Eisen und MS – auf die Details kommt es an

von Kirsten

Eisenhaltige Lebensmittel als Teil einer natürlichen Ernährung.

Eisenhaltige, natürliche Lebensmittel

Eisen und das Nervensystem

Ein wichtiges Spurenelement des menschlichen Körpers ist Eisen. Der Grossteil befindet sich als Hämoglobin im Blutkreislauf und ist dort essenziell für Sauerstoffaufnahme und -transport (von der Lunge zu den Körperzellen). Etwas Eisen befindet sich zudem auch in Muskeln (Myoglobin) oder als «Speichereisen» (Ferritin) u.a. in Leber, Milz und Knochenmark. Doch auch im Gehirn hat es wichtige Funktionen. Dort findet man es beispielsweise in Enzymen, die für die Produktion verschiedener Neurotransmitter verantwortlich sind.

Eisen spielt in Hirn und Rückenmark auch eine grosse Rolle bei der Bildung der Myelinschicht und findet sich daher insbesondere in den Mitochondrien der Myelin-produzierenden Oligodendrozyten [1]. Im nervenschützenden Myelin selbst wurde inzwischen aber auch Ferritin (ein eisenhaltiger Proteinkomplex) nachgewiesen [2], [3]. Dieses scheint die elektrischen Signale entlang der Axone in eine Richtung zu befördern, während es das Zurückwandern des Signals blockiert [2], was für die effiziente Weiterleitung elektrischer Impulse von grosser Wichtigkeit ist. Ein Mangel an Ferritin im Myelin wird bei MS in Betracht gezogen und sollte in zukünftigen Studien weiter untersucht werden.

Eisenmangel

Ein Eisenmangel, der über Blutdiagnostik festgestellt wird (aber nicht direkt auf den Eisengehalt im Nervengewebe schliessen lässt), äussert sich u.a. in Fatigue, Depression und kognitiven Einschränkungen – also in Symptomen, die auch einigen MS-Erkrankten bekannt vorkommen könnten. Tritt ein solcher Eisenmangel bei einem MS-Erkrankten auf, dann können sich diese Symptome weiter verstärken und dadurch die Lebensqualität stärker beeinträchtigen. Eine Studie mit über 300 MS-Erkrankten zeigte, dass vor allem Frauen von Eisenmangel betroffen sind – vor allem aufgrund gynäkologischer oder gastro-intestinaler Gründe (z.B. Menstruationsblutung, entzündliche Darmerkrankungen) [4]. Eisenwerte im Blut werden in der wissenschaftlichen Literatur bei MS-Erkrankten generell als tendenziell niedriger beschrieben – verglichen mit Nicht-Erkrankten [5].

Eisenkonzentration und -ablagerungen im zentralen Nervensystem

Hinsichtlich des gesamten Eisengehalts im Hirn konnte bei MS-Erkrankten (sowohl mit schubförmig-remittierender also auch mit progredienter MS) keine Unterschiede gegenüber Nicht-Erkrankten festgestellt werden [6], [7]. Bei MS-Erkrankten finden sich aber am Rand von MS-Läsionen ringförmige Eisenablagerungen, die via MRT-Aufnahmen sichtbar gemacht werden können [8]. Bei bereits verstorbenen Erkrankten (die einer Körper-Spende zu Lebzeiten zugestimmt hatten) konnten zudem Gewebeproben des Gehirns unter dem Mikroskop untersucht werden, um weitere Einblicke in strukturelle Auffälligkeiten zu erhalten. Die Bereiche, in denen sich die Eisenringe befinden, gehen auf Mikroglia / Makrophagen zurück – also Zellen, die Abfallstoffe des Nervensystems beseitigen und z.T. auch in die Bildung neuer Neuronen (Neurogenese) involviert sind. Gemäss Literatur würden Makrophagen und Mikroglia zwar die Bestandteile des zerstörten Myelins (also auch Eisen) aufnehmen, dann aber selbst degenerieren – wodurch wiederum oxidativer Stress entsteht, das Eisen erneut freigesetzt wird und die Mikroglia / Makrophagen ihre Arbeit nicht bewältigen können [3]. Die daran angrenzenden (nicht geschädigten) Bereiche weisen hingegen eine reduzierte Eisenkonzentration auf [7].

Im zentralen Nervensystem unterscheidet man verschiedene Bereiche: Die graue Substanz, die vor allem die Nervenzellkörper beinhaltet, sowie die weisse Substanz, die vornehmlich aus Leitungsbahnen / Nervenfasern besteht. Befinden sich erhöhte Eisenkonzentrationen in der grauen Substanz, ist auch insbesondere der oxidative Stress erhöht und damit auch der Grad der Neuro-Atrophy (das Schrumpfen der Neuronen) und der Neurodegeneration (das Sterben der Neuronen). Ist hingegen vor allem die weisse Substanz betroffen, wird dies mit einer erhöhten Krankheitsdauer assoziiert [7]. Eine erhöhte Eisenkonzentration in aktiven MS-Läsionen der weissen Substanz wird auf das Sterben der Myelin-produzierenden Oligodendrozyten zurückgeführt. Diese weisen bei MS-Patienten (aufgrund erhöhten Energiebedarfs) eine erhöhte Dichte an eisenhaltigen Mitochondrien auf, gegenüber Nicht-Erkrankten (siehe auch: Autoimmun – was ist das? | Life-SMS).

Im Allgemeinen befinden sich höhere Eisenkonzentrationen im Gehirn und niedrigere im Rückenmark. Bei progressiver MS wurden im Rückenmark keine Eisen-umrandeten Läsionen gefunden, im Hirn dagegen umso mehr im Motorkortex, der für die Kontrolle und Ausführung willkürlicher Bewegungen verantwortlich ist. Diffusere Eisenansammlungen finden sich bei progressiv MS-Erkrankten im läsionsfreien Rückenmarks-Gewebe – insbesondere in Axonen des Motortrakts des Lendenwirbelsäulenbereichs. Zudem scheint der Eisengehalt der Axone mit dem Behinderungsgrad assoziiert zu sein [7].

Eisengehalt als Biomarker

Die Analyse des Eisengehalts im Nervengewebe könnte also als Biomarker zur Bestimmung der Art und des Erkrankungsstatus herangezogen werden. Erkrankte mit keinen bis wenigen Eisenringläsionen im Hirn hätten tendenziell einen günstigeren Krankheitsverlauf als Erkrankte mit mehr Läsionen. Zudem würde ein gehäuftes Auftreten der Eisenringläsionen in der schubförmigen MS den Übergang zur progredienten Erkrankungsform anzeigen [9].

Eisenansammlungen in bzw. um funktionierenden Nerven scheinen die Folge eines erhöhten Energiebedarfs zu sein – der sich in einer erhöhten Mitochondrien-Dichte widerspiegelt (siehe auch: Autoimmun – was ist das? | Life-SMS). Dass die Eisenansammlungen um geschädigte Nerven herum zumindest ein Artefakt der Nervenschädigung sind, sieht man daran, dass sie prinzipiell auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen, wie z.B. Parkinson oder Alzheimer, vorliegen.

In einer Studie an MS-Erkrankten zeigte sich, dass Eisenringläsionen langsam expandieren können, nach mehreren Jahren aber zum Erliegen kommen und keine Remyelinisierung erkennbar ist. Demgegenüber würden remyelinisierte Läsionen (also Läsionen bei denen die Myelinscheiden der Nerven wieder hergestellt wurden)  keine bis geringe Mengen an Eisen aufweisen [3]. Wenn die Grösse der Eisenringe den Grad der Neurodegeneration anzeigt, dann ist es nicht verwunderlich, dass weniger Remyelinisierung bei grösseren Eisenringen erkennbar ist. Möglich wäre prinzipiell auch, dass das freigesetzte Eisen die Remyelinisierung behindert. Beispielsweise ist bekannt, dass Eisen das Sterben von Zellen fördern kann (“Ferroptose”), wenn gleichzeitig viele freie Radikale / reaktive Sauerstoff-Verbindungen vorhanden sind – und auch dann kommt es auf darauf an, in welchem Molekül (und in welcher Oxidationsstufe) sich das Eisen befindet. Generell wäre ein gesunder Lebensstil gerade im Hinblick auf einen gut funktionierenden Mitochondrien-Stoffwechsel sinnvoll – auch um das Ausmass einer möglichen Ferroptose zu minimieren.

Insgesamt wird seitens der Wissenschaft geraten auch bei MS einem Eisenmangel entgegenzuwirken, da dies neben Beschwerden wie Fatigue auch zu oxidativem Stress (in den Mitochondrien der Oligodendrozyten) führen und dadurch die Regeneration der nervenschützenden Myelinschicht minimieren kann [5].

Fazit

MS-Erkrankte haben tendenziell niedrigere Eisenwerte als Nicht-Erkrankte.

Eisenmangel (der via Blutdiagnostik festgestellt wird) äussert sich u.a. in Fatigue, Depression und kognitiven Einschränkungen. Dies kann die Lebensqualität zusätzlich einschränken und sollte daher vermieden werden. Zudem könnte sich der oxidative Stress in den Myelin-produzierenden Zellen erhöhen und die Regeneration der Myelinschicht reduzieren.

Untersuchungen des Gehirns zeigen in MRT-Aufnahmen ringförmige Ablagerungen mit Eisengehalt um Läsionen – insbesondere, wenn diese nicht wieder remyelinisieren. Die Eisenverteilung im Nervengewebe könnte zukünftig als Biomarker herangezogen werden, um die Art und Schwere der MS-Erkrankung zu ermitteln.

Auf der anderen Seite ist eine Überdosierung der Eisenzufuhr über Supplemente zwingend zu vermeiden, um insbesondere die Ferroptose und die Behinderung der Remyelinisierung auszuschließen. Betroffene sollten also mit Ihrer Ärztin oder ihrem Arzt die notwendigen Laboruntersuchung zur Bestimmung verschiedener Eisenwerte (vor allem Ferritin, Hämoglobin und Transferrin) absprechen und durchführen lassen, bevor mit einer möglichen Supplementierung einem Eisenmangel entgegengewirkt wird.

Wichtig: Da es für Eisen keine aktiven Ausscheidungsmechanismen in unserem Körper gibt, kann eine zu hohe Aufnahme nicht durch eine entsprechend höhere Ausscheidung kompensiert werden!  

ℹ️ Mehr zum Thema Eisen finden sie bei unserem Schwesterprojekt: Eisen – Die NährstoffAllianz

Referenzen

[1]          V. T. Cheli, J. Correale, P. M. Paez, and J. M. Pasquini, “Iron Metabolism in Oligodendrocytes and Astrocytes, Implications for Myelination and Remyelination,” ASN Neuro, vol. 12, p. 1759091420962681, 2020, doi: 10.1177/1759091420962681.

[2]          “(PDF) Electron Tunneling in Ferritin and Its Potential Influence on Myelin and Cardiomyocytes,” ResearchGate. Accessed: Oct. 10, 2025. [Online]. Available: https://www.researchgate.net/publication/379708755_Electron_Tunneling_in_Ferritin_and_Its_Potential_Influence_on_Myelin_and_Cardiomyocytes

[3]          L. Haider, “Inflammation, Iron, Energy Failure, and Oxidative Stress in the Pathogenesis of Multiple Sclerosis,” Oxid Med Cell Longev, vol. 2015, p. 725370, 2015, doi: 10.1155/2015/725370.

[4]          S. Patel, R. Thawani, T. G. Deloughery, V. Yadav, F. Hernandez-Ilizaliturri, and M. Sendowski, “Iron Deficiency Is Commonly Observed in Female Multiple Sclerosis (MS) Patients with Relapsed/Refractory or Primary Progressive Disease Referred for Biological Therapies,” Blood, vol. 140, pp. 11086–11087, Nov. 2022, doi: 10.1182/blood-2022-170573.

[5]          C. Tang et al., “Iron metabolism disorder and multiple sclerosis: a comprehensive analysis,” Front Immunol, vol. 15, p. 1376838, Mar. 2024, doi: 10.3389/fimmu.2024.1376838.

[6]          E. Hamdy, A. A. Galeel, I. Ramadan, D. Gaber, H. Mustafa, and J. Mekky, “Iron deposition in multiple sclerosis: overall load or distribution alteration?,” Eur Radiol Exp, vol. 6, no. 1, pp. 1–11, Dec. 2022, doi: 10.1186/s41747-022-00279-9.

