber musste jedoch die Studie bei progressiver MS abgebrochen werden, da sich die körperlichen Einschränkungen während der Einnahme des Präparats deutlich verschlechtert hatten. Verschiedene MS-Typen könnten demzufolge unterschiedliche «Problemstellen» im Calcium-Haushalt haben und bedürften daher möglicherweise unterschiedlicher Behandlung.

Neuroprotektive Faktoren: Modulation des Calcium-Haushalts 

Da Calcium lebenswichtig ist, sollte eine genügende Versorgung über die Nahrung sichergestellt werden. Eine zu hohe Aufnahme an Calcium ist mit verschiedenen körperlichen Risiken verbunden – im Bereich der Nervengesundheit, aber beispielsweise auch mit dem Auftreten von Herzerkrankungen [20]. Bitte beachten Sie hierbei, dass einigen Fertigprodukten Calcium-Präparate  zugesetzt werden – als Farbstoff, Trennmittel, Stabilisator, Konservierungsmittel, etc. – z.B. um die Bildung einer knusprigen Panade zu unterstützen [21], [22] (siehe hierzu die Liste der E-Nummern [23]).  

Gerade bei neurodegenerativen Erkrankungen sollte man aber vor allem auf eine gute Versorgung von Vitamin D achten. Denn es setzt Stoffwechselprozesse in Gang, die die Aufnahme von Calcium im Darm steuern, den Einbau von Calcium in die Knochen sowie die Calcium-Ausscheidung über die Nieren reguliert [24]. Nahrungsergänzung mit Vitamin-D-Präparaten führt gemäß Fachliteratur zu einer verringerten Expression spannungsabhängiger Calcium-Kanäle im Hippocampus und wirkt dadurch auch neuroprotektiv [25]. Für ein gutes Funktionieren des Vitamin-D- (und damit auch des Calcium-)Stoffwechsels benötigt der Körper außerdem Magnesium [26].  

Auch Vitamin C gilt als nervenschützend, in dem es u.a. die Ausschüttung von Neurotransmittern sowie die Funktionalität der Calcium-Kanäle reguliert [27].  

Körperliche Bewegung beeinflusst ebenfalls den Calcium-Haushalt, was sich u.a. in der Knochendichte, der Knochenstärke, der Ausscheidung von Calcium über die Nieren oder auch der Calcium-Aufnahme im Darm widerspiegelt [28].  

Sogar therapeutisch eingesetzte Kälte scheint einen positiven Einfluss auf den Calcium-Haushalt zu haben. Calcium-Konzentrationen im Blut waren einer Studie zufolge 48 Stunden nach der kryotherapeutischen Behandlung deutlich verringert gegenüber der Kontrollgruppe [29]. In einem Tierversuch konnte sogar eine verstärkte Knochenbildung bei Knochenbrüchen nach Kälteeinwirkung festgestellt werden (die wiederum mit der Aktivierung von knochenreparierenden Osteoblasten durch Calcium sowie dem Einbau von Calcium in die Knochen zusammenhängt) [30]. Eine andere Studie untersuchte den Effekt der Kältetherapie auf Spastik im Wadenbereich. Die Resultate zeigten eine deutliche Reduktion der Spastik durch die Kombination Physiotherapie und Kälteeinwirkung gegenüber der physiotherapeutischen Behandlung ohne Kälteeinwirkung [31].  

Auch Taurin reguliert den Calcium-Haushalt und wirkt als Neuromodulator [32]. Es erhöhte außerdem die Funktionsfähigkeit der Mitochondrien [33]. Taurin ist ein starkes Antioxidanz und wirkt entzündungshemmend [34]. Es kommt vor allem in tierischen Lebensmitteln sowie Meeresfrüchten vor. 

Der neuroprotektive und re-myelinisierende Effekt von Cannabidiol (CBD, ein Cannabinoid) wurde bereits vor über 15 Jahren beschrieben [35]. Dieser Effekt beruht u.a. darauf, dass ein Signalweg unterbrochen wird, der Calcium in die Nervenzellen einströmen lässt und die mitochondriale Aktivität erhöht. 

Fazit

Calcium ist ein wichtiger Botenstoff und spielt daher bei vielen Prozessen in unserem Körper eine große Rolle. Störungen im Calcium-Haushalt werden u.a. mit neurodegenerativen Erkrankungen assoziiert.  

Der Calcium-Haushalt kann positiv beeinflusst werden durch Mikronährstoffe wie Vitamin D, Magnesium oder Vitamin C. Auch körperliche Bewegung und der Einsatz therapeutischer Kälte sowie die Zufuhr von Taurin oder Cannabidiol nehmen positiven Einfluss auf den Calcium-Haushalt.  

Lassen Sie also bei der nächsten Blutuntersuchung neben dem Vitamin-D-Spiegel auch den Calcium-Spiegel messen und supplementieren nur bei einem Calcium-Mangel. Bei hohen Calcium-Spiegeln ernähren Sie sich entsprechend calciumarm. 

Vertiefende Informationen, Mangelfaktoren, Gegenanzeigen und Dosierungsinformationen finden Sie bei unserem Schwesterprojekt der NährstoffAllianz: Kalzium – Die NährstoffAllianz 

Bildquelle

Calciumreiche natürliche Lebensmittel 
Bild erstellt mit KI-Tool DALL-E im März 2025.


Referenzen

[1] P. Hundehege, L. Epping, and S. Meuth, ‘Calcium Homeostasis in Multiple Sclerosis’, Neurology International Open, vol. 01, no. 03, pp. E127–E135, Jun. 2017, doi: 10.1055/s-0043-109031. 

[2] ‘Calcium’, Wikipedia. Feb. 12, 2025. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Calcium&oldid=253271516#Funktionen_im_Organismus 

[3] M. Enders, T. Heider, A. Ludwig, and S. Kuerten, ‘Strategies for Neuroprotection in Multiple Sclerosis and the Role of Calcium’, Int J Mol Sci, vol. 21, no. 5, p. 1663, Feb. 2020, doi: 10.3390/ijms21051663. 

[4] S. C. Bondy, ‘Intracellular calcium and neurotoxic events’, Neurotoxicology and Teratology, vol. 11, no. 6, pp. 527–531, Nov. 1989, doi: 10.1016/0892-0362(89)90032-9. 

[5] ‘Oligodendrozyt’, Wikipedia. Apr. 19, 2024. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Oligodendrozyt&oldid=244190683 

[6] ‘Calciumregulierung im Immunsystem’, CORDIS | European Commission. Accessed: Feb. 16, 2025. [Online]. Available: https://cordis.europa.eu/article/id/151034-calcium-regulation-in-the-immune-system/de 

[7] ‘Cadherine’. Accessed: Feb. 16, 2025. [Online]. Available: https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/cadherine/1800 

[8] ‘Cadherine’, Wikipedia. Jan. 01, 2024. Accessed: Feb. 16, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Cadherine&oldid=240746383 

[9] C. Cui et al., ‘Structural basis of human NOX5 activation’, Nat Commun, vol. 15, no. 1, p. 3994, May 2024, doi: 10.1038/s41467-024-48467-y. 

[10] ‘Kalzium als Entzündungsreiz’. Accessed: Feb. 21, 2025. [Online]. Available: https://www.leipzig.de//newsarchiv/news/kalzium-als-entzndungsreiz 

[11] F. Borbolis, C. Ploumi, and K. Palikaras, ‘Calcium-mediated regulation of mitophagy: implications in neurodegenerative diseases’, npj Metab Health Dis, vol. 3, no. 1, pp. 1–19, Feb. 2025, doi: 10.1038/s44324-025-00049-2. 

[12] M. E. Witte et al., ‘Calcium Influx through Plasma-Membrane Nanoruptures Drives Axon Degeneration in a Model of Multiple Sclerosis’, Neuron, vol. 101, no. 4, pp. 615-624.e5, Feb. 2019, doi: 10.1016/j.neuron.2018.12.023. 

[13] E. Pchitskaya, E. Popugaeva, and I. Bezprozvanny, ‘Calcium signaling and molecular mechanisms underlying neurodegenerative diseases’, Cell Calcium, vol. 70, pp. 87–94, Mar. 2018, doi: 10.1016/j.ceca.2017.06.008. 

[14] ‘Hyperkalzämie’, Wikipedia. Nov. 24, 2024. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hyperkalz%C3%A4mie&oldid=250644395 

[15] ‘Hypokalzämie’, Wikipedia. Nov. 05, 2024. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hypokalz%C3%A4mie&oldid=250056164 

[16] ‘Spasticity with hypocalcemia: Does spasticity have a metabolic determinant?’ Accessed: Mar. 04, 2025. [Online]. Available: http://www.medicaljournals.se/jrm/content/html/10.2340/16501977-1862 

[17] ‘Rigor & Spastik: Das sind die Unterschiede | spastikinfo.de’, SpastikInfo. Accessed: Mar. 04, 2025. [Online]. Available: https://www.spastikinfo.de/spastik-was-ist-das/rigor-und-spastik/ 

[18] University of California, San Francisco, ‘A Phase II Randomized, Double-Blind, Parallel-Group, Placebo Controlled Crossover Trial to Assess the Efficacy, Safety, Tolerability, and Pharmacokinetics of Clemastine Fumarate as a Remyelinating Agent in Multiple Sclerosis’, clinicaltrials.gov, Clinical trial registration NCT02040298, Sep. 2021. Accessed: Mar. 04, 2025. [Online]. Available: https://clinicaltrials.gov/study/NCT02040298 

[19] National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), ‘Targeting Residual Activity By Precision, Biomarker-Guided Combination Therapies of Multiple Sclerosis (TRAP-MS)’, clinicaltrials.gov, Clinical trial registration NCT03109288, Feb. 2025. Accessed: Mar. 04, 2025. [Online]. Available: https://clinicaltrials.gov/study/NCT03109288 

[20] S. Weiß, ‘SonnenAllianz – Vitamin D, Kalzium und die Sango Koralle’, SonnenAllianz. Accessed: Feb. 22, 2025. [Online]. Available: https://sonnenallianz.spitzen-praevention.com/2020/04/30/vitamin-d-kalzium-und-die-sango-koralle/ 

[21] ‘Liste der E-Nummern’, Wikipedia. Aug. 13, 2024. Accessed: Feb. 22, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Liste_der_E-Nummern&oldid=247666923 

[22] X. Wang et al., ‘Preparation and characterization of calcium-binding starch and its application in microwaveable pre-fried foods’, Food Hydrocolloids, vol. 156, p. 110328, Nov. 2024, doi: 10.1016/j.foodhyd.2024.110328. 