[7]          M. Pisa et al., “Aberrant iron deposition in the multiple sclerosis spinal cord relates to neurodegeneration,” Oct. 27, 2024. doi: 10.1101/2024.10.25.619794.

[8]          “Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn,” Wikipedia. Jun. 26, 2025. Accessed: Oct. 10, 2025. [Online]. Link!

[9]          S. Hametner, “Über die Rolle von Eisen bei multipler Sklerose,” psychopraxis. neuropraxis, vol. 24, no. 2, pp. 106–109, Mar. 2021, doi: 10.1007/s00739-021-00707-2.


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Spirulina und MS: Entzündungswerte senken, Lebensqualität verbessern

Nahaufnahme von Spirulina in zwei Formen: links die blau-grünen, spiralförmigen Algen im Wasser, rechts Schale und Löffel mit Spirulinapulver sowie Tabletten auf einer Holzoberfläche.

Spirulina ist tatsächlich mehr als ein Hype: In einer aktuellen Studie zeigt sich, dass Spirulina die Entzündungswerte bei MS signifikant senken kann [2]. Für alle, die mit Multipler Sklerose leben oder sie behandeln, eröffnen sich dadurch zusätzliche Perspektiven. Wir haben uns die wissenschaftlichen Ergebnisse genauer angesehen, um zu verstehen: Wie stark wirkt Spirulina, welche Verbesserungen bei Lebensqualität sind möglich – und welche Chancen sich daraus ergeben könnten?

Info: Spirulina [1] ist ein cyanobakterieller Mikroorganismus, oft auch als “blau-grüne Alge” bezeichnet (es ist aber kein klassisches Algengewächs). Die üblicherweise verwendeten Arten, Arthrospira platensis und Arthrospira maxima, liefern eine dichte Nährstoffkombination aus Proteinen, Vitaminen, Mineralien und Pigmenten wie Phycocyanin. Spirulina wird weltweit kultiviert und als Pulver, Tablette oder Kapsel verkauft – doch Qualität und Reinheit spielen eine entscheidende Rolle, da Verunreinigungen durch Toxine oder Schwermetalle möglich sind.  

Design der Studie

Die Untersuchung war als randomisierte, placebokontrollierte und dreifach verblindete klinische Studie angelegt – ein besonders strenges wissenschaftliches Verfahren. Insgesamt nahmen 80 Patientinnen und Patienten mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose (RRMS) teil. Über einen Zeitraum von 12 Wochen erhielt die eine Gruppe täglich 1 g Spirulina, die andere ein Placebo. Weder die Teilnehmenden noch die behandelnden Ärzte oder die auswertenden Forscher wussten, wer Spirulina und wer Placebo bekam. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Ergebnisse möglichst objektiv und unbeeinflusst von Erwartungen ausfallen. [2]

Spirulina und Entzündungsmarker: IL-1β und IL-6 im Fokus

Interleukine wie IL-1β und IL-6gehören zu den Botenstoffen (Zytokinen), die entzündliche Prozesse im Körper regulieren. Sie werden etwa von Immunzellen freigesetzt, wenn das Immunsystem aktiviert ist – zum Beispiel bei Autoimmunreaktionen wie bei Multipler Sklerose. In der MS-Studie [2] sank IL-1β in der Spirulina-Gruppe um schätzungsweise –1,07 ± 0,14 gegenüber Placebo, und IL-6 um –2,66 ± 0,26 (beide p < 0,001). Diese deutliche Abnahme spricht dafür, dass Spirulina gezielt Entzündungsreaktionen dämpfen kann.

Einfluss von Spirulina auf Lebensqualität bei MS

Der MSQoL-54-Fragebogen erfasste unter anderem Körperfunktionen, Energielevel und körperliche Einschränkungen im Alltag. In der Spirulina-Gruppe zeigten sich signifikante Verbesserungen: „Energy“ verbesserte sich um –0,64 ± 0,15 (p < 0,001), „Physical function“ um –0,37 ± 0,11 (p < 0,001), „Role limitation-physical“ um –0,36 ± 0,16 (p = 0,030).  Das heißt konkret: Betroffene konnten in dieser Studie mehr Energie im Alltag berichten, körperliche Aufgaben etwas besser bewältigen und fühlten sich weniger durch körperliche Einschränkungen behindert.

Spirulina: Wirkung auf Körpermaße und Gewicht

In Bezug auf Gewicht und Körpermaße zeigte die Spirulina-Gruppe eine durchschnittliche Gewichtsabnahme von –2,85 ± 1,13 kg gegenüber Placebo (p = 0,015). Der Rückgang des BMI war mit –0,78 ± 0,41 zwar nur grenzwertig (p = 0,060), dennoch spricht die Tendenz Richtung positiver Veränderung. Änderungen im Taillenumfang oder im Verhältnis Taille/Hüfte blieben statistisch nicht signifikant. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Spirulina zumindest kurzfristig zu einer Gewichtsabnahme beitragen kann.

Weitere positive gesundheitliche Effekte von Spirulina

Zusätzlich zu den Effekten bei MS gibt es Hinweise auf weitere gesundheitliche Vorteile von Spirulina, die in anderen Studien beschrieben wurden. So werden antioxidative und zellschützende Wirkungen diskutiert, etwa im Gehirn, wo Spirulina oxidativen Stress und neuronale Schäden mindern kann [3]. In Studien zu Stoffwechsel, Herz-Kreislauf und Fettprofil wurde beobachtet, dass Spirulina bei Übergewichtigen und metabolischem Syndrom die Körperfettanteile, den Taillenumfang und den Cholesterinspiegel verbessern kann [4], [5]. Auch bei entzündlichen Darmerkrankungen (z. B. Colitis) zeigten Tiermodelle Schutzwirkungen durch Reduktion von TNF-α und IL-6 mit Spirulina-Extrakten [6].

Abschließend berichtet die Studie über keine schweren unerwünschten Nebenwirkungen. Spirulina wurde insgesamt gut vertragen.

Fazit

Die vorliegende Studie belegt, dass Spirulina tatsächlich Entzündungsmarker wie IL-1β und IL-6 signifikant senken kann – ein weiterer Hinweis darauf, dass wir mit natürlichen Mitteln das Immunsystem unterstützen können. Festgestellt wurden zudem greifbare Verbesserungen in der Lebensqualität: mehr Energie, weniger körperliche Einschränkungen, und sogar eine moderate Gewichtsabnahme. Doch all das sind keine Garantien – sie sind Chancen, die Betroffene aktiv ergreifen können. Durch die zusätzlichen potenziellen gesundheitlichen Vorteile der Einnahme von Spirulina erweitert sich das Spektrum der Chancen.

Gleichzeitig ist Spirulina nur ein Baustein unter vielen – und hier kommt Life-SMS | Lebensstilmaßnahmen bei MS ins Spiel. Auf unserer Plattform finden Sie eine Fülle an fundierten Informationen, praktischen Tipps und Methoden, wie Ernährung, Bewegung, Stressmanagement, Mikronährstoffe und andere Lebensstilfaktoren unseren Krankheitsverlauf beeinflussen können.

(siehe auch die Life-SMS-Mindmap!)

Referenzen:

[1] Nuhu, A. A. “Spirulina (Arthrospira): An Important Source of Nutritional and Medicinal Compounds.” Journal of Marine Biology, vol. 2013, Article ID 325636, 8 pages, 2013. https://doi.org/10.1155/2013/325636  

[2] Karimi, S. et al. “Effects of Spirulina (Arthrospira) platensis supplementation on inflammation, physical and mental quality of life, and anthropometric measures in patients with relapsing-remitting multiple sclerosis (RRMS): a triple-blinded, randomized, placebo-controlled trial.” PubMed / NCBI (2025).

[3] Trotta, T. et al. “Beneficial Effects of Spirulina Consumption on Brain Health.” PMC (2022). PMC

[4] DiNicolantonio, J. J. et al. “Effects of spirulina on weight loss and blood lipids: a review.” BMJ Open Heart 7, no.1 (2020). openheart.bmj.com

[5] Lak, M. et al. “Spirulina supplementation effectively reduces BW, BMI, and BFP …” Nutrition & Metabolism (2025). BioMed Central

[6] Morsy, M. A. et al. “Protective Effect of Spirulina platensis Extract against ulcerative colitis in rats.” MDPI Nutrients (2019). MDPI

Photo

Symbolbild, KI-generiert (ChatGPT/DALL·E, 2025)


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Entzündungshemmend Kochen: kein Buch mit sieben Siegeln

Ein Gastbeitrag von Markus und Ute

Ein Bild mit enzzündungshemmenden Nahrungsmitteln. Brokkoli, Blumenkohl, Gewürze, fetter Fisch, Ingwer,..

Life-SMS freut sich über informative und motivierende Gastbeiträge. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Kunst, beim Kochen möglichst entzündungshemmende Lebensmittel zu verwenden. Dies ist zwar kein Garant für schnelle Erfolge, aber ein wichtiger Baustein für die eigenverantwortliche, kontinuierliche Stabilisierung der Gesundheit.  

Die gute Nachricht ist: Eine entzündungshemmende Ernährung wirkt nicht nur bei MS, sondern bei allen modernen Zivilisationskrankheiten präventiv und mindestens lindernd. Nutzen Sie also diese Möglichkeit – es gibt nur Chancen!  

Gerade jetzt, nach der Sommerurlaubszeit, ist der richtige Moment, um sich mit frischer Energie auf das Wesentliche zu konzentrieren: die eigene Gesundheit. Mit einer klugen Auswahl von Lebensmitteln und gesunder Zubereitung sichern Sie sich Kraft, Stabilität und Zuversicht für die kommenden Monate.  

Ihr Team Life-SMS im September 2025

Kleingekocht und zurück zur Kraft.

Unser Kochbuch für entzündungshemmende Ernährung ist über einige Jahre entstanden. Wir, Ute und Markus, sind keine Ärztinnen oder Heilpraktiker. Wir haben sehr positive Erfahrungen mit einer entzündungshemmenden Ernährung gemacht und wollen diese gerne mit euch teilen. Unser Kochbuch mit seinen alltagstauglichen Rezepten begreifen wir als EINEN Baustein für ein entzündungsfreies Leben. Auf der Suche danach unbeschwert mit unseren Autoimmunkrankheiten Neurodermitis und Multiple Sklerose zu leben, sind diese Rezepte entstanden. Das schöne Leben haben wir mitunter auch unserer Ernährung zu verdanken. Schön Leben bedeutet für uns, dass die Haut frei ist von Neurodermitis, nichts mehr juckt bzw., dass sich im Rahmen der Multiplen Sklerose eine große Stabilität zeigt.

Eingeschränkt haben uns unsere Krankheiten. Jetzt schränken wir unsere Lebensmittel ein und haben dafür mehr Lebensqualität. Täglich zu kochen bzw. Essen für unterwegs vorzubereiten, ist unser Alltag, der zuweilen auch herausfordernd ist, der aber heute zu einer bereichernden Normalität geworden ist. Mit unserem Kochbuch wollen wir uns unseren Alltag erleichtern und vielleicht auch euren.

Auf unserem Weg haben wir viele Ärztinnen, Ärzte, Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen und Menschen auf der Suche nach Gesundheit kennengelernt, wir haben uns durch unterschiedliche Literatur gelesen – von wissenschaftlichen Artikeln bis hin zu Selbsthilfebüchern, wir haben uns mit Betroffenen ausgetauscht. Allerdings zählt nichts mehr als die eigenen Erfahrungen, die unser Denken beeinflusst haben.

In unserem Buch versuchen wir unsere Auseinandersetzung mit Ernährung kurz und einfach zusammenzufassen. Wir haben keinerlei Verbindungen zur Industrie oder zu anderen Gesellschaften. Angetrieben hat uns der einfache Wunsch, ohne Schmerzen und Entzündungen zu sein und in der Kraft zu bleiben.

Vielen Zivilisations- und Autoimmunkrankheiten gehen Entzündungen voraus. Daher kann eine entzündungshemmende Ernährung für jeden Menschen eine Bereicherung sein.

Auf dass unser Ansatz auch euch guttun möge und ihr Lust habt und die Kraft aufbringen könnt, diese Ernährungsweise auszuprobieren!

Unsere Erfahrungen und die damit verbundenen Ideen ersetzen nicht den Besuch bei oder die Begleitung der Erkrankung durch Ärztinnen oder Ärzten, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker oder andere heilende Berufe. In unserem Kochbuch erwarten dich viele schlichte und schmackhafte und vor allem entzündungshemmende Lieblingsrezepte, ein Wegweiser zur Darmgesundheit, zu Fetten, individuellen Verträglichkeiten und Lebensmitteln.