[23] ‘Liste der E-Nummern’, Wikipedia. Aug. 13, 2024. Accessed: Feb. 28, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Liste_der_E-Nummern&oldid=247666923 

[24] J. Dötsch, ‘Vitamin-D-Stoffwechsel’, Pädiatrie up2date, vol. 09, no. 04, pp. 343–352, Nov. 2014, doi: 10.1055/s-0034-1377755. 

[25] L. D. Brewer, V. Thibault, K. C. Chen, M. C. Langub, P. W. Landfield, and N. M. Porter, ‘Vitamin D hormone confers neuroprotection in parallel with downregulation of L-type calcium channel expression in hippocampal neurons’, J Neurosci, vol. 21, no. 1, pp. 98–108, Jan. 2001, doi: 10.1523/JNEUROSCI.21-01-00098.2001. 

[26] ‘Ein wichtiger Vitamin D-Cofaktor: Magnesium’, SonnenAllianz. Accessed: Feb. 22, 2025. [Online]. Available: https://sonnenallianz.spitzen-praevention.com/sonne-und-gesundheit/vitamin-d/vitamin-d-co-faktor-magensium/ 

[27] V. J. Clemente-Suárez et al., ‘The Interplay of Sports and Nutrition in Neurological Health and Recovery’, J Clin Med, vol. 13, no. 7, p. 2065, Apr. 2024, doi: 10.3390/jcm13072065. 

[28] N. Charoenphandhu, ‘PHYSICAL ACTIVITY AND EXERCISE AFFECT INTESTINAL CALCIUM ABSORPTION: A PERSPECTIVE REVIEW’, vol. 7, no. 1, 2007. 

[29] M. Rossato, E. de Souza Bezerra, D. A. de Ceselles Seixas da Silva, T. Avila Santana, W. Rafael Malezam, and F. P. Carpes, ‘Effects of cryotherapy on muscle damage markers and perception of delayed onset muscle soreness after downhill running: A Pilot study’, Revista Andaluza de Medicina del Deporte, vol. 8, no. 2, pp. 49–53, Jun. 2015, doi: 10.1016/j.ramd.2014.07.003. 

[30] M. Zakaria et al., ‘Decoding Cold Therapy Mechanisms of Enhanced Bone Repair through Sensory Receptors and Molecular Pathways’, Biomedicines, vol. 12, no. 9, Art. no. 9, Sep. 2024, doi: 10.3390/biomedicines12092045. 

[31] N. M. Abdelhakiem, T. H. Mahmoud, H. M. Saleh, H. M. Alsaid, S. Salem, and M. M. El Semary, ‘Effect of cryotherapy in controlling spasticity of calf muscles in patients with multiple sclerosis’, NeuroRehabilitation, vol. 54, no. 4, pp. 653–661, Jun. 2024, doi: 10.3233/NRE-240006. 

[32] T. M. Foos and J.-Y. Wu, ‘The Role of Taurine in the Central Nervous System and the Modulation of Intracellular Calcium Homeostasis’, Neurochem Res, vol. 27, no. 1, pp. 21–26, Feb. 2002, doi: 10.1023/A:1014890219513. 

[33] A. El Idrissi, ‘Taurine increases mitochondrial buffering of calcium: role in neuroprotection’, Amino Acids, vol. 34, no. 2, pp. 321–328, Feb. 2008, doi: 10.1007/s00726-006-0396-9. 

[34] ‘Taurin’, Wikipedia. Feb. 08, 2025. Accessed: Feb. 22, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Taurin&oldid=253127214 

[35] Q. Liu, M. Bhat, W. D. Bowen, and J. Cheng, ‘Signaling Pathways from Cannabinoid Receptor-1 Activation to Inhibition of N-Methyl-d-Aspartic Acid Mediated Calcium Influx and Neurotoxicity in Dorsal Root Ganglion Neurons’, J Pharmacol Exp Ther, vol. 331, no. 3, pp. 1062–1070, Dec. 2009, doi: 10.1124/jpet.109.156216. 


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Vitamin B12 für die Nervengesundheit

Von Kirsten 

Vitamin B12 ist auch als «Coenzym B12» oder «Adenosylcobalamin» bekannt. Es ist als Kofaktor verschiedener Enzyme im Aminosäure-Stoffwechsel wirksam. Darüber hinaus gibt es auch einige Speicherformen dieses Vitamins in menschlichen Körper. Zusammen bilden sie die Vitamin B12-Gruppe. Aufgrund ihrer Struktur mit Cobalt als Zentralatom spricht man auch von «Cobalaminen» [1].

Foto mit Lebensmitteln mit hohem Vitamin B12-Gehalt
Lebensmittel mit hohem Vitamin B12-Gehalt

Vitamin B12 spielt eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel, bei der Bildung von Blutzellen sowie beim Aufbau der Nervenhüllen [2]. Interessanterweise kann sich ein Mangel u.a. dadurch äußern, dass Gefühlsstörungen wie Kribbeln oder Ameisenlaufen in Armen, Füßen oder Beinen auftreten – wie es auch bei der MS typisch ist. Zudem können sich Müdigkeit, Erschöpfung bis hin zur Fatigue, sowie Gedächtnisstörungen und Gangunsicherheit einstellen, was wiederum auch relativ typische Anzeichen der MS sind [2]. Da erscheint ein Vitamin B12-Mangel gerade bei MS-Erkrankten äußerst kontraproduktiv zu sein. 

Vitamin B12 und MS 

Und es drängt sich doch fast der Gedanke auf, dass MS-Erkrankte hinsichtlich Vitamin B12 unterversorgt sein könnten. Diese Hypothese hatten in der Vergangenheit auch einige Wissenschaftler gestellt. Doch die Studienergebnisse, bei denen Vitamin B12 im Blutserum analysiert wurde, zeigen hier kein eindeutiges Ergebnis. An dieser Stelle soll jedoch auch darauf hingewiesen werden, dass die Bestimmung des Gesamt-Vitamin-B12-Spiegels im Blutserum allgemein als relativ unempfindlicher und unspezifischer Biomarker für einen Vitamin-B12-Mangel angesehen wird [3] und daher eher auf Veröffentlichungen geachtet werden sollte, die die MS im Hinblick auf den Vitamin-B12-Stoffwechsel eben nicht nur anhand des Vitamin-B12-Spiegels betrachten.

Stattdessen sollten weitere Blutparameter bestimmt werden, wie etwa Methylmalonsäure (MMA) oder Homocystein. Werden z.B. erhöhte Werte von MMA oder Homocystein festgestellt, gilt dies als Indikator eines metabolisch manifestierten Vitamin-B12-Mangels [3].  

Fehlt also Vitamin B12, so reichert sich u.a. das Homocystein an, das aufgrund des Vitamin-Mangels weniger zu Methionin umgewandelt werden kann. Fehlt wiederum Methionin, beeinträchtigt dies u.a. die Phosphatidylcholin-Synthese in der Leber [4]. Doch gerade das Phosphatidylcholin spielt eine wichtige Rolle bei der Regeneration der Nerven [5].  

Des Weiteren geht man nach bisherigem Wissensstand davon aus, dass Homocystein aufgrund seiner Neuro-Toxizität einen weiteren Risikofaktor bei neurodegenerativen Erkrankungen darstellt [6]. Ein Mangel an Vitamin B12 hätte demnach also zur Folge, dass neurotoxisches Homocystein weniger abgebaut und weniger neuroprotektives Phosphatidylcholin hergestellt wird – was also doppelt kontraproduktiv für die Nervengesundheit wäre. 

Vor wenigen Jahren wurde in einer wissenschaftlichen Studie darauf hingewiesen, dass Homocystein-Konzentrationen im Blutplasma bei MS-Patienten signifikant erhöht waren gegenüber der nicht MS-Erkrankter (Kontrollgruppe). Es wurde außerdem vorgeschlagen, dass der Quotient aus Homocystein- zur Cobalamin-Konzentration als Indikator für den Krankheitsverlauf der MS {RRMS (schubförmige Variante), SPMS (sekundär-progressive Variante)} genutzt werden könnte [7], da sich auch zwischen diesen beiden MS-Varianten deutliche Unterschiede aufzeigten. So wies vor allem die SPMS-Gruppe eine deutlich erhöhte Homocysteinkonzentration im Blutplasma auf, während gleichzeitig die Cobalaminkonzentration niedriger war – im Vergleich zur RRMS-Gruppe. Der Quotient aus Homocystein und Cobalamin war dementsprechend in der SPMS-Gruppe höher als in der RRMS-Gruppe. Leider konnte sich dieser Biomarker in der Praxis bisher wenig durchsetzen. Weitere Studien in dieser Richtung könnten diesen Biomarker in der Praxis salonfähig machen – und somit die Therapiemöglichkeiten von MS unterstützen. 

Über eine Besserung der Lebensqualität bei MS-Patienten (sowie eine Reduktion der Homocystein- und eine Steigerung der Hämoglobinwerte) durch die Gabe von Vitamin B12 und Folsäure (ein anderes B-Vitamin) wurde zudem auch in einer anderen Studie berichtet [8].  

Ein gut funktionierender Vitamin B12-Stoffwechsel scheint also durchaus einen positiven Effekt bei MS-Erkrankten zu haben. 

Den Vitamin-B12-Stoffwechsel positiv beeinflussen 

Stress vermeiden 

Gerade bei neurodegenerativen Erkrankungen wie der MS ist es besonders wichtig, die Nerven zu schützen. Hierbei steht der Schutz der Myelinscheide (Nervenhülle) bzw. der Nervenzellen an zentraler Stelle, an dem auch Vitamin B12 beteiligt ist [9]. Einflüsse wie oxidativer Stress können zur Schädigung dieser Myelinscheide führen [10], weshalb chronischer und mental stark belastender Stress unbedingt vermieden werden sollte. 