Auf unserer Website (www.kleingekocht.com ) findet ihr schon recht viele Informationen, worum es uns geht und auch ein paar erste Rezepte zum Testen.

Auf dass ihr Freude findet an der schlichten und frischen Zubereitung und euch täglich gute Kraft begleitet.

Viel Freude und einen guten Appetit!

Markus & Ute


Weiterführende Infos

Interessierte finden das Kochbuch von Markus & Ute hier: KOCHBUCH – Kleingekocht. Es erwarten Sie viele weitere Rezepte, vertiefende Informationen zu ihrem Wegweiser und eine tabellarische Zusammenstellung der Fettsäuren für einzelne Lebensmitteln.


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Die Choline – unverzichtbar, vor allem bei MS

von Kirsten

Das Bild zeigt Lebensmittel mit relativ hohem Cholingehalt: Fleisch, Geflügel, Fisch, Milchprodukten und Eiern - in pflanzlichen Lebensmitteln v.a. in Kohlgemüse, Bohnen, Nüssen, Samen und Vollkorngetreide
Lebensmittel mit vergleichbar hohem Gehalt an Cholinen

Cholin spielt eine zentrale Rolle in unserem Körper, denn es ist Ausgangsstoff für verschiedene Stoffwechselprodukte. Seinen Namen erhielt diese Substanz, als sie erstmals in der Galle entdeckt wurde (angelehnt an das griechische Wort für «Galle») [1] – was bereits den Hinweis gibt, dass diese Substanz in der Leber und dem Verdauungstrakt von Bedeutung ist. In der Leber verhindert sie z.B. die Einlagerung von Fett ins Gewebe.

Tatsächlich wird Cholin über die Nahrung (meist in Form von Phosphatidyl-Cholinen) aufgenommen, vom Darm resorbiert und in der Leber gespeichert [2]. Von dort wird es (ebenso wie andere Substanzen) über die Blutbahn in andere Regionen des Körpers transportiert. Die Leber kann zudem Cholin in Form von Phosphatidylcholinen (PCs) in kleineren Mengen auch selbst herstellen – eine ausreichende Versorgung mit (Phosphatidyl-)Cholin (PC) kann allerdings nur über eine genügende Aufnahme über die Nahrung erfolgen. Höhere Mengen finden sich v.a. in Fleisch, Geflügel, Fisch, Milchprodukten und Eiern – in pflanzlichen Lebensmitteln v.a. in Kohlgemüse, Bohnen, Nüssen, Samen und Vollkorngetreide [3].

Cholin ist essenziell für den Fettstoffwechsel, zur Bildung von Zellmembranstrukturen und es ist Ausgangsstoff für einen wichtigen Neurotransmitter, dem Acetyl-Cholin. Dieser wird von Nervenzellen gebildet. Er wird benötigt, um Nervenimpulse auf Muskeln zu übertragen (Muskelkontraktion) und ist zudem bei der Erhöhung bzw. Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit, sowie beim Lernen und dem Bilden von Erinnerungen (Gedächtnisbildung) von grosser Wichtigkeit.

Im Rahmen des Fettstoffwechsels unterstützt esden Transport von Fettsäuren und Cholesterin aus der Leber zu anderen Regionen des Körpers. Besteht ein Mangel an Cholin, kann dies eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung, Muskelschwund und Neurodegeneration zur Folge haben [4].

Als PC ist es strukturgebend in Zellmembranen, u.a. in der nervenschützenden Myelinschicht. Darüber hinaus sind sie aber auch an zellulären Prozessen beteiligt, wie z.B. bei der Regulierung von Entzündungen und der Zellkommunikation. Verfügen wir über ausreichend PC, hat dies positive Effekte auf das Gleichgewicht der Biolipide, die Zell-Regeneration sowie die Reduktion von Entzündungen [5].

Die Vertreter der Gruppe der PCs sing auch als Lecithine bekannt und gehören zur Klasse der Phospho-Lipide. Die verschiedenen PCs unterscheiden sich durch ihre Fettsäurereste. Insbesondere zeigen PCs, die u.a. aus Omega-3-Fettsäuren (wie z.B. den DHA (Docosahexaensäure) und EPA (Eicosapentaensäure) bestehen, eine erhöhte Membran-Fluidität – was Transportvorgänge und Enzymaktivitäten generell verbessert [6],[7].

Tiefergehende Artikel zu Omega-3-Fettsäuren finden sich hier: Omega-3 Fettsäuren | Life-SMS

Eine Vorstufe der PCs stellt CDP-Cholin dar, über das bereits vor einigen Jahren bei Life-SMS hier berichtet wurde.

CDP-Cholin ist ein essenzielles Zwischenprodukt bei der Synthese der PCs. In Deutschland ist es als Nahrungsergänzungsmittel verfügbar [8]. Hinsichtlich der Neurogeneration gibt es zu CDP-Cholin bereits einige Studien – vor allem an Tieren. Einige Erkenntnisse werden im Folgenden vorgestellt:

Die Gabe von CDP-Cholin in Tiermodellen führte zu einer erhöhten Vermehrung von Oligodendrozyten (also jenen Zellen, die die Myelinschicht bilden) – und somit zu einer erhöhten Remyelinisierung [5]. Auch zeigten sich verbesserte Lern- und Gedächtnisleistungen sowie ein verbesserter Mitochondrien-Stoffwechsel [9]. Zudem fiel die Grösse der Hirnläsionen nach Schlaganfällen generell kleiner aus, wenn direkt nach dem Schlaganfall für einige Zeit CDP-Cholin verabreicht wurde [10].

In klinischen Studien (also in Studien am Menschen) konnten positive Effekte bei kognitiven Störungen im Zusammenhang mit chronischen zerebralen Störungen bei älteren Menschen nachgewiesen werden [11]. Studien von CDP-Cholin bei MS fehlen bisher. Der Einsatz von CDP-Cholin erscheint nach derzeitigem Wissensstand laut wissenschaftlicher Literatur jedoch vielversprechend [5], [12], [13].

Fazit

Cholin ist essenziell für viele Körperfunktionen. Der Körper kann zwar kleine Mengen selbst herstellen. Eine ausreichende Versorgung kann allerdings nur über die Nahrung erfolgen.

Ein Mangel an Cholin sollte möglichst vermieden werden, denn es spielt eine zentrale Rolle bei der Übertragung von Nervensignalen auf die Muskulatur (in Form von Acetyl-Cholin). In Form von Phosphatidyl-Cholinen ist es ein wichtiger Bestandteil der nervenschützenden Myelinschicht.

Eine wichtige Vorstufe der Phosphatidyl-Choline ist CDP-Cholin. Dieses ist als Nahrungsergänzungsmittel zugänglich. In Tiermodellen zeigte es eine Verringerung von Nervenschädigungen, eine erhöhte Remyelinisierung sowie verbesserte Lern- und Gedächtnisleistung. Auch klinische Studien bestätigen eine Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten. Studien von CDP-Cholin-Gabe bei MS gibt es bisher keine, obwohl es ein vielversprechender Behandlungs-Ansatz wäre. Auf die Notwendigkeit solcher Studien wurde in den letzten Jahren bereits von wissenschaftlicher Seite hingewiesen.

Referenzen

[1]          “Choline,” Wikipedia. Jun. 03, 2025. Accessed: Jun. 07, 2025. [Online]. Available: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Choline&oldid=1293827393

[2]          “Office of Dietary Supplements – Choline.” Accessed: Jun. 07, 2025. [Online]. Available: https://ods.od.nih.gov/factsheets/Choline-HealthProfessional/

[3]          “Cholin,” Wikipedia. May 12, 2025. Accessed: Jun. 07, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Cholin&oldid=255951736

[4]          Y. Q. Goh, G. Cheam, and Y. Wang, “Understanding Choline Bioavailability and Utilization: First Step Toward Personalizing Choline Nutrition,” J. Agric. Food Chem., vol. 69, no. 37, pp. 10774–10789, Sep. 2021, doi: 10.1021/acs.jafc.1c03077.

[5]          V. Gudi, P. Grieb, R. A. Linker, and T. Skripuletz, “CDP-choline to promote remyelination in multiple sclerosis: the need for a clinical trial,” Neural Regeneration Research, vol. 18, no. 12, p. 2599, Dec. 2023, doi: 10.4103/1673-5374.373671.

[6]          Y. Zhang et al., “Correlations between omega-3 fatty acids and inflammatory/glial abnormalities: the involvement of the membrane and neurotransmitter dysfunction in schizophrenia,” Front. Cell. Neurosci., vol. 17, Oct. 2023, doi: 10.3389/fncel.2023.1163764.

[7]          “Membranfluidität.” Accessed: Jun. 07, 2025. [Online]. Available: https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/membranfluiditaet/42048

[8]          “CDP-Cholin,” Wikipedia. Jun. 06, 2025. Accessed: Jul. 06, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=CDP-Cholin&oldid=256753725

[9]          J. J. Secades and J. L. Lorenzo, “Citicoline: pharmacological and clinical review, 2006 update,” Methods Find Exp Clin Pharmacol, vol. 28 Suppl B, pp. 1–56, Sep. 2006.

[10]       O. Hurtado et al., “A chronic treatment with CDP-choline improves functional recovery and increases neuronal plasticity after experimental stroke,” Neurobiology of Disease, vol. 26, no. 1, pp. 105–111, Apr. 2007, doi: 10.1016/j.nbd.2006.12.005.

[11]       M. Fioravanti and M. Yanagi, “Cytidinediphosphocholine (CDP‐choline) for cognitive and behavioural disturbances associated with chronic cerebral disorders in the elderly,” Cochrane Database of Systematic Reviews, no. 2, 2005, doi: 10.1002/14651858.CD000269.pub3.

[12]       P. Grieb, M. Świątkiewicz, A. Kamińska, A. Jünemann, R. Rejdak, and K. Rejdak, “Citicoline: A Candidate for Adjunct Treatment of Multiple Sclerosis,” Pharmaceuticals, vol. 14, no. 4, Art. no. 4, Apr. 2021, doi: 10.3390/ph14040326.

[13]       P. Göttle et al., “An unmet clinical need: roads to remyelination in MS,” Neurol. Res. Pract., vol. 1, no. 1, Art. no. 1, Dec. 2019, doi: 10.1186/s42466-019-0026-0.

Bildnachweis

Symbolbild, erstellt mit KI (ChatGPT/DALL·E)


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Autoimmun – was ist das?

von Kirsten

Schematische Darstellung einer Nervenzelle mit Axon und Ravenier-Schnürringen

Ihnen ist im Zusammenhang mit MS sicherlich schon häufig der Begriff «Autoimmunerkrankung» begegnet. Die Definition, die man hierfür im Duden finden kann, beschreibt eine «Erkrankung, bei der das Immunsystem Antikörper gegen körpereigene Stoffe bildet» [1]. Dies wird hinsichtlich MS häufig als ein direkter Angriff von Immunzellen auf Nervenzellfortsätze und die Myelinschicht, die die Nervenzellfortsätze (Axone) umgibt, interpretiert [2].

Dabei konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden, ob die Nervenschäden die direkte Folge eines Immunzell-Angriffs sind. Oder ob die Immunzellen durch sterbende Nervenzellen erst aktiviert werden, um nach erfolgter Schädigung «aufzuräumen» [3]. Häufig ist im Zusammenhang mit dem Begriff «Autoimmunerkrankung» auch von «fehlgeleitetem Immunsystem» die Rede.

Bei intakten Axonen ermöglicht die Myelinschicht (die man sich vereinfacht dargestellt als eine Art Isolierung eines Kabels vorstellen kann) u.a. ein schnelles und energiesparendes Weiterleiten von elektrischen Signalen [4]. Bei einer Läsion hingegen ist das Myelin geschädigt. Das Axon ist nun nicht mehr so gut isoliert, hat einen erhöhten Energiebedarf – was sich u.a. in einer erhöhten Größe und Anzahl der energieproduzierenden Mitochondrien widerspiegelt [5].