Störfaktoren meiden 

Wird der Vitamin B12-Stoffwechsel gestört, können Myelin-bildende Stoffe nicht mehr bzw. nur unzureichend gebildet werden. In der Folge wird die Myelinscheide nicht repariert und es kann u.a. zu Polyneuropathien und Lähmungen kommen. Eine solche Störung kann (neben ungenügender Aufnahme von Vitamin B12) auch durch eine «ungesunde» Lebensweise hervorgerufen werden, wie z.B. Rauchen, Alkohol, Lachgas- oder Drogenkonsum. Denn diese «Störfaktoren» bewirken eine strukturelle Veränderung des Vitamins, das daraufhin seine Aufgabe weniger gut erfüllen kann und u.a. auch vermehrt aus dem Körper ausgeschieden wird [11], [12], [13].  

Ausreichende Vitamin B12-Aufnahme 

Vitamin B12 kommt vor allem in tierischen Lebensmitteln vor, insbesondere in Innereien wie Leber und Nieren von Rind, Schwein oder Huhn, aber auch in Fleisch. Es findet sich außerdem in Milchprodukten und Eiern, weniger konzentriert aber auch in Pilzen und Algen [1]. Insbesondere für Menschen, die auf tierische Produkte verzichten, wäre auch der Sanddorn als Vitamin B12-Quelle zu nennen [14].  

Statt zu Nahrungsergänzungsmitteln zu greifen, wäre auch eine genügende hohe Aufnahme über die Nahrung zu erwägen. 

Mögliche negative Folgen einer Vitamin B12-Supplementation 

Bitte berücksichtigen Sie, dass im Allgemeinen B-Vitamine in Nahrungsergänzungsmitteln deutlich höher dosiert sind, als Sie sie natürlicherweise über die Nahrung aufnehmen würden. Eine daraus folgende mögliche Überdosierung wurde in der Vergangenheit teilweise mit dem Auftreten von Krebserkrankungen assoziiert, denn man fand bei einigen an Krebs erkrankten Personen auch erhöhte Vitamin B12-Werte im erkrankten Gewebe. Aber auch hier konnten verschiedene Studien keine eindeutigen Hinweise liefern. Denn einige Studien stellten zwar erhöhte Vitamin B12-Werte im Blut fest, während andere Studien hingegen erniedrigte Werte fanden – bei gleichzeitigem Auftreten von Krebs.  

Ob die erhöhte Aufnahme von Vitamin B12-Präparaten nun der Auslöser für Krebs ist, wurde in der Vergangenheit als Möglichkeit in Betracht gezogen – weshalb in einem solchen Fall die erhöhte Vitamin-B12-Zufuhr negative Auswirkungen nach sich ziehen könnte. Eine kürzlich durchgeführte Auswertung von über 200 wissenschaftlichen Artikeln zu diesem Thema zeigte sogar eine Differenzierung hinsichtlich des Ursprungs erhöhter Vitamin B12-Konzentrationen im Blutplasma und dem Auftreten von Krebserkrankungen [15]. Demnach scheinen genetisch bedingt erhöhte Vitamin B12-Konzentrationen tendenziell mit Krebs in Verbindung gebracht zu werden – vor allem mit Krebs der Leber (also dem Organ, in dem vor allem Vitamin B12-Derivate gespeichert und verstoffwechselt werden). Als genetischer Faktor wäre z.B. die erhöhte Expression des TCN1-Gens zu nennen, das Haptocorrin (auch bekannt als Transcobalamin-1) produziert. Ist vermehrt Haptocorrin vorhanden, wird auch vermehrt Vitamin B12 daran gebunden bzw. «gespeichert». Befindet sich nun weniger freies Vitamin B12 im Körper, beeinträchtigt dies den Vitamin B12-Stoffwechsel [15]. 

Dem gegenüber wurde das Auftreten von Krebserkrankungen kaum in Zusammenhang mit einer erhöhten Vitamin B12-Zufuhr über die Nahrung bzw. über Nahrungsergänzungsmittel gebracht. Ob erhöhte Vitamin B12-Konzentrationen nun Krebs auslösen (weil erhöhte Konzentrationen gleichzeitig mit dem Auftreten von Krebs festgestellt wurden), wurde bisher nicht abschließend geklärt. Inzwischen geht man jedoch davon aus, dass Krebs die Vitamin-B12-Konzentration im Blut erhöht und nicht umgekehrt [15]. Um die Kausalität eindeutig aufzuklären, braucht es zukünftig weitere Studien, die verschiedene Biomarker und Betrachtungsweisen zulassen und diese systematisch analysieren. 

Um bei einem solch zum Teil noch kontroversen Thema ganz sicherzugehen, wäre eine genügende hohe Aufnahme von Vitamin B12 über die Nahrung einer Supplementierung (mit z.B. Tabletten oder Kapseln) vorzuziehen. Letztere ist wie immer die zweitbeste Lösung. Bevor Sie jedoch mit einer Supplementierung beginnen, könnten Sie vorab Vitamin-B12-relevante Biomarker wie z.B. Homocystein oder Methionin bestimmen lassen – um lediglich im Falle eines Mangels und entsprechend therapeutischen Rates die Einnahme von Vitamin B12-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln zu beginnen.  

Info

Grundsätzlich ist der Vitamin-B-Stoffwechsel komplex und die einzelnen Vitamin-B-Spezies [Vitamin B1 (Thiamin), Vitamin B2 (Riboflavin), Vitamin B3 (Niacin, Nicotinsäure, Nicotinamid), Vitamin B5 (Pantothensäure), Vitamin B6 (Pyridoxin, Pyridoxamin, Pyridoxal), Vitamin B7 (Biotin, Vitamin H), Vitamin B9 (Folsäure, Folat), Vitamin B12 (Cobalamin)] beeinflussen sich gegenseitig. Insofern sind Vitamin-B-Komplexe hohen Dosen von Vitamin B12 vorzuziehen, sofern kein eklatanter Mangel an Vitamin B12 vorliegt.

Eine umfassende Betrachtung aller B-Vitamine – inkl. Dosierungsangaben – findet sich bei unserem Schwesterprojekt der NährstoffAllianz: https://naehrstoffallianz.dsgip.de/naehrstoffkategorien/b-vitamine/

Fazit 

Vitamin B12 spielt eine wichtige Rolle bei der Nervenregeneration. Seine Funktion wird durch «ungesunde» Einflüsse wie Rauchen, Alkoholkonsum beeinträchtigt.   

Vermeiden Sie wenn möglich solche Störfaktoren. Und ernähren Sie sich gezielt, um genügend Vitamin B12 über Ihre Nahrung aufzunehmen. Insbesondere bei veganer Ernährungsweise ist auf eine genügend hohe Vitamin B12-Aufnahme zu achten. Die Schäden eines Vitamin B12- und generell Vitamin B-Mangels sind auch unabhängig von der MS nicht zu unterschätzen (siehe obiger Link zur Nährstoffallianz). Insbesondere mit Blick auf andere neurodegenerative Erkrankungen (Alzheimer, Demenz,…) ist eine Vitamin B12-Mangelversorgung unbedingt zu vermeiden.

Referenzen 

[1] ‘Cobalamine’, Wikipedia. Oct. 22, 2024. Accessed: Nov. 10, 2024. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Cobalamine&oldid=249655366#Vitamin-B12-Mangel_(Hypovitaminose) 

[2] NDR, ‘Erschöpft, verstimmt und wackelig auf den Beinen: Leide ich unter Vitamin-B12-Mangel?’ Accessed: Nov. 10, 2024. [Online]. Available: https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Vitamin-B12-Mangel-Wenn-die-Nerven-leiden,vitamine144.html 

[3] D. Ä. G. Ärzteblatt Redaktion Deutsches, ‘Ursachen und frühzeitige Diagnostik von Vitamin-B12-Mangel’, Deutsches Ärzteblatt. Accessed: Nov. 18, 2024. [Online]. Available: https://www.aerzteblatt.de/archiv/61696/Ursachen-und-fruehzeitige-Diagnostik-von-Vitamin-B12-Mangel 

[4] L. K. Cole, J. E. Vance, and D. E. Vance, ‘Phosphatidylcholine biosynthesis and lipoprotein metabolism’, Biochim. Biophys. Acta BBA – Mol. Cell Biol. Lipids, vol. 1821, no. 5, pp. 754–761, May 2012, doi: 10.1016/j.bbalip.2011.09.009. 

[5] D. Magaquian, S. Delgado Ocaña, C. Perez, and C. Banchio, ‘Phosphatidylcholine restores neuronal plasticity of neural stem cells under inflammatory stress’, Sci. Rep., vol. 11, no. 1, p. 22891, Nov. 2021, doi: 10.1038/s41598-021-02361-5. 

[6] S. O. Loureiro et al., ‘Homocysteine activates calcium-mediated cell signaling mechanisms targeting the cytoskeleton in rat hippocampus’, Int. J. Dev. Neurosci. Off. J. Int. Soc. Dev. Neurosci., vol. 26, no. 5, pp. 447–455, Aug. 2008, doi: 10.1016/j.ijdevneu.2008.03.001. 

[7] R. R. Mititelu et al., ‘Homocysteine as a Predictor Tool in Multiple Sclerosis’, Discoveries, vol. 9, no. 3, p. e135, Sep. 2021, doi: 10.15190/d.2021.14. 

[8] E. Nozari, S. Ghavamzadeh, and N. Razazian, ‘The Effect of Vitamin B12 and Folic Acid Supplementation on Serum Homocysteine, Anemia Status and Quality of Life of Patients with Multiple Sclerosis’, Clin. Nutr. Res., vol. 8, no. 1, p. 36, Jan. 2019, doi: 10.7762/cnr.2019.8.1.36. 

[9] D. Ä. G. Ärzteblatt Redaktion Deutsches, ‘Unterstützung für die Nervenregeneration’, Deutsches Ärzteblatt. Accessed: Nov. 11, 2024. [Online]. Available: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/143682/Unterstuetzung-fuer-die-Nervenregeneration 

[10] S. Baltrusch, ‘The Role of Neurotropic B Vitamins in Nerve Regeneration’, BioMed Res. Int., vol. 2021, no. 1, p. 9968228, 2021, doi: 10.1155/2021/9968228. 

[11] M. S. A. Zoubi et al., ‘Exploring the Impact of Cigarette Smoke Extracts on Vitamin B12: Insights into the Transformation of Methylcobalamin and Hydroxycobalamin to Cyanocobalamin through In Vitro Evaluation’, Biochem. Res. Int., vol. 2024, p. 8827402, Apr. 2024, doi: 10.1155/2024/8827402. 

[12] E. M. Laufer et al., ‘Effects of moderate alcohol consumption on folate and vitamin B12 status in postmenopausal women’, Eur. J. Clin. Nutr., vol. 58, no. 11, pp. 1518–1524, Nov. 2004, doi: 10.1038/sj.ejcn.1602002. 

[13] T. Müller, ‘Neurologische Schäden durch Lachgasballons’, CME, vol. 17, no. 9, pp. 46–46, Sep. 2020, doi: 10.1007/s11298-020-8001-1. 

[14] ‘Vitamine C und B12: Warum Sanddorn so gesund für Veganer ist – WELT’, DIE WELT. Accessed: Dec. 06, 2024. [Online]. Available: https://www.welt.de/gesundheit/article171669660/Warum-Sanddorn-so-gesund-fuer-Veganer-ist.html 

[15] R. Obeid, ‘High Plasma Vitamin B12 and Cancer in Human Studies: A Scoping Review to Judge Causality and Alternative Explanations’, Nutrients, vol. 14, no. 21, p. 4476, Oct. 2022, doi: 10.3390/nu14214476. 


Bildquelle

Bild per KI erstellt in 2025.


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Die wichtige Rolle der Propionsäure bei der Behandlung von Multipler Sklerose

Über das Thema Propionsäure haben wir schon verschiedentlich berichtet [1], [2]. Eine aktuelle Studie (Juni 2024) unterstreicht wieder einmal unsere Empfehlungen zur Supplementation mit Propionsäure [3].

Studienhintergrund

Wie unsere Leser wissen, ist Multiple Sklerose (MS) eine schwerwiegende Autoimmunerkrankung, die das zentrale Nervensystem angreift und zu Neurodegeneration und dem Verlust neurologischer Funktionen führen kann. Die derzeitigen Behandlungen zielen hauptsächlich auf das Immunsystem ab, um die Entzündung zu verringern, sind aber nur eingeschränkt wirksam, um das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern. Forscher untersuchen weiterhin alternative Ansätze zur Behandlung der MS, darunter die Auswirkungen der Ernährung und des Darmmikrobioms auf MS. Ein Bereich von besonderem Interesse ist der potenzielle therapeutische Nutzen von kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs), wie z. B. Propionsäure, die von der Darmmikrobiota über Fermentation aus Nahrungsfasern (Ballaststoffen) produziert werden.

Methodik der Studie

Die Studie wurde von einem Forscherteam der Ruhr-Universität Bochum in Deutschland durchgeführt, zu dem Experten aus den Bereichen Neurologie, Molekularmedizin und Virologie gehörten. Das Team wurde von Dr. Aiden Haghikia geleitet und umfasste Beiträge von mehreren anderen Forschern mit dem gemeinsamen Ziel, neue Behandlungsmöglichkeiten für neurodegenerative Krankheiten wie MS zu finden. Die Forscher konzentrierten sich darauf, zu verstehen, wie Propionsäure die Erholung von Neuronen bei Menschen mit MS beeinflusst. Sie verwendeten ein Labormodell, das MS nachahmt, indem sie Neuronen, die aus Stammzellen von Menschen mit MS stammen, schädigten. Diese geschädigten Neuronen wurden dann mit Propionsäure behandelt, um die Auswirkungen auf ihre Regenerationsfähigkeit zu beobachten.

Studienergebnisse

Die Ergebnisse zeigten, dass Propionsäure die Erholung und das Nachwachsen von Neuriten (die Fortsätze von Nervenzellen, die Signale übertragen) in den geschädigten Neuronen deutlich fördert. Die Studie zeigte, dass dabei Propionsäure durch die Aktivierung spezifischer Rezeptoren auf den Neuronen und durch die Hemmung von Enzymen wirkt, die ansonsten die Erholung der Neuronen verlangsamen würden. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass das Vorhandensein einer anderen SCFA, der Buttersäure, die Wirkung der Propionsäure verstärkt und die Regeneration der Neuronen weiter verbessert.

Konsequenzen für Menschen mit Multipler Sklerose

Für MS-Betroffene bieten diese Ergebnisse eine weitere Grundlage für die eigenverantwortliche Behandlung der MS. Die Studie legt nahe, dass eine Nahrungsergänzung mit Propionsäure, möglicherweise in Kombination mit anderen SCFAs wie Buttersäure, die Erholung der Neuronen unterstützen und das Fortschreiten der Neurodegeneration verlangsamt. SCFAs wie Propionsäure werden im Darm produziert, wenn bestimmte Arten von Ballaststoffen von nützlichen Bakterien fermentiert werden. Daher kann der Verzehr von ballaststoffreichen Nahrungsmitteln, insbesondere von Obst (Äpfel, Bananen), Gemüse (Wurzelgemüse, Zwiebeln, Brokkoli, Kohl und andere Kreuzblütler), Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten aus Hafer und Gerste sowie resistenter Stärke (abgekühlter Reis und abgekühlte Kartoffeln) den Gehalt an SCFAs im Körper auf natürliche Weise erhöhen. Dieser Ansatz bietet einen weiteren Mosaikstein zur Bewältigung der MS, indem er nicht nur auf das Immunsystem, sondern auch auf die Regenerationsfähigkeit des zentralen Nervensystems abzielt.

Schlussfolgerung

Durch die Fähigkeit zur Förderung der Erholung der Nervenzellen sollte Propionsäure ein wichtiger Bestandteil einer umfassenden und selbstverantwortlichen Behandlungsstrategie für MS sein. Durch geeignete Nahrungsbestandteile und/oder die Supplementierung mit Propionsäure als Nahrungsergänzungsmittel werden die natürlichen Reparaturprozesse des Nervensystems ohne Nebenwirkungen und Risiken unterstützt. Die empfohlene Dosis für die Supplementierung mit Propionsäure beträgt 2 x 500 mg täglich.


Bildquelle

Einkaufskorb, gefüllt mit verschiedenen Lebensmitteln, die die Darmgesundheit fördern. Bild erstellt mit DALL-E am 31. August 2024.

Referenzen

[1] Die kurzkettige Propionsäure beweist erneut ihr Potential in der MS-Behandlung | Life-SMS (lifesms.blog)

[2] Bakterien gegen Osteoporose? | Life-SMS (lifesms.blog)

[3] Gisevius B, Duscha A, Poschmann G, Stühler K, Motte J, Fisse AL, Augustyniak S, Rehm A, Renk P, Böse C, Hubert D, Peters K, Jagst M, Gömer A, Todt D, Bader V, Tokic M, Hirschberg S, Krogias C, Trampe N, Coutourier C, Winnesberg C, Steinmann E, Winklhofer K, Gold R, Haghikia A. Propionic acid promotes neurite recovery in damaged multiple sclerosis neurons. Brain Commun. 2024 Jun 3;6(3):fcae182. doi: 10.1093/braincomms/fcae182. PMID: 38894951; PMCID: PMC11184351.


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Magnesium ist nicht gleich Magnesium?

Diverse Magnesiumarten und ihre spezifischen Vorteile

Magnesium ist vielen vielleicht als Trockenmittel für die Hände noch aus dem Turnunterricht bekannt, hat aber viele gesundheitlich positive Eigenschaften. Es tritt als Mineral vor allem in der Form von anorganischen Verbindungen auf (Carbonate, Silicate, Chloride und Sulfate). Es wird aufgrund seines Einflusses auf das Säuren-Basen-Gleichgewicht auch als „basisches Mineral“ bezeichnet. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von organischen Magnesiumverbindungen (s.u.). 

Es ist wichtig für viele Funktionen im Körper wie z. B. für den Muskel-Stoffwechsel, den Vitamin D-Stoffwechsel, für das Nervensystem, den Knochenaufbau u. v. mehr. Gerade für MS-Betroffene, die unter Fatigue zu leiden haben, ist Magnesium wichtig, denn es unterstützt die Energiebildung in den Mitochondrien, also unseren körpereigenen „Minikraftwerken“ in jeder einzelnen Zelle. 

Warum Magnesium supplementieren? 

Generell ist die Supplementation mit Magnesium bei MS-Erkrankten mit einer Reihe von potentiellen Vorteilen verbunden. In der Übersicht sind dies: 

Magnesium hat nachweislich neuroprotektive Eigenschaften, die dazu beitragen können, Nervenzellen vor Schäden zu schützen. Dies ist besonders wichtig bei MS, wo das Immunsystem die Myelinscheide angreift, die die Nervenfasern schützt. 

Magnesium spielt eine Rolle bei der synaptischen Plastizität, die für Lernen und Gedächtnis entscheidend ist. Eine verbesserte synaptische Funktion kann dazu beitragen, einige kognitive Defizite im Zusammenhang mit MS abzumildern. 

Magnesium hat eine entzündungshemmende Wirkung, die dazu beitragen kann, die für MS charakteristische chronische Entzündung zu verringern. 

Magnesium ist wichtig für die Muskelfunktion und -entspannung. Es kann helfen, Muskelkrämpfe, Spasmen und Schmerzen zu lindern, die häufige Symptome bei MS-Patienten sind. 

Ein angemessener Magnesiumspiegel ist für eine gute Nervenleitung unerlässlich. Dies kann dazu beitragen, die motorischen Funktionen zu verbessern und Symptome wie Taubheit und Kribbeln zu verringern. 

Magnesium spielt eine Rolle bei der Modulation des Immunsystems. Durch die Beeinflussung der Immunreaktionen kann Magnesium dazu beitragen, die Autoimmunangriffe auf die Myelinscheide bei MS zu verringern. 