Im Bereich der MS wird häufig an Tiermodellen versucht, mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Dies geschieht allerdings an einer anderen neuro-degenerativen (Modell)Erkrankung, denn man weiß bisher immer noch nicht wirklich, was die MS auslöst – und kann sie somit auch nicht gezielt in Versuchsreihen hervorrufen. Da man keine Gewebeproben des zentralen Nervensystems von lebenden Menschen untersuchen kann, erscheint es umso wertvoller, wenn man v.a. auf humane Gewebeproben von inzwischen verstorbenen MS-Erkrankter zurückgreifen kann – die eine entsprechende Verfügung zu  Lebzeiten geäussert hatten [6]. Aus eben solchen (und nun auch wirklich MS-bezogenen) Auffälligkeiten an menschlichen Axonen wurden kürzlich (u.a. mithilfe mikroskopischer Untersuchungen) folgende Entdeckungen gemacht:

  1. In der «normal» aussehenden (also der bisher nicht offensichtlich entzündeten bzw. degenerierten) weißen Hirnsubstanz MS-Erkrankter ist das Myelin mit Blasen/Schwellungen durchsetzt und somit weniger kompakt. Die Isolierung nach Aussen ist dadurch beeinträchtigt. Auch seien die Ranvierschen Schnürringe desorganisiert [7] – also jene myelinfreien Abschnitte, die in regelmäßigen Abständen die Myelinschicht unterbrechen und das «Springen» der Information von Schnürring zu Schnürring ermöglichen, was wiederum zu einer schnellen und energieeffizienten Informationsweiterleitung führt («saltatorische Erregungsleitung»).
  2. Diese Blasen/Schwellungen wiesen (neben erhöhtem Vorkommen an Glutamat-Rezeptoren) u.a. einen deutlich höheren Grad an Citrullinierung des basischen Myelin-Proteins bei MS-Erkrankten auf (gegenüber Nicht-Erkrankten) [8]. Das heißt, es hängt ein bestimmtes Strukturelement zusätzlich an diesem Myelin-Protein – was wiederum einen wichtigen Erkennungsfaktor für das Immunsystem darstellt, das daraufhin bestimmte Abwehr-Prozesse einleitet.
  3. Überdies hinaus fand man in diesem zunächst scheinbar normalen Gewebe auch T-Lymphozyten (oder T-Zellen genannt), die auf eine Entzündung schließen lassen – sowie eine erhöhte Dichte an Mitochondrien, denn die Kommunikation zwischen den Nervenzellen mit strukturell veränderter Myelinschicht erfordert mehr Energie als bei gesunden Menschen. Mitochondrien erzeugen zwar lebenswichtige Energie – aber eben auch Nebenprodukte, die wiederum den Myelinabbau verstärken können [7]. Sie produzieren z.B. Citrullin – was wiederum vermehrt zur Verfügung steht und ins Myelin eingebaut werden kann und somit eine verstärkte Immunantwort zur Folge haben könnte. T-Zellen haben generell die Aufgabe, die Membranzusammensetzung der Körperzellen auf krankhafte Veränderungen zu überwachen [9]. Werden fremdartige bzw. veränderte Substanzen (wie z.B. citrullinierte Proteine) registriert, werden die T-Zellen aktiviert und es kommt zu Entzündungsprozessen.
  4. Die Myelin-bildenden Oligodendrozyten sind maßgeblich an der Energieversorgung der Nerven beteiligt. Denn abgesehen von diesen sind die Nervenfasern durch die Myelinschicht weitestgehend vom Zustrom energiespendender Substanzen isoliert. Die Oligodendrozyten versorgen die Nerven mit aus Glucose gewonnener Milchsäure, die innerhalb der Nervenzelle in den Mitochondrien weitermetabolisiert wird [10]. Bei Entzündungen werden die Oligodendrozyten in Mitleidenschaft gezogen und können die Nerven nicht ausreichend mit Energie versorgen. Hierdurch kann es zur Neurodegeneration kommen – was v.a. solche Nerven betrifft, deren Fortsätze noch eine relativ gute Myelin-Isolierung besitzen [11].

Was man diesen Erkenntnissen entnehmen kann, ist Folgendes:

  • Es scheint einen oder mehrere Auslöser zu geben, der oder die eine Immunreaktion hervorrufen. Die Immunreaktion scheint also nicht an erster Stelle der Krankheitskette zu stehen. Vielmehr scheint ein ungenügend guter Aufbau der Myelinscheide bzw. der Einbau bestimmter Strukturelemente in die Myelinschicht der Grund für die Immunreaktion zu sein – der wiederum die Folge eines Stoffwechselproblems darstellen könnte.
  • Es scheint nicht unbedingt eine «überschießende» Reaktion des Immunsystems bzw. ein «fehlgeleitetes» Immunsystem zu sein, denn es hat doch seine Aufgabe erfüllt. Strukturelemente, die nicht unbedingt in die Myelinschicht gehören, wurden erkannt und daraufhin entsprechende Reaktionen eingeleitet.
  • Eine Immunreaktion scheint es in der «normal» aussehenden weissen Hirnsubstanz gegeben zu haben, denn T-Zellen wurden dort nachgewiesen. Diese Immunreaktion führte aber nicht direkt zu einer Neurodegeneration. Also führt auch nicht jeder Entzündungsprozess (jede Immunreaktion) automatisch zur Neurodegeneration.
  • Die Neurodegeneration scheint vielmehr eine indirekte Folge größerer Entzündung zu sein, da sie die Funktionsfähigkeit der Oligodendrozyten beeinträchtigt. Können diese die Nerven nicht ausreichend mit Energie versorgen, kann es zur Neurodegeneration kommen.
  • Würde man einen fehlerhaften Aufbau der Myelinscheide (bzw. die Citrullinierung) vermeiden können, dann würde es vermutlich kaum zu Immunreaktionen und somit Neurodegeneration kommen.

Doch wie lässt sich der Citrullinierungsgrad des basischen Myelinproteins verringern? Die Citrullinierung wird von Calcium-abhängigen Enzymen durchgeführt. Gibt es eine hohe Calcium-Konzentration im Zytosol, dann werden vermehrt solche Enzyme gebildet – und tendenziell mehr Citrullinierungen durchgeführt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn es eine Störung im mitochondrialen Calcium-Haushalt gibt. Um die Integrität der Mitochondrien möglichst zu bewahren, sollten folgende Maßnahmen in Betracht gezogen werden:

  • Stress reduzieren
  • Sich nach Möglichkeit regelmäßig und genügend bewegen
  • Auf genügend Zufuhr von Vitaminen / Nährstoffen achten:
    • Vitamin C
    • Vitamin D
    • B-Vitamine
    • Zink
    • Kupfer
    • Eisen
    • Taurin
    • Selen
    • Coenzym Q10
    • R-Alphaliponsäure
    • Omega-3-Fettsäuren (maritime)
    • L-Carnitin
    • Dabei Überdosierungen insbesondere bei Spurenmetallen wie Kupfer oder Selen unbedingt vermeiden.
Zu wichtigen Nährstoffen gibt es umfassende Dokumentationen bei unserem Schwesterprojekt:
Die gesundheitliche Bedeutung von Nährstoffen – Die NährstoffAllianz  

Fazit

Die Ursache der MS-Erkrankung scheint auf Stoffwechselstörungen zu beruhen, die eine Immunantwort nach sich zieht. Diese Immunantwort führt aber nicht unweigerlich zur Neurodegeneration. Sie kann in einigen Fällen aber indirekt dazu führen, dass Nervenzellen nicht genügend mit Energie versorgt werden und folglich degenerieren.

Um die mitochondriale Integrität nach Möglichkeit zu bewahren und damit Störungen im mitochondrialen Stoffwechsel zu minimieren, sollte man folgende Maßnahmen in Betracht ziehen: Stressreduktion, körperliche Bewegung sowie genügend Zufuhr von Vitaminen und wichtigen Nährstoffen. Um Mangelerscheinungen auf den Grund zu gehen, empfiehlt sich eine Nährstoffanalyse im Blut oder Serum von einem Fachlabor durchführen zu lassen.

Referenzen

[1] “Autoimmunerkrankung ▶ Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft ▶ Duden.” Accessed: Jun. 13, 2025. [Online]. Available: https://www.duden.de/rechtschreibung/Autoimmunerkrankung

[2] “Multiple Sklerose,” Wikipedia. Jun. 10, 2025. Accessed: Jun. 13, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Multiple_Sklerose&oldid=256884170

[3] “Erfolgreiche Forschung zu Multipler Sklerose,” Erfolgreiche Forschung zu Multipler Sklerose. Accessed: Jun. 13, 2025. [Online]. Available: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/newsroom/erfolgreiche-forschung-zu-multipler-sklerose/

[4] “Axon,” Wikipedia. Feb. 03, 2025. Accessed: Jun. 13, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Axon&oldid=252945482

[5] W. Oost et al., “Pathological ultrastructural alterations of myelinated axons in normal appearing white matter in progressive multiple sclerosis,” Acta Neuropathol Commun, vol. 11, no. 1, p. 100, Jun. 2023, doi: 10.1186/s40478-023-01598-7.

[6] N. B. Bank, “Netherlands Brain Bank | Home,” Netherlands Brain Bank. Accessed: Jun. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.brainbank.nl/

[7] “Multiple Sklerose: Ultrastrukturelle Veränderungen im Gehirngewebe befördern Entzündungsprozesse.” Accessed: Jun. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.mpinat.mpg.de/4455854/pr_2306

[8] A. Luchicchi et al., “Micro-diffusely abnormal white matter: An early multiple sclerosis lesion phase with intensified myelin blistering,” Annals of Clinical and Translational Neurology, vol. 11, no. 4, pp. 973–988, 2024, doi: 10.1002/acn3.52015.

[9] “T-Lymphozyt,” Wikipedia. Jul. 11, 2024. Accessed: Jun. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=T-Lymphozyt&oldid=246652221

[10] “Neu entdeckte Funktion von Oligodendrozyten im zentralen Nervensystem.” Accessed: Jun. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.mpg.de/7875277/mpiem_jb_2013?c=7291695

[11] E. Schäffner et al., “Myelin insulation as a risk factor for axonal degeneration in autoimmune demyelinating disease,” Nat Neurosci, vol. 26, no. 7, pp. 1218–1228, Jul. 2023, doi: 10.1038/s41593-023-01366-9.

Bildquelle:

Mauro Lanari at Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons


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Komorbiditäten bei MS: Warum Begleiterkrankungen den Krankheitsverlauf verschärfen können

Komorbidität ist ein Begriff, der in der MS-Behandlung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Denn Begleiterkrankungen wie Depression, Bluthochdruck oder Diabetes wirken sich nicht nur auf das allgemeine Wohlbefinden aus – sie können auch die Aktivität der Multiplen Sklerose verstärken. Eine aktuelle Auswertung von 17 Phase-3-Studien mit über 16.000 MS-Patienten, veröffentlicht im Fachjournal JAMA Neurology [1], zeigt: Je höher die Zahl der Komorbiditäten, desto größer das Risiko für Rückfälle, neue Läsionen und eine schnellere Verschlechterung. In diesem Artikel möchten wir diesen Zusammenhang verständlich beleuchten – und überlegen, was das für uns als Patienten, Behandelnde und Betroffene bedeutet.

Höhere Komorbidität verschärft Krankheitsaktivität bei MS

Je mehr Komorbiditäten vorliegen, desto aktiver zeigt sich die Multiple Sklerose – das ist das zentrale Ergebnis der groß angelegten Metaanalyse mit insgesamt 16.794 MS-Betroffenen. Die Auswertung ergab, dass Personen mit drei oder mehr Komorbiditäten ein um 14 % erhöhtes Risiko für sogenannte Krankheitsaktivität (EDA) aufwiesen – also für Rückfälle, neue MRT-Läsionen oder zunehmende Behinderung – im Vergleich zu Personen ohne Begleiterkrankungen. Auch bei zwei Komorbiditäten zeigte sich bereits ein erhöhtes Risiko. Damit wird klar: Komorbiditäten sind nicht nur Begleiterscheinungen, sondern ein aktiver Einflussfaktor auf den Krankheitsverlauf.

Psychische Komorbiditäten beeinflussen Rückfallrate und Behinderungsprogression

Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen sind bei MS-Betroffenen weit verbreitet – und sie haben nachweislich Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf. Die Studie zeigt: Allein das Vorliegen einer Depression erhöht das Risiko für Rückfälle um 21 % und für eine fortschreitende Behinderung um 29 %. Wer zwei oder mehr psychiatrische Diagnosen hatte, erlebte noch deutlichere Verschlechterungen. Besonders Depression und Angst zeigten einen klaren Zusammenhang mit Krankheitsaktivität – auch dann, wenn andere Faktoren wie Alter oder Medikamenteneinnahme berücksichtigt wurden. Das verdeutlicht, wie wichtig die gezielte psychische Mitbetreuung bei MS ist.