Magnesium kann dazu beitragen, die Integrität der Blut-Hirn-Schranke aufrechtzuerhalten und das Eindringen schädlicher Substanzen zu verhindern, die die MS-Symptome und das Fortschreiten der Krankheit verschlimmern können. 

Eine Magnesiumergänzung kann dazu beitragen, das Energieniveau zu verbessern und die Fatigue zu verringern (s.o.).

Magnesium hat bekanntermaßen eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem und hilft, Stress und Ängste abzubauen, was für MS-Patienten, die mit der psychischen Belastung durch die Krankheit zu kämpfen haben, von Vorteil sein kann. Es unterstützt einen geregelten Schlaf. 

Eine Magnesiumergänzung, insbesondere in Form von Magnesium-L-Threonat (s.u.), das die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann, verbessert potentiell die kognitiven Funktionen. 

Magnesiumverbindungen 

Als organisch (statt mineralisch) gebundenes Magnesium hat es ggf. eine höhere Verwertbarkeit (z.B. [1]), aber es gibt viele Möglichkeiten, denn jede Magnesiumverbindung ist unter den natürlich schwankenden pH-Wert-Bedingungen im Darmtrakt unterschiedlich gut löslich. 

Deshalb ist ein Mix aus verschiedenen Magnesiumverbindungen günstig. Namhafte Hersteller von Supplementen bieten daher Komplex-Produkte an, die typischerweise 5 – 10 Magnesiumverbindungen enthalten. Wer es sich zutraut, kann natürlich auch seine eigene Kombination auswählen. 

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von verschiedenen Magnesiumverbindungen ist ihr Gehalt an elementarem Magnesium. Während Magnesiumoxid viel Magnesium liefert, aber nur bei einem sauren pH-Wert gut löslich ist, enthält Magnesiumcitrat zwar wenig Magnesium, dieses ist aber auch bei basischeren pH-Werten für den Körper noch gut verfügbar. 
Es gibt also z.B. schnell verfügbare Magnesiumverbindungen (wenn Magnesium z.B. an Aminosäuren gebunden ist) wie Trimagnesiumdicitrat und Magnesium(bis)glycinat oder Magnesium-Malat (an Apfelsäure gebunden) sowie nur langsam aufgenommene Formen wie Magnesiumoxid (mineralisch gebunden), die dafür langfristiger wirken können. 

Überblick über diverse Formen von Magnesium

Magnesiumcitrat

Citrat-Verbindungen (= Magnesiumsalz der Citroensäure) enthalten zwar nur 8-15 % elementares Magnesium, aber gerade davon wird vom Körper besonders viel – und besonders rasch! – resorbiert, da sie bestens bioverfügbar sind. Magnesiumcitrat erhöht den Flüssigkeitsspiegel im Verdauungstrakt und kurbelt die Produktion von Magensäure an. Es dient auch zur Zellentsäuerung, da es leicht in Zellen eindringen kann. Hiervon sollte man keine zu hohe Dosierung auf einmal schlucken, sonst könnte es evtl. Durchfall geben (es sei denn, man möchte wegen Verstopfung genau dies errreichen).

Schon alleine beim Magnesiumcitrat gibt es mehrere Verbindungen: Dibasisches Magnesiumcitrat (Magnesiumhydrogencitrat) und TriMagnesiumdicitrat (= tribasisches) – und schon hier lohnt eine genauere Betrachtung: Zum einen beinhaltet Magnesiumhydrogencitrat weniger elementares Magnesium als TriMagnesiumdicitrat und zum anderen liegt der pH-Wert von Magnesiumcitrat bei ca. 3,5 – 4,5 (sauer) und der von TriMagnesiumdicitrat bei einem pH-Wert von ca. 7 – 8 (basisch).
Es wird zum einen weniger TriMagnesiumdicitrat benötigt, um die gewünschte Magnesiummenge aufzunehmen und es wird zudem durch seine basische Eigenschaft leichter verdaulich. 

Magnesiumhydrogencitrat wird in der Medizin gerne als gut verträgliches Abführmittel verwendet. Auch wird es bei Bedarf direkt oder in Wasser gelöst eingenommen, um den Magnesiumionengehalt im menschlichen Körper zu steigern (rezeptfrei in der Apotheke).

Magnesiumglycinat

Eine noch bessere Bioverfügbarkeit hat das an die Aminosäure Glycin gebundene Magnesiumglycinat. Es ist sanft für den Magen und das am besten verträgliche Magnesium und daher ideal für Personen, die auf eine Magnesium-Gabe schnell mit Durchfällen reagieren.
Es wirkt entspannend und beruhigt die Nerven. Es ist das mit Abstand beste Magnesium für unseren von Stress und Verspannungen geprägten Lebensstil und kann einem gesunden und erholsamen Schlaf unterstützend zur Seite stehen.

Magnesiumgluconat

Magnesiumgluconat ist auch mit eine der bioverfügbarsten Magnesiumverbindungen. Es soll Herz und Leber am besten unterstützen und den Stoffwechsel harmonisieren. Es ist bestens für Personen mit geringem Blut-Magnesium-Gehalt geeignet.

Magnesium-Malat

Apfelsäure (Malat) ist ein wichtiger Bestandteil der Energieproduktion im Körper (ATP-Haushalt) und besonders gut für Menschen mit Erschöpfungszuständen (oder die bereits am chronischen Erschöpfungssyndrom leiden). Zudem hebt es die Stimmung, lindert Schmerzen, steigert die Produktion von Magensäure (hilft so bei der Verdauung von Speisen). Magnesium-Malat entspannt die Muskelzellen und steigert gleichzeitig deren Energieniveau. Es ist die empfohlene Magnesiumform für Personen, die unter Fibromyalgie, Müdigkeit und Muskelschmerzen leiden. Magnesium-Malat ist gut verträglich und hat auch eine sehr hohe Bioverfügbarkeit. Außerdem soll es bei der Entgiftung helfen: Apfelsäure überwindet die Blut-Gehirn-Schranke (was nur wenige Stoffe können) und bindet so auch Aluminium im ZNS (hilft, dieses Metall von einem bestimmten Enzym wegzuziehen, damit sich an dessen Stelle Magnesium an den Rezeptor anheften und das Wachstum der Nervenzellen und der Zellkommunikation fördern kann). Das schädliche Aluminium kann dann aus Gehirn und Körper ausgeschieden werden. Magnesium-Malat fördert auch die Ausscheidung einiger anderer potenziell toxischer Metalle (wie Blei), sollte aber besser nicht abends, sondern (wegen der Energetisierung) vielleicht besser vormittags eingenommen werden.

Magnesium L-Threonat

Diese spezielle Form ist die zweite Magnesiumform, die die Bluthirnschranke überwinden kann [4] und erhält dort die Menge der synaptischen Verbindungen zwischen den Gehirnzellen aufrecht. Die Dichte der Synapsen ist für die Lern- und Speicherfähigkeit essentiell. Die Substitution dieser Magnesiumverbindung kann zur Verbesserung des Kurz- und Langzeit- sowie des räumlichen Gedächtnisses führen und die kognitive Funktion unterstützen.

Auch in Bezug auf die Neuroprotektion mit Blick auf Morbus Alzheimer wurden in Verbindung mit Atorvastatin (Wirkstoff zur Triglyceridsenkung) im Tiermodell signifikante positive Effekte gefunden [5].  

Mehrere Quellen weisen darauf hin, dass Magnesium-L-Threonat die Schlafqualität verbessern kann. So wurde in einer Studie festgestellt, dass die Einnahme eines Magnesium-L-Threonat-Präparats die subjektiven Messwerte für Schlaflosigkeit, einschließlich Schlafdauer, Latenzzeit beim Einschlafen, Schlafeffizienz und frühmorgendliches Aufwachen, verbesserte. 

Wir haben im Artikel „Magnesiumverbindung für das Gehirn“ schonmal über Magnesium L-Threonat berichtet.

Magnesiumorotat

Magnesiumorotat hat eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem, denn Orotat, eine vitaminähnliche Substanz, sorgt dafür, dass das Magnesium im Herzmuskelgewebe besser gebunden und wirksam werden kann. Und Orotsäure kann verhindern, dass sich der ATP-Spiegel im Herzen völlig entleert [2]. Es kurbelt die Energieproduktion an.

Da Orotat Magnesium besser in Zellen einschleusen kann, ist an Orotat gebundenes Magnesium in der Lage, auch beanspruchte Muskelzellen zu regenerieren.

Vorsicht: Magnesiumorotat kann bei langfristiger Einnahme die Harnsäure im Körper erhöhen.

Magnesiumtaurat

Auch Magnesiumtaurat unterstützt besonders die Herzfunktion. Es hat kaum laxative (= abführende) Wirkung.

Magnesiumascorbat

Gebunden an Ascorbinsäure kann Magnesium – dosisabhängig – eine abführende Wirkung haben; eignet sich also auch gut als natürliches Abführmittel (auch in der Reise-Apotheke).

Magnesiumchlorid

Magnesiumchlorid ist besonders gut für Menschen mit Magenproblemen oder Refluxkrankheit geeignet und kurbelt die Produktion von Magensäure an.

Magnesiumphosphat

Magnesiumphosphat taugt auch als Abführmittel und ist ein Säureregulator (auch als E343 ein Trennmittel in Lebensmitteln).

Magnesiumsulfat

Bekannt als Bittersalz (für vollständige Darmentleerungen); wird auch oft für Bäder verwendet.

Magnesiumoxid

Magnesiumoxid ist (da am billigsten) die häufigste angebotene Magnesiumform, abführend und gegen Sodbrennen. Es hat zwar einen hohen Anteil von elementarem Magnesium (57 %), wovon aber wegen sehr schlechter Resorption kaum was im Blut ankommt. Außerdem benötigt es im Darm eine lange Resorptionszeit von 2-3 Tagen, so dass sich im Durchschnitt eine Bioverfügbarkeit von letztendlich bloß ca. 20 % ergeben könnte. Aber zusammen mit anderen Magnesiumformen in einer langfristigen Substitution kann es durchaus Sinn ergeben.

Fazit

Es gibt viele Magnesium-Verbindungen (hier kein Anspruch auf Vollständigkeit) und durch ihren unterschiedlichen Magnesiumgehalt und ihre unterschiedlichen Aufnahmebedingungen (pH-Wert und Verweilzeiten im Darm) ist ein Komplex mehrerer Magnesiumarten – was die Bioverfügbarkeit angeht – im Vorteil. Fortgeschrittene können sich den individuellen Mix selbst zusammenstellen – gegebenenfalls auch getrennt für verschiedene Zwecke zu unterschiedlichen Tageszeiten. Ob als reines Pulver oder in Kapselform darf dem eigenen Befinden angepasst sein.

Einen umfassenden Artikel zum Thema Magnesium gibt es kostenlos bei unserem Schwesterprojekt „Der NährstoffAllianz“: https://naehrstoffallianz.dsgip.de/naehrstoff/magnesium/  

Übrigens:
Die schwefelhaltige Aminosäure Taurin stimuliert die Aufnahme von Magnesium und vermindert das ‚Entweichen‘ von Magnesium aus der Zelle. Gleichzeitig wird es für Gehirn, Muskeln, Organgewebe, Netzhaut und den Gallendurchfluss benötigt wird. Taurin soll die Muskelregenerierung unterstützen können, gegen Muskelermüdung wirken und dient als Antioxidans. [3]


Referenzen

[1] Lindberg, J. S., Zobitz, M. M., Poindexter, J. R. & Pak, C. Y. (1990). Magnesium bioavailability from magnesium citrate and magnesium oxide. Journal of The American College of Nutrition, 9(1), 48–55. https://doi.org/10.1080/07315724.1990.10720349

[2] F. L. Rosenfeldt u. a.: Mechanism of cardioprotective effect of orotic acid. In: Cardiovascular Drugs and Therapy. 12, Suppl. 2, 1998, PMID 9794090, S. 159–170.

[3] Bouckenooghe T, Remacle C, Reusens B. Is taurine a functional nutrient? Curr Opin Clin Nutr Metab Care 2006. DOI: 10.1097/01.mco.0000247469.26414.55. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17053427/

[4] Mathew, A.A., Panonnummal, R. A Mini Review on the Various Facets Effecting Brain Delivery of Magnesium and Its Role in Neurological Disorders. Biol Trace Elem Res 201, 4238–4253 (2023).
https://doi.org/10.1007/s12011-022-03517-8 

[5] Gangoda DM, Saiyed MS, Pathan SR, et al. Enhanced Neuroprotective Synergy of Atorvastatin and Magnesium L-Threonate in a Rat Model of Alzheimer’s Disease Induced by Aluminum Chloride. Cureus. 2023;15(11):e48400. Published 2023 Nov 6. doi:10.7759/cureus.48400.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38074017/  

[6] Abbasi B, Kimiagar M, Sadeghniiat K, Shirazi MM, Hedayati M, Rashidkhani B. The effect of magnesium supplementation on primary insomnia in elderly: A double-blind placebo-controlled clinical trial. J Res Med Sci. 2012;17(12):1161-1169. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23853635/  


Bildquelle: Foto von LOGAN WEAVER | @LGNWVR auf Unsplash 


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Gewagter wilder Vorsatz: Wildkräuter futtern

So schnell wie bei den meisten die ersten Wochen des Jahres verflogen sind, sind bei vielen ihre guten Vorsätze für das Jahr verflogen. Aber nicht verzagen! Zeit für gute Vorsätze ist schließlich immer und am besten sofort. Und durch die Energie, die der Frühling uns bringen kann, klappt es meist sogar viel besser als mitten im grauen, ungemütlichen Winter, der die Energie eher schmälert.

Hier kommt der perfekte Vorsatz für den Frühling, den man sofort in Angriff nehmen kann: Energie nicht nur durch Sonne sondern auch mittels Wildkräutern tanken – klappt auch, wenn die Sonne nicht scheint…

Löwenzahnblüten
Löwenzahnblüten bringen gesunde Würze ins Pesto; Löwenzahn- (und Gänseblümchen-)Knospen lassen sich gut wie Kapern einlegen und genießen

Wildkräuter schenken uns seltene Vitalstoffe und wertvolle Heilsubstanzen 

Der Begriff Wildkräuter bezeichnet Pflanzen, die nicht vom Menschen kultiviert werden, die nicht im Visier eines züchterischen Geschehens stehen und daher noch das gesamte Spektrum an Vitalstoffen einer ursprünglichen und kraftvollen Wildpflanze enthalten.
Beispiele sind: 
Beinwell, Bibernelle/Pimpinella, Gänseblümchen, Gänsefingerkraut, weißer Gänsefuss, Gundermann, Guter Heinrich, Franzosenkraut, Frauenmantel, Hirtentäschel, Klee, Knoblauchsrauke, Lungenkraut, Malve, Taubnessel, Vogelmiere, Wegerich (Breit- und Spitz-), Wegwarte, Wilder Dost. 
 

Gesundheitlich und geschmacklich ist es jammerschade, dass manche dieser Namen der breiten naturfernen Bevölkerung noch nie untergekommen sind, geschweige denn, dass sie sie schon einmal sensorisch genießen konnten. 
Dabei halten sich manche Wildkräuter sogar im Winter und unter einer Schneedecke. Sie wachsen in milden Regionen sogar in der kalten Jahreszeit noch weiter, z. B. die Vogelmiere, das Gänseblümchen und der Löwenzahn. 
Wildkräuter zeichnen sich dadurch aus, dass sie hervorragend ohne die Pflege des Menschen gedeihen, was bei Kulturpflanzen eher selten der Fall ist. Denn Wildkräuter sind extreme Überlebenskünstler. Oft trotzen sie langen Dürreperioden genauso wie schlechten Bodenverhältnissen. 
 


Trotzdem – oder gerade deshalb? – können sie uns mit einem ungewöhnlich hohen Mineralstoff- und Vitalstoffgehalt dienen. Bisher wurden leider erst von wenigen Wildkräutern solche Werte bestimmt (marktwirtschaftlich besteht daran ja kein Interesse). Doch wo vorhanden, zeigen die inneren Werte: Wildkräuter lassen kultiviertes Gemüse weit hinter sich – und das nicht nur ohne Pflege und teils mit weniger Wasser, sondern immer sogar ganz ohne Spritz- und Düngemittel (abgesehen von – meist nicht zielgerichteten – Verunreinigungen wie z.B. auch Tierkot). 

Selbst die vitalstoffreichsten Kulturgemüse wie z.B. Brokkoli, Rosenkohl oder Grünkohl können es mit den Wildkräutern nicht aufnehmen. 
Eine Handvoll Brennnessel oder Weidenröschen entspricht dem gleichen Vitamin-C-Gehalt wie ein ganzer Salatkopf bzw. eine ganze handelsübliche Schale Spinat. 
 


Und sie enthalten durchschnittlich die 3,5-fache Proteinmenge von kultiviertem Gemüse. Unter den Spitzenreitern sind hier die Malve, das besonders ungeliebte, aber wohlschmeckende „Unkraut“ Giersch, der Gänsefuß und die Winterkresse zu nennen. 


Außerdem sind Kräuter allesamt basisch, was uns heutzutage zuckerverwöhnten Genussmenschen besonders fehlt, da v.a. Kohlenhydrate (und hier besonders der Zucker) und Eiweiße (aus Fleisch und Fisch) im Körper in Säure umgewandelt werden. So haben wir einen Säureüberschuss und einen Basenmangel, was Erkrankungen und Krankheiten begünstigen kann. 

Wildkräuter sind voller bioaktiver Pflanzenstoffe 

Gerade die bioaktiven Pflanzenstoffe sind es, denen sich in letzter Zeit immer häufiger die Wissenschaft widmet. 
Nährstoffe, die eine Reaktion in unserem Organismus hervorrufen, bezeichnet man als bioaktiv. Die meisten dieser bioaktiven Substanzen findet man in sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen. 
Da sie im Darm nicht erst aufgespalten und isoliert werden müssen, können bioaktive Pflanzenstoffe vom Darm direkt ins Blut übergehen und so schnell ihre schützenden, hormonellen und abwehrenden Funktionen ausüben. 
 


Viele Heilpflanzen werden vor allem aufgrund ihrer bioaktiven Pflanzenstoffe und dieser hohen Bioverfügbarkeit geschätzt. Sie können unter anderem neurologische,  entzündungshemmende und antibakterielle Wirkungen entfalten. Zum Beispiel aktivieren einige sekundäre Pflanzenstoffe (wie z.B. Phytamine in Bärlauch, wildem Knoblauch u.v.m.) den Nrf2-Spiegel. Dieses sogenannte Nrf2 kann die Aktivierung von verschiedenen Schutzgenen anstoßen; darunter auch viele, die für die Versorgung der menschlichen Zellen mit Antioxidantien zuständig sind. 

Es hat sich auch gezeigt, dass NRF2 autoimmunvermittelte Entzündungen abmildern kann. Ein NRF2-Mangel verschlimmert die rheumatoide Arthritis (RA) und den systemischen Lupus erythematodes (SLE), während eine NRF2-Aktivierung die experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis bessert [1]. 

Der Begriff „sekundäre Pflanzenstoffe“ ist ein Sammelbegriff für Substanzen unterschiedlicher Struktur, wie z.B. Chlorophyll, Carotinoide, Polyphenole, um nur einige – schon bekanntere – zu nennen. Und wir müssen sie auch nicht alle im Einzelnen kennen, aber wissen, dass „sekundär“ nicht „zweitrangig“ bedeutet (sondern sie nur von den als primären Pflanzenstoffen bezeichneten Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten (und Ballaststoffen) unterscheiden). 
 


Wichtig ist jedoch, dass jeder sekundäre, bioaktive Pflanzenstoff sein eigenes, charakteristisches (aber noch nicht vollständig erforschtes) Wirkungsspektrum hat und dass für viele Zivilisationskrankheiten (darunter vor allem die entzündlichen) ein Zusammenhang mit einer unzureichenden Zufuhr von sekundären, bioaktiven Pflanzenstoffen diskutiert wird. 