Körperliche Komorbiditäten: Herz, Gefäße, Lunge – unterschätzte Risiken bei MS

Neben psychischen Erkrankungen spielen auch körperliche Komorbiditäten eine erhebliche Rolle bei MS. Vor allem kardiometabolische Erkrankungen – also Bluthochdruck, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Leiden – zeigten in der Studie eine deutliche Verbindung zu schlechteren klinischen Verläufen. Wer zwei oder mehr dieser Erkrankungen hatte, wies ein um 34 % erhöhtes Risiko für Behinderungsprogression auf. Ischämische Herzkrankheiten und zerebrovaskuläre Störungen (gestörte Durchblutung des Gehirns) waren besonders stark mit Krankheitsaktivität assoziiert. Auch chronische Lungenerkrankungen erhöhten das Risiko für Rückfälle und Behinderungen. Damit rückt die Prävention und Behandlung dieser Erkrankungen in den Blickpunkt der MS-Behandlung.

Fazit: Komorbiditäten ernst nehmen – Lebensstil aktiv verändern

Die wissenschaftlichen Daten sprechen eine klare Sprache: Komorbiditäten sind kein Nebenschauplatz, sondern ein entscheidender Faktor für den Verlauf der Multiplen Sklerose. Ob Herz-Kreislauf-Erkrankung, Depression oder chronische Entzündung – jede zusätzliche Belastung erhöht das Risiko für Rückfälle und eine schnellere Verschlechterung. Die gute Nachricht: Viele dieser Begleiterkrankungen lassen sich durch gezielte Lebensstilveränderungen positiv beeinflussen. Genau hier liegt Ihre Chance.

Nehmen Sie Ihre Gesundheit aktiv in die Hand. Setzen Sie jetzt konkrete Lebensstiländerungen um – etwa durch regelmäßige Bewegung, eine entzündungshemmende Ernährung, bewusste Stressreduktion und die Förderung Ihrer psychischen Widerstandskraft. Auf https://lifesms.blog finden Sie fundierte Informationen, praktische Tipps und motivierende Impulse, die Sie dabei unterstützen. Jeder kleine Schritt zählt – und er lohnt sich. Beginnen Sie heute.

Eine Mind-Map, die Einflussfaktoren und Ansätze in Hinblick auf Lebensstiländerungen übersichtlich zusammenfasst, finden Sie hier: Die Life-SMS Methodik – MindMap

Quelle:

[1] Salter A, Lancia S, Kowalec K, Fitzgerald KC, Marrie RA. Comorbidity and Disease Activity in Multiple Sclerosis. JAMA Neurol. 2024 Sep 18;81(11):1170–7. doi: 10.1001/jamaneurol.2024.2920. Epub ahead of print. PMID: 39291661; PMCID: PMC11411448.

[frei verfügbar]

Grafik:

Erstellt mit Unterstützung durch KI auf Basis von Studiendaten (JAMA Neurology, 2024).


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Alpha-Liponsäure gehört in den Werkzeugkasten für Menschen mit MS!

Die höchsten natürlichen ALA-Gehalte finden sich in tierischen Organen, insbesondere Leber, Herz und Niere – wegen ihres hohen Mitochondrienanteils.

Pflanzliche Lebensmittel enthalten deutlich weniger Alpha-Liponsäure, meist nur in Spuren.

Für therapeutische Effekte (z. B. 300–600 mg täglich) ist die Zufuhr über Nahrung nicht ausreichend – hier ist eine gezielte Supplementierung notwendig
Natürliche Lebensmittel mit vergleichsweise hohen Alpha-Liponsäure-Anteilen

Über die möglichen positiven Wirkungen der Alpha-Liponsäure (LA oder ALA) bei der eigenverantwortlichen Behandlung der Multiplen Sklerose haben wir schon häufiger und früh berichtet. Z.B. in:

Update: Oxidativer Stress bei MS und die Wirkung von Alpha-Liponsäure

Zusammenfassende Erkenntnisse

Hinzu kommt ein systematischer Review aus dem Jahr 2022 [1], der die Rolle der Alpha-Liponsäure (engl. Lipoic Acid, LA) bei Multipler Sklerose breiter angelegt untersuchte. Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war es, einen umfassenden Überblick über In-vitro- und In-vivo-Studien zu geben, die die Pharmakokinetik, die Wirksamkeit, die Sicherheit und den Mechanismus von LA in MS-bezogenen Experimenten und klinischen Studien beschreiben. Durch die Suche in fünf Datenbanken, darunter PubMed, Web of Science, Embase, Scopus und Cochrane Library, wurden insgesamt 516 Datensätze ermittelt. Insgesamt wurden 20 Studien über die Wirkung von LA in Zell- und Mausmodellen von MS und 12 klinische Studien über die Wirkung von LA bei Patienten mit MS berücksichtigt.

Was ist Alpha-Liponsäure überhaupt?

Alpha-Liponsäure ist eine körpereigene Substanz, die in kleinen Mengen auch in Lebensmitteln vorkommt. Die höchsten natürlichen LA-Gehalte finden sich in tierischen Organen, insbesondere Leber, Herz und Niere – wegen ihres hohen Mitochondrienanteils (1-3 mg/100 g). In Spinat und Brokkoli findet man auch noch zwischen 0,1 und 0,2 mg/100g. Bekannt ist LA vor allem als starkes Antioxidans – sie hilft also dabei, schädliche freie Radikale im Körper zu neutralisieren. Gleichzeitig beeinflusst sie das Immunsystem – und genau das macht sie für MS interessant.

Was hat die Analyse der Studien ergeben?

Die Ergebnisse bestärken unsere früheren Einschätzungen.

Präklinische Studien:

  • LA zeigte in Zellkultur- und Mausmodellen klare entzündungshemmende Wirkungen, u.a. durch Hemmung der T-Zell-Aktivierung und Reduktion von Zytokinen wie TNF-α und IL-17.
  • In Tiermodellen reduzierte LA die Infiltration von Immunzellen in das ZNS und verbesserte neurologische Symptome.

Klinische Studien:

  • Bei Patienten mit MS stabilisierte LA die EDSS-Werte (Expanded Disability Status Scale) und verbesserte in einigen Studien das Gangbild.
  • Eine Reduktion des Hirnvolumenverlusts um 68  % bei SPMS-Patienten über 2 Jahre wurde beobachtet.
  • Die Verträglichkeit war gut: Gastrointestinale Nebenwirkungen traten bei höheren Dosen häufiger auf, aber schwerwiegende Nebenwirkungen waren selten.

Summa summarum:

  • Weniger Entzündung: LA bremst die Aktivität bestimmter Immunzellen, die bei MS das Nervensystem angreifen. Auch entzündungsfördernde Botenstoffe wie TNF-α oder Interleukin-17 werden durch LA reduziert.
  • Weniger oxidative Schäden: MS geht mit erhöhtem oxidativem Stress einher – also mit Zellschäden durch freie Radikale. LA wirkt dem entgegen und schützt das Gewebe.
  • Schutz für die Nerven: LA stabilisiert die Blut-Hirn-Schranke und schützt somit Nervenzellen besser vor Angriffen.

Diskussion :

Ein zentraler Aspekt der Diskussion in der Studie betrifft die potenziellen Konsequenzen der Einnahme von Alpha-Liponsäure (LA) für die Behandlung der Multiplen Sklerose sowie die daraus ableitbaren Erkenntnisse für Betroffene. Besonders hervorgehoben wird die doppelte Wirkweise von LA, die sowohl antioxidative als auch entzündungshemmende Mechanismen umfasst. So konnte gezeigt werden, dass LA oxidativen Stress reduziert, indem es das Nrf2-System aktiviert – ein zellulärer Signalweg, der antioxidative Enzyme wie Superoxiddismutase (SOD) und Glutathion steuert. Parallel dazu entfaltet LA eine immunmodulatorische Wirkung, etwa durch die Hemmung von Entzündungsmarkern wie MMP-9 und NF-κB sowie von proinflammatorischen Zytokinen wie TNF-α und IL-17.

Darüber hinaus schützt LA die Integrität der Blut-Hirn-Schranke, was für den Krankheitsverlauf von MS von entscheidender Bedeutung ist. Diese Schutzwirkung basiert darauf, dass LA die Migration von Immunzellen in das zentrale Nervensystem hemmt – ein Prozess, der ansonsten entzündliche Schübe begünstigen kann.

Beachtenswert sind zudem die Erkenntnisse zur Sicherheit und Langzeitverträglichkeit. Die Datenlage aus klinischen Studien über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren deutet darauf hin, dass eine tägliche orale Einnahme von 1200 mg LA unbedenklich ist. Insbesondere die R-Alpha-Liponsäure zeigte in den Untersuchungen eine gute Bioverfügbarkeit und wurde von den Patienten gut vertragen.

Unser Fazit:

Die Autoren belegen, dass LA aufgrund seiner multifunktionalen Eigenschaften ein vielversprechender Kandidat für die MS-Therapie ist. Die Kombination von antioxidativen und immunmodulatorischen Effekten ermöglicht es LA, sowohl die Entzündungsprozesse als auch den oxidativen Stress, die beide zentral in der MS-Pathogenese sind, zu adressieren. Daraus ergibt sich, dass Alpha-Liponsäure als Basiswerkzeug in die Toolbox für die eigenverantwortliche MS-Langzeitbehandlung gehört.

Dosierung:

Auch wenn die Einnahme von 1200 mg LA/Tag unbedenklich ist, erscheint es uns mit Blick auf mögliche gastrointestinale Nebenwirkungen (z. B. Übelkeit) sinnvoll, mit einer niedrigeren Dosis zu starten (z.B. 2 * 300 mg/Tag). Im Zweifel ist immer die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt zu befragen. Achten Sie immer darauf, dass Sie R-Alpha-Liponsäure und kein Racemat einnehmen (siehe folgende Info)!


Die R-Form der Alpha-Liponsäure ist die natürlich vorkommende und körpereigene Form, die vom menschlichen Stoffwechsel verwendet wird. Sie ist biologisch aktiver, da sie:

  • als Cofaktor in Enzymkomplexen im Energiestoffwechsel (z. B. in den Mitochondrien) dient,
  • besser vom Darm aufgenommen wird,
  • schneller und stärker im Blut verfügbar ist.

S-LA ist synthetisch und weniger wirksam

Die S-Form entsteht nur bei der chemischen Herstellung (z. B. in Nahrungsergänzungsmitteln). Sie:

  • zeigt weniger Wirkung im Körper,
  • kann sogar mit der R-Form konkurrieren und deren Wirkung abschwächen,
  • wird langsamer verstoffwechselt.

Racemat (R/S-LA) ist zwar ein übliches Präparat – aber suboptimal

Viele Nahrungsergänzungsmittel enthalten ein Racemat, also eine 50:50-Mischung aus R- und S-Enantiomer, da es einfacher und günstiger herzustellen ist.
In Studien wurde jedoch gezeigt:

R-LA allein hat eine bessere Bioverfügbarkeit und wird von Patienten besser vertragen – insbesondere bei höheren Dosen.


Referenz:

[1] Xie H, Yang X, Cao Y, Long X, Shang H, Jia Z. Role of lipoic acid in multiple sclerosis. CNS Neurosci Ther. 2022 Mar;28(3):319-331. doi: 10.1111/cns.13793. Epub 2021 Dec 28. PMID: 34964271; PMCID: PMC8841304. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/cns.13793

Bildnachweis:

Lebensmittel mit natürlichem Gehalt an Alpha-Liponsäure – insbesondere Rinderleber, Spinat und Brokkoli.
Bild generiert mit KI (DALL·E, OpenAI)


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Life-SMS und sonst so: MS ist keine Erbkrankheit

An dieser Stelle weisen wir auf aktuelle Beiträge aus dem Netz hin, die einen engen Bezug zu unserem Kernthema lebensstil-orientierte und eigenverantwortliche Behandlung der MS haben. Die dort wiedergegebenen Meinungen dienen als Anregung zur kritischen Auseinandersetzung. Sie entsprechen – außer bei Beiträgen von anderen Projekten der DSGiP – nicht zwingend den von uns vertretenen Positionen, sind aber in allen Fällen eine Bereicherung der Diskussionsgrundlage. Am Ende erwähnen wir zudem aktuelle möglichst frei verfügbare Studien, die unseren Ansatz untermauern – 

Machen Sie sich selbst ein Bild!