Zwar wirken schon kleinste Mengen dieser sekundären Pflanzenstoffe, doch stecken sie leider nicht in Pommes, Pizza, Pasta, Döner, Chips und Co. Und auch kaum in Brot und anderem Gebäck. 
Dafür umso mehr in Kräutern und vor allem noch mehr in Wildkräutern: 

Zum Beispiel: Bitterstoffe in Wildkräutern

Bitterstoffe beispielsweise fördern die Magen- und Gallensaftsekretion, stoppen Fäulnis- und Gärprozesse im Verdauungssystem, pflegen daher die gesunde Darmflora und beugen Pilzinfektionen vor. 
Sie helfen bei der Fettverdauung und unterstützen nicht zuletzt ganz besonders die Funktionen der Leber, einem der wichtigsten Bereiche unseres Entgiftungssystems. Bitterstoffe finden sich reichlich im Löwenzahn, in der Schafgarbe, im Gänseblümchen, in der Wegwarte und in vielen anderen Wildkräutern mehr.

Zum Beispiel: Flavonoide in Wildkräutern 

Es gibt viele Tausende Flavonoidarten. Die meisten fungieren als Antioxidantien, schützen also menschliche Zellen vor den Angriffen freier Radikale (was nicht nur Krankheitsvorbeugung, sondern erfreulicherweise auch AntiAging bedeutet). Manche Flavonoide schützen gegen bestimmte Viren oder Bakterien, andere harmonisieren z.B. den Blutcholesterinspiegel auf natürliche Art ein wenig. 
Flavonoide sind auch in manchem Gemüse und Obst aus dem Supermarkt enthalten. Allerdings nur extrem wenig und sie befinden sich eher z.B. in den Schalen von (v.a. Zitrus-)Früchten, die wir in der Regel nicht mitessen, sodass der Durchschnittsmensch kaum in den Genuss einer ausreichend hohen Flavonoidmenge kommt. Enorm hohe Flavonoid-Konzentrationen finden sich dagegen in Wildkräutern.

Zum Beispiel: Gerbstoffe in Wildkräutern 

Gerbstoffe sind ebenfalls in vielen Wildkräutern vorhanden. Sie können leichte Entzündungen hemmen, neutralisieren Gifte und machen es Bakterien und Viren schwer den Körper zu befallen. 
In hohen Dosen sind Gerbstoffe weniger empfehlenswert, doch schmecken sie ohnehin so bitter, dass man weder Menschen noch die meisten Tiere sie freiwillig in erhöhter Konzentration abbekommen. 
Gerbstoffe in gesunder Dosierung sind z. B. im Wiesen-Storchschnabel enthalten, im Gundermann, im Scharbockskraut, im Blutweiderich und in vielen weiteren Wildkräutern mehr. 

Es sind noch viele weitere heilkräftige und präventiv wirksame Pflanzenstoffe in Wildkräutern, wie zum Beispiel ätherische Öle (in Minze, Feldthymian, Knoblauchsrauke, Bärlauch…). Wir müssen sie nicht kennen, wohl aber die Kräuter unterscheiden können, wenn wir sie sammeln wollen. 
Tiere wie Hunde und Katzen essen für gewöhnlich keine Pflanzen, nehmen bei Unwohlsein oder Wurmbefall aber sehr wohl sogenannte Gift- bzw. Heilpflanzen zu sich. 

Auch für uns Menschen hat die Natur einen reich gedeckten Tisch, den wir nur wieder nutzen lernen müssen. 
Es ist generell weitaus gefährlicher ist, KEINE Wildkräuter in die tägliche Ernährung einzubauen, als Brennnessel und Giersch selbst zu sammeln. 
Trotzdem lernen Sie Wildkräuter am besten von Kräuterkundigen (z.B. auf Kräuterwanderungen) kennen. Auf eigene Faust mit Bestimmungsbüchern loszuziehen, sollte denen vorbehalten bleiben, die absolut sicher im Unterscheiden von Pflanzenbestimmungsmerkmalen sind. Nicht, dass Sie doch die giftige Verwandte erwischen! 

Aber innerhalb der Saison gibt es auch Bestellmöglichkeiten für frische Wildkräuter und notfalls sind die getrockneten (ggf. pulverisierten) Kräuter immer noch besser als gar keine zu verzehren! Und es gibt Gärtnereien, die (vor Ort oder online) einige wenige Wildkäuter (Borretsch, Kapuzinerkresse und Ringelblumen sowieso, z.B. aber auch solche wie Ruta und Zistrose) im Topf verkaufen, damit man sie teilweise im eigenen Garten ansässig werden lassen kann. 

Fazit

Wer keinen Garten hat, kann Brunnen-, Rettich- oder normale Kresse, Blut- und Sauerampfer, Kerbel und Blattsellerie auf Balkon und Fensterbank ernten oder auch die Blätter vom Wurzelgemüse mitessen (wie z.B. Möhren-, Kohlrabi-, und Selleriegrün) – und Grapefruit genießen (bzw. besser noch die etwas bittere Pampelmuse). 
Und nicht nur Kräuter enthalten viele sekundäre Pflanzenstoffe, sondern auch z.B. roher Brokkoli und Kurkuma. 
 
Entdecken Sie aber mit Lust Wildkräuter, bzw.  gönnen Sie Ihrem Leben überhaupt mehr Grün (v.a. Chlorophyll), z. B. als (vegane) Matchalatte statt Kakao mit Sahnehaube. Lecker sind auch Gänseblümchen- oder Löwenzahnknospen – nicht nur als Pesto – beides auch z.B. wie Kapern eingelegt. 
 
Und wenn schon nicht Grünzeug statt Pizza, Pasta, Pommes, Brot, Wurst …, dann zumindest Pizza, Pasta, Döner … mit VIIIEL Grünzeug! 

Und keine Angst vor Wildem, sondern sofort die (erste) Wildkräuterführung buchen. Dann wird es doch noch was mit einem guten Vorsatz für 2024…

Dies wünscht Ihnen
Ihr Team von Life-SMS

—————-

Referenzen

[1] Kobayashi EH, Suzuki T, Funayama R, Nagashima T, Hayashi M, Sekine H, Tanaka N, Moriguchi T, Motohashi H, Nakayama K, Yamamoto M. 2016. Nrf2 suppresses macrophage inflammatory response by blocking proinflammatory cytokine transcription. Nat Commun 7:11624. doi: 10.1038/ncomms11624. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar

Weiterführende Studien zum Thema ohne Nennung im Text

Heilkräuter werden auch in wissenschaftlichen Studie wegen ihrer entzündungshemmenden, antioxidativen und myelinreparierenden Eigenschaften hervorgehoben, was sie zu einer natürlichen und ergänzenden Behandlungsoption für neurodegenerative Erkrankungen wie MS macht. Studien, insbesondere in Ostasien, haben gezeigt, dass Pflanzen und ihre Inhaltsstoffe durch die Regulierung von Immunzellen, Immunfaktoren und oxidativem Stress positive Auswirkungen auf MS haben können. 

Zu den Kräutern, die auf ihren potenziellen Nutzen bei MS untersucht wurden, gehören: 

Ginkgo biloba: Bekannt für seine thrombozytenaggregationshemmende und Monoaminoxidase (MAO)-hemmende Wirkung. Seine Wirksamkeit bei der Verbesserung der kognitiven Funktion bei MS-Patienten wird jedoch nicht von allen Studien unterstützt. 

Zingiber officinale (Ingwer), Curcuma longa (Kurkuma), Hypericum perforatum (Johanniskraut) und Cannabis sativa gehören zu den anderen Kräutern, die Berichten zufolge therapeutische Wirkungen bei MS-Patienten haben, einschließlich entzündungshemmender und antioxidativer Wirkungen sowie potenzieller Vorteile bei der Myelinreparatur und der Unterdrückung von Entzündungen. 

Nachfolgende Referenzen geben dazu interessante Einsichten: 

  • Costantini E, Masciarelli E, Casorri L, Di Luigi M, Reale M. Medicinal herbs and multiple sclerosis: Overview on the hard balance between new therapeutic strategy and occupational health risk. Front Cell Neurosci. 2022 Nov 10;16:985943. doi: 10.3389/fncel.2022.985943. PMID: 36439198; PMCID: PMC9688751. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9688751/ 
  • Mojaverrostami S, Bojnordi MN, Ghasemi-Kasman M, Ebrahimzadeh MA, Hamidabadi HG. A Review of Herbal Therapy in Multiple Sclerosis. Adv Pharm Bull. 2018 Nov;8(4):575-590. doi: 10.15171/apb.2018.066. Epub 2018 Nov 29. PMID: 30607330; PMCID: PMC6311642. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6311642/  

© Photo: Viridi Green auf Unsplash
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Bei Autoimmunkrankheiten langfristige Kombination von Vitamin D plus Omega-3-Fettsäuren angesagt 

Positive Auswirkungen einer langfristigen Vitamin-D- und Omega-3-Supplementierung auf die Prävention von Autoimmunkrankheiten: eine randomisierte klinische Studie. 

Vitamin D und aus dem Meer gewonnene, langkettige Omega-3-Fettsäuren sind zwei Nahrungsergänzungen, deren potenzielle Wirkung auf die Vorbeugung und Behandlung von Autoimmunkrankheiten – inklusive der MS – schon seit längerem umfassend untersucht wird.  

Vitamin D 

Wie bereits auch hier vielfach berichtet, ist bekannt, dass die aktive Form von Vitamin D (1,25 OH-Vitamin D) Gene reguliert, die an Entzündungen sowie an angeborenen und erworbenen Immunreaktionen beteiligt sind. Vitamin-D-Rezeptoren finden sich in hoher Dichte auf Zellen des Immunsystems (T-Lymphozyten, B-Lymphozyten, Makrophagen). Wenn es an seine Rezeptoren gebunden ist, hemmt 1,25(OH)2Vitamin D3 die Expression von Entzündungsfaktoren wie Interleukin 2 (IL-2), Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) und Zytokinen, während es entzündungshemmende Faktoren wie IL-4, IL-5 und IL-10 verstärkt. 

Studien an Tiermodellen bestätigen den Nutzen einer Vitaminsupplementierung bei der Verringerung der Geschwindigkeit des Fortschreitens der Symptome von Autoimmunkrankheiten.  Beobachtungsstudien und kleine klinische Studien haben jedoch widersprüchliche Ergebnisse und teilweise unzureichende Beweise erbracht, sodass diese Nahrungsergänzung leider immer noch nicht allgemein zur Gesundheitsförderung und Prävention von Autoimmunerkrankungen empfohlen wird. Dennoch gehört Vitamin D bei aufgeklärten Neurologen zum täglichen Handwerkszeug bei der Behandlung der MS. 

Siehe auch Faktenblatt: Vitamin D und MS 

Omega-3-Fettsäuren 

Die entzündungshemmende Wirkung von langkettigen Omega-3-Fettsäuren ist ebenfalls bekannt: Tier- und In-vitro-Studien deuten darauf hin, dass eine erhöhte Zufuhr von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) – zwei besonders wichtige Arten von Omega-3-Fettsäuren – die Produktion von C-reaktivem Protein und entzündlichen Zytokinen wie TNFα, IL-1β und IL-615 29 hemmt und die Vermehrung und Aktivierung von T-Zellen (Immunzellen) verringert. Einige frühere Studien bei Patienten mit autoimmunen rheumatologischen Erkrankungen wie systemischem Lupus erythematodes, rheumatoider Arthritis und Psoriasis haben bereits eine Verbesserung der Symptome nach einer Behandlung mit Omega 3 gezeigt, aber nur wenige Studien haben den Einsatz dieser Fettsäuren zur Vorbeugung dieser Krankheiten bewertet.  

Siehe auch: und: Faktenblatt Fettsäuren und MS 

Neue Studienergebnisse 

Eine neue Studie (1), die im Januar 2022 in der renommierten Fachzeitschrift The BMJ veröffentlicht wurde, untersuchte die Wirkung einer Supplementierung mit Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren (aus Fischöl) bei einer großen Zahl von amerikanischen Erwachsenen. Es zeigte sich, dass die Entwicklung von Autoimmunkrankheiten in der Interventionsgruppe über einen Zeitraum von fünf Jahren zurückging, was die Vorteile einer langfristigen Supplementierung beider Nährstoffe bestätigt. Die Autoren nutzten die Datenbank der 2012 durchgeführten VITAL-Studie (2) – einer doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie –, in der die Wirkung einer Supplementierung dieser beiden Nährstoffe auf die Entwicklung von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht worden war. In der VITAL-Studie konnte die Einnahme von Vitamin D das Auftreten von Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht verhindern. Die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren verringerte das Risiko eines Herzinfarkts in der Gesamtbevölkerung und von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Personen mit geringem Fischkonsum.  

In der neuen Studie werteten die Forscher die Daten von 25 871 Teilnehmern der VITAL-Studie aus und konnten den Einfluss von Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren auf die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen über einen Zeitraum von 5 Jahren bewerten. Die Teilnehmer wurden in vier verschiedene Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe erhielt 2000 I.E. Vitamin D3 pro Tag, die zweite Gruppe erhielt 1 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag, die dritte Gruppe erhielt beide Präparate gleichzeitig und die vierte Gruppe erhielt nur ein Placebo. Anhand von Krankenakten wurden die Fälle von Autoimmunkrankheiten, die während der Studie auftraten, bewertet. 

Das signifikante Ergebnis 

Die Datenanalyse zeigte, dass das Auftreten von Autoimmunerkrankungen während der 5-Jahres-Follow-up-Phase in der Behandlungsgruppe geringer war als in der Kontrollgruppe. Dieser Unterschied wurde sowohl bei den Probanden beobachtet, die Vitamin D erhielten, als auch bei den Probanden, die Omega-3-Fettsäuren oder beide Ergänzungen erhielten. In der Gruppe, die nur Omega-3-Präparate erhielt, wurde jedoch kein statistisch signifikanter Rückgang festgestellt, was bedeutet, dass dieser Rückgang nicht groß genug war, um die Forscher von den Vorteilen der Omega-3-Supplementierung zu überzeugen. Bei den Vitamin-D-Gruppen war dieser Unterschied statistisch signifikant (in diesem Fall überzeugend). Die wichtigsten diagnostizierten Autoimmunkrankheiten waren: rheumatoide Arthritis, rheumatoide Polymyositis, Autoimmunthyreoiditis und Psoriasis. Es wurde nur ein Fall von Multipler Sklerose gemeldet! 

Die Autoren führten auch eine gezielte Analyse durch, bei der sie die ersten beiden Jahre der Nachbeobachtung ausschlossen, um die Verzögerung der Behandlungsergebnisse zu testen, d. h. um festzustellen, ob eine langfristige Nährstoffsubstitution einen größeren Effekt hat. Sie bestätigten, dass der Rückgang der Zahl der Fälle in den letzten drei Jahren der Studie, d.h. nach zwei aufeinanderfolgenden Jahren der Vitamin-D-Substitution, am deutlichsten war. 

Die Ergebnisse dieser Studie sind aufgrund der großen Zahl und Vielfalt der Teilnehmer, der langen Nachbeobachtungszeit und der hohen Therapietreue sowohl bei der Behandlung als auch bei der Nachbeobachtung ein starker Beweis für den Einsatz von Vitamin D bei der Prävention und Kontrolle von Autoimmunität. Es ist wichtig zu beachten, dass das Durchschnittsalter der untersuchten Population 67,1 Jahre betrug, d. h. es handelte sich um ältere Erwachsene. Dies könnte die geringere Zahl der Fälle von Krankheiten erklären, die bei jungen Erwachsenen auftreten, wie z. B. Multiple Sklerose. Eine weitere Einschränkung ist die Schwierigkeit, die Diagnose einiger Autoimmunkrankheiten, wie z. B. der Schilddrüsenerkrankung, auf der Grundlage von Krankenakten zu bestätigen. 

Schlussfolgerungen  – Was zeigt diese Studie wirklich? 

  • Eine Supplementierung mit 2000 I.E. Vitamin D3 pro Tag, auch in Verbindung mit Omega-3-Fettsäuren, führte zu einer geringeren Rate neu auftretender Autoimmunerkrankungen. 
  • Eine längere Behandlung scheint eine größere Wirkung bei der Vorbeugung von Autoimmunerkrankungen zu haben als kurze Behandlungen (in dieser Studie war die Wirkung nach den ersten 2 Jahren der Nachbeobachtung größer)
  • Die alleinige Einnahme von Omega-3-Fettsäuren führte nicht zu einer signifikanten Verringerung der Häufigkeit von Autoimmunerkrankungen in der Studienpopulation.  Wenn jedoch Teilnehmer mit wahrscheinlicher Autoimmunerkrankung zu Beginn der Studie einbezogen wurden, verringerte die Omega-3-Fettsäure-Supplementierung die Inzidenz um 18 % im Vergleich zu Placebo, und es wurde eine signifikante Wechselwirkung mit der Zeit festgestellt, was auf eine größere Wirkung nach einer längeren Dauer der Supplementierung hinweist (wie bei Vitamin D). 
  • Die klinische Bedeutung dieser Ergebnisse ist hoch, da es sich um gut verträgliche, nicht toxische Ergänzungsmittel handelt und andere wirksame Behandlungen zur Verringerung des Auftretens von Autoimmunerkrankungen fehlen. 
  • Angesichts der Latenzzeit für das Auftreten von Autoimmunerkrankungen könnte eine längere Nachbeobachtung aufschlussreich sein (die Teilnehmer werden im Rahmen einer Open-Label-Verlängerungsstudie beobachtet). Eine ähnliche Studie sollte in einer jüngeren Population durchgeführt werden, um die Häufigkeit von Autoimmunkrankheiten mit früherem Ausbruch zu untersuchen. 
  • Diese Studie unterstützt die Beobachtung, dass Maßnahmen zur Lebensführung über einen langen Zeitraum hinweg bewertet werden sollten, insbesondere wenn es darum geht, ihre Wirksamkeit bei der Prävention von Krankheiten zu beurteilen. Es ist nicht zu erwarten, dass Studien zur Bewertung der Wirksamkeit von Arzneimitteln mit einer kurzen Dauer von 4 bis 8 Wochen in der Lage sind, die Auswirkungen von Maßnahmen wie Ernährung, körperliche Betätigung, Nahrungsergänzungsmittel und andere Lebensstilfaktoren auf die Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu bewerten. 

Fazit:

Die Ergebnisse dieser groß angelegten Untersuchung unterstreichen die Richtigkeit unserer Empfehlungen bei der MS-Behandlung einen Schwerpunkt auf eine gute Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D zu legen. Das ist risikolos (sofern man weder von der Hochdosis-Vitamin-D-Therapie noch zu hohen Dosen an Omega-3 spricht) und verspricht sowohl signifikante präventive als auch positiv krankheitsmodulierende Effekte. 

Quellen:

[1] Hahn J, Cook NR, Alexander EK, et al. Vitamin D and marine omega 3 fatty acid supplementation and incident autoimmune disease: VITAL randomized controlled trial. BMJ. 2022;376:e066452. Published 2022 Jan 26. doi:10.1136/bmj-2021-066452 

[2] Manson JE, Bassuk SS, Lee IM, Cook NR, Albert MA, Gordon D, Zaharris E, Macfadyen JG, Danielson E, Lin J, Zhang SM, Buring JE. The VITamin D and OmegA-3 TriaL (VITAL): rationale and design of a large randomized controlled trial of vitamin D and marine omega-3 fatty acid supplements for the primary prevention of cancer and cardiovascular disease. Contemp Clin Trials. 2012 Jan;33(1):159-71. doi: 10.1016/j.cct.2011.09.009. Epub 2011 Oct 2. PMID: 21986389; PMCID: PMC3253961 

Mehr zu diesen Themen finden Sie in den Faktenblättern:

Faktenblatt Vitamin D und MS

Faktenblatt Fettsäuren und MS 



Photo by Wim van ‚t Einde on Unsplash

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