Multiple Sklerose (MS) ist keine Erbkrankheit [deutscherpresseindex.de; 15.4.2025]

Multiple Sklerose (MS) ist keine Erbkrankheit [deutscherpresseindex.de; 15.4.2025]
AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V., möchte anlässlich des Welt-DNA-Tages am 25.04. darauf hinweisen, dass MS keine Erbkrankheit im klassischen Sinn ist, aber dass es für MS eine gewisse genetische Veranlagung gibt, die das Risiko eine MS zu entwickeln in Kombination mit Umweltfaktoren erhöht.

MS: Schützt Fisch vor schweren Verläufen? [netdoktor.de; 12.3.2025]

Menschen, die an Multipler Sklerose (MS) leiden, sollten häufig Fisch essen. Eine schwedische Studie liefert Hinweise, dass damit das Risiko für schwere Verläufe sinkt.

Wie fokussierter Ultraschall bei Tremor und Epilepsie helfen kann [onlymyhealth.com; 14.2.2025]

Entdecken Sie, wie MR-gesteuerter fokussierter Ultraschall eine revolutionäre, nicht-invasive Behandlung von Tremor und Epilepsie bietet, die Symptome ohne Operation oder Implantate lindern kann (englischer Artikel).

Rauchende Eltern erhöhen das MS-Risiko genetisch vorbelasteter Kinder – das zeigen aktuelle Daten aus den Niederlanden [deutsch.medscape.com; 23.12.2024]

Eltern, die in Gegenwart ihrer Kinder rauchen, erhöhen deren Risiko, im späteren Leben an Multipler Sklerose (MS) zu erkranken, wenn sie aufgrund ihrer Gene eine erhöhte Anfälligkeit für die Krankheit haben.

Vitamin-D-Mangel: Diese Symptome können bei Frauen auftreten [augsburger-allgemeine.de; 4.12.2024]

Vitamin D ist wichtig für die Knochen, das ist mittlerweile bekannt, ist aber bei Weitem nicht die einzige Funktion im Körper. Gibt es Mangel-Symptome, unter denen Frauen häufiger leiden?

Studien

Thouvenot E, Laplaud D, Lebrun-Frenay C, Derache N, Le Page E, Maillart E, Froment-Tilikete C, Castelnovo G, Casez O, Coustans M, Guennoc AM, Heinzlef O, Magy L, Nifle C, Ayrignac X, Fromont A, Gaillard N, Caucheteux N, Patry I, De Sèze J, Deschamps R, Clavelou P, Biotti D, Edan G, Camu W, Agherbi H, Renard D, Demattei C, Fabbro-Peray P, Mura T, Rival M; D-Lay MS Investigators. High-Dose Vitamin D in Clinically Isolated Syndrome Typical of Multiple Sclerosis: The D-Lay MS Randomized Clinical Trial. JAMA. 2025 Apr 22;333(16):1413-1422. doi: 10.1001/jama.2025.1604. PMID: 40063041; PMCID: PMC11894546.
https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2831270

Foto:

Foto von Sangharsh Lohakare auf Unsplash


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Knochengesundheit bei MS: Kernthema Osteoporose

von Kirsten

Infografik „Knochengesundheit bei MS“ mit vier Bereichen: Bewegung, Mikronährstoffe, Vermeidung ungesunder Mittel und Stressreduktion – jeweils mit Symbolen und Stichpunkten zur Vorbeugung von Osteoporose.

Da hat man schon eine nervige Erkrankung! Und dann gesellen sich im Laufe der Zeit auch noch Knochenstoffwechselstörungen wie Osteoporose dazu. Muss es denn so weit kommen?

Gemäss Fachliteratur haben MS-Erkrankte ein bis zu 10-fach (!) erhöhtes Osteoporose-Risiko gegenüber nicht Erkrankten [1]. Auch Knochenbrüche sind gemäss Studienlage bei MS-Erkrankten häufiger vorzufinden. So bestehe beispielsweise ein 3-fach erhöhtes Risiko, eine Hüftfraktur zu erleiden, im Vergleich zu nicht Erkrankten [1].

Aber wieso wird der Knochenstoffwechsel gestört? Wieso werden die Knochen weich (Osteomalazie), porös (Osteoporose) bzw. brüchig, wenn man doch eigentlich eine Nervenerkrankung hat? Und ist Osteoporose nicht eigentlich eine Alterserscheinung?

Die Osteoporose z.B. wird (anders als die «primäre» altersbedingte Osteoporose) bei MS-Erkrankten als «sekundäre» Osteoporose beschrieben (also als «Folge» der MS-Erkrankung). Sie wird allerdings nicht primär auf geschädigte Nerven, sondern vielmehr auf verschiedene Lebensumstände zurückgeführt, die den Knochenabbau fördern.

Das Bild zeigt Entwicklungsstadien einer Osteoporose (Knochendichteveränderungen) bei einem Wirbelkörper
Entwicklungsstadien einer Osteoporose (Knochendichteveränderungen) bei einem Wirbelkörper

Körperliche Bewegung

Bewegungsmangel gilt im Allgemeinen als eine potenzielle Ursache der MS-begleitenden Osteoporose. Denn der Reiz, der das Knochenwachstum fördert, wird von der Muskulatur gegeben. Bewegt man sich nicht ausreichend, wird dieser Reiz nicht genügend erzeugt und das Gleichgewicht aus Knochenab- und Knochenaufbau verschiebt sich zu Ungunsten der Knochengesundheit. Die Elastizität der Knochen wird gemindert, so dass diese schneller unter Belastung brechen.

Für alle MS-Erkrankten, die körperlich nicht bzw. kaum eingeschränkt sind, wäre daher regelmässige Bewegung anzuraten. Das fängt schon an mit Spaziergängen, Feldenkrais, Yoga, Beckenboden-Training, Wassergymnastik, sportlicher Betätigung bis hin zum Ausdauertraining oder gezielten Muskelaufbau. Auch Koordinationstraining auf Balance-Boards oder speziellen Balance-Kissen (sofern Ihre Koordinationsfähigkeiten nicht allzu stark gemindert sind) unterstützt den Erhalt der Knochengesundheit. Im Alltag kann auch der Einsatz von Hilfsmitteln (wie z.B. Balance-Kissen auf dem Stuhl beim Sitzen) helfen, dem Knochenabbau etwas entgegenzuwirken.

Für Erkrankte, die körperlich stärker eingeschränkt sind, sind Physiotherapeuten bzw. Sportwissenschaftler im therapeutischen Bereich eine gute Anlaufstelle. Unterstützenden Muskelaufbau könnten Sie auch mit EMS-Training (EMS=Elektromyostimulation) in Absprache mit Ihrem Therapeuten erreichen. Wenn genügend Muskulatur vorhanden ist und Sie keine künstlichen Gelenke haben bzw. an Gelenkproblemen wie Arthrose leiden, könnte (in Absprache mit Ihrem Therapeuten) womöglich Vibrationstraining in Betracht gezogen werden [2], [3]. Für Rollstuhlfahrer gibt es inzwischen sogar spezielle Vibrationsvorrichtungen – wenn auch leider zu bisher nicht überschaubaren Preisen [4], [5]. Für Privatpersonen wäre eine solche Trainingsplatte wohl sehr kostenintensiv. Aber manche Therapeuten bieten Vibrationstraining an, so dass diese hierfür eine mögliche Anlaufstelle wären. Insgesamt gilt: Halten Sie sich bitte an die Anweisung Ihres behandelnden Therapeuten und an die Herstellervorschriften.

Mehr zum Thema:  Vibrationstraining verbessert den Behinderungsgrad bei Multipler Sklerose: Ergebnisse einer Pilotstudie  

Des Weiteren könnte regelmässige Hippotherapie durchgeführt werden. Hierbei erfolgt eine Bewegungsübertragung des sich bewegenden (und speziell dafür ausgebildeten) Pferdes auf den darauf sitzenden Patienten – wodurch letztendlich die Muskulatur des Patienten trainiert wird. Bitte wenden Sie sich an Ihre Krankenkasse, ob diese die Kosten einer solchen Therapie übernimmt.

Seit etwa 20 Jahren wird in den USA u.a. Magnetfeldtherapie zur Behandlung von Knochenbrüchen eingesetzt [6]. In Deutschland wurde sie zur Behandlung von Schmerzen vor 10 Jahren als IGeL-Leistung eingestuft [7]. Neueste Forschung weist aber auf eine vermehrte Expression eines bestimmten Proteins (Wachstumsfaktor für Knochengewebe) hin, das durch die Magnetfeldtherapie induziert wird [8]. Verschiedene Studien zeigten prinzipiell gute Erfolge dieser Therapiemethode bei Osteoporose [9], [10]. Gewöhnlich werden die Kosten für eine solche Therapie nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, können dort aber sicherlich angefragt werden.

Mikronährstoffe

Begünstigt wird eine Abnahme der Knochengesundheit auch durch niedrige Vitamin-D-Werte. Denn Vitamin D ist sehr wichtig für den Knochenstoffwechsel, indem es die Aufnahme von Calcium und Phosphat aus dem Darm sowie deren Einbau in den Knochen fördert. Wird weniger Knochensubstanz auf- als abgebaut, kommt es auch hier wieder zu Störungen des Knochenstoffwechsels. Ein ausgeprägter Vitamin-D-Mangel zeigt sich im Erwachsenenalter u.a. in Osteomalazie, also der schmerzhaften Erweichung der Knochen. Bei Kindern würde sie sich in Form von Rachitis zeigen. Vitamin-D-Mangel äussert sich zudem in Muskelschwäche – was wiederum das Risiko, hinzufallen und sich dabei möglicherweise Knochen zu brechen, erhöht [11].

Für die Umwandlung des mit der Nahrung aufgenommenen Vitamin-D-Derivats in seine biologisch aktive Form (auch «Vitamin D3» genannt), braucht es u.a. Magnesium. Eine ausreichende Magnesium-Versorgung ermöglicht also, dass das Vitamin D seine Aufgabe im Knochenstoffwechsel bestmöglich ausführen kann.

Körpereigene Stoffe wie z.B. Homocystein scheinen den Knochenabbau voranzutreiben. Als einen möglichen therapeutischen Ansatz wird diesbezüglich der Einsatz von B-Vitaminen (insbesondere von Vitamin B12 und Folsäure) beschrieben [12]. Denn diese bauen (die für die Knochen toxische Substanz) Homocystein ab. Der Benefit einer B-Vitamine-Supplementierung auf die Knochengesundheit wurde bisher nur bei Personengruppen beschrieben, deren B-Vitamin-Werte niedrig waren – nicht aber bei Personengruppe, die bereits ausreichend hohe Werte aufwiesen [13]. Das Vermeiden eines Vitamin-B12- bzw. Folsäure-Mangels scheint also auch der Knochengesundheit förderlich zu sein.

Eine zuckerarme Ernährung scheint auch der Knochengesundheit ebenfalls dienlich zu sein. Denn Zuckerkonsum begünstige – Untersuchungen nach – zum einen eine erhöhte Ausscheidung von Calcium und Magnesium über den Urin [14]. Zum anderen würde die Aufnahme von Calcium und Vitamin D im Darm gehemmt. Beides würde die Knochengesundheit beeinträchtigen. Zudem scheinen Dysregulierungen im Glucosestoffwechsel (z.B. bei Insulinresistenz oder Diabetes) die Aktivität der knochenreparierenden Osteoblasten zu stören und gleichzeitig die der knochenabbauenden Osteoclasten zu erhöhen [15].

Eine Versorgung mit Calcium ist lebenswichtig. Wir nehmen es täglich in einer Vielzahl verschiedener Lebensmittel auf – v.a. in Form von Milchprodukten und (kalkhaltigem) Trinkwasser [16]. Eine Unterversorgung erscheint bei normaler Ernährung wenig wahrscheinlich – und kann i.d.R. folglich vermieden werden, wenn es keine akuten Umstände gibt, die eine zusätzliche Calcium-Zufuhr erfordern. Während der Stosstherapie z.B. werden Sie gewöhnlich von Ihrem behandelnden Arzt mit Calcium- und Vitamin-D-Präparaten versorgt. Wichtig ist generell: Achten Sie vor allem auf eine genügende Bildung bzw. Zufuhr von Vitamin D und Magnesium!

Medikamente und Stress

Der Knochenabbau wird u.a. auch auf verschiedene Medikamente zurückgeführt. Insbesondere fördern Glucocorticoid-haltige Medikamente (wie sie z.B. hochdosiert in der Stosstherapie verabreicht werden) Osteoporose [17], [18] [19]. Ebenso erhöhen auch Antiepileptika das Osteoporose-Risiko [20]. Gemäss wissenschaftlicher Literatur werden Nebenwirkungen der Glucocorticoide-Therapie wie erhöhtes Osteoporose-Risiko (sowie erhöhtes Diabetesrisiko, Bluthochdruck, Herzbeschwerden oder Infektionen) ab einer täglichen Dosis von 5 mg Prednisolon (ein Glucocorticoid) pro Tag beschrieben – insbesondere bei einer länger dauernden Therapie [21]. Eine andere Quelle beschreibt ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche ab einer täglichen Dosis von 2,5 mg Prednison [22] (Vorstufe des Prednisolon [23]).

Seit vielen Jahren heisst es, dass die Stosstherapie keinen nennenswerten Effekt auf die Knochendichte haben würde [24], [25]. Als Erklärung findet man immer wieder, dass die Glucocorticoide zwar in sehr hohen Dosen, aber dafür nur kurzzeitig verabreicht werden. Da die Knochendichte zur Bestimmung des Osteoporose-Grades verwendet wird [26], würde sich demzufolge das Osteoporose-Risiko nur bei Langzeiteinnahme der Medikamente erhöhen. Bei der Knochendichte-Messung werden Knochen z.B. an Lendenwirbelsäule und Oberschenkelhals mit Röntgenstrahlung bestrahlt. Man vergleicht die Röntgenstrahlung, die durch den Knochen durchkommt mit der, die eingestrahlt wurde – und zieht hieraus Schlüsse über den Kalksalzgehalt des Knochens, der häufig als Indiz der Knochengesundheit herangezogen wird.

Schaut man sich jedoch die Mikroarchitektur des Knochens an, also die «trabekuläre Knochendichte», so findet man bereits nach einer (!) Stosstherapie (die üblicherweise 3-5 Tage mit 500-1000 mg Methylprednisolon durchgeführt wird) eine signifikante Verschlechterung gegenüber vorher [27]. Die schwammartige Netzstruktur im Inneren eines Knochens («trabekulärer» Knochen) bestimmt erheblich die Stabilität und Tragkraft des Knochens [28]. Wird diese Gerüststruktur (also die vielen Quervernetzungen im Knocheninneren) zerstört, wird der Knochen porös und das Frakturrisiko steigt. Hinweise: 5 mg Prednisolon würde einer Äquivalenz-Dosierung von 4 mg Methylprednisolon entsprechen [29]. Als «hohe» Dosierung gilt bereits 7.5 mg pro Tag [30].

Glukocortikoidhaltige Medikamente stören zudem den Vitamin D- und damit auch den Calciumstoffwechsel. Es kommt zu einer verminderten Aufnahme von Calcium und Phosphat im Darm und zu einer vermehrten Ausscheidung von Calcium, was wiederum zu einer vermehrten Demineralisation und zu einer ungenügenden Remineralisation des Knochens führt – um die Calciumwerte im Blut möglichst konstant zu halten.

Die Knochensubstanz wird hierdurch weicher und kann in eine Osteomalazie übergehen [31]. Zur Behandlung und Prävention der Osteomalazie wird vor allem Vitamin D verabreicht. Im Zusammenhang mit MS wurde bisher vor allem die Osteoporose (also eine Abnahme der Knochenmasse sowie eine Veränderung der Mikroarchitektur des Knochens) und kaum die Osteomalazie (also eine gestörte Mineralisierung der Knochensubstanz) untersucht. Beide führen zu einer verringerten Tragkraft der Knochen sowie zu deren leichterem Brechen.

Doch wie vermeidet man den Einsatz solcher Medikamente bzw. minimiert deren Nebenwirkungen auf die Knochen? Generell können bestimmte Lebensstilmassnahmen langfristig helfen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen und somit den Einsatz potenziell knochenschädigender Medikamente zu reduzieren. Hierzu zählen, wie oben erwähnt, regelmässige körperliche Bewegung, ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen, das Vermeiden gesundheitsschädigender Einflüsse (z.B. durch Rauchen) sowie Stressreduktion. Denn Stress bedeutet erhöhte Cortisol- (also Glucocorticoid-) Werte und damit ein tendenziell erhöhtes Risiko des Knochenabbaus.

Besprechen Sie die Notwendigkeit einer hohen Dosierung sowie die Anwendungsdauer solcher Medikamente bitte vorher mit Ihrem Arzt. Möglicherweise wäre auch eine niedrigere Dosierung bzw. eine kürzere Therapiedauer ausreichend. Bereits seit einigen Jahrzehnten werden Glucocorticoide als Immunsuppressiva eingesetzt. Puls-/Stosstherapien wurden bereits in den 1970er Jahren mit einer Dosierung von 1000 mg (also 1 g) Methylprednisolon täglich beschrieben – nach Organtransplantationen, bei Lupus Nephritis oder rheumatoider Arthritis [32]. Diese Dosierung wurde zur Behandlung der MS übernommen – wenn für mich auch schwer nachvollziehbar ist, wie diese extrem hohe Dosierung überhaupt zustande kam.

Während der Stosstherapie erhalten Sie von Ihrem Arzt in der Regel Calcium- und Vitamin-D-Präparate. Doch benötigt der Körper auch in den darauffolgenden Wochen weiterhin Unterstützung beim Aufbau der Knochenmasse, die bedingt durch die Medikamente, reduziert wurde. Auch hier wieder: Bewegung, Stressreduktion, Mikronährstoffe wie Vitamin D und Magnesium und das Meiden weiterer Risikofaktoren (siehe unten).

Weitere Faktoren

Risikofaktoren von Osteoporose sind zudem Rauchen, regelmässiger Alkoholkonsum, Untergewicht sowie Hormonmangel [33]. Auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen werden mit einem erhöhten Osteoporose-Risiko assoziiert [34] – möglicherweise weil knochenaufbauende Substanzen nicht genügend vom Darm resorbiert werden können und weil auch hier u.a. Glucocorticoide als Therapie verabreicht werden, wenn auch in niedrigerer Dosierung, aber dafür länger als bei der Stosstherapie. 

Fazit

Die Knochengesundheit gilt bei MS-Erkrankten als deutlich beeinträchtigt gegenüber nicht Erkrankten. Ursachen hierfür sind u.a. Bewegungsmangel, Medikamente, Stress sowie ungesunde Einflussfaktoren wie Rauchen oder häufiger Alkoholkonsum.

Die Knochengesundheit lässt sich positiv beeinflussen durch körperliche Bewegung, eine genügende Versorgung mit Mikronährstoffen (wie Vitamin D und Magnesium) und das Meiden ungesunder Lebens- bzw. Genussmittel (Zucker, Rauchen, häufiger Alkoholkonsum).


Referenzen

[1]          O. Zimmermann and K. H. Stürner, ‘Osteoporose und Frakturen bei Multipler Sklerose – unterschätzt und ignoriert?’, Osteologie, vol. 28, no. 4, pp. 259–267, Nov. 2019, doi: 10.1055/a-1005-8190.

[2]          ‘Vibrationstraining bei Osteoporose. Was hilft? Und warum?’ Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.osd-ev.org/osteoporose-therapie/osteoporose-bewegung-sport/vibrationstraining/

[3]          F. H. dpa, ‘Training mit Vibrationsplatte: Nicht für jeden geeignet’, Apotheken Umschau. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.apotheken-umschau.de/gesund-bleiben/sport-und-bewegung/training-mit-vibrationsplatte-797091.html

[4]          ‘Galileo Vibrationsplatten Therapie bei Querschnittslähmung’, Galileo Vibrationsplatten – http://www.vplatte.de. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: http://www.vplatte.de/therapie/querschnittslähmung/

[5]          ‘Whole Body Vertical Vibration for Wheelchair #BS1 – turtle gym’. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.turtlegymworld.com/portable-wheelchair-sport-platform-tpa-02.html

[6]          ‘Pulsed electromagnetic field therapy’, Wikipedia. Jan. 09, 2025. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Pulsed_electromagnetic_field_therapy&oldid=1268353565

[7]          ‘IGeL Monitor – 2014-12-16 Magnetfeldtherapie ohne Nutzen und Schaden’. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.igel-monitor.de/presse/pressemitteilungen/magnetfeldtherapie-ohne-nutzen-und-schaden.html

[8]          S. Ding, G. Zhang, Y. Gao, Z. Hou, and F. Shao, ‘Investigating the preventive effects of pulsed electromagnetic fields on glucocorticoid-induced osteoporosis in rats’, Sci. Rep., vol. 15, no. 1, p. 2535, Jan. 2025, doi: 10.1038/s41598-025-86594-8.

[9]          W. Zhang et al., ‘The Possible Role of Electrical Stimulation in Osteoporosis: A Narrative Review’, Medicina (Mex.), vol. 59, no. 1, p. 121, Jan. 2023, doi: 10.3390/medicina59010121.

[10]       ‘(PDF) Pulsed Electromagnetic Field Promotes Bone Anabolism in Postmenopausal Osteoporosis through the miR-6976/BMP/Smad4 Axis’, ResearchGate, Dec. 2024, doi: 10.1155/2023/8857436.

[11]       J. W. Nieves, ‘Osteoporosis: the role of micronutrients’, Am. J. Clin. Nutr., vol. 81, no. 5, pp. 1232S-1239S, May 2005, doi: 10.1093/ajcn/81.5.1232.

[12]       J. Narváez et al., ‘Role of homocysteine and vitamin B in bone metabolism’, Rev. Colomb. Reumatol. Engl. Ed., vol. 27, no. 4, pp. 278–285, Oct. 2020, doi: 10.1016/j.rcreue.2019.12.008.

[13]       M. Clements et al., ‘A 2-Year Randomized Controlled Trial With Low-Dose B-Vitamin Supplementation Shows Benefits on Bone Mineral Density in Adults With Lower B12 Status’, J. Bone Miner. Res. Off. J. Am. Soc. Bone Miner. Res., vol. 37, no. 12, pp. 2443–2455, Dec. 2022, doi: 10.1002/jbmr.4709.

[14]       J. J. DiNicolantonio, V. Mehta, S. B. Zaman, and J. H. O’Keefe, ‘Not Salt But Sugar As Aetiological In Osteoporosis: A Review’, Mo. Med., vol. 115, no. 3, pp. 247–252, 2018.

[15]       C. M. Karner and F. Long, ‘Glucose metabolism in bone’, Bone, vol. 115, pp. 2–7, Oct. 2018, doi: 10.1016/j.bone.2017.08.008.

[16]       ‘https://www.sge-ssn.ch/media/ct_protected_attachments/962ef4de9361090d489469910fbfe3/SGE_InfoFlash_Calcium_DE.pdf’. Accessed: Feb. 22, 2025. [Online]. Available: https://www.sge-ssn.ch/media/ct_protected_attachments/962ef4de9361090d489469910fbfe3/SGE_InfoFlash_Calcium_DE.pdf

[17]       S. Gupta, I. Ahsan, N. Mahfooz, N. Abdelhamid, M. Ramanathan, and B. Weinstock-Guttman, ‘Osteoporosis and multiple sclerosis: risk factors, pathophysiology, and therapeutic interventions’, CNS Drugs, vol. 28, no. 8, pp. 731–742, Aug. 2014, doi: 10.1007/s40263-014-0173-3.

[18]       A.-M. D. A. GmbH, ‘Glucocorticoide: Paradoxe Effekte auf den Knochen’, Pharmazeutische Zeitung online. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-312013/paradoxe-effekte-auf-den-knochen/

[19]       R. Schweiz, ‘Glucocorticoid-induzierte Osteoporose | Rheuma Schweiz’. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://rheuma-schweiz.ch/krankheitsbilder/fachbereiche/knochenerkrankungen/osteoporose/glucocorticoid-induzierte-osteoporose/

[20]       ‘Meier and Kraenzlin – Epilepsie, Antiepileptika und Osteoporose.pdf’. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.epi.ch/wp-content/uploads/Artikel-Meier_1_11.pdf

[21]       G. Keyßer, ‘Sicherheitsaspekte der Therapie mit Glukokortikoiden bei rheumatoider Arthritis’, Z. Rheumatol., vol. 80, no. 4, pp. 295–304, 2021, doi: 10.1007/s00393-021-00972-x.

[22]       I. Ilias, C. Milionis, and E. Zoumakis, ‘An Overview of Glucocorticoid-Induced Osteoporosis’, in Endotext, K. R. Feingold, B. Anawalt, M. R. Blackman, A. Boyce, G. Chrousos, E. Corpas, W. W. de Herder, K. Dhatariya, K. Dungan, J. Hofland, S. Kalra, G. Kaltsas, N. Kapoor, C. Koch, P. Kopp, M. Korbonits, C. S. Kovacs, W. Kuohung, B. Laferrère, M. Levy, E. A. McGee, R. McLachlan, M. New, J. Purnell, R. Sahay, A. S. Shah, F. Singer, M. A. Sperling, C. A. Stratakis, D. L. Trence, and D. P. Wilson, Eds., South Dartmouth (MA): MDText.com, Inc., 2000. Accessed: Feb. 21, 2025. [Online]. Available: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK278968/

[23]       ‘Prednisolon vs. Prednison’, Rettungsdienst FactSheets. Accessed: Feb. 21, 2025. [Online]. Available: https://rd-factsheets.de/prednisolon-vs-prednison/

[24]       B. Frediani et al., ‘Effects of High Dose Methylprednisolone Pulse Therapy on Bone Mass and Biochemical Markers of Bone Metabolism in Patients with Active Rheumatoid Arthritis: A 12-Month Randomized Prospective Controlled Study’, J. Rheumatol..

[25]       S. Zengin Karahan et al., ‘Lack of Association between Pulse Steroid Therapy and Bone Mineral Density in Patients with Multiple Sclerosis’, Mult. Scler. Int., vol. 2016, p. 5794910, 2016, doi: 10.1155/2016/5794910.

[26]       ‘Knochendichte’, Wikipedia. Jan. 25, 2025. Accessed: Feb. 21, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Knochendichte&oldid=252610533

[27]       J. Rymuza, K. Pelewicz, J. Przedlacki, and P. Miśkiewicz, ‘Therapy With Intravenous Methylprednisolone Pulses Is Associated With Loss of Bone Microarchitecture in Trabecular Bone Score -Assessment Among Patients With Moderate-to-Severe Graves’ Orbitopathy: A Pilot Study’, Front. Endocrinol., vol. 13, Jul. 2022, doi: 10.3389/fendo.2022.893600.

[28]       ‘Osteoporose – Was ist Knochenqualität?’ Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.osd-ev.org/osteoporose/bni/was-ist-knochenqualitaet/

[29]       ‘Prednisolon’, Wikipedia. Jan. 12, 2025. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Prednisolon&oldid=252193423#%C3%84quivalenzdosen

[30]       M. R. Laurent et al., ‘Prevention and Treatment of Glucocorticoid-Induced Osteoporosis in Adults: Consensus Recommendations From the Belgian Bone Club’, Front. Endocrinol., vol. 13, p. 908727, Jun. 2022, doi: 10.3389/fendo.2022.908727.

[31]       L. Cianferotti, ‘Osteomalacia Is Not a Single Disease’, Int. J. Mol. Sci., vol. 23, no. 23, Art. no. 23, Jan. 2022, doi: 10.3390/ijms232314896.

[32]       R. Berkovich, ‘Treatment of acute relapses in multiple sclerosis’, Neurother. J. Am. Soc. Exp. Neurother., vol. 10, no. 1, pp. 97–105, Jan. 2013, doi: 10.1007/s13311-012-0160-7.

[33]       ‘Osteoporose’, Wikipedia. Jan. 15, 2025. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Osteoporose&oldid=252289557

[34]       D. Ä. G. Ärzteblatt Redaktion Deutsches, ‘Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Schon bei Erstdiagnose liegt oft eine Osteopenie vor’, Deutsches Ärzteblatt. Accessed: Feb. 15, 2025. [Online]. Available: https://www.aerzteblatt.de/archiv/chronisch-entzuendliche-darmerkrankungen-schon-bei-erstdiagnose-liegt-oft-eine-osteopenie-vor-bd4c3daa-7d10-4d08-ad5f-15044a3c07e8

Bildquellen

OpenAI (2025). Knochengesundheit bei MS [AI-generated infographic]. Created using ChatGPT and DALL·E. https://chat.openai.com

Partynia, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons


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Bis zu welchem Alter helfen klassische MS-Medikamente überhaupt noch?

Wie unsere Leserinnen und Leser wissen, gehen wir in unseren Beiträgen in der Regel nicht auf die klassischen immunmodulatorischen Therapien ein. Gründe dafür sind unter anderem die begrenzte Wirksamkeit und das ungünstige Nebenwirkungsprofil. Die Entscheidung für oder gegen diese Medikamente überlassen wir den Betroffenen, die diese Entscheidung sicher bewusst und unter Berücksichtigung aller medizinischen Aspekte mit Hilfe ärztlicher Beratung möglichst gut informiert treffen müssen.

Dennoch erscheint uns eine Meta-Analyse [1] aus dem Jahr 2017 wichtig. Vor allem ältere Patienten sollten die daraus gewonnenen Erkenntnisse mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin besprechen. Wir geben zunächst die Details der Studie und die Ergebnisse wieder und weisen ausdrücklich darauf hin, dass diese Aussagen die schulmedizinische Sicht wiedergeben, insbesondere was die Wirksamkeit der bekannten MS-Medikamente betrifft.

Fragestellung der Studie: Ab wann wirken die Medikamente nicht mehr?

Forscher haben Daten aus 38 klinischen Studien mit über 28.000 MS-Patienten ausgewertet, um herauszufinden, ob Medikamente zur Behandlung von MS in jedem Alter gleich gut wirken oder ob ihre Effektivität mit zunehmendem Alter abnimmt.

Besonders wichtig war die Frage, ab welchem Alter die bekannten Medikamente möglicherweise keinen Nutzen mehr bringen – und ob es Alternativen für ältere MS-Patienten geben sollte.

Hintergrund: Warum ist das Alter wichtig?

MS wird im Allgemeinen in drei Verlaufsformen unterteilt:

  • Schubförmig-remittierende MS (RRMS) – Krankheitsschübe mit Phasen der Erholung
  • Sekundär progrediente MS (SPMS) – fortschreitender Verlauf mit zunehmenden Einschränkungen
  • Primär progrediente MS (PPMS) – von Anfang an kontinuierliche Verschlechterung.

Bisher ging man in der Schulmedizin davon aus, dass entzündliche Prozesse für die frühen Phasen der Krankheit typisch sind und dass diese Entzündungen mit Medikamenten gestoppt werden können. In späteren Stadien wurde MS hingegen als eher degenerativer Prozess betrachtet, bei dem Immuntherapien weniger wirken.

Die Studie überprüfte nun, ob diese Annahme stimmt und ob es eine Altersgrenze gibt, ab der die klassischen MS-Medikamente nicht mehr helfen.

Wie wurde die Studie durchgeführt?

Die Forscher analysierten 38 große klinische Studien, die die Wirksamkeit von 13 verschiedenen MS-Medikamenten untersuchten. Dabei verglichen sie, wie gut die Medikamente das Fortschreiten der Krankheit bei Patienten verschiedenen Alters aufhielten.

Besonders wichtig war die Frage: Nimmt die Wirkung der Medikamente mit steigendem Alter ab?

Die Forscher teilten die Medikamente in zwei Gruppen ein:

  • Hochwirksame Medikamente wie Ocrelizumab, Alemtuzumab und Natalizumab
  • Weniger wirksame Medikamente wie Interferon, Glatirameracetat und Teriflunomid.

Ergebnisse: Ab welchem Alter helfen MS-Medikamente noch?

Je älter, desto geringer die Wirkung

Die Analyse zeigte ganz klar: DieWirksamkeit der MS-Medikamente nimmt mit dem Alter ab!

  • Unter 40,5 Jahren: Hochwirksame Medikamente sind deutlich effektiver als weniger wirksame.
  • Zwischen 40 und 50 Jahren: Die Unterschiede zwischen den Medikamenten gleichen sich aus.
  • Nach 53 Jahren: Im Durchschnitt haben die Medikamente kaum noch einen messbaren Nutzen.

Diese Erkenntnis ist besonders wichtig für Menschen, die bereits viele Jahre mit MS leben. Ab einem bestimmten Punkt könnten andere Behandlungsstrategien (s.Absatz „Was bedeuten die Ergebnisse für die Behandlung von MS aus schulmedizinsicher Sicht?“) sinnvoller sein als klassische Immuntherapien.

Ist es sinnvoll, nach 53 noch MS-Medikamente zu nehmen?

Nach Ansicht der Forscher bedeutet dies nicht, dass alle Patienten über 53 sofort ihre Medikamente absetzen sollten. Es gibt immer individuelle Unterschiede. Ihrer Meinung nach gilt:

  • Wer noch regelmäßig Schübe hat oder in der MRT-Untersuchung neue Entzündungen zeigt, könnte weiter von den Medikamenten profitieren.
  • Wer aber keine Krankheitsaktivitätmehr zeigt, hat laut der Studie möglicherweise keinen echten Nutzen mehr von den Behandlungen – trägt aber weiterhin das Risiko von Nebenwirkungen.

Was bedeuten die Ergebnisse für die Behandlung von MS aus schulmedizinsicher Sicht?

Ab einem Alter von 50 bis 55 Jahren kann es sinnvoll sein, mit dem behandelnden Neurologen zu besprechen, ob eine Fortsetzung der Therapie noch nötig ist. Falls keine Krankheitsaktivität mehr nachweisbar ist, könnten alternative Maßnahmen wie Physiotherapie, Neuroprotektion und Lebensstiländerungen eine wichtigere Rolle spielen.

Aggressive immunmodulatorische DMT (krankheitsmodifizierende Therapien) können bei älteren MS-Patienten schädlich sein, und zwar unabhängig von kumulativen Nebenwirkungen. Weil sie die Einwanderung von Immunzellen in das ZNS-Gewebe einschränken, können Medikamente wie Natalizumab Reparaturprozesse blockieren. Dies betrifft vor allen Dingen die Remyelinisierung, die durch Immunzellen gefördert wird.

Mehr Forschung zu alternativen MS-Behandlungen ist nötig

Für ältere MS-Patienten braucht es dringend neue Therapiekonzepte. Da die Wirksamkeit der bisherigen Medikamente mit der Zeit abnimmt, sind neue Ansätze zur Behandlung von MS im Spätstadium gefragt – insbesondere solche, die Nervenzellen schützen und Regeneration fördern.

Soweit die Ergebnisse der Studie und die Aussagen der Autoren!


Fazit aus Sicht von Life-SMS

Wie bereits oben erwähnt, mischen wir uns nicht in die Entscheidung für oder gegen eine schulmedizinische Behandlung ein und stellen in unserem Projekt Aspekte des Lebensstils in den Vordergrund, die auch völlig unabhängig von einer klassischen Behandlung umgesetzt werden können. Bemerkenswert ist aber, dass die Forscher letztlich zu dem Ergebnis kommen, dass zumindest bei älteren Betroffenen Lebensstil, Neuroprotektion und Physiotherapie eine größere Rolle spielen als die klassischen Behandlungswege.

Nicht erwähnt wird, dass gerade diese Lebensstiländerungen am Anfang der MS-Therapie stehen sollten, und zwar unabhängig davon, ob gleichzeitig schulmedizinische Behandlungen durchgeführt werden. Von diesen Lebensstiländerungen und komplementären Maßnahmen profitieren die Betroffenen von Anfang an und bei richtiger Umsetzung ohne kritische Nebenwirkungen.

Was das bedeutet, erfahren Sie laufend in diesem Newsletter. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen, dass Sie sich so früh wie möglich mit der eigenverantwortlichen MS-Therapie auseinandersetzen und sie verinnerlichen.

Wir hoffen, dass Ihnen auch unsere Life-SMS-Mindmap dabei hilft, sich einen Überblick zu verschaffen.

Ihr Team Life-SMS

Referenzen:

[1] Weideman AM, Tapia-Maltos MA, Johnson K, Greenwood M, Bielekova B. Meta-analysis of the Age-Dependent Efficacy of Multiple Sclerosis Treatments. Front Neurol. 2017 Nov 10;8:577. doi: 10.3389/fneur.2017.00577. PMID: 29176956; PMCID: PMC5686062. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29176956/

Photo:

Foto von Centre for Ageing Better auf Unsplash


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